3. Leseabschnitt: Kapitel 25 bis Kapitel 33 (S. 153 bis S. 217)

claudi-1963

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29. November 2015
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Also köstlich, dieses Buch kann man einfach nicht erst nehmen. Ich musste hier bei einigen Szenen lachen, besonders als Anat auf ihn mit der Suppenkelle losgeht. Ich habe aber auch das Gefühl, das Kadoke zurzeit von einem Fettnäpfchen ins andere tritt. Köstlich war auch die die Hilfe die Anat für Kadokes Vater besorgt hat. Klar das es seinem Vater nicht gut bekommen ist, das er ihm fast den ganzen Tag die Windel angelassen hat. Aber das ist auch wieder so typisch Kadoke, das er die vergessen hat. Klar wollte sie ihm sicherlich nur zeigen, das er ganz wund davon ist. Aber das ist natürlich schwer wenn man jemanden nicht versteht. Der Arme Vater was der mitmachen muss, erst der unverhoffte Umzug, nun eine neue Pflegerin und dann dazu noch eine die richtig hand anlegt. :)

Puhh am meisten angeeckelt hat es mich als er die Wohnung von Anats Mutter beschrieben hat. Warum leben die beiden in so eine Saustall? Ist Anat so mit studieren beschäftigt ud die Mutter mit beten, das sie alles um sich herum vergessen?

Warum macht sich Grünberg so über diese Menschen im Westjordanland lustig? Anscheinend ist seine Schwester ebenfalls mit einem orthodoxen Jueden verheiratet, und sie lebt dort. Vielleicht reagiert sie bei Arnon selbst auch so wie Anat und er zieht deshalb so über die Leute her? :D
Jedenfalls scheinen das schon spezielle Juden zu sein. Die orthodoxen Juden sind sowieso sehr speziell und werden nicht von allen Juden geliebt. Sie werden oft als faul und Schmarotzer betitelt, weil viele nicht arbeiten und nur beten und der Staat für sie und die Familien sorgen muss.
 

claudi-1963

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29. November 2015
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Der Lebensentwurf dieser Siedlung sowie deren BewohnerInnen steht für mich in gewisser Weise auch für Gruppe der LiebhaberInnen der alternativen Fakten. Alle haben sie ihr Weltbild und um nichts in der Welt wird davon abgewichen. Ich habe einmal mit so jemandem (Kreationistin) versucht zu diskutieren und kam mir vor, als würde die versteckte Kamera gleich irgendwo hervorkommen. Doch diese Leute sind tatsächlich echt! Und von aussen betrachtet ist es wirklich irgendwie lustig und absurd.
Ja so ist das aber ansscheinend wirklich bei den orthodozen Juden, sie haben wirklich ihr ganz eigenes Leben und sogar Siedlungen. In Jerusalem gibt es eine regelrechte Siedlung wo man teilweise sogar nicht mal durchlaufen kann ohne aufzufallen. Man muss selbst als Tourist bestimmte Regeln beachten. Eine Frau aus unserer Gruppe ist mal durchgelaufen, allerdings nur mit Rock und Kopftuch und selbst da wurde sie noch als Tourist bemerkt. Von daher kann ich schon verstehen das er sich ein wenig über sie lustig macht, da ist Grünberg nicht der einzige.
 

claudi-1963

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29. November 2015
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In dieser Siedlung sind die Leute total ausgeflippt. Und das nicht, weil sie darum beten, dass Gott Anat einen Mann schickt. Kinderreichtum ist wohl wichtig bei einem Volk, von dem sich seine Nachbarn wünschen, dass es ausgelöscht würde.

Kadoke muss auch immer so übertreiben. Geschieht ihm natürlich ganz recht, dass er jetzt der Verlobte von Anat ist.

Aber warum muss es so dreckig, sprich asozial sein und die Mutter von Anat ist wirklich schlimm.

Noch keine zwei Tage da, schon richtet K. ein totales Kuddelmuddel an.

Ich habe einen politischen Halbsatz gefunden:
[zitat]Offenbar stehen die Türen hier immer offen, Feinde gibt es nicht, die sind da draußen, auf anderen Hügeln oder einfach geschlagen, besiegt, zur Abwechsung haben einmal die Juden gewonnen[/zitat]

Dann gefällt mir noch:
[zitat]Als jüdischer Vergewaltiger durch die Straßen von Amsterdam zu laufen, war schon kein Vergnügen, in einer Siedlung auf der Westbank als Wunder begrüßt zu werden, gefällt ihm aber ebenso wenig. [/zitat]

K. ist so ein bisschen wie eine Kafkafigur, er stolpert von einem Unglück ins nächste absurde Geschehen.
2 tolle Sätze. Warum es so dreckig ist weiß ich auch nicht, aber ich vermute mal, das Anat mit studieren und ihre Mutter mit beten für den Rabbi beschäftigt ist. Darüber wird dann einfach vergessen, das man auch mal die Wohnung putzen sollte. Aber ein Bett das nach Hund riecht und wahrscheinlich 6 Monate nicht überzogen wurde fand ich dann schon ekelig. :eek:
 

claudi-1963

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29. November 2015
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Das Ganze liest sich wie eine Art Gegenentwurf zu Romanen, bei denen man als Gast in einen anderen Kulturkreis kommt, köstlich bewirtet wird und wunderbare Gespräche führt, die zu tiefen Freundschaften führen. ( „ Maria, ihm schmeckt‘s nicht“ in einer israelischen Siedlung ).
Das ist aber lang nicht so hart wie das hier von Grünberg. ;) Allerdings kann ich inzwischen hier auch fast nur noch schmunzeln bei dem was passiert.
 
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claudi-1963

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29. November 2015
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Ja, wat willste. Ich weiß schon, warum ich immer sage, dass ich früh sterben will. Nicht mir 90, nicht mal mit 80, sondern auf jeden Fall früher. Aber mich fragt ja keiner ...

Ich habe mal in einem Forum anlässlich einer ähnlichen Diskussion geschrieben, dass m.M.n. jeder Mensch, sagen wir mal, ab 60 das Recht haben sollte, sich (wenn er will) selbst zu entsorgen. Da hat man mich beinahe hinausgeschmissen.
Das ist aber auch eine haarige Aussage, wenn man mal sieht wie fit heute noch oft 80-jährige sind. Ist eigentlich schade, das du das Leben so anstrengend ansiehst, das du so schnell das zeitliche segnen möchtest. ;)
Ich habe einige Formen von Pflege kennen gelernt (sowohl meine Mama als auch die Schwiegermutter wurden/werden professionell gepflegt), häusliche wie auch im Pflegeheim, und habe es nie erlebt, dass eine Pflegekraft in Sekundenschnelle den Patienten bis auf die Haut ausgezogen hat, ohne jede vorherige Ansprache (ein freundliches Hallo und Vorstellen mit Namen wird in jeder Sprache verstanden).
Ich finde das absolut unakzeptabel. Aber vielleicht bin ich einfach zu blauäugig.
Ich denke das wird halt hier genauso überspitz dargestellt, wie alles in dem Buch. Und da Russen eh oft als sehr hart tituliert werden, wollte er das sehr wahrscheinlich so darstellen.
 

claudi-1963

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@In welchem Roman haben wir das gelesen, dass es in russischen Krankenhäusern nicht so zimperlich zu geht wie bei uns? Wobei zimperlich jetzt von deren Warte aus betrachtet ist. Da war eine Ärztin, die Krebs hatte und nackt in den Operationsraum laufen musste! (Das Verschwinden der Erde - ja, das wars). Vllt ist man anderswo mehr "objektbezogen".
Auch bei Filipenkos Buch "Der ehemalige Sohn" gehen russische Ärzte nicht zimperlich mit Patienten um. Ist halt doch vielleicht die Mentalität. ;)
 

Die Häsin

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Das ist aber auch eine haarige Aussage, wenn man mal sieht wie fit heute noch oft 80-jährige sind. Ist eigentlich schade, das du das Leben so anstrengend ansiehst, das du so schnell das zeitliche segnen möchtest. ;)

Ich sprach ausdrücklich von "das Recht haben", nicht von sollen oder müssen. Klar gibt es sehr fitte 80jährige, sogar ältere; es gibt auch viele Leute, die, ob fit oder nicht, in hohem Alter noch das Gefühl haben, gebraucht zu werden und für andere wichtig zu sein. Aber es gibt auch Menschen, die sich Jahr um Jahr weiterschleppen, ohne Aussicht, dem Leben noch etwas abzugewinnen. Ich will lieber gar nicht darüber diskutieren; es ist eine sehr persönliche, aus ganz bestimmten Erfahrungen gewonnnene Meinung und bezieht sich ausdrücklich nur auf Leute, die das so wünschen. (Man muss das Leben übrigens auch nicht anstrengend finden, um die Lebensfreude zu verlieren, manche Leute haben schon aus Langeweile keine Lust mehr ... :confused: )
 
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Zugegeben: ich hadere mit mir und mit diesem Buch. In den ersten zwei Leseabschnitten war ich noch begeistert, jetzt war es mir in manchen Abschnitten einfach zu viel. Zu überzogen, zu absurd, das Leben dort, wie es beschrieben wird, ist für mich so durch und durch fremdartig, so unangenehm.

Ich habe mich mit meinem Mann darüber unterhalten und er meinte: Ja, aber was erwartest du denn? Du als christliche Mitteleuropäerin, die das Leben dort höchstens oberflächlich aus den Nachrichten kennst, wie soll das NICHT fremdartig für dich sein? Und wer sagt denn, dass das alles überzogen ist? Vieles ist wahrscheinlich im Kern tatsächlich so und nur im Detail überspitzt. Da kommen Juden aus vielen Ländern zusammen und leben, oft auf relativ engem Raum, in einer Gesellschaft, die sich kulturell nicht wirklich durchmischt, das ist eine Extremsituation.

Da bin ich wieder ins Grübeln gekommen. Ja, habe ich gesagt, aber die dreckigen Wohnungen? Die Krankenschwester, die dem Vater rabiat die Klamotten vom Leibe reißt und ihm den Intimbereich grob mit Salbe einreibt? Die Mutter, die Gewalt in der Ehe propagiert? Ist das nicht alles too much?

Tja, sagt er, wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst über fundamentale Christen in Amerika, dann suchst du dir auch Menschen aus, die das Themen in ihren Ansichten auf die Spitze bringen, und nicht die gemäßigten. Wenn's satirisch ist, dann sowieso.

Ok. Ok, ok. Aber. Ich sage: ich dachte, weil Kadoke ein Europäer ist, der bisher mit dem israelischen Heimattum nichts am Hut hatte, wird der Autor ihn verwenden, um mir aus seiner Sicht die politische Situation und das Leben da zu erklären.

Tja, sagt er, vielleicht soll Kadoke ja umgekehrt zeigen, wie schnell sich ein Mensch assimilieren lässt in so eine Gesellschaft.

...das ging noch eine Weile hin und her, ohne dass er das Buch gelesen hätte. Waren aber interessante Denkanstöße!
 

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Zugegeben: ich hadere mit mir und mit diesem Buch. In den ersten zwei Leseabschnitten war ich noch begeistert, jetzt war es mir in manchen Abschnitten einfach zu viel. Zu überzogen, zu absurd, das Leben dort, wie es beschrieben wird, ist für mich so durch und durch fremdartig, so unangenehm.

Ich habe mich mit meinem Mann darüber unterhalten und er meinte: Ja, aber was erwartest du denn? Du als christliche Mitteleuropäerin, die das Leben dort höchstens oberflächlich aus den Nachrichten kennst, wie soll das NICHT fremdartig für dich sein? Und wer sagt denn, dass das alles überzogen ist? Vieles ist wahrscheinlich im Kern tatsächlich so und nur im Detail überspitzt. Da kommen Juden aus vielen Ländern zusammen und leben, oft auf relativ engem Raum, in einer Gesellschaft, die sich kulturell nicht wirklich durchmischt, das ist eine Extremsituation.

Da bin ich wieder ins Grübeln gekommen. Ja, habe ich gesagt, aber die dreckigen Wohnungen? Die Krankenschwester, die dem Vater rabiat die Klamotten vom Leibe reißt und ihm den Intimbereich grob mit Salbe einreibt? Die Mutter, die Gewalt in der Ehe propagiert? Ist das nicht alles too much?

Tja, sagt er, wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst über fundamentale Christen in Amerika, dann suchst du dir auch Menschen aus, die das Themen in ihren Ansichten auf die Spitze bringen, und nicht die gemäßigten. Wenn's satirisch ist, dann sowieso.

Ok. Ok, ok. Aber. Ich sage: ich dachte, weil Kadoke ein Europäer ist, der bisher mit dem israelischen Heimattum nichts am Hut hatte, wird der Autor ihn verwenden, um mir aus seiner Sicht die politische Situation und das Leben da zu erklären.

Tja, sagt er, vielleicht soll Kadoke ja umgekehrt zeigen, wie schnell sich ein Mensch assimilieren lässt in so eine Gesellschaft.

...das ging noch eine Weile hin und her, ohne dass er das Buch gelesen hätte. Waren aber interessante Denkanstöße!
Hej, Dein Mann sollte mitlesen ;)
 
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14. Februar 2015
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Der Vater tut mir unsäglich leid. Er ist hier der Charakter, der mich wirklich berührt, weil er so hilflos ist, so vollkommen ausgeliefert. Er hat Kadoke gesagt, er will nicht nach Israel, er hat immer wieder bitterlich geweint, sein Leid war offensichtlich, aber das hat nichts geändert.

Das hat eine gewisse Komik, aber eine, die weh tut.

Was soll das zeigen, dass Anats Haus so verdreckt ist, dass es da unangenehm riecht? Dass sie vollkommen den Kontakt mit der Realität verloren haben, weil sie so verankert sind in ihren extremen Ansichten und ihrer Religion? Kinder machen für den neuen Staat, das ist wichtig, und da hat Anat "versagt".

Ich hab ja so halb gehofft, dass Kadoke mal die Ärmel hochkempelt, den Container ein bisschen wohnlicher macht und dann mal in Ruhe nachdenkt, was er eigentlich wirklich will. Er hätte auch in ein anderes europäisches Land ziehen und sich da eine Frau suchen können, die Fixierung auf Anat wirkt so, als stecke da mehr hinter. Sucht er vielleicht doch irgendwie nach seinen Wurzeln, unbewusst?

Dass Anats Haus so verdreckt ist, ist vielleicht auch nur ein Kunstgriff, der zeigen soll, wie weit Kadoke willen ist, sich die Realität zurechtzubiegen.

Diese Geschichte ist so durch und durch absurd, dass man vergisst, an welcher Stelle man anfangen sollte, es absurd zu finden.

Das trifft es ganz gut! Genauso schwierig ist die Frage, an welcher Stelle man anfangen soll, das gut oder eben nicht gut zu finden.
 

Die Häsin

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Tja, sagt er, vielleicht soll Kadoke ja umgekehrt zeigen, wie schnell sich ein Mensch assimilieren lässt in so eine Gesellschaft.

Gerade bei diesem Thema Assimilierung sind mir beim Lesen auch so Gedanken gekommen: Warum bleibt Kadoke eigentlich da? Ich sehe in diesem Umfeld rein gar nichts, was ihn an den Ort bindet, außer Anat, und die Liebe zu Anat genügt mir als Motor nicht, weil er sich ja im Grunde gar nicht mit ihr versteht - in dem Sinn, dass ein geistiger Gleichklang vorhanden wäre. Die Gesellschaft ist scheußlich; es scheint niemand da zu sein, mit dem er sich richtig anfreunden könnte. Von kultureller Anregung, schöner Natur oder Landschaft, die zu Spaziergängen etc. einlädt, keine Rede - nicht dass ich das allzu hoch hängen würde, aber wenn man sich allein und unsicher fühlt, macht es eine Menge aus. Und das Klima scheint mörderisch zu sein. Vielleicht will er seinen Papa nicht noch ein weiteres Mal verpflanzen ... So richtig hineinversetzen kann ich mich da nicht.

@Mikka Liest : Genau Deine Gedanken sind mir auch gekommen - dass er vielleicht doch irgendwie, obwohl er kein praktizierender Jude ist, das Gefühl hat, dort hinzugehören. Anders ist es nicht recht zu erklären, dass er sich dort auf Dauer einrichtet.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Zugegeben: ich hadere mit mir und mit diesem Buch. In den ersten zwei Leseabschnitten war ich noch begeistert, jetzt war es mir in manchen Abschnitten einfach zu viel. Zu überzogen, zu absurd, das Leben dort, wie es beschrieben wird, ist für mich so durch und durch fremdartig, so unangenehm.

Ich habe mich mit meinem Mann darüber unterhalten und er meinte: Ja, aber was erwartest du denn? Du als christliche Mitteleuropäerin, die das Leben dort höchstens oberflächlich aus den Nachrichten kennst, wie soll das NICHT fremdartig für dich sein? Und wer sagt denn, dass das alles überzogen ist? Vieles ist wahrscheinlich im Kern tatsächlich so und nur im Detail überspitzt. Da kommen Juden aus vielen Ländern zusammen und leben, oft auf relativ engem Raum, in einer Gesellschaft, die sich kulturell nicht wirklich durchmischt, das ist eine Extremsituation.

Da bin ich wieder ins Grübeln gekommen. Ja, habe ich gesagt, aber die dreckigen Wohnungen? Die Krankenschwester, die dem Vater rabiat die Klamotten vom Leibe reißt und ihm den Intimbereich grob mit Salbe einreibt? Die Mutter, die Gewalt in der Ehe propagiert? Ist das nicht alles too much?

Tja, sagt er, wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst über fundamentale Christen in Amerika, dann suchst du dir auch Menschen aus, die das Themen in ihren Ansichten auf die Spitze bringen, und nicht die gemäßigten. Wenn's satirisch ist, dann sowieso.

Ok. Ok, ok. Aber. Ich sage: ich dachte, weil Kadoke ein Europäer ist, der bisher mit dem israelischen Heimattum nichts am Hut hatte, wird der Autor ihn verwenden, um mir aus seiner Sicht die politische Situation und das Leben da zu erklären.

Tja, sagt er, vielleicht soll Kadoke ja umgekehrt zeigen, wie schnell sich ein Mensch assimilieren lässt in so eine Gesellschaft.

...das ging noch eine Weile hin und her, ohne dass er das Buch gelesen hätte. Waren aber interessante Denkanstöße!
Interessantes Gespräch. Ich denke, gerade weil Dein Mann das Buch nicht kennt, konnte er unbelastet darüber reden.
 
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Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Wenn ich jetzt gemein wäre, würde ich ja sagen, dass das "Mensplaining" vom Feinsten ist. ;):rolleyes:

Haha, er ist normal wirklich kein "Mansplainer", ich schwör's. Ich hab die Unterhaltung ja angestoßen, und er hat mir ein paar interessante Denkanstöße gegeben – manchmal muss ich über ein Buch reden, um mir selber klar zu werden, was ich darüber denke.
 

claudi-1963

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Zugegeben: ich hadere mit mir und mit diesem Buch. In den ersten zwei Leseabschnitten war ich noch begeistert, jetzt war es mir in manchen Abschnitten einfach zu viel. Zu überzogen, zu absurd, das Leben dort, wie es beschrieben wird, ist für mich so durch und durch fremdartig, so unangenehm.

Ich habe mich mit meinem Mann darüber unterhalten und er meinte: Ja, aber was erwartest du denn? Du als christliche Mitteleuropäerin, die das Leben dort höchstens oberflächlich aus den Nachrichten kennst, wie soll das NICHT fremdartig für dich sein? Und wer sagt denn, dass das alles überzogen ist? Vieles ist wahrscheinlich im Kern tatsächlich so und nur im Detail überspitzt. Da kommen Juden aus vielen Ländern zusammen und leben, oft auf relativ engem Raum, in einer Gesellschaft, die sich kulturell nicht wirklich durchmischt, das ist eine Extremsituation.

Da bin ich wieder ins Grübeln gekommen. Ja, habe ich gesagt, aber die dreckigen Wohnungen? Die Krankenschwester, die dem Vater rabiat die Klamotten vom Leibe reißt und ihm den Intimbereich grob mit Salbe einreibt? Die Mutter, die Gewalt in der Ehe propagiert? Ist das nicht alles too much?

Tja, sagt er, wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst über fundamentale Christen in Amerika, dann suchst du dir auch Menschen aus, die das Themen in ihren Ansichten auf die Spitze bringen, und nicht die gemäßigten. Wenn's satirisch ist, dann sowieso.

Ok. Ok, ok. Aber. Ich sage: ich dachte, weil Kadoke ein Europäer ist, der bisher mit dem israelischen Heimattum nichts am Hut hatte, wird der Autor ihn verwenden, um mir aus seiner Sicht die politische Situation und das Leben da zu erklären.

Tja, sagt er, vielleicht soll Kadoke ja umgekehrt zeigen, wie schnell sich ein Mensch assimilieren lässt in so eine Gesellschaft.

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Sehr gut dargestellt von deinem Mann, er scheint das Buch zu verstehen.
 
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parden

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13. April 2014
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Es wird immer absurder. Angekommen im Westjordanland wird alles nur noch mehr auf die Spitze getrieben. An manchen Stellen lache ich auch, finde es aber gleichzeitig alles ziemlich schrecklich. Was muss Kadoke innerlich umtreiben, um diesen Schritt zu gehen? Die Flucht vor der Scham als (fälschlicherweise?) Verurteilter, das Fehlen jeglicher anderen Lebensperspektive, der zwingende Wunsch, ÜBERHAUPT irgendwo dazuzugehören? Bin ich eigentlich die Einzige, die bei den "Käfern" im Container an Kakerlaken denkt? Mich schüttelt es hier nur noch... Ob Grünbergs Verwandte in Israel dieses Buch wohl auch lesen? Ob sie anschließend noch mit ihm reden? Ab wann ist "Satire" zu drüber? Für mich ist das hier definitiv eine Gratwanderung...
 
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