Bin habe ich den Abschnitt beendet und das anfängliche Lachen über Marret bleibt mir nun im Halse stecken.
Ich fühle mich eigentümlich berührt von diesen Geschichten, von diesen Personen. Ich erkenne Teile aus meiner Kindheit (ich lebte in einem 600 Seelen Dorf), ich kann die Biografien nachempfinden, weil die Autorin in der Lage ist, tiefe Gefühle nachvollziehbar zu formulieren. In Bildern? Mit Metaphern? Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben kann. Aber sie trifft den Kern.
Egal ob Ingwers Liebe zum Land
[zitat]Er hing an diesem rohem, abgewetzten Land, wie man an einem abgeliebten Stofftier hing,...[/zitat]
Oder die Charakterisierung von Marret:
[zitat]Marret war wie etwas Flüchtiges, Verwehtes, das ständig seine Form veränderte,...[/zitat]
Wie sie dann verführt wurde:
[zitat]Es war nichts Weltbewegendes, nur eine kleine, uralte Geschichte, aber Marret kannte sie noch nicht[/zitat]
Da hat einer der Landvermesser die unschuldige verdreihte Marret ausgenutzt. Wie unglücklich war sie, dass sie zweimal in die Tiefe sprang, um das loszuwerden, was nicht weggeht... Furchtbar. Und niemand da zum Reden.
Das von
@Leseglück erwähnte Zitat zur dementen Ella: wie treffend ist das! Ich erlebe die Krankheit gerade im nächsten Umfeld: man kann es nicht schöner ausdrücken: wie in fließenden Gewässern unterwegs, durch Raum und Zeit...
Ingwer, der Enkel, für den die Großeltern aber eigentlich Eltern waren. Wie Hansen die Gefühle beschreibt, die ihn umtreiben, so dass er ein Sabbatjahr nimmt, um für die sterblichen alten Leute da zu sein...
Im Gegensatz dazu die bröckelnde Beziehung mit Ragnhild in Kiel, die kalte Unterströmung, die etwas auseinandertreibt.
Lehrer Steensen: auf den ersten Blick ein harter Knochen, auf den zweiten auch sentimental, ehrlich (er schlägt nur mit der Hand, heult manchmal selbst mit), er überreicht jedem Kind zum Abschied ein Bild mit Widmung und Brief. Er versucht es gut zu machen, er schont sich selbst nicht. Die Zeiten waren damals so.
Das Kapitel um die Kuckuckskinder, es klingt lustig, ist aber furchtbar ernst. Das Schicksal vieler Kriegsheimkehrer...
[zitat]Scheinbar konnte man beschließen, etwas nicht zu wissen, umd dann wusste man es wirklich nicht[/zitat]
Ich bin begeistert von diesem Buch, dieser Ausdrucksstärke!
Ich werde nicht hindurchfliegen können. Da steckt so viel Lebensweisheit drin, so viel Geschichten, die mir nahe gehen. So nahe, wie mir selten ein Buch geht. Da muss ich sinnieren, es setzen lassen. Toll!