Rezension Rezension (5/5*) zu Deadline: Psychologischer Spannungsroman von Renée Knight.

Devona

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5. August 2015
19
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4
Klasse Debüt!

Ein gelungenes Debüt von Renée Knight, deren Namen ich mir merken werde. Ein bemerkenswertes Genre: „psychologischer Spannungsroman“, was es haargenau auf den Punkt bringt. Das ist kein Psycho-Thriller oder Krimi, das ist wirklich ein psychologischer Spannungsroman. Und zwar so spannend, daß ich ihn am letzten Sonntag am Stück gelesen habe.

Es wird nicht groß gefackelt, mit dem ersten Satz wird der Leser mitten in die Geschichte -sozusagen- rein geschmissen. So mag ich das, kein großes Gelaber und fünfmal ums Dorf laufen, wenn man doch nur 50 Meter weiter geradeaus zur Dorflinde aufm Anger will…Catherine ist es speiübel, soeben hat sie den Roman, der ihre Vergangenheit ans Licht zerrt und ihr einen gewaltsamen Tod prophezeit, fertig gelesen. Und bereits im nächsten Kapitel kommt Stephen Brickstone, der Verfasser des Romans, zu Wort. Alles, was aus Stephens Sicht erzählt wird, passiert in der auktorialen Ich-Form, alles Andere (die Kapitel, die sich mit Catherine befassen) aus der personalen Erzählperspektive. Dieser Wechsel bringt eine besondere Dynamik in die Handlung. Am Anfang ist man hin- und hergerissen, ob man seine Sympathiepunkte nun dem einen oder anderen Protagonisten geben mag…

Renée Knight spielt gekonnt mit dem Leser, der versucht, sich aus Bruchstücken, Andeutungen und Hinweisen ein eigenes Bild über Catherines Vergangenheit und dem Geheimnis, um dessentwillen Stephen das Buch schrieb, zu machen und dabei gnadenlos auf`s Glatteis geführt wird. Warum wünscht Stephen ihr den Tod? Was genau hat Catherine in ihrer Vergangenheit getan und warum hat sie es vertuscht? Ist sie wirklich so ein Miststück? Diese drängenden Fragen beschäftigen den Leser unter steigender Spannung bis weit über die Mitte des Romans und dann…

Ich mag bei 5 Sterne Romanen immer nicht so gerne spoilern, man sollte diese Romane selber erforschen. Die Redewendung „nichts ist, wie es scheint“, die oftmals für Bücher, in denen es hauptsächlich um den Plot geht, verwendet wird, hat seltsamerweise auch hier ihre Berechtigung, wenn auch nicht in Bezug zum Plot. Sondern eher auf eine nachdenkliche Art: was genau nehmen wir wahr, sehen wir Dinge immer nur, wie wir sie sehen WOLLEN oder lassen wir zu, daß sie auch ganz anders sein können, als wir sie sehen? Diese Fragen müssen sich auch ALLE Beteiligten des Romans stellen, nicht nur die Protagonisten. Besonders bewegend ist dieses Thema in Bezug auf Catherines Mann, denn sein Verhalten läßt Catherine am Ende des Romans eine Entscheidung treffen, die ich gut verstehe. Auch der Leser selber beginnt sich zu hinterfragen, das Buch läßt eine gewisse Nachdenklichkeit am Ende zurück. Ich habe zum Beispiel noch lange nach dem Ende über Catherines Mann gegrübelt.

Die eigentliche Handlung ist durchaus realitätsnah, sowohl in Vergangenheit als auch in der Gegenwart…wobei natürlich Stephen mit dem Schreiben des Buches schon ein wenig außerhalb der Kategorie „normal“ residiert und auch insgesamt reichlich freaky ist. Ansonsten passiert aber nichts, was nicht vorstellbar wäre.

Last but not least: etwas an der „Miststücksache“ an sich stört mich, das ist schwierig zu erklären, ohne zu spoilern. Für mich ist die „Miststücksache“ rein menschlich gesehen etwas, was überhaupt nichts mit der Tatsache zu tun hat, weswegen Stephen den Roman schreibt. Stephen bringt da 2 Sachen zusammen, die ich persönlich im Kopf und auch gefühlt nicht zusammen bringen kann, aber ich denke, eine Menge Menschen würden es wie Stephen sehen können und weil das auch nur für extrem spitzfindige Leute wichtig ist (Kommentare dazu gerne willkommen) und der Geschichte an sich überhaupt keinen Abbruch tut, bleibt es bei den 5 Sternen, für einen Debütroman ist das wirklich Klasse.