Rezension Rezension (4/5*) zu Die Götterjäger - Aus dem Exil (Band 1) von Jeanne Winter.

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Götterjäger - Aus dem Exil (Band 1) von Jeanne Winter
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Sehr einfallsreich und mit einer Menge Action!

Ehrlich gesagt hatte ich vom Titelbild her eher eine harmlose romantische Fantasy erwartet - aber diese Erwartung musste ich ganz schnell überdenken, denn die Protagonistin gerät schon in den ersten Kapiteln unverhofft in ein wahres Horrorszenario! Und ein Bus voller blutrünstiger Zombies ist nur der Auftakt, sozusagen das blutige Appetithäppchen, für eine rasante Geschichte, die auch vor harter Gewalt nicht zurückschreckt und daher oft nichts für Zartbesaitete ist...

Ich habe mir mehr als einmal gedacht, was für ein absolut genialer Actionfilm dieses Buch sein könnte! Wobei das keineswegs heißen soll, dass die Geschichte nur hirnlose Brachialunterhaltung bietet und ansonsten keine Substanz hat - tatsächlich zündet die Autorin sogar ein richtiges Feuerwerk an spannenden, originellen Ideen. An der Kreuzung 08 ist sie definitiv nicht auf die 15 abgebogen...

Zombies, Werratten, Vampire, Töchter der Arachne... In dieser Welt gibt es eine Vielzahl von übernatürlichen Wesen - und es gibt die Götterjäger, die diese \"Monster\" erbarmungslos jagen. Für den typischen Jäger gibt es keine guten Vampire oder Werwölfe. Das Übernatürliche ist in ihren Augen immer das abgrundtief Böse und muss vernichtet werden, wobei sie ihre eigenen übernatürlichen Fähigkeiten, die sie als gottgegeben betrachten, einsetzen.

Amy war früher Jägerin, will nun aber mit dieser blinden Mordlust nichts mehr zu tun haben. Deswegen ist sie alles andere als begeistert, als sie in diesen uralten Konflikt wieder hineingezogen wird... Für mich war sie die perfekte Heldin für diese Geschichte. Sie ist eine taffe Frau, die entschlossen und mutig für das einsteht, was sie für richtig hält - und so weit entfernt von einem hilflosen Burgfräulein in Nöten, wie man nur sein kann!

Auch ihre neuen Verbündeten waren in meinen Augen großartige Charaktere.

Allen voran der mysteriöse Nathan, der seine eigenen, tragischen Gründe hat, dem Jägertum den Rücken zu kehren. Über ihn möchte ich noch nicht zu viel verraten, denn man bekommt auch als Leser nur bruchstückhaft die Fragmente seiner Vergangenheit vorgesetzt, aber er ist ein zutiefst zwiegespaltener Mensch, der große Schuld auf sich geladen hat... Oder doch nicht? Jedenfalls fand ich die Freundschaft, die sich zwischen ihm und Amy entwickelt, sehr bewegend!

Dann gibt es im ungleichen (und zum Teil widerwilligen) Team noch eine lüsterne Werratte, die Powerfrau Stevie, zwei weitere Götterjäger und die kleine Feenkatze Cyrill, die in menschlicher Gestalt aussieht wie ein Teenager und nur in Lügen sprechen kann... Besonders diese habe ich sehr ins Herz geschlossen!

Die Romantik spielt (noch?) eine erstaunlich untergeordnete Rolle, denn Amy ist sich ihrer eigenen Gefühle nicht mehr sicher. Liebt sie noch ihren Ex-Mann, oder kann sie Gefühle für Nathan entwickeln, der ihr so wenig über sich selbst erzählt?

Der Schreibstil hat mich beeindruckt, vor allem, wenn man bedenkt, dass dies kein von einem Verlag herausgegebenes Buch, sondern eine Selbstveröffentlichung ist! Er ist sehr einfallsreich, mit tollen Metaphern und interessanten Formulierungen... Die Autorin hat es wirklich drauf, Atmosphäre zu erzeugen und das Tempo gnadenlos hochzuschrauben.

Für ein \"Selfie\" wirkt das Buch sehr professionell. Nur ab und an haben sich ein paar Kleinigkeiten eingeschlichen: der ein oder andere Komma- oder Rechtschreibfehler, gelegentlich mal ein falsch gewähltes Wort... Zum Beispiel wird oft \"prangerte\" statt \"prangte\" verwendet.

Das sind alles Dinge, die ein professionelles Lektorat sicher ausgebügelt hätte, aber es sind, wie gesagt, eher Kleinigkeiten, die meiner Meinung nach das Lesevergnügen kaum schmälern.

Und die Geschichte an sich hat mir wirklich, wirklich gut gefallen! Man merkt, dass die Autorin viel Herzblut in die Erschaffung ihrer Welt und die Entwicklung der Handlung gesteckt hat.

Fazit:
Die Götterjäger sind eine Art Geheimorden, deren Mitglieder ihre übernatürlichen Fähigkeiten dazu benutzen, das Übernatürliche gnadenlos auszumerzen. Nur ein toter Werwolf ist ein guter Werwolf! Amy Laurent Ashford hat diesem Leben vor Jahren schon den Rücken gekehrt und lebt seither als Soldatin. Sie war schon im Irak und in Afghanistan, aber das ist ihr immer noch lieber als die Mordlust, die als Jägerin ihr ganzes Sein beherrscht hat... Aber um ihre Familie zu schützen, muss sie sich dieser Welt doch wieder zuwenden.

Mich hat dieses Buch positiv überrascht! Es ist hochspannend, randvoll mit Action, einfallsreich und originell, und dabei sehr gekonnt und professionell geschrieben.