Rezension Rezension (5/5*) zu Stay away from Gretchen: Eine unmögliche Liebe, Roman von Susanne Abel.

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
2.092
3.205
49
Buchinformationen und Rezensionen zu Stay away from Gretchen von Susanne Abel
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Schmerzhafte Erinnerunen

Das Buch beginnt mit einem Kapitel, das auf gekonnte Weise Tragik und Komik vereint. Greta Monderath, die betagte Mutter des bekannten Kölner Nachrichtensprechers und Anchorman Tom strandet auf der Autobahn bei Würzburg. Als er sie abholt, merkt er bestürzt die Anzeichen einer Demenz. Aber das wollen weder er noch am wenigsten Greta wahrhaben. Beruflich überlastet und egoistisch gibt sich Tom erleichtert mit ihren Erklärungen zufrieden.

Doch während Greta sich immer mehr verliert, drängen Erinnerungen aus ihrer Kindheit unaufhaltsam an die Oberfläche und Tom muss sich dem Gehörten auseinandersetzen. Damit gerät sein Leben komplett aus den Fugen.

Die Autorin verflechtet zwei Zeitebenen miteinander. Gretas Leben in den Kriegs- und Nachkriegskriegen mit all dem Elend von Flucht, Vertreibung, Hunger und Entwurzelung. Diese Erinnerungen sind prägend, wurden aber konsequent tief vergraben und so erfährt Tom zum ersten Mal davon und muss schmerzhaft erkennen, dass auch die zweite und sogar die dritte Generation davon geprägt werden. Ein Thema, dem erst in der neueren Zeit Aufmerksamkeit gewidmet wurde und das doch so wichtig ist.

Auch habe ich zum ersten Mal von den „Brown Babies“ gehört. Ein dunkles Kapitel in unserer Geschichte, denn diese Kinder wurden von amerikanischer und deutscher Seite gleichermaßen diskriminiert. Die Mütter wurden oft zur Adoptionsfreigabe gezwungen und/oder unter Zwangsvormundschaft gestellt. Auch das ein Thema, über das gern geschwiegen wurde.

Diese Themen verbinden sich dem Roman zu einer anrührenden, höchst emotionalen Familiengeschichte, die mich gefesselt hat. Das war ein Pageturner, wie ich es mir anfangs nicht vorstellen konnte. Es gab Seiten, da reichte mir ein Taschentuch nicht aus. Und das alles ohne rührselig zu werden oder in Kitsch auszuarten. Das fand ich großartig geschrieben.

Die Autorin zieht Parallelen zur Flüchtlingswelle 2015, also 60 Jahre nach der Flüchtlingswelle, in der die Deutschen die Flüchtenden waren und das ist ein eindringlicher Appell.

Diesen Roman werde ich nicht so schnell aus dem Gedächtnis verlieren, eine emotionale Familiengeschichte, die sich so oder so ähnlich sicher häufiger zugetragen hat, wobei mir das Happy End, das Frau Abel ihrem Protagonisten Tom gönnt, unnötig erschien.

 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.527
24.556
49
66
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Schmerzhafte Erinnerunen


Das Buch beginnt mit einem Kapitel, das auf gekonnte Weise Tragik und Komik vereint. Greta Monderath, die betagte Mutter des bekannten Kölner Nachrichtensprechers und Anchorman Tom strandet auf der Autobahn bei Würzburg. Als er sie abholt, merkt er bestürzt die Anzeichen einer Demenz. Aber das wollen weder er noch am wenigsten Greta wahrhaben. Beruflich überlastet und egoistisch gibt sich Tom erleichtert mit ihren Erklärungen zufrieden.

Doch während Greta sich immer mehr verliert, drängen Erinnerungen aus ihrer Kindheit unaufhaltsam an die Oberfläche und Tom muss sich dem Gehörten auseinandersetzen. Damit gerät sein Leben komplett aus den Fugen.

Die Autorin verflechtet zwei Zeitebenen miteinander. Gretas Leben in den Kriegs- und Nachkriegskriegen mit all dem Elend von Flucht, Vertreibung, Hunger und Entwurzelung. Diese Erinnerungen sind prägend, wurden aber konsequent tief vergraben und so erfährt Tom zum ersten Mal davon und muss schmerzhaft erkennen, dass auch die zweite und sogar die dritte Generation davon geprägt werden. Ein Thema, dem erst in der neueren Zeit Aufmerksamkeit gewidmet wurde und das doch so wichtig ist.

Auch habe ich zum ersten Mal von den „Brown Babies“ gehört. Ein dunkles Kapitel in unserer Geschichte, denn diese Kinder wurden von amerikanischer und deutscher Seite gleichermaßen diskriminiert. Die Mütter wurden oft zur Adoptionsfreigabe gezwungen und/oder unter Zwangsvormundschaft gestellt. Auch das ein Thema, über das gern geschwiegen wurde.

Diese Themen verbinden sich dem Roman zu einer anrührenden, höchst emotionalen Familiengeschichte, die mich gefesselt hat. Das war ein Pageturner, wie ich es mir anfangs nicht vorstellen konnte. Es gab Seiten, da reichte mir ein Taschentuch nicht aus. Und das alles ohne rührselig zu werden oder in Kitsch auszuarten. Das fand ich großartig geschrieben.

Die Autorin zieht Parallelen zur Flüchtlingswelle 2015, also 60 Jahre nach der Flüchtlingswelle, in der die Deutschen die Flüchtenden waren und das ist ein eindringlicher Appell.

Diesen Roman werde ich nicht so schnell aus dem Gedächtnis verlieren, eine emotionale Familiengeschichte, die sich so oder so ähnlich sicher häufiger zugetragen hat, wobei mir das Happy End, das Frau Abel ihrem Protagonisten Tom gönnt, unnötig erschien.


Das Buch hat mich bei vorablesen auch angesprochen, ich wollte mir hier aber keine zusätzliche „Arbeit“ aufhalsen. Deine Zusammenfassung hat mich bestätigt: ein Buch, das ich irgendwann lesen werde.
 
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Reaktionen: Emswashed

Yolande

Bekanntes Mitglied
13. Februar 2020
1.797
6.591
49
An dem Titel bin auch sofort hängen geblieben, das klingt ja nach einer schönen Geschichte. Danke für die tolle Rezi, ich habe es gleich mal auf meiner Wunschliste notiert :)