Ich wollte ihn lesen, den Gewinner des diesjährigen Deutschen Buchpreises. Die Autorin wurde hoch gelobt wegen ihrer Liebe zum Detail und ihrer Fähigkeit, das Politische mit dem Familiären zu verbinden. Vom Schreibkonzept her beginnt sie im Jahr 2015 und endet 1919, auch diese Originalität, einen Roman quasi rückwärts zu erzählen, brachte ihr Zusatzpunkte ein.
Mir war klar, dass dieser Preisträger nach der Hauptstadt von Robert Menasse (2017), dessen Roman mir auch für das breitere Publikum lesbar erschien, wieder komplizierter sein würde.
Im Mittelpunkt steht die Familie Bernadotte, ein altes bedeutendes Adelsgeschlecht auf Teneriffa. Zu Beginn lernt man Felipe Bernadotte kennen, der sich von seiner Herkunftsfamilie losgelöst hat. Er möchte ein bürgerliches Leben führen, ist aber in seinem Engagement gegen die Eliten gescheitert und verbringt seine freie Zeit trinkend im Club. Die Ehefrau Ana Baute strebt eine politische Karriere bei den Konservativen an. Ihr Vater lebt hoch betagt in einem Seniorenheim, dessen Pförtner er auch ist. Rosa ist 17 und die Tochter von Felipe und Ana. Sie hat ihr Studium abgebrochen, jobbt im Altersheim und sucht noch ihren Weg.
Man muss sehr aufmerksam lesen. Es tauchen schnell viele Figuren auf, deren Zusammenhänge zueinander man leicht überlesen kann. Ein Bleistift hilft mir, die wichtigen Dinge sichtbar zu machen.
Ab und zu hat man einen Aha-Effekt: dann fügt sich eins zum anderen. Oftmals lese ich aber konzentriert und mir ist nicht klar, wo die Reise hingeht.
Ich bin jetzt im Jahr 1970 angekommen. Deshalb werde ich wohl nichts mehr von Rosa hören. Felipe und Ana sind 8/9 Jahre alt- also kommt da auch nichts mehr über ihre eigenen Werdegänge, sondern nur noch über deren Herkunftsfamilien. Das ist schade, denn einige Probleme sind zu Beginn im Jahr 2015 schon aufgetaucht, deren Lösung ich mir noch erhoffte...
Es ist eigenwillig, dieses Buch. Ich lese es weiter, weil es nicht ganz schlecht ist. Aber man muss definitiv aufmerksam sein. Insofern taugt es nicht zur reinen Entspannung.
So richtig gut ist es aber auch nicht.
Frau Mahlke tat im Interview kund, dass sie beim Schreiben nicht an den Leser denkt. Das merkt man. Ein bisschen weniger Kopflastigkeit hätte der Geschichte bestimmt gut getan.