Nein ich denke nicht, dass deine Fantasie mit dir durchgeht. Ich denke auch, dass es Norah darum geht zu spüren ob sie gewollt und geliebt war/ist insbesondere von der Mutter aber auch von dem abwesenden Vater.Aber vielleicht geht da in Bezug auf Norah auch meine Fantasie mit mir durch.
Dieser Abschnitt war für mich der beste bisher in dem Roman. Hier war mir die Romanfigur plötzlich ganz nah. Wie sich ein Kind mit einem ihm unbekannten Vater auseinandersetzt und versucht ihn irgendwie in sein Leben zu integrieren. Die Schilderung kam mir sehr autentisch vor.Anne Enright beschreibt wunderbar die Gedanken und Gefühle eines Kindes, das ohne Vater aufwächst: Die Sehnsucht.
Das Idealisieren.
Die Verbannung schmerzlicher und unangenehmer Gedanken und Vorstellungen.
Die Verbannung des Vaters aus dem Bewusstsein.
Die Eifersucht auf andere Männer und die Angst vor Eindringlingen.
Ambivalenz: das Wort kommt mir immer wieder in den Sinn bei der Lektüre. Es gibt Widersprüchliches im gleichen Satz oder von einem Satz zum andern.Bei aller Kritik, die sie als Tochter an ihrer Mutter äußert, bleibt ihre Haltung in gewisser Weise ambivalent.
Allerdings hat die Mutter dieses Photo ihrer Tochter immer mit auf ihre Reisen genommen. Und vielleicht ging es nicht um die Verleugnung der Tochter, wenn sie das Bild umgedreht hat. Schließlich wusste ja jeder von ihrer Tochter. Möglicherweise wollte sie Norah nicht als Zeugin ihrer Affären. Die Tochter sollte ihr nicht zusehen, aus Scham vielleicht.dass die Mutter das Foto ihrer Tochter immer umgedreht hat, wenn sie Liebhaber bei sich hatte (die Nora allerdings nie zu Gesicht bekam). Die Verleugnung der Tochter. Nora hat es mehrmals entdeckt und es muss sie sehr geschmerzt haben. Aber sie hatte eine gewisse Stärke. Sie ist nicht weinend aus dem Zimmer gestürzt. Sie hat das Foto umgedreht! Sie kämpfte um ihren Platz. Sie gab nicht auf. Sie resignierte nicht.
Das hat mich an einen Satz weiter vorne erinnert. „ Meine Mutter hatte ihre Kindheit umgeschrieben und dann die Originalfassung verloren.“"Mein ganzes Leben fühlte sich an wie eine Fälschung, und ich fürchtete, es könnte zu einem Original erstarren."
So habe ich es auch eher interpretiert. Katherine hat sich nie ihrer Tochter geschämt. Eher hat sie sie ausgestellt im Sinne, schaut Mal, was ich für eine hübsche Tochter habe!Und vielleicht ging es nicht um die Verleugnung der Tochter, wenn sie das Bild umgedreht hat. Schließlich wusste ja jeder von ihrer Tochter. Möglicherweise wollte sie Norah nicht als Zeugin ihrer Affären
Ich habe den Eindruck, dass K. ihrer Tochter eine Räuberpistole aufgetischt hat. Der beschriebene Don ist der Inbegriff des Traumvaters, der dann drehbuchmäßig ums Leben kommt. Als Kind wird Norah das geglaubt haben. Im Zuge der Zeit wird sie die Widersprüche entdeckt haben. Deshalb ja auch die immer genaueren Nachfragen: wo genau ist er von der Straße abgekommen...usw.Im jetztigen LA erfahren wir aber, dass Norah schon als Kind wusste, dass ihr Vater Don heißt?
Hat Norah diese Informantion ihrer Mutter später nicht mehr geglaubt?
Keine Ahnung.Wie deutet ihr die Szene auf S. 159 , als Norah beschreibt, wie sie als Kind mit ihren Kuscheltieren usw. spielt. „ Ich hatte mein Spielzeug ins Gras gesetzt und es ermahnt , brav zu sein...“ Und jetzt seid brav!“ Ich schlug sie gegeneinander und trennte sie barsch, und dann setzte es was.“
... ich denke, es sind die beiden Seiten einer Medaille. Zum Thema Ambivalenz ist mir im 3. Leseabschnitt ganz viel aufgefallen und begegnet... aber dazu später mehr...Nein ich denke nicht, dass deine Fantasie mit dir durchgeht. Ich denke auch, dass es Norah darum geht zu spüren ob sie gewollt und geliebt war/ist insbesondere von der Mutter aber auch von dem abwesenden Vater.
Bis jetzt habe ich den Eindruck, dass für Norah alles ambivalent bleibt. Sie fühlt sich geliebt und hat gleichzeitig den Eindruck, dass ihre Existenz ein Problem war, insbesondere für ihre Mutter. Diese Ambivalenz kann ich bisher nicht richtig einordnen. Ist beides wahr? Oder versucht Norah die Liebesäußerungen ihrer Mutter, von denen sie ja nicht sicher sein kann ob sie echt sind, als echt umzudeuten?
... und da ist sie wieder... die andere Seite der Medaille. Das gefällt mir richtig gut bei Enright: dass sie die Komplexität und Vielschichtigkeit der Dinge erkennt und berücksichtigt...Allerdings hat die Mutter dieses Photo ihrer Tochter immer mit auf ihre Reisen genommen. Und vielleicht ging es nicht um die Verleugnung der Tochter, wenn sie das Bild umgedreht hat. Schließlich wusste ja jeder von ihrer Tochter. Möglicherweise wollte sie Norah nicht als Zeugin ihrer Affären. Die Tochter sollte ihr nicht zusehen, aus Scham vielleicht.
Darüber bin ich auch gestolpert, aber mein Gefühl sagte mir, dass man da auf konkreter Ebene wahrscheinlich nicht allzu viel draus machen kann. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es in Norahs Aufwachsen besonders streng zuging. Ich vermute nicht, dass sie real Erfahrenes im Spiel verarbeitet hat. Was ich eher glaube, ist, dass sie unbewusste Ängste und Phantasien durch dieses Spiel verarbeitet hat. Es gab in ihr vllt schon die Phantasie, dass die Mama weggehen, sie verlassen oder von ihren langen Reisen nicht wiederkommen könnte, wenn sie nicht brav ist. Solche Phantasien haben Kinder nicht selten, v. a. unter Bedingungen wie diesen. Da sind dann ubw Phantasien wie, Vater hat sie verlassen (weil sie nicht artig war). Mutter könnte nicht zurück kommen, wenn sie nicht artig war. Diese Phantasien haben dann natürlich nichts mit bewusstem Wissen zu tun. Es sind einfach darunterliegende Ängste.Wie deutet ihr die Szene auf S. 159 , als Norah beschreibt, wie sie als Kind mit ihren Kuscheltieren usw. spielt. „ Ich hatte mein Spielzeug ins Gras gesetzt und es ermahnt , brav zu sein...“ Und jetzt seid brav!“ Ich schlug sie gegeneinander und trennte sie barsch, und dann setzte es was.“
absolut! Trotzdem betreibt Norah eine ziemlich genaue Nabelschau und ich bin nicht sicher, ob sie in allem, was sie berichtet, glaubwürdig ist. Immer wenn Gefühle im Spiel sind, neigen wir doch dazu, sehr subjektiv zu sein.Nach dem Tod meines Großvaters verbrachte ich einen großen Teil meiner Lebenszeit damit, die Angelegenheiten meiner Mutter zu regeln.“ - das ist nicht altersentsprechend und überfordernd.