Stimmt, das war schon sehr auffällig.Ergibt für mich aber im Nachhinein Sinn, da die Kap. 24/25 extrem stark gerafft sind. Als würde jemand Olgas Leben von 1923Anfang der 1950er zusammenfassen.
Kein Wunder, dass ich den Perspektivenwechsel nicht bemerkt habe: ich war noch nicht soweit Mir fehlte noch ein Kapitel.Stimmt, das war schon sehr auffällig.
Wohingegen der Wechsel der Erzählperspektive völlig an mir vorbeigezogen ist. Was wäre ich ohne euch @Anjuta @Querleserin
Was anfangs nur angedeutet würde, tritt nun massiv zu Tage: Herbert ist sehr national eingestellt und absoluter Anhänger der Kolonialpolitik. "Die Deutschen müssen herrschen. ....Die Schwarzen sind ein Menschenschlag, der auf noch tiefster Kulturstufe steht. ...Voller stolzgeschwellter deutscher Überlegenheit berichtet er von Deutsch-Südwest. Seine Landschaftsbeschreibungen sind schön, aber er reflektiert überhaupt nicht. Seine Briefe können Olga wohl nicht so ganz überzeugen.
Sie nimmt ihren Herbert eben, wie er ist. Wahrscheinlich käme sie gegen sein Fernweh auch nicht an. Auch wenn sie später das betrauert, was hätte sein können, wusste sie, dass die Beziehung nur anhält, wenn sie sich ins Unvermeidliche fügt. Er hat sie ansonsten ja auch ernst genommen, hat sich von ihr unterrichten und unterstützen lassen.Aber es scheint einfach nicht vorgesehen, dass die Frau (Olga) an den Entscheidungen, die sein Leben wirklich ausmachen (Nordostpassagen-Fahrt) auch nur ansatzweise einen Einfluss haben könnte.
Das kann ich so nicht sehen! Für mich ist die Taubheit ein Schicksalsschlag. Zu sehr vermisst sie die Musik, lernt das vom Mund Ablesen, um verstehen zu können. Die Taubheit hat den kleinen Vorteil, dass sie das Geplärre der Nazis auch nicht mehr hören muss.Bezeichnenderweise reagiert Olga auf die veränderte Welt mit Taubheit - sie will nichts mehr hören.
Was anfangs nur angedeutet würde, tritt nun massiv zu Tage: Herbert ist sehr national eingestellt und absoluter Anhänger der Kolonialpolitik. "Die Deutschen müssen herrschen. ....Die Schwarzen sind ein Menschenschlag, der auf noch tiefster Kulturstufe steht. ...
Selbst, wenn sie sich äußerlich bildeten, kämen die Seelen nicht mit. " (S. 60)
All das sind furchtbare Äußerungen, zumal wir heute wissen, wohin uns ähnliche Gedanken hin gebracht haben.
Ähnlich menschenverachtend habe ich die Beschreibung des Kampfes um die Wasserstelle empfunden: Herbert kämpft, schießt und tötet... "Aber als kämpfendes Gegenüber blieben die Herero ein Phantom."
Am Ende sind sie mit dem Vieh und wie das Vieh in der Wüste verendet... Herbert berichtete STOLZ über diese Vorkommnisse.
Schlink formuliert diese Schrecken unglaublich intensiv! Auch hier muss man langsam lesen, um die Tiefe aufzunehmen. Dieser Kontrast zwischen brutalen Kampf und den blitzenden, gebastelten Weihnachtssternen... Der ist schon krass.
Aber das sind wohl die zwei Seiten des Krieges...
Sie nimmt ihren Herbert eben, wie er ist. Wahrscheinlich käme sie gegen sein Fernweh auch nicht an. Auch wenn sie später das betrauert, was hätte sein können, wusste sie, dass die Beziehung nur anhält, wenn sie sich ins Unvermeidliche fügt. Er hat sie ansonsten ja auch ernst genommen, hat sich von ihr unterrichten und unterstützen lassen.
Er liefert uns das Portrait einer Frau, die selbst mit eigenem Beruf, in eigener Umgebung (dem Dorf bei Tilsit) und ohne Heirat sich vollständig dem Mann unterordnet.
Ein interessantes Zitat auch auf Seite 80: Nichts was er geben konnte, versagte er ihr. Was sie vermisste, war er zu geben nicht fähig.
Hui, manche Interpretationen gehen hier ja sehr weit und geraten sehr ausführlich. So intensiv möchte ich hier nicht einsteigen, aber natürlich habe auch ich einige Anmerkungen.
Ich mag Schlinks distanzierten Schreibstil durchaus, allerdings gerieten für mich hier einige Passagen (z.B. rund um die Vorbereitung der Arktisreise) doch etwas langatmig, so seelenlos. Olga bleibt mir aus der distanzierten Sicht heraus nach wie vor fremd, auch wenn in kleinen Szenen (wie das benannte Schluchzen beim Lauschen von Eiks Atem) die Gefühlslage Olgas kurz aufblitzt. Das Ertauben erscheint ebenfalls kurz als persönliche Katastrophe, doch gerät es rasch zu einem pragmatischen 'So ist es eben' und im Gegenteil: manchmal bietet es auch Vorteile. Lediglich der Zugang zur Musik bleibt Olga fortan verwehrt, was aber ebenfalls nur kurz erwähnt wird.
Den Perspektivwechsel ganz am Ende des Abschnittes fand ich auch sehr überraschend. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet...
Kommt da vielleicht dem ersten Satz (.... sie steht und schaut) eine Bedeutung zu, mit der Olga als eher passiver Charakter gezeichnet werden soll?
Herbert hat sich von ihr bei seinen Vorträgen helfen lassen, aber ich denke nicht aus Wertschätzung. Ich hatte so das Gefühl, er wollte gar nicht so gern, dass sie dabei ist.
Ja, ich finde den Text angenehm zu lesen, aber auch - wie soll ich sagen - betulich ?
Der Schreibstil von Schlink hat mich schnell gefangen genommen. Die Sätze plätschern nur so dahin. Aber die Personen bleiben irgendwie wie im Nebel. Nur Herbert kann ich mir besonders gut vorstellen. Und was ich mir da vorstelle ist mir nicht sonderlich sympathsch, muss ich sagen.Ich mag Schlinks distanzierten Schreibstil durchaus, allerdings gerieten für mich hier einige Passagen (z.B. rund um die Vorbereitung der Arktisreise) doch etwas langatmig, so seelenlos.