Rezension Rezension (3/5*) zu Hard Land von Benedict Wells.

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.602
21.862
49
Brandenburg
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Rührstück aus den 1980igern


Sam Turner kämpft mit der unentrinnbaren Aufgabe, erwachsen zu werden und das in Grady, einem kleinen, verschlafenen Städtchen in Missouri am Virgin Lake. Irgendwo fließt auch der Missouri gemächlich dahin. Der Strom des Lebens eben.

Benedict Wells lässt die Kleinstadtidylle oder Kleinstadtmisere, je nach Betrachtungsweise, in seiner Coming of Age-Geschichte vor unseren Augen erstehen. Aus irgendeinem Grund entführt er uns dazu in die 80iger Jahre. Das hätte er mal besser nicht getan.

Wie viele Städtchen hängt auch das Leben in Grady von einem einzigen Arbeitgeber ab, das ist vor Ort die Textilbranche. Die M-Tex ist gerade abgewandert in ein Billiglohnland und Sams Vater von daher arbeitslos. Sam durchläuft die üblichen Kalamitäten der schwierigen Übergangsphase zum Erwachsen sein: Seine Identität finden, Freunde finden, seinen Platz finden, (s)einen Standpunkt finden, die Liebe finden. Verluste verkraften.

Der Kommentar:
Was veranlasst, besonders männliche Autoren, die 1980er so zu verklären? Es gab in dieser Zeit genau wie in anderen, reichlich Probleme auf der Welt. Benedict Wells ist jedoch sehr angetan vom sogenannten Lebensgefühl dieser 80er Jahre und lässt nicht nur Songs (Playliste) und Filme in epischer Ausführlichkeit in seinen Roman einfließen, langweilig, sondern stellt mit „Hard Land“ sogar eine Gedichtinterpretation in den Mittelpunkt. Auch langweilig. Sterbenslangweilig.

"Hard Land" könnte ein Jungsbuch sein, denn die einzige Frauensperson, die eine wichtige Rolle spielt, ist eine Schlampe, Kristie mit dem „heißen Höschen“. Ansonsten Männerfreundschaft. Alkohol und Drogen. Paar nette Einfälle von Wells, aber nichts Besonderes und ein paar flippe Sprüche. Vor allem aber jede Menge Rührseligkeit und Heldenposen. Das hässliche Entlein Sam hat sich in einen Schwan verwandelt und promotet mit (an)gebrochenem Kiefer einen wilden Song in einer Kirche. Oha. Haltet ein. Nicht zu vergessen die vorangegangene Mutprobe!

Fazit: Neben einigen mehr oder weniger brillanten Einfällen, eher weniger, und einer Menge Rührseligkeit, bietet Hard Land nichts, was den anspruchsvollen Leser begeistern könnte. Ein Coming of Age-Roman wie viele. Und ziemlich abgegessen noch dazu. Friede. Freude. Eierkuchen am Ende.

Im Unterhaltungssektor reicht es aufgrund einer gefälligen, flippigen Sprache noch für drei Sterne am Literatenhimmel, dessen drittes Sternbildmitglied, man aber nur bei sehr klarem Himmel erspäht.

Kategorie Unterhaltung.
Verlag: Diogenes, 2021



 
Zuletzt bearbeitet:

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.441
49.869
49
Ich lache mich scheckig! Wunderbarer Verriss. Diese Rezi dürfte dir wieder locker aus der Feder geschlüpft sein. Kirstie (sie heißt KIRSTIE!) eine Schlampe - da hast du sie aber extrem reduziert;)
In manchem finde ich meine Meinung bestätigt, allerdings sehe ich es nicht ganz so krass, manches gefällt mir auch richtig gut, einen Abschnitt hab ich noch.
Das dritte verblassende Sternbildmitglied ist genial :D
 

Emswashed

Bekanntes Mitglied
9. Mai 2020
2.733
9.771
49
Klasse, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Du in die Tasten gehauen hast. Allerdings fällt mir meine Rezi umso schwerer, zumal ich jetzt im letzten Abschnitt sogar eine Lesepause brauchte.:eek:
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
denn die einzige Frauensperson, die eine wichtige Rolle spielt, ist eine Schlampe, Kristie mit dem „heißen Höschen“.
Ah ja ... Wie heissen denn Jungs und Männer bei Dir, die sich schon immer selbstverständlich das gleiche Recht rausnehmen wie Kirstie? Schlamper? Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas, und das auch noch nach der Lektüre vonhier lesen muss. Ist das der 'Zurück in die 50er, 60er, 70er'-Trip? Gab's da nicht mal was mit sexueller Befreiung? Weg mit der Verklemmtheit? Aber dafür reichen wohl drei Männer - oder dürfen es auch fünf sein ;)? Alles darüber sind dann Schlampen? Puh ...
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.602
21.862
49
Brandenburg
Ah ja ... Wie heissen denn Jungs und Männer bei Dir, die sich schon immer selbstverständlich das gleiche Recht rausnehmen wie Kirstie? Schlamper? Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas, und das auch noch nach der Lektüre vonhier lesen muss. Ist das der 'Zurück in die 50er, 60er, 70er'-Trip? Gab's da nicht mal was mit sexueller Befreiung? Weg mit der Verklemmtheit? Aber dafür reichen wohl drei Männer - oder dürfen es auch fünf sein ;)? Alles darüber sind dann Schlampen? Puh ...

Du versteht es nicht.
Es ist rein aus dem Buch heraus.
So wird sie dargestellt.
Natürlich, ne Schlampe, die nett ist. Aber bezeichnet wird sie so. Und sie tritt teilweise auch so auf.
Als Sam sie kennenlernt, ist das erste, was er von ihr erfährt, sagen die anderen Freunde! von ihr, dass sie ein heißes Höschen hat. Wie nennst du das? Ich nenne es die Einstellung des Autors.
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Ich glaube, Du verstehst es nicht. Sie wird von den Anderen, die verklemmt und engstirnig sind, als Schlampe bezeichnet. In Wahrheit ist sie alles andere als das, das wissen ihre Freunde und auch der Autor stellt sie so dar. Die Anderen haben ein recht eindimensionales Weltbild, in dem es ausser Schwarz-Weiss nicht allzu viel gibt, während die Drei das sehr gut realisieren, weil sie es am eigenen Leib erfahren.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.602
21.862
49
Brandenburg
Unsere Meinungen gehen da auseinander. Tatsache ist, dass sie auf Sams Nachfrage "so: heißes Höschen" vorgestellt wird. Und da wird auch nichts relativiert.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.441
49.869
49
Unsere Meinungen gehen da auseinander. Tatsache ist, dass sie auf Sams Nachfrage "so: heißes Höschen" vorgestellt wird. Und da wird auch nichts relativiert.
Wir sind doch auch in den 80ern. Da hatte doch nicht jeder ein solch ungezwungenes Verhältnis zum Sex? Kirstie scheint da schon besonders locker zu sein....
Ihr erstes Mal war schrecklich und sie hatte ihre Zustimmung dazu gegeben. Sehr ungewöhnlich und naiv.
Für mich sind ähnlich gestrickte Männer aber auch keine "tollen Hechte". Insofern sehe ich das gleichberechtigt kritisch - doch soll jeder nach seiner Fasson leben.
 
  • Like
Reaktionen: Xirxe

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Kirstie scheint da schon besonders locker zu sein....
Sie ist ihrer Zeit voraus, zumindest in dieser sehr ländlichen 'Idylle'. Wobei das auch heute vermutlich nicht viel anders ist ;)
Für mich sind ähnlich gestrickte Männer aber auch keine "tollen Hechte".
Leider gibt es für diese Exemplare auch nicht ein annähernd vergleichbares Wort ;)
Insofern sehe ich das gleichberechtigt kritisch - doch soll jeder nach seiner Fasson leben.
Volle Zustimmung :cool::D (mir fehlt hier leider ein Daumen hoch ;))