Rezension Rezension (3/5*) zu Weiches Begräbnis von Fang Fang.

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
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Brandenburg
Vom Vergessen und Verdrängen.

Kurzmeinung: Anstrengend und ermüdend.


Die Story ist schnell erzählt. Eine alte Frau, zu Lebzeiten unter partieller Amnesie leidend, fällt in ein Wachkoma. Stück für Stück führt die Autorin die Komatöse und ihre Leserschaft mit ihr zurück in das, was vor vielen Jahren einmal passierte.

Mit sehr einfachen erzählerischen Mitteln entwickelt die Autorin ein Konzept, das in die Zeit der Chinesischen Bodenreform führt, also ca. 1949 bis 1952. Der Fokus der Erzählung liegt auf der Enteignung der Großgrundbesitzer und ihrer Ermordung und Auslöschung durch die von ihnen ausgenutzten Pächter und Tagelöhner. Mit dem Großen Sprung versuchte Mao anschließend den chinesischen Bauernstaat in die industrielle Moderne zu puschen.

Der Kommentar:
Der Roman ist ziemlich ausschweifend und ermüdet ein wenig. Die chinesischen Namen machen nicht nur deshalb Probleme, weil sie anders aufgebaut sind als die europäischen, der Nachname wird zuerst genannt, sondern weil sie einander auch so ähnlich sind. Hat man diese Schwierigkeit bewältigt und läßt sich in die einfache Erzählweise einfacher Menschen fallen, eröffnet sich nach und nach der historische Kontext mit einem starken Bezug zum Persönlichen.

Den historischen Kontext zu vermitteln ist ein ehrenwertes Anliegen und immer wieder neu notwendig. Es sei denn, man verweigert das Erinnern wie die alte Dame. Und das ist hier die Frage aller Fragen.

Fazit: Die eigentliche Qualität des Romans liegt nämlich nicht in erster Linie in der Erzählung per se, sonden in der aufgeworfenen Problematik, ob es sinnvoll sei, vergangene Gräuel und Massenmorde in Erinnerung zu behalten und der geschändeten Menschen zu gedenken oder ob es nicht vielleicht gnädiger wäre, die Nachfahren (und sich selbst) durch ein gesamtvölkisches historisches Vergessen zu schonen.

Kategorie: historischer Roman
Verlag: Hoffmann und Campe, 2021

 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Danke! Das lese ich dann mal nicht.
Mit chinesischen Autoren habe ich noch keine guten Erfahrungen gemacht.