Herzlich willkommen in unserer Runde @Chris.KloebleHallo in die Runde!
Mein Verlag hat mich auf diese aufmerksam gemacht und ich freue mich sehr, wie hier mit ganzem Herzen diskutiert wird. Ich kenne mich nicht so gut aus mit Watchareadin. Aber wenn manche von Ihnen Lust und Interesse hätten, können wir gerne eine kleine Q&A Runde machen. Die derzeitig Situation hat ja leider dazu geführt, dass alle Veranstaltungen in den kommenden Wochen abgesagt wurden, darunter auch viele zum Museum der Welt. Das bedaure ich nicht nur aufgrund der finanziellen Einbußen sondern vor allem, da mir nun der Austausch mit den Lesern entgeht. Ich würde mich daher sehr über eine regen Dialog freuen!
Sehr herzlich,
Christopher Kloeble
Ich habe direkt eine Frage: Warum ausgerechnet ein mindestens 12-Jähriger Protagonist? Es ist ja schon schwierig genug, aus der Sicht eines erwachsenen Protas zu erzählen, der einer fremden Kultur angehört. Aber sich als Autor in die Denkweise eines Kindes, das aus einer fremden Kultur kommt, hineinzuversetzen, ist noch viel ambitionierter. Warum haben Sie sich das Schriftstellerleben so schwer gemacht?
Nicht, dass ich Bartholomäus nicht gemocht habe. Ganz im Gegenteil. Ich habe Ihnen die Denkweise des Kindes abgenommen.
Danke für die Frage!Mich interessiert auch vor allem der kleine Junge in dem Roman. Einbettung finde ich dabei nicht den richtigen Begriff. Er verdrängt ja vielmehr die historischen Figuren an den Rand und ist Zentrum und Hauptfigur des Romans. Mich als Historikerin hat das permanent eher verwirrt, da ich Dichtung und Wahrheit so gar nicht voneinander zu trennen wusste und das für mich einen deutlichen Schatten auf das historisvh Erfahrene warf.
Und noch etwas: handelt es sich hier wirklich um eine kindliche Erzählperspektive, oder haben Sie sich diese Perspektive so sehr zu eigen gemacht, dass Sie immer mehr eine erzählerische Erwachsenensicht nur im kindlichen Gewand wurde? Für mich kam immer mehr eher letzteres zum Vorschein.
Vielen Dank für die Frage! Ich hatte schon vor einiger Zeit von den Schlagintweits erfahren, aber ich wusste nicht so recht, wie ich ihre Geschichte erzählen sollte, ohne nicht in alte Muster zu verfallen: "weiße Abenteurer in der Ferne". Als ich auf Bartholomäus "traf", war das die Lösung für dieses Problem. An sich interessiert mich diese Zeit ungemein, seitdem ich mehr darüber weiß. Ich lebe seit einigen Jahren viel in Indien, weil meine Frau dort aufgewachsen ist. Mir war gar nicht klar, wie sehr die deutsche Geschichte auch mit der südasiatischen zusammenhängt. Je mehr ich mich mit der Historie beschäftigt habe, desto interessanter fand ich diese Zeit. Hinzu kam noch der große Aufstand und die damit krass werdende Kolonisierung, die unsere Welt bis heute prägt. Da hab ich mich dann vollends in die Zeit verliebt.Hallo erstmal,
mich interessiert, wie Sie auf die Idee gekommen sind einen Roman über die Schlagintweits zu verfassen. Eine plötzliche Idee, persönliches Interesse an dem Thema? Interessant finde ich persönlich die Einbettung des fiktiven Waisenjungen in die geschichtlichen Fakten. War dies von Anfang an geplant, den Roman so zu gestalten?
Liebe Grüße
Und DANKE für die ausführliche Antwort!Danke für die Frage!
Das ist in seinem Fall jedoch nicht relevant, da er in einem christlichen Waisenhaus aufgewachsen ist und unter den Fittichen von Vater Fuchs stand. Der hat mit Sicherheit nicht daran gedacht, ihn in dem jungen Alter unter die Haube zu bringen. Bartholomäus war in diesem Umfeld mit Sicherheit mehr Kind als andere Gleichaltrige, die in der indischen Gesellschaft (also außerhalb des Waisenhauses) aufgewachsen sind.Aber damals war er schon im heiratsfähigen Alter.
Das ist in seinem Fall jedoch nicht relevant, da er in einem christlichen Waisenhaus aufgewachsen ist und unter den Fittichen von Vater Fuchs stand. Der hat mit Sicherheit nicht daran gedacht, ihn in dem jungen Alter unter die Haube zu bringen. Bartholomäus war in diesem Umfeld mit Sicherheit mehr Kind als andere Gleichaltrige, die in der indischen Gesellschaft (also außerhalb des Waisenhauses) aufgewachsen sind.
Aber dennoch gebe ich Dir Recht. Bartholomäus' Mischung aus kindlicher Unschuld, Naivität und Weisheit bieten eine besondere Sichtweise auf die Erwachsenenwelt, mit der er es zu tun hat. Das hat mir richtig gut gefallen.
@Chris.Kloeble
Ich habe noch eine Überlegung zur Sprache. Bartholomäus übersetzt ja ins Deutsche. Und die Art und Weise, wie dieses Kind einzelne Ausdrücke verwendet, hat bei mir für die eine oder andere Überraschung gesorgt. Damit meine ich die tiefere Bedeutung, die bei näherem Hinschauen zutage tritt. Hier sind ein paar Beispiele:
"Je größer eine Reise ist, desto langsamer ließt die Zeit."
oder noch besser:
" ... und sogar Smitaben denken, ich bin wenig, weil ich klein bin. Sie verstehen nicht, was Vater Fuchs verstanden hat: dass ich, weil ich klein bin, von allem anderen mehr habe."
oder auch " ... hatten die Gebäude scheu gewirkt"
Mich hat Bartholomäus' Ausdrucksweise verblüfft. Denn ich bin sicher, dass viele seiner Aussagen häufig nicht dem deutschen Sprachgebrauch entsprechen. Zumindest würde ein Muttersprachler die Dinge, die Bartholomäus meint, anders ausdrücken.
Diese, ihm eigene Sprache hat mich fasziniert. Und ich frage mich, wie Du das Kunststück geschafft hast, gedanklich vom Muttersprachler auf den kindlichen Fremdsprachler umzuswitchen, ohne dass es bemüht und dadurch lächerlich wirkt. Denn ich habe Dir den indischen Jungen, der in einer fremden Sprache denkt, abgenommen.
Hinzu kommt, selbst Romane, die sich als historisch bezeichnen, sind doch immer sehr heutig und überaus fiktional. Die Sprache ist der heutigen meist mehr angelehnt. Und viele Details stimmen gar nicht oder man weiß nicht, ob sie stimmen. So vieles etwa in der "Vermessung der Welt" hat so nie stattgefunden. Aber solange es eine gute Geschichte ist, ist dies zweitrangig.
Ich habe mir Mühe gegeben, alles genauestens zu recherchieren. Wenn es im Roman regnet, hat es auch damals geregnet. Ich habe nichts hinzugedichtet.