Die Dystopiewelle läuft aus - what s next?

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Wie ja vieles im Leben, verläuft auch die Literatur, genau wie das Licht, wellenförmig. Die letzte große Welle ist - gefühlt - die Dystopiewelle, moderner Art, gewesen. Sie lief lange. Die Dystopie hat es freilich schon gegeben als sie noch gar nicht Dystopie geheißen hat. Und als ich noch in meinen Kinderschuhen herumwankte.

Ich frage mich, ob das Wesen des Lichts - das ja nicht nur wellenförmig ist, wirklich geheimnisvoller ist als das Wesen der Literatur. Und ob es nicht ähnliche Gesetzmäßigkeiten in der Literatur gibt.

Auf alle Fälle ist sie wellenförmig.

Momentan schwimmen wir auf einer anderen Welle.

Die Dystopiewelle ist abgeflacht. Obwohl sie noch ein bisschen plätschert, sanft am Ufer ausläuft,
man kann noch die Füße hineinhalten in die letzten Ausläufer. Und ja, ganz wird die Dystopie nie verschwinden. Gut so, denn ich liebe sie!

Meiner Meinung nach ist die Hauptwelle jeoch

momentan

eine neu-feministische, eine Doppelwelle sogar, verheiratet mit dem "Migrantenroman".

Gibt es ein besseres Wort für den "Migrantenroman"?
Antidiskriminierungsromane? Jeder Art und Farbe? Smile.

Fragen, die nur Hilfsfragen zum Thema sind:
1. Was ist die beste, moderne Dystopie, die du kennst? (Was heißt modern).
2. Was ist die politischste Dystopie, die du kennst - und warum? Ja gut, man darf mehrere nennen.
3. Die erste, welches war die erste? (Von den uralten) und welche ließ die Welle erneut anlaufen?


4. Der feministische und antirassistische Roman plus der Migrantenroman.
Alle (nettiquetten) Kommentare willkommen.

5. Und dann noch was so am Rande:
Warum sind die Amerikaner so brüskiert, wenn sich die Sportler beim Abspielen der Nationahymne hinknien. Knien ist ja ein noch devoterer Ausdruck als Strammstehen. Ja, ich weiß, das ist eine Geste des Protests. Aber warum? Mich stört es mehr, wenn die Sportler falsch singen. Oder gar nicht.



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Literaturhexle

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Wo ist Frage 3. der Hauptfragen? Du willst uns doch nicht etwa etwas vorenthalten?!?
Wunderschön formuliertes und hergeleitetes Plauderthema:rolleyes:
Ich muss darüber aber erstmal nachdenken (und ein bisschen was tun).
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Ich lese nur wenig aktuelle Literatur (mit aktuell meine ich so in den letzten zwei bis drei Jahren erschienen), deshalb kann ich nicht so recht mitreden. Aber meine drei Lieblings-Migrantenromane möchte ich erwähnen, auch wenn sie, wie erwähnt, alle drei nicht aktuell sind.


Die Migranten-Wutrede - kauzig, liebenswert, entlarvend und so entwaffnend humorvoll wie der Autor selbst.


Ein wunderbares Buch; ich glaube, in meinem Lesetagebuch habe ich ausführlich darüber erzählt. Kann man, wenn man so will, in die Rubrik feministische Migrantenromane einordnen, obwohl aus der Perspektive eines beispielhaften "weißen Mannes" mit first world problems erzählt und gerade deshalb so ausdrucksvoll.


Ein "Migrantenroman" der besonderen Art - wohl nicht das, was Wanda hier gemeint hat, aber ich liebe das Buch. Die Titelübersetzung ist einfach nur blöd, originalgetreu übersetzt heißt der Titel "Geliebte Poona" (die Übersetzung von Gabriele Haefs ist sonst ausgezeichnet; ich nehme an, für den Titel kann sie nichts). Es geht um einen einsamen Norweger in mittleren Jahren, der sich auf einer Indienreise in eine Kellnerin (eben jene Poona) verliebt und sie vom Fleck weg heiratet. Er muss mit dem gebuchten Flieger zurück, sie bleibt noch einige Wochen in Mumbai und ordnet ihre Angelegenheiten, bevor sie ihm nachreist. Dann kann ihr Mann sie aber nicht am Flughafen abholen, da er wegen einer dringenden Sache aufgehalten wird. Die Frau nimmt sich selbstständig ein Taxi und wird wenige hundert Meter von seinem Haus entfernt ermordet - nachdem sie um die halbe Welt gereist ist, um bei ihm zu sein. Das fand ich so entsetzlich und tragisch, dass ich am Ende von dem Buch richtig ergriffen war - es war mein erster Fossum, ich habe mir danach alle gekauft. Bei Fossum weiß am Ende oft die Leserin mehr als der Ermittler, aber das ist halt ihr Stil.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Interessantes Thema!
Ja, Wellen sehe ich in der Literatur auch - wobei ich sie eher als Moden bezeichnet hätte. Denkt nur an den Vampir-Hype oder diese Softsex-Romane nach dem Erscheinen vonDystopien hätte ich eher in der Jugendliteratur verortet, da gab es eine regelrechte Schwemme davon vor einigen Jahren. In der 'Erwachsenenliteratur' kam hin und wieder mal ein Buch auf, aber nicht allzu viel, habe ich das Gefühl. Richtig gut gefallen haben mir
Buchinformationen und Rezensionen zu Die Hochhausspringerin: Roman von Julia von Lucadou
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Besonders eindringlich finde ich solche Bücher, wenn sie nah an der Realität sind, ich mir also gut vorstellen kann, dass es bei uns in ein paar Jahren oder Jahrzehnten genauso aussehen könnte.
Am politischsten ist sicherlich noch immer
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wobei aber auch 'Paradise City' (s.o.) richtig gut die Problematik zwischen Freiheit und Sicherheit aufwirft. Ich kann mir gut vorstellen, dass es da auch einen zweiten Band geben wird.
Laut der schlauen Wiki soll die erste Dystopie das folgende Buch gewesen seinIch muss gestehen, davon habe ich bisher noch nie gehört - aber man lernt ja nie aus :D
 

Die Häsin

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Laut der schlauen Wiki soll die erste Dystopie das folgende Buch gewesen seinIch muss gestehen, davon habe ich bisher noch nie gehört - aber man lernt ja nie aus :D

Ich hatte ja letztes Jahr eine Biographie von Mary Shelley und habe im Anschluss dieses Buch ("Verney") zu lesen versucht. Ich kam nicht damit klar, es ist wesentlich zäher und weniger elegant geschrieben als Frankenstein.
Ich habe vor, mir, wenn ich mit "Gormenghast" durch bin, mal wieder einen Stapel klassische Phantastik herauszulegen - ich habe eine große Sammlung davon -, dann bekommt Verney vielleicht eine zweite Chance.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Die Dystopie hat es freilich schon gegeben als sie noch gar nicht Dystopie geheißen hat. Und als ich noch in meinen Kinderschuhen herumwankte.
Ich habe nie gerne Dystopien gelesen. Sie haben mich immer sehr bedrückt zurückgelassen. Empfehlenswert fand ich die Jugendbuch-Trilogie von Poznanski:

Vorgenommen habe ich mir noch
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und

So, und zu den anderen Themen kann ich in dieser Woche nicht viel beitragen. Ich meide nämlich Migrantenromane. Ich habe irgendwann festgestellt, dass es nicht mein Thema ist. Ebenso wenig wie Identitäts-, Feminismus- oder Genderromane. Dazu stehe ich. Die Wellen sehe ich natürlich auch und lese auch eure Rezensionen dazu - man wird ja nicht dümmer. Aber angesichts dessen, dass es neben den Haupwellen auch Nebenwellen gibt, finde ich immer guten Lesestoff:D
 
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Yolande

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13. Februar 2020
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Dystopien sind auch nicht so meins, ich kann mich gar nicht mehr so recht an das letzte erinnern, dass ich gelesen habe.
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fand ich ganz furchtbar. Als ich noch jünger war, habe ich noch ab und zu was von Stephen King gelesen, da war auch eine Dystopie dabei, aber ich kann mich nicht mehr an den Titel erinnern. Auf alle Fälle sind da auch ganz viele Menschen an einem Virus gestorben und manche waren immun. Zwischen denen brach aber so eine Art Krieg aus. Ich fand es total deprimierend :(
 

Die Häsin

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Als ich noch jünger war, habe ich noch ab und zu was von Stephen King gelesen, da war auch eine Dystopie dabei, aber ich kann mich nicht mehr an den Titel erinnern. Auf alle Fälle sind da auch ganz viele Menschen an einem Virus gestorben und manche waren immun. Zwischen denen brach aber so eine Art Krieg aus. Ich fand es total deprimierend :(

Das war "The Stand - Das letzte Gefecht".
Ich habe bis in die Neunziger vieles von King gelesen, auch dieses, das übrigens auch verfilmt wurde - große Literatur ist es nicht gerade Aber Mr. King twittert natürlich und entdeckte in 2020 einen Tweet, in dem es hieß, "The Stand" sei eine Prophezeiung der derzeitigen Pandemie. Er schrieb (unter seinem Realnamen!) in etwas angepisstem Ton, das sei nicht der Fall, das Buch habe mit Corona nichts zu tun, der Teilnehmer solle die Klappe halten und die Hygieneregeln befolgen. Worauf die Antwort kam: "How du you know that? Did you even read that book??"
 

Die Häsin

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Ich meide nämlich Migrantenromane. Ich habe irgendwann festgestellt, dass es nicht mein Thema ist. Ebenso wenig wie Identitäts-, Feminismus- oder Genderromane. Dazu stehe ich. Die Wellen sehe ich natürlich auch und lese auch eure Rezensionen dazu - man wird ja nicht dümmer. Aber angesichts dessen, dass es neben den Haupwellen auch Nebenwellen gibt, finde ich immer guten Lesestoff:D

Ich muss sagen, dass mir "Migrantenromane" auch etwas sauer aufstoßen, genauso wie die derzeit laufenden TV-Filme, vorwiegend Krimis, die das Thema betreffen. In den allermeisten Fällen handelt es sich um ziemlich mühsames Belehrungsfernsehen. Eine Ausnahme war die Serie "Eden" auf Arte, das hat mich mit seinem Facettenreichtum wirklich gefesselt.
Was feministische Romane angeht, kenne ich einige wirklich gute, vor allem von Doris Lessing und Marilyn French. Aber ich habe auf diesem Gebiet auch nur wenig gelesen, weil in meiner Jugend da einige furchtbare Szeneromane in Umlauf waren, ich erinnere mich vor allem an ein Buch namens "Häutungen" von Verena Stefan und "Der Tod des Märchenprinzen" von Svende Merian. Das waren Bücher, die frau in den Siebzigern gelesen haben musste, aber literarisch einfach furchtbares Zeug. Es gibt viele Bücher, die einen feministischen Anspruch haben, ich hatte kürzlich so eines: "Die Schwiegertochter" von Philippa Gregory. Das liest sich dann fein. Aber Bücher, die den feministischen Impetus schon im Klappentext führen, sind mir immer gleich ein bisschen verdächtig.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Die Hexe hat mir gesagt, dass man bei nachträglichen Einfügen von Einladungslinks leider Pech gehabt hat. Man darf sie einfach nicht vergessen.

Schön, dass trotzdem einige hierhergefunden haben!

Xirxe hat natürlich recht, es sind Modeerscheinungen, aber diese kann man auch als Wellen bezeichnen.

Mir hat mit am besten von den modernen Dystopien

gefallen. Die Eingeschlossenheit eines zu schützenden Compounds - in diesen Fall einer Insel, wer denkt dabei an England - ist realistisch. und dass man Flüchtlinge abweisen muss, ist durchaus nachvollziehbar. Unser King und ich waren uns herrlich uneins bei diesem Roman.

Ja, Jugendbücher ... stimmt natürlich. Aber Hand aufs Herz, wer von uns liest nicht dann und wann eins, zum Beispiel die Hunger Games oder die allermeisten haben sicher auch Harry Potter gelesen (bis auf mich wahrscheinlich alle).

@Xirxe: Die Hochhausspringerin: das mochte ich sehr!
@alle: 1984 ist das bedrückendste von ihnen. Ich kann das heute noch schlecht aushalten. Vor 1 Jahr wiedergelesen. Viele von euch dieses Jahr!
 
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Wandablue

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Ich habe vor, mir, wenn ich mit "Gormenghast" durch bin, mal wieder einen Stapel klassische Phantastik herauszulegen - ich habe eine große Sammlung davon -, dann bekommt Verney vielleicht eine zweite Chance.

Wow - einen Stapel klassischer Phantastik. Das ist ja phantastisch. Dann stelle uns das Stäpelchen vor, bevor du es angehst. Wie früh sich doch die Autoren um das Thema Zukunft gekümmert haben. Dass manches heute kaum mehr lesbar ist, ist klar. (Das olle Zeug ;-)).
Jules Verne kenne ich viele. Eigentlich kannte. Das habe ich alles wieder vergessen, aber in meiner Jugend habe ich Verne sehr gerne gelesen. Allerdings würde ich ihn nicht in das Genre Dystopie einordnen.

Mr. King twittert natürlich und entdeckte in 2020 einen Tweet, in dem es hieß, "The Stand" sei eine Prophezeiung der derzeitigen Pandemie. Er schrieb (unter seinem Realnamen!) in etwas angepisstem Ton, das sei nicht der Fall, das Buch habe mit Corona nichts zu tun, der Teilnehmer solle die Klappe halten und die Hygieneregeln befolgen. Worauf die Antwort kam: "How du you know that? Did you even read that book??"

Was für eine wunderhübsche Anekdote!
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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Hmm, o.k., ich finde, die Dystopie-Welle ist noch nicht vorbei, wobei es ja nicht unbedingt die Umwelt betreffen muss, sondern auch die Digitalwelt.

Dann gibts da noch die Empörungswelle, wo sich alle empören, aber auch keine konstruktiven Vorschläge unterbreiten. Es hat seine Berechtigung. Doch! Manchmal muss man die Leute erst mal wachrütteln, bevor man "machen" kann.

Die Do-it-yourself-Welle! Wie gärtnere ich ökologisch, wie züchte ich meinen eigenen Honig, schlachte ich homöopathisch meinen Hasen, bastle mir die Gartensitzgruppe und, ganz wichtig, schneide ich meinem Mann die Haare selbst!

Ich glaube, wichtiger als Feminismus und Gendertum, ist im Moment die Selbst- und Sinnfindung. Ich habe (naturgemäß) noch nicht die Tische in den Buchläden checken können, aber ich denke das wird eine große Welle.
 

Wandablue

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Wahrscheinlich kann man feministisch und migrantisch nicht wirklich in einen Topf werfen, aber viele Romane sind momentan gemischt. Fast möchte man sagen, gemischtrassig *ggg*. Also migrantisch-feministisch. Aber auch männlich-migrantisch gibt es haufenweise.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Mir ist auch aufgefallen, dass feministisches Literatur gerade sehr im Kommen ist. Manches spricht mich davon an. Ich finde es auch richtig, für mehr Gleichberechtigung zu kämpfen, denn da gibt es meiner Meinung nach noch etliche Defizite. Ich bin nur dieser ganz extremen Positionen etwas überdrüssig. Es wird zum Teil auch dort Diskriminierung gewittert, wo andere Gründe eine Rolle spielen. Ich möchte zum Beispiel nicht lesen, dass ich mich als Frau nicht rasieren darf, weil ich damit das Patriarchat unterstütze... Das gilt auch für die Bücher zu Rassismus und Diversität, sehr wichtige Themen, die man ernst nehmen sollte und über die sich zu viele keine Gedanken machen (wollen). Darüber muss man reden und aufklären. Und es muss sich im Bewusstsein vieler noch etwas tun. Aber manche Aussagen, die man dazu hört, sind ebenfalls etwas abstrus. Diese Themen verkaufen sich halt momentan gut, auch sehr extreme Meinungen dazu.

Ansonsten lese ich tatsächlich zur Abwechslung auch gelegentlich Dystopien, aber nur ausgewählte, und hoffe, dass noch einige gute Bücher nachkommen.
 

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