Rezension (3/5*) zu Im Herzen der Vollmond (BitterSweets) von Natalie Luca

M

Mikka Liest

Gast

Die Geschichte fängt rasant und spannend an! Ohne Vorgeplänkel springen wir direkt mitten ins Geschehen:

Die Protagonistin, Lilly, sitzt nichtsahnend im Zug, da kreischen auf einmal die Bremsen, Holz birst krachend, mit einem gewaltigen Schlag und viel Getöse kommt der Zug zum Stehen... Mitten in einem dunklen, einsamen Wald, und Lilly ist die einzige Passagierin.Und das Licht fällt aus. Und das Handy hat keinen Empfang.

Ein Szenario wie aus einem klassischen Gruselfilm, und tatsächlich baut die Autorin schnell eine dichte, düstere Atmosphäre auf, bei der man schon mal Gänsehaut bekommen kann. Ich fand das großartig - ich liebe Geschichten, die gruselig sind, ohne auf Blut und Gewalt zurückzugreifen!

Sehr originell fand ich die Grundidee zugegebenermaßen nicht, aber ich war gerne bereit, das zu verzeihen, weil sie so wunderschön geschrieben ist. Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen, vor allem die Bilder und Metaphern, die die Autorin benutzt, um die Szenen richtig zum Leben zu erwecken.

Lilly war mir sehr sympathisch. Sie ist ein ganz normales junges Mädchen, das sich plötzlich in einer absoluten Ausnahmesituation wiederfindet. Sie erlebt Dinge, die sie niemals für möglich gehalten hätte, und obwohl ihr das unheimliche Angst einjagt, schlägt sie sich doch tapfer.

Manchmal tappst sie naiv in die typischen Fallen - ihr kennt das doch bestimmt. Die junge Heldin weiß, dass etwas ganz und gar nicht stimmt, aber statt sich zu verbarrikadieren und abzuwarten, bis die Gefahr vorbei ist, geht sie nachgucken... Das kommt in jedem Teenie-Schocker wieder vor, aber das liegt daran, dass es einfach funktioniert und Spannung erzeugt.

Über den geheimnisvollen Fremden, den Lilly im Laufe der Geschichte trifft, will ich noch gar nichts verraten - ihn sollte jeder Leser selber kennenlernen! Allerdings könnte ich auch dann nicht allzu viel verraten, wenn ich wollte, denn er bleibt bis zum Schluss ein Mysterium...

Und das bringt mich schon zu dem Grund, warum ich dem Buch nur 3 Sterne gebe, obwohl ich Schreibstil und Hauptfigur großartig fand: es bleibt meines Erachtens viel zu viel offen und überhaupt nicht erklärt. Nachdem ich fertig war, hatte ich fast den Eindruck, gerade eine XXL-Leseprobe für einen Roman gelesen zu haben und keine eigenständige Geschichte! Als müssten da noch mindestens 200 Seiten kommen.

Die Autorin hat so viel Atmosphäre aufgebaut, so eine tolle Grundsituation, so eine nette Hauptfigur... Und dann wird das alles in meinen Augen nicht wirklich eingesetzt. Ein tolle Kulisse, aber kaum tatsächliche Handlung! Was schade ist, denn das Potential ist enorm.

Fazit:
Ein junges Mädchen findet sich alleine in einem düsteren Wald wieder, und bei dem Versuch, sich wieder zurück in die Zivilisation durchzuschlagen, gerät sie in ein merkwürdiges Dorf voller feindseliger Fremder... Die Autorin schreibt wunderbar atmosphärisch und gekonnt, aber ich hatte einfach den Eindruck, nur den Bruchteil einer Geschichte gelesen zu haben - mir blieb einfach zu viel unerklärt.

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