Rezension (3/5*) zu Komm, spiel mit mir: Thriller von Paddy Richardson

W

wal.li

Gast

Als Stephanie 14 Jahre ist, ist ihre Welt noch in Ordnung. Sie lebt mit ihren Eltern, zwei Brüdern und ihrer kleinen Schwester Gemma in Wanaka, einer Kleinstadt in Neu Seeland. Vielleicht läuft die Ehe der Eltern nicht so super, vielleicht hat ihre Mutter auch einige andere Interessen, vielleicht ist sie etwas genervt, weil sie sich zu oft um Gemma kümmern muss, dennoch ist ihr Leben behütet und normal. Bis zu dem Tag des Schulausflugs, an dem Gemma spurlos verschwindet. Trotz ihrer Jugend macht Stephanie sich große Vorwürfe, hätte sie sich besser kümmern müssen, hätte sie noch mehr aufpassen müssen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb sie ihr Elternhaus früh verlässt, Medizin studiert und sich in ihrer Facharzt-Ausbildung auf Psychiatrie spezialisiert. Kurz vor Ende ihrer Ausbildung lernt Stephanie die Patientin Beth kennen, deren Geschichte alte Wunden, die nie wirklich verheilten, wieder aufreißt.

Aus Stephanies Sicht beschreibt die Autorin die Vorgänge um das Verschwinden der kleinen Gemma. Ein emotional prägendes Ereignis, das Stephanie nie loslässt, vielleicht sogar ihre Berufswahl bestimmt und ihre mangelnde Fähigkeit, sich anderen zu öffnen, begründet. Man mag es sich nicht vorstellen, wie es sein muss auf diese Weise einen geliebten Menschen zu verlieren. Die Ungewissheit über das Verbleiben der kleinen Schwester, die Ungewissheit, ob man etwas hätte verhindern können, wenn man sich wirklich gekümmert hätte, anstatt dem Gedanken nachzuhängen, dass man mit Freunden lieber woanders wäre. Verständlicherweise wird Stephanies Leben davon bestimmt. Obwohl Vater und Mutter sich anders verhalten, ihr Leben vorangehen lassen, bleibt Stephanies Entscheidung nachvollziehbar. Als ihre Schwester verschwindet ist sie selbst noch in der Pubertät, eine Lebensphase, in der Erlebnisse sicher tiefer und durchgreifender nachwirken als zu anderen Zeiten. Stephanie kann wohlmöglich erst dann loslassen, wenn sie alles versucht hat.

Sehr beeindruckend sind die Beschreibungen welche Auswirkungen dieser einschneidende Verlust auf Stephanies Leben hat. Wie Stephanie versucht anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu öffnen. Ein wenig wirkt es, als wolle sie sich bestrafen, dafür dass sie damals nicht mehr tat. Doch während der Lektüre fragt man sich, studiert sie, um sich selbst zu helfen. Erst ein Zufall setzt eine Weiterentwicklung in Gang, mit der beinahe nicht mehr zu rechnen war. Und so intensiv wie der Roman Stephanies Sicht darlegt, so konstruiert wirken manche Entwicklungen. Eine Studie über den Verlust, die krimihafte Züge bekommt. Fesselnd, aber in einigen Bereichen zu ausführlich, während in anderen Erläuterungen fehlen.
3,5 Sterne

wal.li

Zum Buch... (evtl. mit weiteren Rezensionen)