Da ich jetzt Leseabschnitt 7 und 8 in einem "Rutsch" - passend heute
- gelesen habe, hier das Wichtigste aus dem 6.Buch.
Die Witwe ist Doro, die inzwischen wieder Lowick Manor bezogen hat und die trotz Versuch Mrs. Cadwalladers sie zu einer neuen Ehe zu überreden, fest entschlossen ist, nicht mehr zu heiraten.
Auch die Arbeit ihres Mannes wird sie liegen lassen, symbolisch verschließt sie seine "Synoptische Tabelle" mit einer persönlichen Bemerkung in einen Umschlag - es ist wie eine Befreiung für sie, da sie endlich zugegeben kann, dass sie Zweifel an seiner Arbeit hegt:
" Siehst du jetzt nicht, dass ich meine Seele nicht der deinen unterwerfen konnte, indem ich ohne Hoffnung etwas bearbeite, woran ich nicht recht glaube?" (715)
Währenddessen beschließt Will, der noch nichts von dem Kodizill weiß, nach London zu gehen, um dort sein Glück zu versuchen und verabschiedet sich von Doro, ohne sich zu offenbaren.
Allerdings deutet die Erzählerin an, dass sich Doro in ihn verliebt hat. Doro liebkost das Bild von Wills Großmutter.
"Damals wusste sie noch nicht, dass es Amor war, dem sie ihr Lebewohl entgegenschluchzte..." (726) - da scheint noch etwas zu kommen. Doch ihre Zukunftspläne sehen erst einmal anderes vor: "Ich würde gern ein großes Stück Land kaufen, es trockenlegen und darauf eine kleine Siedlung errichten lassen, wo jeder arbeiten und gute Arbeit leisten soll." (730)
Gibt es Faust-Kenner unter uns? Für mich ist das ein klarer Bezug zu Fausts Utopie am Ende von Teil II, kurz bevor er stirbt, das aber nur am Rande
Eine weitere Entwicklung ist die neue Stellung Fred Vincys, der Assistent von Caleb Garth wird. Ein glücklicher Zufall sorgt dafür, dass er Mr. Garth wegen eines Streits um die Eisenbahn beiseite steht und so ergibt sich alles Weitere. Es ist die Chance für Fred, sich zu beweisen und sich der Liebe Marys als würdig zu erweisen. Lediglich Mrs. Garth muss noch überzeugt werden
Die Erzählerin deutet voraus, dass es zwei Möglichkeiten der Entwicklung gibt: "Was würde sich als die bessere Voraussicht offenbaren - ihr nüchternes Denken oder Calebs begeisterte Großzügigkeit?" (749)
Auch sein Vater ist noch nicht überzeugt von dieser neuen Anstellung, jedoch heimlich durchaus stolz auf seinen Sohn. Fred ist inzwischen auch von Mrs. Garth darauf aufmerksam gemacht worden, dass Mr. Farebrother ebenfalls Gefallen an Mary hat und ist eifersüchtig, obwohl diese ihre Entscheidung für ihn längst gefällt hat, allerdings muss er sich erst beweisen - da bleibt sie eisern.
Mit der Ehefrau ist Rosamond gemeint, deren teurer Lebensstil gemeinsam mit den Ausgaben für Haus und Möbel Lydgate in finanzielle Probleme stürzt. Es wird deutlich, dass sie sich nicht mehr leisten können, so weiterzumachen wie bisher.
In den folgenden Kapiteln bzw. in den Auseinandersetzungen zwischen Rosamond und Tertius wird deutlich, dass er ihr zwar unmissverständlich deutlich macht, dass es so nicht weitergehen kann, dies aber an ihr abzuprallen scheint. Ihre Gleichgültigkeit, ihre Passivität gepaart mit ihren Tränen führen dazu, dass Lydgate "keine Macht" (775) über sie hat. Die Ehe kühlt sich zunehmend ab, er zeigt zwar Zärtlichkeiten, ist aber wütend auf sie, während sie sich untadelig verhält, aber nicht bereit ist, ihren Lebensstil aufzugeben.
"Doch Lydgate konnte nicht verhindern, dass er mit Grauen auf die unvermeidlichen künftigen Diskussionen über Ausgaben und die Notwendigkeit eines vollständigen Wandels in ihrem Lebensstil blickte." (792)
Währenddessen erfährt endlich auch Will, der immer noch nicht abgereist ist, von Rosamond die Verfügung Casaubons. Bevor er Doro ein letztes Mal (?) trifft, spricht ihn auf einer Auktion Raffles an und erkundigt sich nach seiner Mutter, die von ihrem "Stiefvater", also Bulstrode, um ihr Erbe betrogen wurde.
Es kristallisiert sich heraus, dass Bulstrode die Witwe eines Pfandleihers, der in illegale Geschäfte verwickelt war, von denen Bulstrode gewusst hat, geheiratet hat. Zuvor sollte deren Tochter, die der Familie den Rücken gekehrt hatte, gefunden werden. Sie wurde ausfindig gemacht, allerdings wusste außer Bulstrode nur Raffles davon, der dafür bezahlt worden ist, dass er schweigt. Und jetzt ist er wieder da, um Bulstrode zu erpressen, der vor allem fürchtet, seinen Reputation und gesellschaftlichen Status zu verlieren. Aus dem Grund will er Will gegenüber alles wieder gut machen, er scheint zu bereuen, doch Ladislaw ist stolz und will sein Geld nicht mehr.
Das letzte Kapitel widmet sich der Witwe und dem Abschied zwischen Doro und Will, das letztlich von Unausgesprochenem beherrscht wird. Zumindest Doro weiß am Ende des Gespräches, dass er sie liebt.
"Der Kummer war vertrieben, da sie zum ersten Mal spürte, dass sie liebte und dass sie geliebt wurde." (841)
Will hingegen bleibt im Ungewissen, denn er ist sich sicher, sie würde ihrem Ehemann niemals trotzen.