Rezension Rezension (3/5*) zu Feuerland: Roman von Michael Hugentobler.

MRO1975

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11. August 2018
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Ein Buch über ein Buch

Feuerland ist ein Buch über ein Buch. Der Autor erzählt die Geschichte eines Wörterbuchs der Sprache der Yamana, die er während eines Aufenthalts in Argentinien von seinem Reiseführer erfahren hat. Anfangs hielt der Autor die Geschichte über Thomas Bridges und Ferdinand Herstermann für erfunden. Doch sie ist wahr. Seine Recherchen haben ihn bis in die British Library und zu dem Wörterbuch geführt.

Eigentlich ist das ein interessanter Aufhänger für eine Geschichte. Und in der Tat: Der erste Teil des Buches, der sich mit dem Sprachforscher Ferdinand Herstermann beschäftigt, hat mir sehr gut gefallen. In einem ausfeilten und sehr bildhaften Sprachstil wird zunächst die Geschichte von Ferdinand Herstermann erzählt. Er stammte aus einfachsten Verhältnissen und wird von seinen Eltern als Kind in eine ordenseigne Schule abgeschoben. Dort trifft er auf Pater Schmidt, der die Begabung Herstermanns für Sprachen erkennt und sein Mentor wird. Ferdinand Herstermann tritt zunächst in die Fußstapfen von Pater Schmidt, geht dann aber eigene Wege. Der Zufall sorgt dafür, dass Ferdinand Herstermann das Wörterbuch der Yamana in die Hände fällt. Er studiert es und ist fasziniert von der Vielfalt dieser Sprache einer offenbar nicht mehr existierenden Kultur. Als die Nazis in den 1930er Jahren beginnen, völkerkundlichen Bücher zu beschlag-nahmen, setzt Ferdinand Hestermann sich dafür ein, dass möglichst viele Bücher (einschließlich seines Schatzes) vor dem Zugriff der Nazis gerettet werden.

Im zweiten Teil des Buches wird dann die Geschichte von Thomas Bridges, dem Verfasser des Wörterbuchs erzählt. Thomas Bridges kommt als Teil einer Missionarsfamilie nach Feuerland. Der Versuch, die Yamana zu missionieren, misslingt indes. Statt geistlicher Erlösung bringt die Eroberung und Missionierung den Ureinwohnern nur tödliche Krankheiten und rottet sie schließlich aus.

Der dritte Teil kehrt dann zu Ferdinand Herstermann zurück und beschreibt seine Rettungsmission. Leider ist dem Autor hier offensichtlich die Puste ausgegangen. Denn nach einigen langatmigen Kapiteln über Herstermanns Reise in die Schweiz und skurrilen Episoden (die mit der Geschichte an sich nichts zu tun haben) wird die eigentliche Rettungsmission dann in ein paar kurzen Briefwechseln abgehandelt und schnell zu Ende gebracht. Dass der Schluss so zu Ende geschnurrt wurde, hinterließ bei mir einen schalen Nachgeschmack. Die Liebe zum Detail, die noch im ersten und zweiten Teil deutlich zu lesen war, ging hier völlig verloren. Als ob der Autor keine Lust mehr gehabt hätte und die Geschichte einfach habe beenden wollen. Leider leidet dadurch der Gesamteindruck erheblich, sodass ich mich nicht zu mehr als drei Sternen hinreißen lassen kann.