Rezension Rezension (4/5*) zu Idaho: Roman von Emily Ruskovich.

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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Was geschah auf dem Mount Loeil

Dieser Roman ist eine etwas verworrene Geschichte, in der es um Realität und Irrealität geht. Der Leser muss sich mit einer Geschichte befassen, die aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird, wobei letztendlich das klärende Gespräch der betroffenen Personen nicht so richtig erfolgt. Es werden eher viele verschiedene Vermutungen präsentiert, der geneigte Leser darf sich aus diesen unterschiedlichen Gedanken, teils mit realem, teils mit irrealem Hintergrund seine eigenen Gedanken machen. Es geht um reale Erinnerungen und die pure Einbildungskraft. Und wir Leser fragen uns zum Teil, was ist wahr/real. Der Roman ist nicht chronologisch geordnet und auch immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln geschrieben, was die sowieso schon verwirrende Geschichte noch etwas verworrener gestaltet. Aber mir persönlich sehr gefällt. Ich liebe dieses Hin- und Herspringen. Und ich liebe auch den Sprachklang der Ruskovich. Und ich liebe die Art, in der Ruskovich ihre Charaktere zeichnet, denn genau das macht sie grandios. Diese Autorin hat Potenzial und ich denke wir werden noch von ihr hören. Dieser Roman entwickelt außerdem eine starke Sogwirkung.


Zur Handlung: Wade, Jenny und ihre zwei Töchter June und May fahren an einem Augusttag im Jahre 1995 zum Holzholen auf den Mount Loeil, dabei kommt es zu einem folgeschweren Unglück. Die kleine Tochter May wird erschlagen, die größere Tochter verschwindet spurlos, die Ehefrau Jenny bezichtigt sich der Tat und geht ins Gefängnis, der Familienvater Wade bleibt allein zurück. Wobei nicht wirklich klar wird ob dies auch so war. Für mich ergeben sich zwei Deutungsmöglichkeiten, wobei es im Buch zu keiner eindeutigen Lösung kommt. Erschwerend kommt hinzu, das in der Familie von Wade die frühe Form der Demenz vorkommt, was Wade in einer nachvollziehbaren Weise Angst bereitet und zu dem familiären Drama noch dazukommt. Wade hatte vor dem Unfall in der Schule die Lehrerin Ann kennengelernt, hatte dort Klavierstunden genommen, weil er gehört hatte, dass Klavierspielen den Degenerationsprozess des Gehirns eventuell verlangsamen könnte. In der Zeit entsteht eine Nähe zwischen den Beiden, dies mündet schließlich in die Heirat und das Zusammenziehen von Ann und Wade. Ann weiß um die Geschehnisse beim Holzholen und versucht ihrerseits in einer etwas skurrilen Art für sich Licht ins Dunkel der Geschehnisse von damals zu bringen. Wade's Erkrankung wird nun nach acht Jahren Ehe schlimmer und mündet schon in gewissen Gewaltausbrüchen seiner Ehefrau gegenüber, die sie versucht zu ertragen, bei mir aber eine Angst auslöste und die Frage wie weit das noch gehen sollte. In dem Buch werden die Geschehnisse zwischen den Jahren 1973 und 2025 dargestellt, es werden die Sichten der verschiedenen Hauptakteure des Romans gezeigt, und auch ihr Beziehungsgeflecht untereinander, dadurch bekommt der interessierte Leser Einblicke und kann sich seine eigenen Gedanken machen und für sich selbst nach Deutungen suchen. Denn es wird am Ende nichts aufgelöst, es werden keine Fakten präsentiert, das dürfen wir Leser für uns selbst entscheiden. Was ich aber als nicht störend empfand, denn die Charakterzeichnungen der Ruskovich geben genug Raum für Lösungen ab.

 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Und ich liebe auch den Sprachklang der Ruskovich. Und ich liebe die Art, in der Ruskovich ihre Charaktere zeichnet, denn genau das macht sie grandios.
Dieser Roman entwickelt außerdem eine starke Sogwirkung.
Jaaaaa. Ich habe den Roman auch sehr gerne gelesen. Nicht ganz Einfach, aber Oho!
Nur das mit Irrealität habe ich nicht so verstanden. Oder es schon vergessen. Wir haben es mit Erinnerungen der Protagonisten zu tun und Wade ist diesbezüglich durch die Demenz nicht zuverlässig. Aber als irreal im engen Sinn habe ich nichts empfunden.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Jaaaaa. Ich habe den Roman auch sehr gerne gelesen. Nicht ganz Einfach, aber Oho!
Nur das mit Irrealität habe ich nicht so verstanden. Oder es schon vergessen. Wir haben es mit Erinnerungen der Protagonisten zu tun und Wade ist diesbezüglich durch die Demenz nicht zuverlässig. Aber als irreal im engen Sinn habe ich nichts empfunden.

Ich empfand einige Gedankengänge von Ann als irreal und dadurch, dass Blicke von verschiedenen Personen auf ein Ereignis sich so sehr unterscheiden, schwingt für mich auch eine gewisse Irrealität mit. Aber nicht im engeren Sinn, stimmt. Erinnerungen können sich ja auch verändern, durchs Hirn verändert werden. Und durch so ein schockierendes Ereignis …!
 
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