Teil 2: Victoria Roubidoux bis Die McPherons (S.92-S.166)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Ich "arbeite" jetzt einfach mal vor. Da ich das Buch begonnen hatte und nicht mehr abbrechen will, fasse ich nur kurz den Inhalt zusammen. Wenn alle soweit sind, freue ich mich auf die Diskussionen.
Victoria besucht zum ersten Mal einen Frauenarzt auf Anraten von Maggie Jones. Sehr behutsam und freundlich agiert der ältere Arzt, erklärt ihr alles und bemüht sich, sie zu beruhigen. Auch er schlägt ihr vor, das Kind nicht zu bekommen. Die Schande allein erziehende Mutter zu sein, scheint schwer zu wiegen. Doch sie hält an ihrem Entschluss fest. Währenddessen kommt es in der Schule in der Stunde von Tom Guthrie zum Eklat, als Victoria ein Referat hält. Ein Mitschüler demütigt sie. Als Tom ihn zur Rede stellt, kommt es sogar zu Handgreiflichkeiten - kann gut mit Tom und seiner Hilflosigkeit mitfühlen - ich hoffe, der Schüler fliegt von der Schule!
Ike und Bobby zeigen einem Mitschüler den Ort, an dem das Mädchen mit dem Freund ihres Freundes geschlafen hat. Doch sie bereuen es, denn es scheint, als entweihe der Mitschüler diesen Ort. Dieser Ort scheint eine besondere Bedeutung zu haben, man wird sehen.
Ike und Bobbys Mutter hat beschlossen, die Stadt zu verlassen und zu ihrer Schwester nach Denver zu ziehen. In einem letzten Treffen mit Tom gesteht sie, dass er sie nicht sie selbst sein lasse. Bereits seit drei Jahren fühle sie sich nicht mehr wohl und auch er gibt zu, es sei alles anders geworden. Ein Dialog, über den es sich zu diskutieren lohnt.

Victoria versucht derweil sich mit dem Vater des Kindes in Verbindung zu setzen, doch seine Mutter wehrt jeglichen Telefonkontakt ab. Als Maggies Vater sie nicht erkennt und sie schlägt, beschließt Maggie, dass Victoria eine andere Unterkunft braucht. Sie fragt die Brüder McPheron, die seit ihre Eltern gestorben sind, die Farm alleine bewirtschaften. Sie sagen zu und geben sich besonders viel Mühe, einen guten ersten Eindruck auf Victoria zu machen. Doch als Maggie die Farm, die 17 km von Holt entfernt ist, verlässt, sind alle verunsichert:
"Das Mädchen sah erschrocken drein. Auf den Gesichtern der McPheron-Brüder spiegelte sich Panik." (S.164)

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Wohngemeinschaft zusammenrauft.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich mag die McPherons, ich denke Maggie hat es genau richtig gemacht. Auch wenn die Idee erst abwegig wirkte, ihr Impuls war glaube ich goldrichtig.
Und wenn ich richtig liege, werden die drei sich gegenseitig viel geben können. Victoria wird von den beiden behütet werden wie noch nie in ihrem Leben. Die beiden ernten bestimmt Vertrauen von ihr, etwas was ihnen sicher auch gut tut nach der schweren Zeit allein.
Der Dialog zwischen den Brüdern als es darum ging, ob sie das Mädchen nun aufnehmen sollen oder nicht, war übrigens göttlich, habe mich köstlich amüsiert.

Bobby und Ike tun mir leid, was ist wohl genau geschehen zwischen den Eltern? Oder haben sie sich einfach nur verändert und passen nicht mehr zusammen? Aus den wenigen Details bin ich noch nicht ganz schlau geworden.

Das Buch gefällt mir sehr gut, ich kann regelrecht darin versinken, möchte unbedingt wissen wie es weitergeht.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Im zweiten Teil haben sich für mich einige Türen und Fenster zu dem Buch und den Personen geöffnet. Der Diogenes-Verlag hat in seinem Verlagsprogramm des Frühjahrs 2018 zu dem Buch das Motto geschrieben: "Familie kann auch etwas sein, was man erst finden muss." Zu diesem Thema entwickeln sich nun tatsächlich einige Handlungsstränge.
Da ist Maggies Versuch: die schwangere Viktoria bei den McPherons unterzubringen. Und das argumentiert sie mit den schönen Worten:
S. 140:
"Sie brauchen auch jemanden. Jemanden, für den Sie sorgen, etwas, worüber Sie sich Gedanken machen können, nicht nur immer Ihre alten roten Kühe. Schauen Sie sich doch an. Eines Tages werden Sie sterben, ohne jemals im Leben genug Sorgen gehabt zu haben. Jedenfalls nicht die richtige Sorte. das ist Ihre Chance."
Und dann ist da auch Ike und Bobbys Mutter, die ihren Mann und die Kinder verlassen hat, und in dieser Situation von dem ihr von Ike und Bobby geschenkten Besuch unendlich gerührt und bewegt ist. Die tapsigen Bemühungen der Teenager, ihrer Mutter ihre Zuneigung zu zeigen, finde ich sehr berührend. Vielleicht ist auch hier noch eine Geschichte, in der sich Familie noch finden kann.
Ich stürze mich in Teil 3.
 

Momo

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Ich mag die Brüder auch total gerne, wobei ich am Anfang eher skeptisch war. Mir schwirrten solche Bilder im Kopf, eher Klischees; wird Victoria es bei diesen beiden alten Männern denn gut haben? Sind sie tatsächlich so selbstlos? Suchen sie bei dem Mädchen nicht eher sexuelle Bedürfnisse zu befriedigen? Und selbst in dem Buch taucht eine Szene auf, in der genau diese Ansichten in der Gesellschaft zu finden sind. Die Gesellschaft, oder vielmehr die Männer in der Kneipe haben sich ähnliche Fragen gestellt, einer der Brüder wurde auf diese Frage hin aufgezogen, aber der Bruder konnte sich glaubhaft zur Wehr setzen. Glaubhaft? Damit meine ich wohl eher mich. In einer Gesellschaft Vorurteile aufzuräumen ist meist unmöglich.

Mich hat diese selbstlose Liebe der Brüder Victoria gegenüber total berührt. Ich habe mich wirklich gefragt, ob es eine selbstlose Liebe dieser Art tatsächlich gibt oder ist der Autor zu idealistisch vorgegangen? Die Brüder sorgen auch materiell für sie. Lebensunterhalt, Fahrkarte für den Schulbus, Arztkosten, Erstausstattung für das Baby, etc. Reich sind die Brüder ja selbst auch nicht.

Manche Szenen fand ich total rührend, vor allem wenn sie hilflos waren, und nicht wussten, mit Victoria umzugehen.

Ich bilde mir ein, dass die Mütter hier besonders schlecht wegkommen. Nicht nur Victorias Mutter fällt negativ auf, auch die Mutter des Freundes, dieselbe Kälte, und die Mutter der beiden Jungen ist so krank, dass sie trotz ihrer Liebe zu ihnen gezwungen ist, die Familie zu verlassen.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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selbstlose Liebe der Brüder Victoria gegenüber
Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, hier von Liebe zu sprechen. Es ist für mich ein positives, empathisches Verhalten der beiden Männer. Aber vielleicht hast du ja recht, @Momo, und das ist gar nicht so viel anders als Liebe.
Ich bilde mir ein, dass die Mütter hier besonders schlecht wegkommen.
Da möchte ich dir widersprechen, @Momo. Die Mutter von Ike und Bobby kommt für mich nicht schlecht weg. Wenn man ihre Krankheit berücksichtigt, die sie für Vieles unfähig macht, dann bleibt doch ein sehr liebevoller Kontakt zu den beiden Jungen, die sich ja auch sehr zu ihr hingezogen fühlen. Das spiegelt sich wider in dem Kapitel Ike und Bobby S. 127, als sie sie in ihrer Wohnung in Holt besuchen und wohl auch bei ihrem Besuch bei ihr in Denver, der eher an der Schwester scheitert, denn an der Mutter und das trotz ihrer Krankheit.
Und dann ist da noch Mrs Stearn - auch eine Mutter, und zwar eine tieffühlende Mutter, die ihre Muttergefühle auch mal gleich auf die beiden Jungs Ike und Bobby projiziert und mit ihnen das klassische Mutter-Kind-Spiel Plätzchen-Backen spielt.
Also: für mich kommen die Mütter wirklich nicht so schlecht weg.
 
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Bibliomarie

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10. September 2015
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DAs Buch nimmt mich richtig gefangen. Wie die Menschen untereinander agieren, was denken, das spiegelt sich alles wieder.
Ike und Bobby, die beiden Jungs erkunden das leerstehende alte Haus, in dem sie das Pärchen beobachtet haben. Eine ganz normale Reaktion für Jungs in dem Alter. Dann sind sie wieder liebevoll darauf bedacht, es ihrer Mutter recht zu machen. Guthrie und sie haben sich wohl wirklich nichts mehr zu sagen. Eine Kälte und Enttäuschung zieht sich durch den kurzen Besuch, es ist richtig greifbar. Aber sie hat offensichtlich ein wenig aus ihrem Tief gefunden, wenn sie einen neuen Anfang machen möchte.

Victoria hat sich wohl doch noch mit einer kleiner Faser ihres Herzen Hoffnung gemacht. Aber das Telefongespräch mit der Mutter des Kindsvaters erstickt das sehr schnell.
Wie selbstlos Maggie Jones handelt. Es mag zwar eine verrückte Idee sein, aber es könnte klappen.
Die Dialoge zwischen den beiden so wortkargen Brüdern, hat mich amüsiert, auf eine liebevolle Weise amüsiert. Ich habe sie schon richtig ins Herz geschlossen.
 

Bibliomarie

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Ich mag die McPherons, ich denke Maggie hat es genau richtig gemacht. Auch wenn die Idee erst abwegig wirkte, ihr Impuls war glaube ich goldrichtig.
Und wenn ich richtig liege, werden die drei sich gegenseitig viel geben können. Victoria wird von den beiden behütet werden wie noch nie in ihrem Leben. Die beiden ernten bestimmt Vertrauen von ihr, etwas was ihnen sicher auch gut tut nach der schweren Zeit allein.
Der Dialog zwischen den Brüdern als es darum ging, ob sie das Mädchen nun aufnehmen sollen oder nicht, war übrigens göttlich, habe mich köstlich amüsiert.


Ja, das war wirklich ein Höhepunkt bisher.
 
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Bibliomarie

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10. September 2015
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"Sie brauchen auch jemanden. Jemanden, für den Sie sorgen, etwas, worüber Sie sich Gedanken machen können, nicht nur immer Ihre alten roten Kühe. Schauen Sie sich doch an. Eines Tages werden Sie sterben, ohne jemals im Leben genug Sorgen gehabt zu haben. Jedenfalls nicht die richtige Sorte. das ist Ihre Chance."


Das war wirklich ein herzwärmender Dialog. Ich hatte dabei ein Lächeln im Gesicht.
 
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Renie

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Der Dialog zwischen den Brüdern als es darum ging, ob sie das Mädchen nun aufnehmen sollen oder nicht, war übrigens göttlich, habe mich köstlich amüsiert.
Oh, ja, das ging mir genauso. Die beiden wirken so herrlich kauzig, aber sehr bodenständig in der Welt, die sie sich geschaffen haben. Hut ab, dass sie den Mut haben, sich auf völlig neue Erfahrungen einzulassen.
Ich habe die Beiden im ersten Teil gar nicht so sehr als Hauptcharaktere wahrgenommen (ich habe auch den Klappentext nicht gelesen). Für mich waren die Brüder einfach nur nette Nachbarn, denen Guthrie geholfen hat. Ich freue mich, dass die beiden nun zu den Protagonisten gehören. Nicht nur Kent Haruf mag die Beiden, ich habe sie auch ins Herz geschlossen. :)
 

Momo

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Oder die Ehe ist aufgrund der Depression der Mutter unglücklich geworden. :rolleyes:

Viele Details gibt es dazu nicht. Ich habe es so herausgelesen, intuitiv. Aber wenn du es intuitiv andersherum herausgelesen hast, ist auch in Ordnung, völlig ok, wenn man nicht so viele Infos dazu hat.
 

parden

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Das Buch gefällt mir sehr gut, ich kann regelrecht darin versinken, möchte unbedingt wissen wie es weitergeht.
Darf ich sagen: Ich liebe dieses Buch jetzt schon? So unaufgeregt und fast sachlich wie der Schreibstil auch ist: mich berührt die Erzählung an vielen Stellen. Auf eine angenehme Art. Und mehr möchte ich zu diesem Abschnitt eigentlich nicht erwähnen.
 

parden

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13. April 2014
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Ich finde es übrigens blöd, wenn hier schon Details aus kommenden Abschnitten verraten werden. Von dem Besuch in Denver habe ich z.B. im 2. Abschnitt noch nichts gelesen. Und auch die Kneipenszene kenne ich noch nicht. Das wird wohl im kommenden Abschnitt erwähnt, nehme ich an? Ich lese gerne die Kommentare derer, die den jeweiligen Abschnitt schon gelesen haben - aber eben nicht mehr. Es wäre schön, wenn alle in Zukunft darauf achten könnten. So erfahre ich Dinge, die ich einfach noch nicht wissen möchte. Ich möchte das Buch gerne selbst entdecken. :(
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Mmmh, das einzige was ich mir vorstellen kann wäre, dass man Immigrantinnen nachsagt, dass sie ihre Arbeit sehr gründlich verrichten. Viele bekommen ja leider fast ausschließlich in diesen Bereichen Arbeit, und sind darauf angewiesen, so dass sie sicherlich alles daransetzen um die Anstellung zu behalten.