Rezension Rezension (4/5*) zu Das ferne Feuer: Roman von Amy Waldman.

Xirxe

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19. Februar 2017
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Buchinformationen und Rezensionen zu Das ferne Feuer: Roman von  Amy Waldman
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Erwachsen werden in Afghanistan

Inspiriert von einem Bestseller in den USA, in dem ein Arzt schildert, wie er Frauen in Afghanistan hilft, reist die junge Berkeley-Studentin Parvin in das Heimatland ihrer Eltern, um diese Arbeit zu unterstützen. Doch die Realität des kleinen Dorfes über das geschrieben wurde, ist weit von dem entfernt, was Parvin sich vorgestellt hat. Die von Spenden erbaute Klinik steht leer, da kein Personal bezahlt wird. Und viele der im Buch erzählten Geschichten stehen im Widerspruch zu dem, was die im Dorf Lebenden berichten.

Parvin ist eine weitgehend typische Vertreterin ihrer Generation: voller Idealismus und Begeisterungsfähigkeit, wenn es darum geht, Gutes in der Welt zu tun. Ohne Zweifel an ihren Vorbildern, Professorin Banerjee und dem Arzt Crane, die sie zu dieser Reise ermutigen, reist sie nach Afghanistan um dort mit einer Welt konfrontiert zu werden, die sie sich in den USA nicht im Entferntesten hat vorstellen können. Die Armut der Menschen; die bestehenden und von Allen akzeptierten Hierarchien im Dorf (insbesondere die Stellung der Frauen in der Gemeinschaft); der Glaube an die Nichtbeeinflussbarkeit des Schicksals – und die ganz offenbar nicht so positiven Auswirkungen des Aufenthaltes von Crane.

Amy Waldman, die Afghanistan durch ihre Tätigkeit als Leiterin der Büros der New York Times in Neu-Delhi kennt, weiß um die Zwiespältigkeit vieler Hilfsangebote für die Armen, bei denen die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen meist keine Rolle spielen. Häufig dient die Unterstützung nur dazu, die Spender in gutem Licht dastehen zu lassen und ist viel zu oft nicht von langer Dauer – siehe leerstehende Schulen und Kliniken, für die es kein Personal gibt. Die Autorin zeigt überzeugend, wie in Parvin die Zweifel wachsen: an dem Arzt, ihrer Professorin, überhaupt dem Engagement ihres Landes, den USA. Sie stellt sich immer mehr Fragen, die sich auch den Lesenden stellen: Wie manipulierbar sind wir? Was ist wirkliche Hilfe? Was tut den Menschen gut?

Auch wenn die Figur Parvins nicht immer überzeugend dargestellt wird (so blauäugig ist wohl selbst eine US-Amerikanerin nicht, vor allem wenn sie Studentin in Berkeley ist ), wirkt die Geschichte authentisch und ist insbesondere wegen der Fragestellungen, die sie aufwirft, zu empfehlen.

 

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