Rezension Rezension (4/5*) zu Die Geschichte von Kat und Easy: Roman von Susann Pásztor.

RuLeka

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30. Januar 2018
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Von den Brüchen einer Frauenfreundschaft


Es ist das Jahr 1973. Für Kat und Easy, zwei knapp 16jährige Mädchen aus dem Provinzstädtchen Laustedt soll es das beste Jahr ihres Lebens werden. Sie freuen sich auf viele neue Erfahrungen; die Liebe soll dabei die wichtigste sein. Dumm nur, dass sich beide in denselben jungen Mann verlieben, in den 20jährigen Robert, genannt Fripp. Als dieser bei einem tragischen Unfall stirbt, endet die innige Beziehung der Freundinnen. Die Gründe dafür werden erst am Ende des Buches klar.
46 Jahre später treffen die nunmehr 62jährigen Frauen wieder aufeinander. Kat ist als Lebensberaterin mit ihrem Blog sehr erfolgreich und hier meldet sich unter dem Namen easy1973 eine Frau, die ihr altes Verhaltensmuster durchbrechen will. Denn bisher ist sie nur Beziehungen zu Männern eingegangen, bei denen der Verlust sie nicht schmerzen würde.
Es ist bald klar, wer sich hinter dem Pseudonym verbringt. Diese lädt daraufhin die frühere Freundin nach Kreta ein , in ihr heruntergekommenes Ferienhaus mit Blick aufs Meer. Trotz anfänglicher Bedenken reist Kat dorthin und es folgt eine Woche unter griechischer Sonne, mit Besuchen bei Einheimischen, mit rauschhaften Festen , aber v.a. mit einer langsamen Annäherung der beiden Frauen. Erfahrungen werden ausgetauscht, Lebensmodelle gegenübergestellt.
Hier, die immer noch anziehende Easy mit ihren drei erwachsenen Kindern von drei verschiedenen Männern, da die eher kontrolliert wirkende Kat, kinderlos, geschieden und ohne engeren Freundeskreis. Vorsichtig umkreisen sie auch die Vergangenheit, wollen klären, was damals zum Bruch zwischen ihnen geführt hat.
Susann Pasztor erzählt ihre Geschichte auf zwei Zeitebenen und aus zwei Perspektiven. Ein personaler Erzähler führt in die 1970er Jahre nach Laustedt, aus Kats Perspektive werden die Geschehnisse auf Kreta in der Jetzt- Zeit beschrieben. Interessant ist, dass die Autorin für den Erzählstrang, der in der Vergangenheit spielt, den Präsens verwendet und für die Erlebnisse aus der Gegenwart die Vergangenheitsform. Warum? Wäre es nicht logischer gewesen, das umgekehrt zu handhaben? Vielleicht geht es darum zu zeigen, wie stark unsere Vergangenheit in unsere Gegenwart hineinwirkt, diese beeinflusst.
Dazwischen lesen wir die Blognachrichten von Kat und Easy. Die Ratschläge von Kat klingen sinnvoll und gut. Aber ihr eigenes Leben zeigt, dass die Umsetzung nicht so einfach gelingt, auch nicht für berufsmäßige Coaches.
Ich bin ungefähr im gleichen Alter wie die Protagonistinnen und halte die Atmosphäre und den Zeitgeist der 70er Jahre für gut getroffen: der Treffpunkt Jugendzentrum mit den ganzen Typen, die dort herumhängen, die Musik von damals , die wichtigen Bücher, die Verbote und Ängste der Eltern usw. Doch während das Experimentieren mit Drogen in dieser Phase noch plausibel wirkt, so hat mich der Drogenkonsum der älteren Frauen eher befremdet.
Einfühlsam und glaubwürdig beschreibt Susann Pasztor die Gefühlslage der beiden Mädchen. Sie sind zwar beste Freundinnen, haben aber trotzdem Geheimnisse voreinander. Eifersucht- und Rivalitätsgefühle gab es schon vor Fripps Erscheinen. Jede beneidet die andere um die Eigenschaften, die ihr selbst fehlen. Easy bewundert Kat um ihre Coolness und ihre vermeintlichen Erfahrungen, dafür missgönnt Kat ihrer Freundin das schöne Aussehen und ihr lockeres Auftreten. Überall zieht diese die Blicke der Männer auf sich.
Auch als ältere Frauen verfallen sie oft in die alten Muster.
Susann Pásztor erzählt leichthändig und mit Humor von den Brüchen einer Frauenfreundschaft. Dass dabei Leerstellen bleiben, war für mich gerade richtig.
„ Die Geschichte von Kat und Easy“ ist ein unterhaltsamer , schön erzählter Roman, der allerdings nicht an das Niveau von Susann Pasztors letztem Buch „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ herankommt. So haben sich meine großen Erwartungen an diesen Roman leider nicht erfüllt.