Rezension Rezension (4/5*) zu Finstere Havel: Kriminalroman von Tim Pieper.

KaratekaDD

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13. April 2014
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Neustrelitz
www.litterae-artesque.de
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Unterm Sternenhimmel an der Havel lauert der Tod

Wo fange ich an? Bei Tim Pieper? Oder bei Otto Sanftleben? Vielleicht bei Toni Sanftleben? Das ist im Laufe der Jahre nicht so einfach. Bleiben wir besser bei den Havel-Krimis, deren fünfter nun bereits vor uns liegt.
Die Havel, so sagt es uns Wikipedia ist der „längste rechtsseitige Fluss der Elbe“. Sie hat eine Länge von 394 Kilometer wobei es zwischen Quelle und Mündung nur einen Abstand von 94 Kilometer Luftlinie gibt. Sie entspringt bei Ankershagen in Mecklenburg-Vorpommern, was ich hier schon einmal erwähnte, und mündet in de Nähe der Stadt Havelberg in Sachsen-Anhalt in die Elbe. Es gibt die Obere, die Mittlere, die Untere Havel. Außerdem gibt es noch die Schnelle Havel.

Dabei tut der Flusslauf der gesamten Havel eigentlich nichts zu Sache, denn Tim Pieper betrachtet in seinen Havelkrimis „nur“ kleine Gebiete in der Nähe von Potsdam oder Werder oder Babelsberg, diesmal bewegt sich Toni Sanftleben, Kriminalhauptkommissar, etwas weiter nach Westen, bis hoch in die Nähe des Naturparks Westhavelland und den dortigen Sternenpark.

Nur der Autor kann in etwa nachvollziehen, warum Tim Pieper von nacheinander von der Dunklen, der Kalten, der Tiefen, der Stillen und nun von der Finsteren Havel schreibt. Das hat er selbst zugegeben...
Schauen wir, was vor uns liegt.

Die Geschichte. Finster ist es ganz sicherlich in dem Auto am Fährhafen bei Schmergow, welches da auf dem Grund der Havel liegt. In dem Auto befindet sich die Leiche einer jungen Frau, Melanie. Geschieden, Mutter einer Tochter, Biologin, wohnhaft in Rathenow, wo es den schönen Optikpark gibt. Den Ereignisort, ob es ein Tatort ist, wissen wir noch nicht, ob der Krimi, wie es sich gehört, mit einem Mord ausgeht, wissen wir auch nicht, könnt ihr auf dem folgenden Bild sehen.

Einige Ermittlungszeit später findet sich am Nadelwehr Grütz, 98,8 km(!) vom Fähranleger bei Schmergow entfernt eine weitere Leiche namens Martin Schwarz, die schon eine Weile im Wasser treibt.

Ob diese Ereignisorte, Tatorte sind, wissen wir noch nicht, ob der Krimi, wie es sich gehört, mit einem Mord ausgeht, wissen wir auch nicht. auf dem obigen Bild könnt ich sie sehen.

Kriminalistisch stellen sich folgende Fragen:

Wie sind Melanie Berndt und Martin Schwarz ums Leben gekommen? Gewaltsam durch Tötung oder durch Unfall? Wieso findet sich bei Schmergow ein Kuscheltier, das dem kleinen Sohn des Schwarz gehört? Was hat es mit dem völlig unbewohnten Mädchenzimmer im Haus von Melanie Berndt auf sich? Was hat die für seltsame Nachbarn?

Das ist der Fall, den Toni Sanftleben mit seinen Kollegen Gesa und Phong zu lösen hat. Wie immer bei Tim Pieper sind die persönlichen Befindlichkeiten des Teams mit dabei, Gesa verliebt sich und Phong will plötzlich vom Computer auf die Straße. Wie das wohl zusammenhängt? Da Sanftlebens eigene Biografie immer der zweite Strang der Romanhandlungen war, ist dies auch hier so. Die Beziehung, die er zu Staatsanwältin Caren aufgebaut hat, ist noch relativ neu und die Bedrohung der attraktiven Juristin durch einen Stalker ist nicht vorbei.

Das Buch. Tim Pieper streift mal wieder durch eine sehr schöne Landschaft, die er auch anschaulich beschreibt. Sternenhimmel wie am Mittelmeer? Gibts. Dieser Sternenpark im Naturpark Westhavelland liefert diese Bilder. Einfach deswegen, dass der Himmel durch wenige Lichtquellen ringsum nicht „lichtverschmutzt“ wird.
Oder das Nadelwehr Grütz. Eine seltene interessante Anlage, davon hatte ich auch noch nie etwas vernommen und Wikipedia kann man bekanntlich nicht durchlesen.

Regelmäßig sind die 64 Kapitel mit „Vor einiger Zeit“ überschrieben. In diesen Kapiteln können die Leserinnen und Leser die vorherigen Ermittlungsergebnisse „nachvollziehen“, denn in diesen erfahren wir, was dieser Melanie stückweise widerfuhr. Mit der Zeit wurde es nämlich ziemlich verworren, damit brachte der Autor mich Leser oft auf die Linie zurück.

Zum Schluss bleibt, dass ich mir ein anderes Ende gewünscht hätte. Dies hier zu erläutern würde einen Spoiler zu großen Ausmaßes bedeuten. Hinzu kommt, dass diese Melanie, psychisch selbst nicht stabil, in der Masse mit teilweise verabscheuungswürdigen Männern zu tun hatte, über die "Mann" nur den Kopf schütteln kann. Der weinerliche Ex, der Chef, der seine Hände nicht bei sich lassen kann, ein Nachbar, der Tiere quält und Hassbriefe schreibt und dessen unmöglicher Cousin. Auch den Liebhaber kann ich nicht als Lichtblick betrachten. Es ist halt ein Krimi, an dieser Stelle aber nur traurig. Die jeweils genaue Rolle müssen Leserinnen und Leser schon selber herausfinden.

Es war wieder eine spannende Geschichte, die ich gern gelesen habe. Es ist auch ein Lichtblick, dass das Hausboot, in dem Toni wohnt nun mal ablegt und die Havel in Begleitung entlang schippert. (Wann hat der Eigner das in Schuss gebracht?) Schippert er zu seinem nächsten Fall? Oder kommt doch erst mal ein „Otto“? (Das nennt man wohl einen kleinen Seitenhieb.)

Auf jeden Fall bedanke ich mich für das Rezensionsexemplar beim Verlag und bei Tim, der der Leserunden-Community treu bleibt, die immer wieder alte Leserfreunde und -freundinnen zusammen führt.

Übrigens bezeichnet sich der Verlag auf seiner Webseite als weltweit regional. Da gibt´s noch andere "Orte, die man gesehen haben muss". In Mecklenburg, wo die Havelquelle liegt und auch in Brandenburg.

(Wer das Ganze bebildert sehen möchte, suche im Blog)