Hier lesen wir die letzten beiden Kapitel:
Das Flugzeug, der Traktor und das Warten
Rückkehr nach Skagen
Das Flugzeug, der Traktor und das Warten
Rückkehr nach Skagen
Ich denke nicht, dass Paul passiv ist und sich anpasst. Nein, er ist einer, der seine Aufgabe ernst nimmt, dem die Menschen am Herzen liegen und der deshalb mehr macht, als sein Job erfordert. Aber die Zeiten sind leider so, dass es nicht um Mitmenschlichkeit geht, sondern um Kostenersparnis und Effizienz. Eigentlich sollte sein Job vor den Wohnungstüren aufhören, doch Paul hört den Menschen zu, kümmert sich, wenn welche krank sind usw. Dass so einer dann wegen einer Nichtigkeit seine Arbeit verliert, der er jahrzehntelang pflichtbewusst nachging, ist mehr als traurig.Aber auch hier hat er versucht, sich möglichst lange anzupassen. Das ist eigentlich das einzige, was ich ihm vorwerfen würde: dass er zu passiv ist.
Genau deshalb hätte er kämpfen müssen und den Hausbewohnern erklären, weshalb er zum mürrischen Hausmeister geworden ist. Vielleicht hätte er sie aufrütteln können, denn sie haben ja offensichtlich den "alten" Paul vermisst.Ich denke nicht, dass Paul passiv ist und sich anpasst. Nein, er ist einer, der seine Aufgabe ernst nimmt, dem die Menschen am Herzen liegen und der deshalb mehr macht, als sein Job erfordert. Aber die Zeiten sind leider so, dass es nicht um Mitmenschlichkeit geht, sondern um Kostenersparnis und Effizienz. Eigentlich sollte sein Job vor den Wohnungstüren aufhören, doch Paul hört den Menschen zu, kümmert sich, wenn welche krank sind usw. Dass so einer dann wegen einer Nichtigkeit seine Arbeit verliert, der er jahrzehntelang pflichtbewusst nachging, ist mehr als traurig.
Auch hier muss ich leider widersprechen. Ich habe den Roman ganz anders gelesen. Der Autor erzählt zwar mit leichter Hand und einigen Anekdoten, aber letztendlich eine tieftraurige Geschichte. Die eines Menschen, der voller Menschenliebe und Verständnis für andere sein Leben geführt hat und am Ende alles verloren hat. Der Tod begleitet ihn von Kindheit an, dazu kommt die Scheidung der Eltern ( wobei es auch vorher wahrscheinlich nicht die wahre Idylle war). Dubois malt das nicht groß aus, erzählt davon eher lapidar, aber zwischen den Zeilen spürt man den Schmerz. Er liebt seinen Vater, folgt ihm nach Kanada, kann ihn aber nicht vor seinem neuerlichen Sturz bewahren, sondern muss sich im Gegenteil eine Mitschuld daran geben.Gute Unterhaltung, eine Sprache mit wunderbaren Bildern und drolligen Wortschöpfungen, und das ein oder andere habe ich dabei gelernt. Es war nicht unbedingt das, was ich vom Prix Goncourt erwartet hätte, aber eine Lektüre, die fast durchgehend Spaß gemacht hat. Für ein heißes Wochenende hat es gepasst, da hätte ich eine schwerere Kost nicht vertragen.
Genau deshalb hätte er kämpfen müssen und den Hausbewohnern erklären, weshalb er zum mürrischen Hausmeister geworden ist. Vielleicht hätte er sie aufrütteln können, denn sie haben ja offensichtlich den "alten" Paul vermisst.
Ich mag Paul auch und was er als Hausmeister geleistet hat, geht weit über sein Amt hinaus. Offensichtlich hat er jahrelang keinen Urlaub genommen und sich aufgeopfert - und das freiweillig und gern. Das Funktionieren der Hausgemeinschaft war ihm Herzensangelegenheit. Gerade deshalb ist es schade, dass er sofort aufgibt. Aber vielleicht hatte er auch keine Chance. Und er ist eben keine Kämpfernatur.
Ja, eine Kämpfernatur ist er nicht. Er ist keiner, der seine Rechte einfordert. Allerdings war er schon enttäuscht, dass Sedgwick von den Mitgliedern gewählt wurde. Da war ihm schon bewusst, dass eine neue Generation von Mietern da war. Und nach dem Tod seiner Frau war Paul ein gebrochener Mann.Und er ist eben keine Kämpfernatur.
Es geht weniger um seine Rechte, die er einfordern soll - es ist ja gerade so sympathisch an ihm, dass er eben kein Egoist ist. Aber es reicht eben leider nicht, gut zu sein. Ich möchte dir am Beispiel Krankenhaus verdeutlichen, was ich meine, weil ich mich dort besser auskenne: Das Pflegepersonal oder das ärztliche Personal kann noch so gut und aufopferungsvoll sein, wenn sie sich nicht gleichzeitig gegen die Verwaltungsspitze, eben jene "Excel-Menschen", zur Wehr setzen und für einen adäquaten Stellenschlüssel kämpfen, werden sie untergehen. Wieviele tolle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat das Gesundheitswesen in den letzten Jahren auf diese Weise verloren? Aber vielleicht will uns Dubois auch gerade darauf hinweisen? Und warum akzeptieren wir, dass die Excel-Menschen immer mehr Macht bekommen und sich - wie im Fall Sedgwick - zu Despoten aufschwingen?Ja, eine Kämpfernatur ist er nicht. Er ist keiner, der seine Rechte einfordert. Allerdings war er schon enttäuscht, dass Sedgwick von den Mitgliedern gewählt wurde. Da war ihm schon bewusst, dass eine neue Generation von Mietern da war. Und nach dem Tod seiner Frau war Paul ein gebrochener Mann.
Ich verstehe, was Du meinst, aber ich kann Paul nicht vorwerfen, dass er so ist, wie er ist. Dazu ist er mir zu sympathisch. Aber Deinem Schlussgedanken muss ich zustimmen. Es liegt an uns, dass diese Effizienz- Menschen immer mehr Oberhand gewinnen. Paul hat sehr wohl registriert, dass Sedgwick nur 4 Gegenstimmen erhielt. Manchen war es vielleicht auch garnicht bewusst, wie viel Paul in seinem Job getan hat. Oft hält man vieles für selbstverständlich und erst, wenn die Situation sich ändert, bemerkt man, wie gut alles vorher war.Es geht weniger um seine Rechte, die er einfordern soll - es ist ja gerade so sympathisch an ihm, dass er eben kein Egoist ist. Aber es reicht eben leider nicht, gut zu sein. Ich möchte dir am Beispiel Krankenhaus verdeutlichen, was ich meine, weil ich mich dort besser auskenne: Das Pflegepersonal oder das ärztliche Personal kann noch so gut und aufopferungsvoll sein, wenn sie sich nicht gleichzeitig gegen die Verwaltungsspitze, eben jene "Excel-Menschen", zur Wehr setzen und für einen adäquaten Stellenschlüssel kämpfen, werden sie untergehen. Wieviele tolle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat das Gesundheitswesen in den letzten Jahren auf diese Weise verloren? Aber vielleicht will uns Dubois auch gerade darauf hinweisen? Und warum akzeptieren wir, dass die Excel-Menschen immer mehr Macht bekommen und sich - wie im Fall Sedgwick - zu Despoten aufschwingen?
Diese Aktion fand ich auch großartig. Still und effektiv, denn sie haben aufgehört und sich offensichtlich geschämt.Ich verstehe, was Du meinst, aber ich kann Paul nicht vorwerfen, dass er so ist, wie er ist. Dazu ist er mir zu sympathisch. Aber Deinem Schlussgedanken muss ich zustimmen. Es liegt an uns, dass diese Effizienz- Menschen immer mehr Oberhand gewinnen. Paul hat sehr wohl registriert, dass Sedgwick nur 4 Gegenstimmen erhielt. Manchen war es vielleicht auch garnicht bewusst, wie viel Paul in seinem Job getan hat. Oft hält man vieles für selbstverständlich und erst, wenn die Situation sich ändert, bemerkt man, wie gut alles vorher war.
Einmal aber hat sich Paul zur Wehr gesetzt und zwar auf seine eigene , ruhige Art: Als er den beiden Männern, die ihren Müll in den Gängen verstreuten, zu verstehen gab, dass er die Schuldigen kennt. Dies ist vielleicht auch eine Nebensächlichkeit, die aber sehr wohl zur Geschichte gehört und viel über Paul und den Humor des Autors aussagt.
Das ist ja der Sinn dieser Leserunden. Mich übrigens auch, weil ich formulieren musste, warum mich das Buch so begeistert hat.Ich merke übrigens, dass unsere Diskussion mich noch auf ganz neue Aspekte der Lektüre bringt.
Absolut!Dass so einer dann wegen einer Nichtigkeit seine Arbeit verliert, der er jahrzehntelang pflichtbewusst nachging, ist mehr als traurig.
Welch ein wunderbares, treffendes Plädoyer für diesen Roman!!!Auch hier muss ich leider widersprechen. Ich habe den Roman ganz anders gelesen. Der Autor erzählt zwar mit leichter Hand und einigen Anekdoten, aber letztendlich eine tieftraurige Geschichte. Die eines Menschen, der voller Menschenliebe und Verständnis für andere sein Leben geführt hat und am Ende alles verloren hat. Der Tod begleitet ihn von Kindheit an, dazu kommt die Scheidung der Eltern ( wobei es auch vorher wahrscheinlich nicht die wahre Idylle war). Dubois malt das nicht groß aus, erzählt davon eher lapidar, aber zwischen den Zeilen spürt man den Schmerz. Er liebt seinen Vater, folgt ihm nach Kanada, kann ihn aber nicht vor seinem neuerlichen Sturz bewahren, sondern muss sich im Gegenteil eine Mitschuld daran geben.
Endlich findet er die Frau fürs Leben ( „ Meine Frau war der Umhang, der Stab, das Kaninchen und der Hut zugleich.“) und verliert sie wieder.
Seine Arbeit ist mehr als ein Job für ihn, er sieht die Menschen hinter den Wohnungstüren und wird von einem Widerling entlassen.
Sein Ausrasten ist mehr als verständlich.
Mehr als ein Unterhaltungsroman, warum ? Dubois erzählt hier nicht nur eine Biografie, sondern verbindet diese mit völlig unterschiedlichen Menschen in seiner Umgebung. Dass er glaubwürdig die Annäherung zwischen dem menschenfreundlichen Hansen und dem gewalttätigen Hell‘ Angels Biker schildern kann, ist große Erzählkunst.
Aber noch weitere interessante Figuren bevölkern den Roman, neben Vater , Mutter und Patrick: Kieran Read und dessen Arbeit für Versicherungsinstitute z.B. Durch die indianische-irische Ehefrau ( wieder so eine Mischung ) erfahren wir etwas über die indigenen Völker und deren Beziehung zur Natur. Oder die schöne Geschichte von dem alten Indianer , der mit seinem Traktor Kanada vom Pazifischen bis zum Atlantischen Ozean durchquert hat.
Gleichzeitig verknüpft er privates Leben mit vielen Begebenheiten der Zeitgeschichte, führt an Figuren den Wandel vor ( z.B. der Wechsel von dem früheren Vorsitzenden der Eigentümerversammlung zum neuen ). Er beschreibt den Raubbau an der Natur in Thetford Mines, erzählt exemplarisch am Ford Pinto SKandal die verbrecherischen Machenschaften der Autoindustrie usw.
Jede Menge Stoff, die Dubois leichthändig in seinem Roman unterbringt.
Schön, dass du darauf noch einmal hinweist! Paul hat die Typen mit ihren eigenen Waffen geschlagen, ganz ruhig und ohne Aufsehen, wie es seine Art ist.Einmal aber hat sich Paul zur Wehr gesetzt und zwar auf seine eigene , ruhige Art: Als er den beiden Männern, die ihren Müll in den Gängen verstreuten, zu verstehen gab, dass er die Schuldigen kennt. Dies ist vielleicht auch eine Nebensächlichkeit, die aber sehr wohl zur Geschichte gehört und viel über Paul und den Humor des Autors aussagt.
:heartIch denke nicht, dass Paul passiv ist und sich anpasst. Nein, er ist einer, der seine Aufgabe ernst nimmt, dem die Menschen am Herzen liegen und der deshalb mehr macht, als sein Job erfordert. Aber die Zeiten sind leider so, dass es nicht um Mitmenschlichkeit geht, sondern um Kostenersparnis und Effizienz. Eigentlich sollte sein Job vor den Wohnungstüren aufhören, doch Paul hört den Menschen zu, kümmert sich, wenn welche krank sind usw. Dass so einer dann wegen einer Nichtigkeit seine Arbeit verliert, der er jahrzehntelang pflichtbewusst nachging, ist mehr als traurig.
Ist das nicht eine wunderbar schöne Liebeserklärung!Endlich findet er die Frau fürs Leben ( „ Meine Frau war der Umhang, der Stab, das Kaninchen und der Hut zugleich.“) und verliert sie wieder.
Ich fand die Reaktion von Paul so fein. Besser hätte er es gar nicht machen können. Und niemand musste sein Gesicht verlieren.Einmal aber hat sich Paul zur Wehr gesetzt und zwar auf seine eigene , ruhige Art: Als er den beiden Männern, die ihren Müll in den Gängen verstreuten, zu verstehen gab, dass er die Schuldigen kennt. Dies ist vielleicht auch eine Nebensächlichkeit, die aber sehr wohl zur Geschichte gehört und viel über Paul und den Humor des Autors aussagt.
Mir gefällt die Bezeichnung "meine Zauberindianerin" besonders gut!Ist das nicht eine wunderbar schöne Liebeserklärung!