Und genau darin ist sicher ihre Gehässigkeit, wie du es nennst, begründet.Iris ist mir ganz sympathisch, obwohl oder weil sie manchmal etwas gehässiges hat. Iris wird von der Mutter in die Rolle der Beschützerin der kleinen Schwester gedrängt. Vom Vater in die Rolle der Nachfolgerin für die Firma. Nachvollziehbar, dass sie das als Bürde empfindet.
Das finde ich wie du absolut großartig, und deshalb bin ich jetzt ganz gefangen in der Geschichte.in schlichten, unpathetischen Worten werden die Schicksale wunderbar greifbar gemacht
Wer weiß - vielleicht hat Iris auch ihren Anteil daran? Sie äußert an einer Stelle, dass sie sich auch von der Familie fern gehalten hätte...Ebenso wird der Konflikt um Enkelin Sabrina beleuchtet. Iris ist der Meinung, dass man ihr das Kind vorenthalten hat, diesem vielleicht auch Schlechtes über sie erzählt hat. Dadurch haben sich die beiden nicht mehr gesehen, worunter die alte Frau leidet, wie bei der Preisverleihung deutlich wurde.
Hihi, dieser Gedanke kam mir beim Lesen auch sofort. Eiseskälte...Der Heiratsantrag erfolgte seinerzeit auf dem Eis. Ist das ein Symbol für die Ehe, die sich daraus ergeben wird?
Ich vermute, er hat eine Affäre und will sich versichern, dass seine Mädchen auch gut versorgt sind, wenn sie auf sich gestellt sind. Ob er weggehen will, sich der Serviererin zuwendet oder irgendetwas anderes ist noch unklar. Er ist ein unruhiger Geist nach dem Krieg, der sich nach etwas sehnt, das ihm weder die Knopffabrik noch sein Heim, was er wohl beides aus Pflichtbewusstsein erduldet, geben kann.Was bahnt sich jetzt mit dem Vater an? Will er mit der Serviererin durchbrennen, die offensichtlich eine Abneigung gegen Kinder hegt?
Da bin ich bei dir. Sie hat immer mal wieder so einen Dreizeiler drin, bei dem ich schmunzeln musste. Für mich ging das fast Richtung Ironie: Aus der Distanz werden die Dinge in einem anderen Licht gesehen. Vielleicht auch ein etwas bissiger Humor? Mehr habe ich bis jetzt auch nicht darin gesehen. Iris scheint mir doch eine recht umgängliche alte Dame zu sein.Gehässig würde ich es allerdings nicht unbedingt nennen, das ist mir für sie zu hart. Jetzt, im Alter, nenne ich es eher zynisch, manchmal auch Galgenhumorig. A
Im Grunde ist ja die ganze Gesellschaft mit den vielen traumatisierten Kriegsinvaliden eine ganz andere geworden. Und das macht auch vor Iris Familie nicht halt.Eindringlich beschreibt sie auch die psychischen Folgen des Krieges bei ihrem Vater und die Entfremdung der Ehepartner nach der Trennung durch den Krieg.
Den Satz habe ich mir auch angestrichen! Das muss für sie gläubige Mutter auch schwer gewesen sein. Ein weiterer Punkt, der die beiden voneinander entfernte.Im Grunde ist ja die ganze Gesellschaft mit den vielen traumatisierten Kriegsinvaliden eine ganz andere geworden. Und das macht auch vor Iris Familie nicht halt.
[zitat]Aber etwas viel Schlimmeres war geschehen: mein Vater war jetzt Atheist: Über den Schützengräben war Gott zerplatzt wie ein Luftballon, und nichts war von ihm übrig geblieben als ein paar schmuddelige kleine Fetzen der Heuchelei.[/zitat]
S. 108
Die Familie driftet sowieso schon auseinander, und dort, wo früher einfach wenig da gewesen ist, gibt es wohl keine Verbindung mehr zwischen dem Vater und der Mutter. Erstaunlich, wie die beiden Mädchen dazwischen aufwachsen können. Aber ich glaube, das ist nicht zuletzt der Verdienst von Renie.Im Grunde ist ja die ganze Gesellschaft mit den vielen traumatisierten Kriegsinvaliden eine ganz andere geworden. Und das macht auch vor Iris Familie nicht halt.
[zitat]Aber etwas viel Schlimmeres war geschehen: mein Vater war jetzt Atheist: Über den Schützengräben war Gott zerplatzt wie ein Luftballon, und nichts war von ihm übrig geblieben als ein paar schmuddelige kleine Fetzen der Heuchelei.[/zitat]
S. 108
Daneben rollt sie ihre Vergangenheit auf, die sie schriftlich niederlegen will.
Schlichte Sprache, aber auch ungewöhnliche Metaphern und Vergleiche, die mir besonders gut gefallen:in schlichten, unpathetischen Worten werden die Schicksale wunderbar greifbar gemacht.
Das liebe ich auch ganz besonders, und musste wie du oft schmunzeln.Schlichte Sprache, aber auch ungewöhnliche Metaphern und Vergleiche, die mir besonders gut gefallen:
"Wir wollen unsere Existenz bestätigen, wie Hunde, die an Feuerhydranten pinkeln."
Meine Besitztümer schwebten in ihren höchsteigenen Schattenpfützen, von mir losgelöst, verleugneten, dass ich ihre Besitzerin war."
Die Sommerhitze hat ernsthaft Einzug gehalten und sich über die Stadt gelegt wie ein Cremesuppe."
"An den Abenden donnert es gelegentlich, ein fernes Poltern und Stolpern, wie Gott auf einer mürrischen Sauftour."
Das entlockt mir immer wieder ein Schmunzeln beim Lesen - ich bin wirklich begeistert!
Ja genau, diese Metaphern sind mir auch aufgefallen. Ich bin schon im nächsten Leseabschnitt und habe nun angefangen, mir diese Vergleiche zu markieren, es kommen noch viele davonSchlichte Sprache, aber auch ungewöhnliche Metaphern
Darüber bin ich auch gestolpert"...ein Rest Käse, in Pergamentpapier eingeschlagen und so hart und durchscheinend wie Zehennägel."
Igitt wie treffend!
Ja, den Gedanken mit der Affäre kommt einem beim Lesen unweigerlich - schön ist hier die Beschreibung von Iris, dass sie die Berührung der Beiden wahrgenommen, aber (natürlich) noch nicht einordnen konnte.Ich vermute, er hat eine Affäre und will sich versichern, dass seine Mädchen auch gut versorgt sind, wenn sie auf sich gestellt sind. Ob er weggehen will, sich der Serviererin zuwendet oder irgendetwas anderes ist noch unklar. Er ist ein unruhiger Geist nach dem Krieg, der sich nach etwas sehnt, das ihm weder die Knopffabrik noch sein Heim, was er wohl beides aus Pflichtbewusstsein erduldet, geben kann.
Oder warum spricht Iris von den Dingen über dem Strich, nach denen sie kaum zu graben wagt?