5. Leseabschnitt: Kapitel 18 bis Ende (S. 277 bis Ende)

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Wow, wer hätte das gedacht, da liegt der gute Kali, Lebensretter in der Not, am Ende tatsächlich unter einem Eisbären. Der ursprünglich geplante Selbstmord von Robert gelingt dann durch den Zufall, dass die Mauser geladen ist letztlich doch, und Kali nimmt sein Versprechen sehr Ernst und sorgt für das Verschwinden der Leiche. Es war stellenweise sehr lustig, doch irgendwie kann man stolz sein auf Kali. Er, der zwar nicht der hellste ist, wie er selbst sagt, erreicht mit seinem Bauchgefühl und Mut mehr als viele andere erreichen würden. Gut, es ist natürlich alles fiktiv, das Ende auch ein wenig überzogen, aber dennoch mag ich die Figur des Kalmann sehr.
Die Lösung am Ende, ein paar Tage in Raufarhövn und die restliche Zeit in dem Heim, wo er sich wohlzufühlen scheint, scheint die perfekte Lösung. Seine Freundin ist dann wohl das Tüpfelchen auf dem i. Eigentlich mag ich solche perfekten Enden nicht so besonders, aber hier war ich damit zufrieden.
Was aus Noi geworden ist bleibt ungewiss. Dazu gefällt mir das Interview mit dem Autor. Dies bringt es gut auf den Punkt, was hier in der Runde bezüglich Noi auch schon angemerkt wurde.
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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lieslos.blog
Mir stockte der Atem: also doch ein Eisbär??!!

Unglaublich eindringlich erzählt der Autor die Begegnung mit dem Eisbär. Hut ab!
Es ist fantasiereich und er treibt die Spannung ins Unermessliche (S. 326) und dann kommt ein Abschnitt, der einen immer wieder schmunzeln lässt. Erleichtert kann man aufatmen.
Bravourös. Steigerung zum Höhepunkt und dann Begleitung beim Runterkommen;-)


Im Interview betont der Autor, dass Kalmann der Dorftrottel sein sollte. Aber genau das ist ihm nur halb gelungen. Einerseits entspricht Kalmann dieser Rolle 1A. Andererseits aber eben überhaupt nicht. Für einen Dorftrottel ist er zeitweise viel zu differenziert und viel zu eloquent.

Der Autor schreibt „… Doch er scheut sich nicht, seinen Ton zu hinterfragen.“ Und genau das passt nicht zu dem Kalmann, den er ja in den meisten anderen Phasen schildert. Kalman hat eine geistige Behinderung und in seiner kindlichen Naivität kann er nicht wirklich in der Lage sein, zu hinterfragen. Das passt einfach nicht zusammen.
Aber ich sollte aufhören, immer wieder darauf herum zu reiten.
Es ist ein Kritikpunkt, aber wie schon öfter betont, einer über den ich hier gut und gerne hinwegsehen kann. Für mich ist Kalmann ein ganz besonderer Lesegenuss gewesen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Im Interview betont der Autor, dass Kalmann der Dorftrottel sein sollte. Aber genau das ist ihm nur halb gelungen. Einerseits entspricht Kalmann dieser Rolle 1A. Andererseits aber eben überhaupt nicht. Für einen Dorftrottel ist er zeitweise viel zu differenziert und viel zu eloquent.
Mich hat das nicht so gestört. Kinder ( und in eine solche Kategorie würde ich Kalmann einordnen) sprechen ja oft mal tiefere Wahrheiten aus, ohne dass ihnen das bewusst wird.
Aber ich bin keine Psychologin, die das Krankheitsbild besser einordnen kann und für den „ normalen“ () Leser hat der Autor ein weitestgehend stimmiges Bild geliefert.
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Mich hat das nicht so gestört. Kinder ( und in eine solche Kategorie würde ich Kalmann einordnen) sprechen ja oft mal tiefere Wahrheiten aus, ohne dass ihnen das bewusst wird.
Aber ich bin keine Psychologin, die das Krankheitsbild besser einordnen kann und für den „ normalen“ () Leser hat der Autor ein weitestgehend stimmiges Bild geliefert.
... Ja, das glaube ich letztlich auch. Ich denke, dass ich da beruflich bedingt einen psychoanalytisch/psychiatrisch geschärften und kritischeren Blick habe.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Das Ende ist nicht enttäuschend. Schon im vorigen LA hat man geahnt, oder war das Kapitel?, dass es den Eisbären geben wird.
Das war für mich am anrührendsten: man musste das Tier töten, aber am Ende ist es schlimm und schrecklich. Es ist nicht die Schuld der Tiere .. man nimmt ihnen den Lebensraum, es bleibt ihnen nichts übrig als sich den Menschenwohnorten zu nähern, wo sie dann eine Gefahr sind.

Die im Roman enthaltenen kritischen Blicke auf das Verhältnis Tier-Mensch finde ich mit am besten.

Roberts Suzid hat mich nicht ganz überzeugt. Man muss seinen Entschluss einfach hinnehmen. Aber es hätte für ihn andere Möglichkeiten gegeben ...

Ich werde über der Rezi sinnen ... wer weiß, was da wieder herauskommt.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Jetzt werden einige Geheimnisse aufgedeckt. Bragi hat Kalmann gesehen und obwohl er nicht wusste, was da zwischen ihm und Robert vorfiel, hat er geschwiegen. Das die Hand zu Fischfutter wurde, habe ich mir schon gedacht, weil sie so glatt abgeschnitten war.
Aber der Höhepunkt war die Begegnung mit dem Eisbär. Hier war Kalmann wirklich der Held. Er wusste, dass er schneller laufen konnte und Birna dem Eisbär zum Opfer fallen würde, aber er ist der Sheriff von Raufarhövn und ein Sheriff kneift nicht. Seine Gedanken über das Tier, seine Trauer, dass er schießen muss, das fand ich sehr intensiv erzählt.

Schmunzeln musste ich doch, dass Kalmann über die Qualität der in Island hergestellten Drogen stolz war;)
Robert hat sich also umgebracht und ich war erstaunt, dass die Mauser geladen war. Wer weiß, vielleicht ist sie immer geladen gewesen, es hat nur nie jemand nachgeschaut.

Eine Wohngemeinschaft für Behinderte, dass ist doch die Lösung und immer 2-3 Jagdtage in Raufarhövn, damit der Nachschub an Gammelhai nicht ausbleibt. Ende gut - alles gut und Birna wird schweigen.
 

Renie

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Ich muss immer wieder über die Widersprüche nachdenken, die in der Gestaltung des Charakters Kalmann gesehen werden. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zu dem Schluss, dass wir (ich auch) zum Schubladendenken neigen. Uns ist wichtig zu wissen, welche Behinderung Kali hat. Dem Autor scheinbar nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass er irgendwo geschrieben hat, wie Kali geworden ist wie er ist und wie genau seine geistige Behinderung zu definieren ist. Von ein paar Andeutungen vielleicht abgesehen. Daher bilden wir uns unsere eigene Wahrheit, die da lautet, er ist geistig zurückgeblieben und hat daher auch zu handeln und zu denken wie ein Geistigzurückgebliebener. Alles andere wird von uns in Frage gestellt. Dazu gehört auch die Möglichkeit, dass Kali in der Lage ist, komplex zu denken, aber nicht in der Lage ist, diese Gedanken komplex und seinem Alter entsprechend verbal zu äußern.
Ich glaube, man muss dem Autor ein gewisses Maß an Freiheit in der Gestaltung seines Charakters zugestehen. Hätte die Behinderung im Fokus gestanden, wäre der Roman ein anderer geworden. So steht ein Protagonist im Mittelpunkt, der der liebenswürdige Dorftrottel eines Dorfes am Ende der Welt ist (wie ist eigentlich die Definition von Dorftrottel?) und unfreiwillig in einen Vermisstenfall hineingezogen wird. Er ist anders als andere, hat Schwierigkeiten in der Kommunikation mit anderen und wächst am Ende trotz seiner Schwierigkeiten über sich hinaus. Und nebenbei vermittelt er noch Lebensweisheiten, die uns den Alltag versüßen, gerät in Slapstick-Situationen und gibt uns Lehrstunden in isländischer Landeskunde. Das ist doch toll!
 

wal.li

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1. Mai 2014
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Es hätte mich nicht gewundert, wenn Robert einfach hätte verschwinden wollen. Auf diese Lösung wäre ich allerdings nicht gekommen. Ein zunächst mangels funktionierender Waffe verhinderter Selbstmord und dann als er sich schon fast damit abgefunden hatte, dass es nicht klappt, ist Kalmanns Mauser doch geladen. Und dann hält Kalmann sein Versprechen.
Klasse war wirklich die Szene mit dem Eisbären, von dem ich nicht wirklich geglaubt habe, dass er noch auftaucht. Kalmann rettet Birna, da ist er echt über sich hinausgewachsen.
Der Schluss war schon fast zu lieblich, aber ich finde es sehr schön für Kalmann, dass er eine Freundin gefunden hat.
Ich hätte schon gerne gewusst, was mit Noi passiert ist. Ich befürchte, er ist gestorben.
Nicht ganz stimmig fand ich, dass Kalmann manchmal weiser ist als man ihm bei seiner Behinderung zutrauen würde. Aber vielleicht liegt das echt eher an mir. Schubladen können hilfreich sein, sie können auch einengen.
 

Barbara62

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Das war schon eine sehr heftige Auflösung. Stimmig ist sie insofern, als Kalmann wörtlich nimmt, was man ihm sagt. Dass er Róbert zersägt und mariniert hat, ist echt gruselig. Was würde Kalmann noch alles tun, wenn man es ihm anheißt? Ich kann nur hoffen, dass sein Bauchgefühl ihm Grenzen setzt.

Das sehr rosige Happyend hat mich in diesem Fall nicht gestört, manchmal verträgt eine Geschichte das. Ich kann auch damit leben, dass Kalmann nicht immer ganz stimmig ist. Dass der Eisbär schließlich doch noch auftaucht, erhöht eindeutig den Witz der Geschichte, genauso die geladene Mauser, mit der Kalmann offenbar dauernd unterwegs war (auch wenn das natürlich nicht korrekt war!).

Eine Sache hat mich allerdings gestört: Róberts rechter Arm wurde eindeutig abgesägt, das haben alle gesehen, es gibt jede Menge Augenzeugen. Und dann kann Birna den Fall einfach als Selbstmord zu den Akten legen? Es muss doch allen klar sein, dass da mehr war als Selbstmord. Und nur aus Sympathie zu Kalmann schweigen alle? Das ist unglaubhaft.

Trotzdem: Ich hatte viel Spaß beim Lesen.
 

parden

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Da hatte ich also Recht: Robert wurde zu Haifisch-Ködern verarbeitet. Auf Selbstmord hätte ich allerdings nicht getippt, und dass Kalmanns Waffe geladen war, verleiht dem Ganzen auch einen üblen Nachgeschmack. Das war dann ja kein geplanter Selbstmord mehr, sondern ein überrachender. Zumindest hätte Kalmann mal einen Piep von sich geben können.

Mir hat der Roman bis zum Schluss gut gefallen, und auch wenn das Ende ein wenig weichgespült ist - hier passt das. Die Schilderungen der Landschaft, die gesellschaftskritischen Einwürfe, die Betrachtungen vom Verhältnis Mensch und Tier: großartig und nicht zu aufdringlich. Sie stupsen einen ins Nachdenken.

Ein außergewöhnlicher Held - auch wenn ich mich frage, ob Kalmann noch Haie fangen und diese dann zur Delikatesse verrotten lässt, wenn der Großvater erst mal tot ist.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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Also gut, der Autor hat uns überrascht. Dieses Auflösung hatte niemand auf dem Zettel.
Trotzdem fühle ich mich ein bisschen betrogen. Ich hätte mir eine logische Erklärung gewünscht, auf die man halt nicht gekommen ist. Diese hier wurde mutwillig konstruiert.
Am Anfang findet Kalmann eine Blutlache, wundert sich und überlegt, ob er davon berichten soll. Auf die Idee, dass er beim Selbstmord des Blutlachenverursachers dabei gewesen sein könnte, kann man gar nicht kommen. Sein Verhalten ist auch nur mit einem kompletten Gedächtnisverlust zu erklären. Ja, es wird gesagt, Kalmann vergisst so manches, aber das ist trotzdem eine eher billige Lösung.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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Eine Sache hat mich allerdings gestört: Róberts rechter Arm wurde eindeutig abgesägt, das haben alle gesehen, es gibt jede Menge Augenzeugen. Und dann kann Birna den Fall einfach als Selbstmord zu den Akten legen? Es muss doch allen klar sein, dass da mehr war als Selbstmord. Und nur aus Sympathie zu Kalmann schweigen alle? Das ist unglaubhaft.
Der Punkt ist eh nicht ganz durchdacht. An keiner Stelle wird eine DNA Analyse erwähnt. Eigentlich behaupten sie nur, es wäre Roberts Arm, ohne es je untersucht zu haben.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Also gut, der Autor hat uns überrascht. Dieses Auflösung hatte niemand auf dem Zettel.
Trotzdem fühle ich mich ein bisschen betrogen. Ich hätte mir eine logische Erklärung gewünscht, auf die man halt nicht gekommen ist. Diese hier wurde mutwillig konstruiert.
Am Anfang findet Kalmann eine Blutlache, wundert sich und überlegt, ob er davon berichten soll. Auf die Idee, dass er beim Selbstmord des Blutlachenverursachers dabei gewesen sein könnte, kann man gar nicht kommen. Sein Verhalten ist auch nur mit einem kompletten Gedächtnisverlust zu erklären. Ja, es wird gesagt, Kalmann vergisst so manches, aber das ist trotzdem eine eher billige Lösung.
Ich halte es eher für Verdrängung als für Gedächtnisverlust. Hätte er die Erinnerung verloren, wüsste er ja auch nicht mehr, was in dem Fass ist und warum er Birna am Hineinschauen hindern muss.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ich halte es eher für Verdrängung als für Gedächtnisverlust. Hätte er die Erinnerung verloren, wüsste er ja auch nicht mehr, was in dem Fass ist und warum er Birna am Hineinschauen hindern muss.
Ich hatte (im Nachhinein) an eine posttraumatische Amnesie gedacht. Denn wer steckt den "Anblick" eines Selbstmords schon so ohne weiteres weg? Und die Zerstückelung von Robert ist für mich in dem Fall auch mehr eine Erfüllung seiner Bitte, die er Kalmann gegenüber geäußert hat; letztlich wollten beide (also Kalmann und Robert) Dagbjört schützen...