Erster Teil - I bis III

Leseglück

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7. Juni 2017
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"Heute ist Mama gestorben. Vielleicht auch gestern, ich weiß es nicht." Schon in den ersten zwei Sätzen des Romans, zeigt sich die Gleichgültigkeit von Meursault gegenüber einem Ereignis, das für die meisten Menschen sehr gefühlsbetont ist.

Als Meursault Totenwache bei seiner Mutter hält, leisten ihm einige Heimbewohner Gesellschaft. Mir ist der Satz aufgefallen: "Ich habe einen Moment lang den lächerlichen Eindruck gehabt, sie wären da, um mich zu richten."
Außerdem sagt der Protagonist mehrmals: Es ist nicht meine Schuld. zu seinem Chef, zu einer Bekannten. Meursault hat den Eindruck andere wollten ihm etwas vorwerfen. Er denkt dass er sich entschuldigen sollte, weiß aber nicht für was.

Die Geschichte mit seinem Nachbarn Salamano und dessen Hund ist gut beschrieben. Ganz kalt von außen. Überhaupt scheint Meursault keine tiefgehenden Gefühle zu haben. Es ist ihm vieles egal. Er spürt nur elementare Gefühle wie Hunger oder Durst. oder Verdruss weil es ihm zu heiß ist.
 

Helmut Pöll

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Überhaupt scheint Meursault keine tiefgehenden Gefühle zu haben.
Das ist mir auch sofort aufgefallen. Er registriert sein Umwelt eher wie ein Roboter und reiht eine Beschreibung nach der anderen aneinander.

Wir erfahren auch nicht, ob da was in der Familie vorgefallen ist, ob und warum er irgendeine Abneigung gegen seine Mutter hegt oder nicht. Die Beerdigung scheint ihm eher lästig zu sein. Er weiß auch nicht, wie alt seine Mutter genau ist. Alles sehr seltsam und auch sehr unsympathisch.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Die distanzierte Erzählhaltung ist sehr auffällig, wie auch die Erzählperspektive. Es scheint, als ob er mit den Leser*innen spricht - das Perfekt als Erzähltempus ist ungewöhnlich.
Nichts scheint den Protagonisten zu berühren, weder der Tod der Mutter noch die Nacht mit Marie. Warum greift er beim Hund nicht ein? Er ist ein Fremder...
Unsympathisch ist er mir noch nicht, aber das liegt auch an der Distanz, die er aufbaut. Er lässt keinen Blick in sein Inneres zu.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ihr habt vieles schon gesagt.

Diese kurzen, distanzierten Sätze. Er beobachtet nur, denkt wenig, verurteilt nicht.

Die Szene mit den Nachbarn: der eine quält seinen Hund, "weil er immer da ist", der andere fühlt sich von einer Frau "betrogen ", weil diese ein Lotterielos gekauft und Schmuck versetzt hat.... Zur Strafe soll sie gedemütigt werden...

Unser Fremder (sehr gut, Querleserin!) schaut nur zu, tut nichts, schreibt aber letztlich diesen Brief. Wenn ihn das nicht mal in die Sache verstrickt...

Das Buch bleibt bislang auf Distanz, berührt mich nicht. Der Protagonist ist seltsam, fast wie in Trance, auch er ist mir fremd.
 

Helmut Pöll

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Das Buch bleibt bislang auf Distanz, berührt mich nicht. Der Protagonist ist seltsam, fast wie in Trance, auch er ist mir fremd.
Ich glaube mit Mersault würde ich privat auch nichts zu tun haben wollen. Mich berührt an der Geschichte bislang auch nichts. Eher finde ich sie völlig verstörend.
 

parden

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13. April 2014
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Nun habe ich diesen Abschnitt auch gelesen und stimme Euren bisherigen Beiträgen zu. Mersault wirkt seltsam distanziert zu gefühlt allem - zum Leben allgemein. Es gilt nur, Stunden totzuschlagen, bis man wieder arbeiten gehen kann. Es sind keine Vorlieben oder Abneigungen Mersaults erkennbar, nur dass er froh um jede Ablenkung zu sein scheint. Das Verhältnis zu seiner Mutter?! Gruselig.

Kann mir eigentlich irgendjemand in einfachen (!) Worten erklären, was genau dieser 'Existentialismus' ist? Ein philosophischer Ansatz, das habe ich schon verstanden, aber die Erläuterungen bei Wikipedia & Co. verstehe ich nicht wirklich. o_O
 
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