Rezension Rezension (3/5*) zu Besetzte Gebiete: Roman von Arnon Grünberg.

MRO1975

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11. August 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Besetzte Gebiete: Roman von Arnon Grünberg
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Eine bitter-böse Satire

Nach dem Klappentext handelt es sich um einen schockierenden und zugleich humorvollen Roman über einen Psychiater, der als Atheist und Anti-Zionist ins Westjordanland geht, um sein Glück zu suchen. Was der Klappentext nicht sagt, ist, dass es sich hier um eine bitter-böse Satire handelt, die jegliche schlüssige Handlung vermissen lässt und – jedenfalls bei mir – nur Kopfschütteln und Fragezeichen hinterlässt.

Der Roman beginnt zunächst noch in den erwarteten Bahnen. Der Psychiater Kadoke hat Ärger mit der Ärztekommission. Anlass des Ärgers ist seine ehemalige Patientin, Michette. Michette war akut selbstmordgefährdet und galt als "austherapiert", was so viel heißt, dass das Gesundheitssystem für sie keine Hilfe mehr anbot und sie sich letztlich selbst überließ. Kadoke nahm Michette bei sich auf, um sie dennoch zu therapieren. Bereits diese alternative Therapie verstieß gegen die medizinischen Leitlinien. Darüber hinaus machte Kadoke den Fehler, Michette als Altenpflegerin für seine Mutter (bei der es sich eigentlich seinen Vater handelt) einzusetzen. Die ungewöhnliche Situation findet ihr Ende, als Michette sich in einen Schriftsteller verliebt und Kadoke verlässt. Der Schriftsteller schreibt und veröffentlicht die Geschichte Michettes. Er dichtet der realen Patientin allerdings auch eine fiktive Affäre mit dem realen Psychiater an. Die Geschichte wird publik und die Ärztekommission aufmerksam. Kadoke wird die Zulassung als Arzt entzogen.

Seiner beruflichen Perspektive beraubt, gerät Kadokes Leben aus den Bahnen. Er wendet sich seiner erst kürzlich kennengelernten entfernten Verwandten Anat zu. Er meint, in die fanatische Zionistin Anat verliebt zu sein und folgt ihr (mit seinem pflegebedürftigen Mutter-Vater) ins Westjordanland, um sie zu heiraten. Dort eingetroffen, muss Kadoke sich mit seltsam anmutenden Gepflogenheiten und Lebensumständen in den Besetzten Gebieten auseinandersetzen.

Spätestens hier verliert der Roman für mich seinen roten Faden und verliert sich in einer irrationalen Aneinanderreihung überspitzter Seltsamkeiten, deren realen Kern ich nicht einzu-schätzen vermag. Um nur die Spitzen des Eisbergs zu nennen: Kadoke muss, bevor er Anat heiraten darf, seine Potenz beweisen – vor den Augen von Anats Mutter. Anat verlangt nach der Eheschließung, dass Kadoke beim Sex die Mütze eines SS-Offiziers trägt. Kadoke flüchtet sich schließlich in eine homosexuelle Beziehung, mit einem Palästinenser.

Alles zusammen war das einfach zu viel für mich. Zu abstrus, zu konstruiert. Warum dieses Buch gefeiert wird, verstehe ich nicht. Daher nur drei Sterne.


 

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