Dieses Leben nach streng interpretierten Regeln und Ritualen treibt skurile Blüten in dieser Siedlung, in diesem Buch. Und Kadoke gerät mitten hinein.
Aber hallo, in diesem Abschnitt treibt der Autor es wirklich auf die Spitze!
Aber so verrückt und absurd das alles ist, ich behalte doch die Freude beim Lesen.
Im letzten Abschnitt hätte ich dir noch zugestimmt – da hatte ich nach dem längeren Gespräch mit meinem Mann gerade entschieden, dass mir das Buch trotz leichter Vorbehalte doch gefällt. Aber jetzt ist das alles wieder dahin...
Was aber dann folgt, ist wohl einem schlechten Porno entsprungen, so einen Kokolores habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Der einzige Ausweg wäre, dass Kadoke schweißgebadet aufwacht, und sich alles als ein Traum entpuppt - eine Männerphantasie, wäre die einzige akzeptable Möglichkeit für meine Bereitschaft, hier weiterzulesen.
Das wäre für mich auch die einzig akzeptable Wendung gewesen, so hat der Autor mich jetzt doch abgehängt.
Vom kunstfertigen Standpunkt her, der ein distanzierter ist, kann ich dem Roman wieder etwas abgewinnen. Es ist ja schon originell. Wenngleich schmuddelig originell.
Hmmmnnnnnjjjjjeiin. Ich finde es schon fast
nicht mehr originell, weil es jetzt für mich zu einfach ist. Der Autor will schockieren, also dreckstarrende Wohnungen. Also kultartige Ansichten. Also Sex jenseits jeder Norm. Das ist mir zu billig.
Zwischen all den skurrilen und z.T. abstoßenden Szenen finden sich Sätze wie :
„ Gib Menschen die Fähigkeit, sich zu sehnen , und sie wollen in die Vergangenheit zurück - oder einen Messias, am liebsten gleich. Vielleicht sollte man den Leuten sagen: Auf Euch wartet kein Paradies und es wird auch nie eines geben. Weil das die Wahrheit ist - das Leben ist grausam, wer kann das bestreiten? Er dagegen hat einen Großteil des Lebens damit verbracht, diese Grausamkeit in der Tat zu bestreiten, sie erträglich zu machen, ständig neu zu formulieren, bis sie nicht mehr wie Grausamkeit aussah, sondern wie etwas anderes: eine Tragödie, mit der sich leben lässt.“
Das zeigt Kadokes Weltbild und das, was sein Handeln bestimmt hat ( auch in Bezug auf Michette).
Bei solchen Sätzen denk ich immer: DAS ist das Buch, das ich lesen will.
Was diese unsägliche Sexszene betrifft: Wenn ich das mit etwas Abstand anschaue , ergibt sich hier für mich ein anderes Bild. Da ist eine Mutter, die angeblich alles nur aus Liebe zu ihrer Tochter macht, sich einmischt bis ins Intimste. Es gibt bestimmt Elternteile, die in den Schlafzimmern ihrer Kinder anwesend sind, zwar nicht körperlich, eher als Stimmen im Kopf.
Du bist da gnädiger als ich, ich traue dem Autor kaum mehr zu, dass da tatsächlich so eine subtile Vielschichtigkeit hintersteckt.
Was ist denn das Zentrum? Es gibt keins. Es wird nach allen Richtungen geschossen. Der Autor konzentriert sich auf kein einziges Thema, es wird nichts zu Ende ausgeleuchtet. Das ist auf alle Fälle ein Minus.
Absolut! Und mir fehlt da auch eine "Gegenstimme", die Kadokes Ansichten kontra bietet und dabei nicht
total durchgeknallt wirkt. Klar, das Ganze ist Satire, aber trotzdem ist es mir zu einseitig – ich will auch die Menschen zumindest ein Stück weit verstehen, die da leben und darin ihr Heil sehen. Das kann ja auch gerne witzig und satirisch passieren, aber so ist es nur immer wieder ein "kräftig drauf auf die verrückten Juden, die dort leben"!
Ich kann die Wünsche von Anats Mutter zur Not als etwas quasi Exotisches, in ihrer Welt aber Stimmiges akzeptieren.
Hmmm, aber ich glaube nicht, dass so etwas in dieser Gesellschaft weniger skandalös wäre. Es wurde ja schon gesagt, dass die anderen Menschen dort durchaus seltsam finden, wie fixiert sie auf den Guru ist, da kann ich mir nicht vorstellen, das Blowjob mit dem zukünftigen Schwiegersohn akzeptabel ist.
Es gibt nicht ein Thema, das stimmt, sondern es werden sehr viele aufgegriffen, von der Me Too Debatte über das Verhalten von Medien, Antisemitismus, Umgang mit alten Menschen, Siedlungen in Israel, reliöser Fanatismus und und und
Da das alles eingebunden wird in die Handlung, empfinde ich die vielen Themen nicht als Manko. Und ich bezweifle, dass man das bis zum Ende hin ausleuchten kann.
Mir fehlt da eine gewisse Struktur, und wie eben schon erwähnt, dass die Juden, die dort leben, zumindest ein Stück weit zu Wort kommen, ohne als Zerrbilder vorgeführt zu werden. Das ist für mich unrund, und so wirkt die Kritik an dieser Lebensform auf mich sogar weniger deutlich, weil sie ohnehin als völlig irreal erscheint.
Was mich eher stört ist diese Grenzüberschreitung, dass die Mutter "die Dinge selbst in die Hand (Mund) nimmt", das entstammt dann doch wohl eher einem Pornodrehbuch.
Ja, ich dachte auch, jetzt fehlt nur noch, dass jemand fragt: "Warum liegt hier überhaupt Stroh?" "Warum hast du 'ne Maske auf?" "Na, dann blas mir doch einen."
Aber wie auch immer, ich bin schon ein Stück weiter und die Seltsamkeiten nehmen kein Ende.
Oh nein, bitte sagt das nicht...
Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Bislang war es nur absurd, jetzt wird es auch noch geschmacklos. Ist das witzig? Ich verstehe es nicht, falls das witzig ist, ist das nicht mein Humor.
Meiner auch nicht...
Ich verliere sie gerade. Ich mag noch immer den Schreibstil, aber wenn alles absurd ist, weiß man gar nicht mehr, was man denn hinterfragen soll.
Es kann noch eins kommen, aber mir fehlt hier die Basis. Irgendwas Echtes im ganzen Sumpf, das all die Verrücktheiten ins Verhältnis setzt. Sind alle bekloppt, wundert dich gar nichts mehr und dann interessieren mich auch die Themen nicht mehr.
Genau, für mich geht dadurch auch die durchaus berechtigte Kritik flöten.
In der Zwischenzeit fühle ich mich in eine Monty Python Szenerie versetzt. Genauso, wie ich mich früher über die Filme weggeschrien habe, lache ich mich jetzt kaputt. Aber zugegeben, man muss diesen Humor mögen.
Ich mag Monty Python, aber Blowjob with Schwiegermama ist doch noch ein etwas anderes Kaliber...
Mich würde interessieren, welche Reaktionen der Autor erhalten hat. Literarisch gesehen ist das Buch in den Niederlanden ja sehr gut aufgenommen worden. Aber ob er auch beleidigende Mails usw. bekommen hat wie Kadoke? Wundern würde es mich nicht.
Es würde mich kein Stück wundern, denn er geht die Menschen, die er kritisiert, ja sehr heftig an und macht sie zu reinen Witzfiguren.
Das er hier vielleicht die Mentalität dieser Menschen und die Weiterverpflanzung, die sicherlich dort viel extremer ist wie sonst in Israel, ins lächerliche zieht, ist das eine. Doch er meiner Ansicht nach überschreitet er hier definitiv schon die Grenzen des guten Geschmacks.
Ich finde immer, auch Satire und Kritik sollten der "Gegenseite" noch etwas Menschlichkeit lassen.
Ich glaube wenn ich Kadoke gewesen wäre, dann hätte ich Anats Mutter eine gescheuert, als sie sein Geschlechtsteil in den Mund nahm und hätte sie beide hochkant hinausgeworfen.
Achtung, die ist doch der Meinung, Gewalt in der Ehe sei was Gutes – könnte die gegenteilige Wirkung als die angestrebte haben.
Es gibt nichts großes echtes in dem Buch, es ist und bleibt Satire. Natürlich ist in allem was es darstellt ein bisschen Wahrheit enthalten und doch überspitz er das Ganze satirisch ins Lächerliche.
Ich glaube, das fehlt mir hier. Das bisschen Wahrheit wird hier so komplett überkleistert mit Klamauk und unappetitlichen Details.