LIESCHEN WILL HÄPPY END

Wandablue

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Ich lese gerade den wunderbaren Roman „Blumen für Algernon“ von Daniel Keyes. Die Geschichte handelt von einem schwachsinnigen jungen Mann, Charlie, der von klein auf von allen gehänselt wird, es aber nicht mitkriegt. Er hält die Welt für einen Spielplatz und ist glücklich. Allerdings. Und dann. Ja, den Rest müsst ihr selber lesen. Ich spoilere doch nicht.


Ich erzähle euch davon, weil mir die Geschichte ans Herz geht. Algernon ist eine Maus. Und ich bin gegen Tierversuche jeder Art! Muss hier mal in aller Deutlichkeit gesagt werden! Bestimmt komme ich in einem anderen Thread noch einmal darauf zurück!

„Blumen für Algernon“ jedenfalls weckt diese Häppysehnsucht in mir. Von Anfang an habe ich nämlich das dumpfe Gefühl, dass das schöne Buch nicht gut enden wird. Ich weiß es nicht mit Gewissheit, denn ich habe gerade erst die Hälfte gelesen. Bisher ist noch alles gut. Aber wer weiß, es ist eigentlich zu schön, um wahr zu sein!


In jeder Wanda ist auch ein bisschen Lieschen Müller drin. Und Lieschen möchten häppy sein. Bitte ein Häppy End. Allerdings wollen Wandas trotzdem keine Lädchenbücher lesen, die diese Sehnsucht ganz freiwillig bedienen würden. Ein Häppy End muss ja nicht schmalzig sein. Oder?

Habt ihr auch schon einmal einen Roman gehabt, bei dem ihr euch nach einem häppy Ende gesehnt habt – es aber nicht bekommen habt? Manche Romane schreien förmlich nach einem Häppy End. Aber wenn die Schreiberlinge eins hergeben würden, bekämen sie keine Bücherpreise und auch keine guten Rezensionen. Darauf verwette ich Algernon, die Maus.

Häppy Ends sind unsere Sehnsucht, jedoch sind sie literarisch und intellektuell verpönt. Was meint ihr? Wie ist das mit dem Häppy End?

@Literaturhexle @Litterae-Artesque @ThomasWien @ulrikerabe @Xirxe @Zunderköchin @RuLeka @Emswashed
 

Die Häsin

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Ich habe "Blumen für Algernon" ja schon durch und will auch nicht spoilern, aber Du weißt schon, dass der Autor mehrmals vom Verlag gebeten wurde, das Ende umzuschreiben ....?

Ob ich mir ein HappyEnd wünsche, kann ich so pauschal gar nicht beantworten. Wünschen und erwarten ist ja nicht ganz dasselbe. In Krimis wünsche ich mir natürlich eine Aufklärung, zählt das eigentlich als HappyEnd? Und wenn ein Buch endet wie neulich "Und es schmilzt", fühle ich mich schon ein wenig angeschmiert. Aber das wohl nicht deshalb, weil ich mir ein glücklicheres Ende gewünscht hätte.

Das Buch ist in Ich-Form geschrieben und endet mit dem Tod der Ich-Erzählerin. Nein, das Buch ist auch kein nachgelassenes Tagebuch, sondern eine richtige Ich-Erzählung. Fand ich nicht stimmig.
 
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Wandablue

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Ach, wünschen. Erwarten. Wollen. Hoffen. Alles. Literararisch beurteilen. Alles, was spontan einfällt dazu. Über Lädchenbücher hetzen ...üer all das wird hier geplaudert. Hin und her.
 
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Die Häsin

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Bei manchen Büchern sehne ich ein HappyEnd derart herbei, dass ich es mir sogar dann ausmale, wenn ich das Buch schon kenne und weiß, dass es böse endet. Das vor allem, wenn es um Tiere oder kranke Kinder geht.

Aber bei den meisten Büchern ist man ja schon zufrieden, wenn sie halt irgendwie enden, weder gut noch schlecht. Wie soll man zum Beispiel das Ende von "Vom Winde verweht" bezeichnen? Das Ende vom Herrn der Ringe? Das Ende von Knut Hamsuns "Hunger"? Oder vom Dschungelbuch? Da geht eine Phase zu Ende und eine neue beginnt, der Held geht seiner Wege, wir bleiben zurück.
 

Literaturhexle

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Aber wenn die Schreiberlinge eins hergeben würden, bekämen sie keine Bücherpreise und auch keine guten Rezensionen. Darauf verwette ich Algernon, die Maus.
So einfach ist das nicht. Es gibt nicht nur Wandas, sondern auch Lieschens. Das Buch muss nur rein äußerlich als Häppyendstorie erkennbar sein. Passt die Hülle nicht zum Inhalt - erst dann hagelt es die schlechten Rezis. Weil Ross und Reiter nicht zueinander gefunden haben.
Häppy Ends sind unsere Sehnsucht, jedoch sind sie literarisch und intellektuell verpönt. Was meint ihr? Wie ist das mit dem Häppy End?
Das letzte Mal, dass ich mir ein HE gewünscht habe, ist gar nicht so lange her:
Buchinformationen und Rezensionen zu Mrs Palfrey im Claremont: Roman von  Taylor
Kaufen >
Aber klar, das Buch wäre nicht für den Bookerpreis nominiiert worden, wenn es eins hätte. HE streicheln einfach die Seele, tun gut. Sind aber selten realistisch: Das wahre Leben ist eben kein Ponyhof!
Die literarischen Bücher ohne HE bleiben meistens länger in Erinnerung, weil man über sie stärker nachdenkt, sich an ihnen reibt.

Dem Buch, das du liest, Wanda, sieht man von außen die Richtung nicht an, die es nehmen wird. Insofern ist alles drin (was manchmal recht schmerzhaft sein kann).
 

Literaturhexle

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Aber bei den meisten Büchern ist man ja schon zufrieden, wenn sie halt irgendwie enden, weder gut noch schlecht.
Das hast du gut geschrieben. Ein Ende muss iwie schlüssig sein. Es ist doof, wenn man im Regen stehen gelassen wird und das Ende so gar keinen Sinn macht (wie bei der Schmelze). Ich habe schon einige Rezis über "und es schmilzt" gelesen. Diesen Kritikpunkt aber noch nicht vernommen. Was nur wieder beweist, dass viele Leser weit unkritischer sind als wir.
Zu spüren auch bei LR, die hier und anderswo laufen. Der Vergleich lohnt sich: Literarische Bücher schneiden hier besser ab, Lieschens drüben. Alles hat seine Rechtfertigung. Aber ich liebe mittlerweile schöne, ansprechende Texte, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Hach:rolleyes:! Gerade gestern habe ich so ein Buch angefangen (weil ich mich mit dem Tod in ihren Händen gequält habe und Abstand zu Neuguinea brauchte). So toll! Aber was es ist, darüber spreche ich später und woanders;)
 
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Reaktionen: Emswashed und Xirxe

Yolande

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13. Februar 2020
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Klar mag man Happy-Ends, das ist rundet die Geschichte im positiven Sinn ab und man kann das Buch befriedigt zuschlagen. Was ich aber nicht mag ist, wenn der Autor sozusagen auf den letzten Seiten noch alles so hinbiegt, damit alle zum Schluss in den Sonnenuntergang reiten könnnen. Das ist furchtbar, dann schon lieber alle tot ....
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Mein allererstes Buch von Jean-Christophe Grangé, meinem Lieblings-Thrillerautoren, war "Das Imperium der Wölfe". Da sind am Ende alle, alle tot. Bis auf eine bis dahin ganz unbedeutende Nebenfigur, die am Schluss plötzlich als Siegerin allein von hinnen zieht.
Meine Tochter, die das Buch damals vor mir las, sagte irgendwann im letzten Viertel zu mir: "Jetzt bin ich gespannt, was da noch kommt, es sind ja alle tot!"
Grangé zählt übrigens zu den Autoren, die überhaupt keine Enden schreiben. Er hört halt irgendwann auf. Wenn man Glück hat, passt es auch für einen selbst. (Bei mir passt es meistens, bei anderen Lesern oft gar nicht, deshalb empfehle ich ihn auch nicht gern, obwohl ich alle seine Bücher mag.)
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Na klar mag ich Happy Endings, aber wenn sie dann kommen, schüttle ich den Kopf und denke vor mich hin: Total unglaubwürdig und schnulzig. Es mir also recht zu machen, ist nicht so einfach ;) Beispielsweise bei
Buchinformationen und Rezensionen zu Das Herz ist ein einsamer Jäger. Roman von Carson McCullers
Kaufen >
Wirklich das ganze Buch hindurch habe ich darauf gewartet, dass Alles gut wird - und dann? Ist es völlig glaubwürdig ausgegangen, aber leider nicht so wie von mir gewünscht. Aber gerade auch deshalb ist es ein so wunderbares Buch!
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Die Frau Müller, also das Lieschen Müller, braucht ein Happy End. Nach einem harten entbehrungsreichen Arbeitstag hat sie es sich einfach verdient.
Nebenan wohnt Frau Gierschlund, Gerda Gierschlund. Den ganzen Tag lümmelt sie auf dem Sofa, das TV Programm langweilt sie zu Tode, aber mit Sehnsucht wartet sie auf Fortsetzungen ihrer Hass-Liebe-Protas, in den Stapeln von Romanen, die rund ums Sofa, zwischen Kekskrümeln und Schokoschmiere ihr geknicktes Dasein fristen. Sie will kein Ende, weder ein gutes, noch ein schlechtes. Sie will, dass ihre Helden immer weiterleben, alterslos bleiben und immer wieder für ein neues Abenteuer bereit sind, denn so kann sie vergessen, dass das Leben dort draußen auch ohne sie voranschreitet.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Gerda will dringend eine Fortsetzung für Das Schloss der träumenden Bücher von Moers UND eine Fortführung mit Thursday Next von Fforde.:vampire
 

Wandablue

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Brandenburg
@Emswashed : Eine würdige Antagonistin!!! Like.
Nein, ich meine Lieschen. Bei all ihrer Geschäftigkeit und den ihr zustehenden Häppigkeiten. Sie sollte sich vllt mal zu Gerda begeben und sich intellektuell belehren lassen. Gerda wiederum könnte mal Kekse backen, statt nur welche zu mampfen.
 

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