Rezension (4/5*) zu Kleine Kriege: Roman von Sadie Jones

W

wal.li

Gast

Major Henry Treherne ist mit Leib und Seele Soldat. Er glaubt für Recht und Ordung einzustehen und der guten Sache zu dienen. Nach einigen Jahren der Stationierung in Deutschland und als er mit seiner Einheit im Jahr 1956 nach Zypern verlegt wird, sieht er der Aufgabe freudig entgegen. Seine Frau Clara, die ihn unterstützt, folgt ihm kurze Zeit später mit den eineinhalb-jährigen Zwillingstöchtern nach. Doch die Situation in Zypern erweist sich als weniger sonnig als gedacht. Eine griechisch-zypriotische Untergrundorganisation überzieht die britischen Kolonialherren mit Anschlägen und Gefechten. Henry, nunmehr erstmals mit echten kriegerischen Handlungen konfrontiert, muss miterleben, dass seine Briten dabei nicht immer gut aussehen und ihr Handeln auch nicht so gentlemenlike ist, wie er als ehrenhafter aber unerfahrener Offizier es sich vorgestellt hat. Die inneren Konflikten, die dies bei Henry auslöst, bedrohen auch die Beziehung zu seiner Frau.

Hier hat sich die Autorin einen im wirklichen Sinne des Wortes einen kleinen Krieg vorgenommen, der sehr aus der Geschichtswirklichkeit und Tagesaktualität verschwunden ist. Die groben Hintergründe lassen sich schnell bei den bekannten Seiten im Internet ermitteln und der Leser kann dabei etwas mehr über die Ursachen der Querelen erfahren, die das Leben auf Zypern auch heute zum Teil noch bestimmen, auch wenn man sich um eine Verbesserung der Situation bemüht.
Doch wie bei jedem Krieg, ob klein oder groß, kommt es zu Übergriffen der vermeintlich Stärkeren, von denen man nichts geahnt, die auch völlig unerwünscht sind. Allerdings wird wie so oft nicht mit einer offenen Aufarbeitung reagiert, sondern mit Vertuschung und Bagatellisierung. Davor ist auch Major Treherne nicht gefeit und er ist in Gefahr, daran zu zerbrechen.

Im Zwiespalt zwischen dem ruhigen fast fröhlichen Leben der Offiziersclubs und der andauernden Bedrohung auf der Straße, spürt man das Unbehagen und die Nervenanspannung der Soldaten. Mit Widerwillen registriert man wie die Anspannung sich die Bahn bricht und quasi explodiert. Die Autorin versteht es, die Lage so eindringlich zu beschreiben, dass man die Wirkung auf sich selbst spürt. Man fragt sich, ob man mit den Soldaten empfinden muss oder ob man ihr unangemessenes Verhalten streng verurteilen soll. Ein Buch, das Gefühle hervorruft und zum Nachdenken anregt, das an einen kleinen Krieg erinnert, der über die Beteiligten genauso viel Leid gebracht hat wie ein großer. Geschehnisse jedweder Kriege sollten schonungslos beschrieben und vor dem Vergessen bewahrt werden und hierzu leistet die Autorin einen bemerkenswerten Beitrag.

wal.li

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