Fazit

Literaturhexle

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2. April 2017
19.242
49.154
49
Margaret Atwood ist eine großartige Autorin. Das vorweg. Sie schreibt Sätze zum Niederknien, sie kann Emotionen schaffen- sowohl konkret als auch zwischen den Zeilen. Das nenne ich Schreibkunst.

Die erste Hälfte des Romans hat mich regelrecht gepackt. Sowohl die erwachsene Elaine mit ihren Baustellen und Brüchen im Leben als auch das Kind, das aufgrund seines "anderen" Aufwachsens Probleme mit anderen Mädchen hatte, die schließlich im Mobben und Ausgrenzen eskalierten.

In der zweiten Hälfte hat die Autorin den betretenen Pfad verlassen und sich primär mit dem Leben der erwachsenen Elaine befasst: ihre Beziehungen, ihre Kunst. Letzteres in einem dermaßen ausufernden Maße, dass es mir schwer wurde zu folgen. Ich fand eher den Hintergrund fesselnd: die Paarbeziehung, den Feminismus der Künstlerinnen. Vielfach war es aber zäh. Gerade zum Ende hin, als ich auf ein Finale hoffte....
Das hätte manche Durststrecke herausgerissen...
Cordelia war nur noch eine Randerscheinung.
Müsste ich das Buch bewerten, käme ich wohl auf 3/5 Sterne. Ich freue mich aber noch tierisch auf eure Statements :D.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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1.568
44
Ich empfand das genauso. Das Buch ist ein bisschen wie ein langer Witz ohne Pointe. Es kommt mir vor als hätte sie etwas angelegt, und dann nicht durchgezogen, auch wenn das, was erzählt wurde, sprachlich grandios ist.
Ich habe lange überlegt, ob man einem Atwoodbuch wirklich drei Sterne eben kann, aber im Vergleich zu ihren anderen Büchern muss man das wohl.

https://whatchareadin.de/community/...e-roman-von-margaret-atwood.20021/#post-70958
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Literaturhexle

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2. April 2017
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@sursulapitschi
Es war der Link zum Buch. Wenn du den Rezensionslink einfügen willst, musst du zu deiner eigenen Rezi gehen und den Link kopieren (und hier einfügen).
In diesem Fall habe ich das nachgeholt ;))
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
4.048
11.068
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Nachdem ich jetzt im letzten Abschnitt noch mal das Ende rekapituliert habe, hat sich meine Meinung etwas geändert. Vordergründig fehlt am Ende etwas, eine Auflösung, ein äußeres Ereignis. Die eigentlichen Prozesse laufen jedoch im Inneren der Figur ab, wenn man diese Schritt für Schritt nachvollzieht, passt es am Ende doch. Die Erkenntnis, dass Elaine und Cordelia von ähnlichen Zweifeln umgetrieben wurden, dem Wunsch geliebt zu werden, kommt der Ich- Erzählerin, nachdem sie verdrängte Zeit erinnert. Statt sich gegenseitig Halt zu geben und Freundinnen zu werden, haben sie die Schwäche der anderen zu unterschiedlichen Zeiten ausgenutzt. Mit bleibenden Schäden bei Elaine, die sich auch als Erwachsene als Nichts fühlt. Doch am Ende gelingt es ihr, sich und Cordelia zu vergeben...so wird es doch noch rund.
Nichtsdestotrotz ist das Ende eindeutig schwächer als der Beginn, so dass ich 4 Sterne vergebe.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Auch ich habe das Gefühl dass irgendetwas fehlt. Auch wenn ich leider nicht genau sagen kann was. Vielleicht etwas Spannung und etwas Schärfe im Ton. Maybe.

Ich sehe dieses Buch als ein Psychogramm einer gepeinigten Seele, die mit einem in der Kindheit zugefügten Trauma leben muss und sich irgendwie damit arrangiert. Sogar recht gut! Wenn man bedenkt das Traumatisierungen im Kindesalter wirklich schwer behandelbar sind. Elaine schafft dies ohne Behandlung, sie ist ein künstlerischer Mensch und schafft ihre Traumabewältigung über das Leben und die Malerei. Und am Ende schwingt so etwas wie eine kleine Hoffnung mit.

Gepaart ist diese Geschichte mit einer perfekten Beschreibung einer vergangenen Zeit und einer darin enthaltenen Gesellschaftskritik.

Beides ist Atwood sehr gut gelungen, trotzdem fehlt diesem Roman etwas, wenn ich ihn mit den von mir bereits gelesenen vergleiche.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Mir hat der Roman - bis auf den Schlussabschnitt - sehr gut gefallen. Atwood hat die Charaktere fein ausgearbeitet, die Geschichte bildhaft erzählt, und ich habe sie mit Freude gelesen. Allerdings fehlte auch mir ein befriedigender Schluss. Hier hätte ich mir schon etwas Besonderes (und etwas weniger Realität) gewünscht. Dennoch würde ich hier auf vier Sterne gehen.
 

nineLE

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4. November 2019
1.028
1.259
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Margaret Atwood ist eine großartige Autorin. Das vorweg. Sie schreibt Sätze zum Niederknien, sie kann Emotionen schaffen- sowohl konkret als auch zwischen den Zeilen. Das nenne ich Schreibkunst.

Die erste Hälfte des Romans hat mich regelrecht gepackt. Sowohl die erwachsene Elaine mit ihren Baustellen und Brüchen im Leben als auch das Kind, das aufgrund seines "anderen" Aufwachsens Probleme mit anderen Mädchen hatte, die schließlich im Mobben und Ausgrenzen eskalierten.

In der zweiten Hälfte hat die Autorin den betretenen Pfad verlassen und sich primär mit dem Leben der erwachsenen Elaine befasst: ihre Beziehungen, ihre Kunst. Letzteres in einem dermaßen ausufernden Maße, dass es mir schwer wurde zu folgen. Ich fand eher den Hintergrund fesselnd: die Paarbeziehung, den Feminismus der Künstlerinnen. Vielfach war es aber zäh. Gerade zum Ende hin, als ich auf ein Finale hoffte....
Das hätte manche Durststrecke herausgerissen...
Cordelia war nur noch eine Randerscheinung.
Müsste ich das Buch bewerten, käme ich wohl auf 3/5 Sterne. Ich freue mich aber noch tierisch auf eure Statements :D.

Oh danke für die Zusammenfassung, das Entscheidende für mich war hierbei wieder das: zäh zum Ende hin und -offenbar-ausgebliebenes Finale, wieder ein Argument es nicht zu lesen?
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Oh danke für die Zusammenfassung, das Entscheidende für mich war hierbei wieder das: zäh zum Ende hin und -offenbar-ausgebliebenes Finale, wieder ein Argument es nicht zu lesen?
Das würde ich so nicht sagen ;), aber wenn du einen Roman der Autorin lesen willst, dann „Der blinde Mörder“, der ist genial!
 

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.
Es kommt mir vor als hätte sie etwas angelegt, und dann nicht durchgezogen,

...das empfand ich gar nicht so. Ich finde, Atwood hat das Thema/die Themen (Macht-Ohnmacht, Mobbing, Folgen, Be- und Verarbeitung bishin zur Überwindung der schmerzhaften Ereignisse) bis zuletzt bravourös durchgezogen und am Ende den Kreis geschlossen.
 

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Nachdem ich jetzt im letzten Abschnitt noch mal das Ende rekapituliert habe, hat sich meine Meinung etwas geändert. Vordergründig fehlt am Ende etwas, eine Auflösung, ein äußeres Ereignis. Die eigentlichen Prozesse laufen jedoch im Inneren der Figur ab, wenn man diese Schritt für Schritt nachvollzieht, passt es am Ende doch. Die Erkenntnis, dass Elaine und Cordelia von ähnlichen Zweifeln umgetrieben wurden, dem Wunsch geliebt zu werden, kommt der Ich- Erzählerin, nachdem sie verdrängte Zeit erinnert. Statt sich gegenseitig Halt zu geben und Freundinnen zu werden, haben sie die Schwäche der anderen zu unterschiedlichen Zeiten ausgenutzt. Mit bleibenden Schäden bei Elaine, die sich auch als Erwachsene als Nichts fühlt. Doch am Ende gelingt es ihr, sich und Cordelia zu vergeben...so wird es doch noch rund.
Nichtsdestotrotz ist das Ende eindeutig schwächer als der Beginn, so dass ich 4 Sterne vergebe.
... da kann ich mich absolut anschließen. Auch was die Punkte betrifft.
 

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Oh danke für die Zusammenfassung, das Entscheidende für mich war hierbei wieder das: zäh zum Ende hin und -offenbar-ausgebliebenes Finale, wieder ein Argument es nicht zu lesen?
...es kommt darauf an, welche Art von Finale Du Dir wünscht. Ein lautes und offensichtliches Finale wie ein Paukenschlag war es sicher nicht. Es war ein leises und zartes Finale, das sich im Inneren von Elaine abgespielt hat.
 

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Das würde ich so nicht sagen ;), aber wenn du einen Roman der Autorin lesen willst, dann „Der blinde Mörder“, der ist genial!
... Den Blinden Mörder habe ich mir auf Euer Anraten hin schon besorgt. Darauf freue ich mich sehr. Er scheint vielen von Euch sehr gut gefallen zu haben.
 

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Ich habe schon so viel zu dem Roman geschrieben, dass ich an dieser Stelle nur noch Schlagwörter äußern möchte:
Begnadete Autorin.
Schafft und vermittelt bravourös Atmosphäre.
Beobachtet Charaktere und beschreibt deren Entwicklung wunderbar.
Greift interessante Themen auf: Alltag in der Nachkriegszeit, feministische Bewegung, Künstlerszene. Wobei es für mich zum Teil etwas zu detailliert ausgeführt wird.
Beackert einige wenige Themen intensiv und bis zum Schluss und bringt es auf den Punkt.

Und trotzdem fesselte mich der Roman nicht wie manch anderer. Er wurde nicht zum Pageturner. Er hat mich nicht ergriffen.
Das lag keinesfalls an mangelnder Schreibkunst oder nicht ansprechender Sprache.
Es war vielleicht/wahrscheinlich das Thema insgesamt.
4 Punkte.
 

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Ein anderes Fazit möchte ich an dieser Stelle noch ziehen:
Das war meine erste Leserunde mit Euch. Ich war sehr gespannt darauf. Und jetzt muß und möchte ich sagen, dass der Austausch mit Euch sehr viel Spaß gemacht und mich bereichert hat.
Ich lese alle Bücher sehr aufmerksam, aber selten habe ich ein Buch sooo aufmerksam und konzentriert gelesen. Dadurch und durch unseren Austausch hat sich eine große Intensität entfaltet, was dazu führen wird, dass ich das „Katzenauge“ sicher nicht so schnell vergesse.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es freut mich sehr, dass auch wir deine Wahrnehmung bereichert haben. Sei sicher, dass das auch für dich gilt!
Ich lese alle Bücher sehr aufmerksam, aber selten habe ich ein Buch sooo aufmerksam und konzentriert gelesen.
Wenn es dir Freude gemacht Hat, passt das. Wir sind hier aber wirklich ein Freizeitbetrieb. Es wird nichts erwartet. Das heißt, wenn du mal weniger Muße hast und keine Lust, so ganz tief einzusteigen, ist das auch in Ordnung. Es gibt keine Noten und keinen Leistungsdruck - höchstens bei den Verlagsrunden ein bisschen ;)
Aber die Regeln kennst du ja.
Schön, dass du hier bist!!!