Rezension (4/5*) zu Einfach unvergesslich: Roman von Rowan Coleman.

Querleserin

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Junge Frau erkrankt an Alzheimer

Das Cover hat mich zunächst abgeschreckt, den Roman zu lesen, auch die Marienkäfer auf den einzelnen Seiten hätten mich fast das Buch wieder zuklappen lassen ;)
Doch eine gute Freundin, auf deren Meinung Verlass ist, hat mir den Roman empfohlen. Also habe ich meine Vorurteile überwunden und zu lesen begonnen.

Worum geht es?
Claire Armstrong ist Mitte 40 als sie die Diagnose Alzheimer erhält, an der schon ihr Vater verstorben ist.
Sie hat eine 20jährige Tochter Caitlin, die ihren Vater nicht kennt - eine Jugendliebe Claires - und eine dreijährige Tochter Esther gemeinsam mit Greg, ihrem Ehemann.
Kennen gelernt haben die beiden sich, während Greg ihren Dachboden ausgebaut hat, da Claire ein Schreibzimmer haben wollte.

Claire, die ihr Studium wegen der Schwangerschaft geschmissen hat, ist Lehrerin für englische Literatur an einer Schule und muss diesen Job aufgrund ihrer Krankheit aufgeben. Ihre Therapeutin rät ihr, ein Erinnerungsbuch anzulegen, in der sie ihre wichtigsten Ereignisse festhält und in das auch ihre Familienmitglieder hineinschreiben sollen.
Inzwischen ist Claires Mutter Ruth, die bereits ihren Mann an die Krankheit verloren hat, im Hause Armstrong eingezogen und passt auf Claire auf, die immer häufiger in der Vergangenheit lebt und nicht mehr weiß, wie man ein Telefon bedient, oder den Weg nach Hause nicht mehr findet.
Viel trauriger ist es jedoch, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann, Greg zu lieben - wie ein Fremder wirkt er in ihrer Nähe. Nur zu dem geheimnisvollen Ryan, den sie zufällig trifft, fühlt sie sich hingezogen.
Wir erleben mit, wie Claire sich verliert, aber auch, wie sie sich bemüht, ihr Leben in Ordnung zu bringen und sich entschließt Caitlin, die selbst vor großen Problemen steht, die Wahrheit über ihren Vater zu sagen.
Die parallelen Geschichten des Erinnerungsbuches gewähren Einblick in Claires Lebensgeschichte und zeichnen das Bild einer starken und selbstbestimmten Frau.


Bewertung
Der Originaltitel "The Memory Book" ist wesentlich passender als der deutsche Titel, denn in den Erinnerungen setzt sich Claires Leben wie ein Puzzle für die Leser*innen zusammen. Interessant sind die Geschichten, die die einzelnen Familienmitglieder in das Buch hineinschreiben und die ein sehr positives Bild der noch jungen Frau zeichnen, die Schritt für Schritt ihre Erinnerungen und damit auch sich selbst verliert.
Sehr detailliert schildert Claire aus der Ich-Perspektive, was in ihrem Kopf vorgeht. Situationen, in denen sie Aussetzer hat, bleiben Leerstellen und so kann man sich intensiv in ihre Verzweiflung hineinversetzten. Auch die Fremdheit, die sie inzwischen für ihren Ehemann empfindet, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar und für ihn grausam.
Trotz der ernsten Thematik ist der Roman nicht kitschig (das Cover bestätigt sich nicht) - vielleicht etwas sentimental und rührselig. Natürlich sind die Protagonisten gute, liebenswerte Menschen und sie handeln stets mit hehren Motiven.
Schiebt man das beiseite, berührt das Schicksal der jungen Frau, die weiß, dass sich ihre kleine Tochter nie an sie, so wie sie war, erinnern kann. Alzheimer ist eine Krankheit, die man normalerweise nur mit älteren Menschen in Verbindung bringt. Der Roman führt vor Augen, dass es auch relativ junge Menschen treffen kann und dass ein geringer Anteil der Erkrankungen auf eine genetische Disposition zurückzuführen ist.

"Weniger als 2% aller Fälle von Alzheimer-Krankheit werden dominant vererbt. Dies bedeutet, dass die Veränderung (Mutation) eines einzigen Gens für die Entstehung der Krankheit ausreicht und dass statistisch gesehen die Hälfte der Nachkommen eines Betroffenen ebenfalls erkranken." (Quelle: Deutsche Alzheimergesellschaft)

Ein Roman, der trotz stilistischer Schwächen und einseitiger Figurenzeichnung aufzeigt, wie Vergessen erlebt werden kann und dadurch berührt.

 

Literaturhexle

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Junge Frau erkrankt an Alzheimer


Das Cover hat mich zunächst abgeschreckt, den Roman zu lesen, auch die Marienkäfer auf den einzelnen Seiten hätten mich fast das Buch wieder zuklappen lassen ;)
Doch eine gute Freundin, auf deren Meinung Verlass ist, hat mir den Roman empfohlen. Also habe ich meine Vorurteile überwunden und zu lesen begonnen.

Worum geht es?
Claire Armstrong ist Mitte 40 als sie die Diagnose Alzheimer erhält, an der schon ihr Vater verstorben ist.
Sie hat eine 20jährige Tochter Caitlin, die ihren Vater nicht kennt - eine Jugendliebe Claires - und eine dreijährige Tochter Esther gemeinsam mit Greg, ihrem Ehemann.
Kennen gelernt haben die beiden sich, während Greg ihren Dachboden ausgebaut hat, da Claire ein Schreibzimmer haben wollte.

Claire, die ihr Studium wegen der Schwangerschaft geschmissen hat, ist Lehrerin für englische Literatur an einer Schule und muss diesen Job aufgrund ihrer Krankheit aufgeben. Ihre Therapeutin rät ihr, ein Erinnerungsbuch anzulegen, in der sie ihre wichtigsten Ereignisse festhält und in das auch ihre Familienmitglieder hineinschreiben sollen.
Inzwischen ist Claires Mutter Ruth, die bereits ihren Mann an die Krankheit verloren hat, im Hause Armstrong eingezogen und passt auf Claire auf, die immer häufiger in der Vergangenheit lebt und nicht mehr weiß, wie man ein Telefon bedient, oder den Weg nach Hause nicht mehr findet.
Viel trauriger ist es jedoch, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann, Greg zu lieben - wie ein Fremder wirkt er in ihrer Nähe. Nur zu dem geheimnisvollen Ryan, den sie zufällig trifft, fühlt sie sich hingezogen.
Wir erleben mit, wie Claire sich verliert, aber auch, wie sie sich bemüht, ihr Leben in Ordnung zu bringen und sich entschließt Caitlin, die selbst vor großen Problemen steht, die Wahrheit über ihren Vater zu sagen.
Die parallelen Geschichten des Erinnerungsbuches gewähren Einblick in Claires Lebensgeschichte und zeichnen das Bild einer starken und selbstbestimmten Frau.


Bewertung
Der Originaltitel "The Memory Book" ist wesentlich passender als der deutsche Titel, denn in den Erinnerungen setzt sich Claires Leben wie ein Puzzle für die Leser*innen zusammen. Interessant sind die Geschichten, die die einzelnen Familienmitglieder in das Buch hineinschreiben und die ein sehr positives Bild der noch jungen Frau zeichnen, die Schritt für Schritt ihre Erinnerungen und damit auch sich selbst verliert.
Sehr detailliert schildert Claire aus der Ich-Perspektive, was in ihrem Kopf vorgeht. Situationen, in denen sie Aussetzer hat, bleiben Leerstellen und so kann man sich intensiv in ihre Verzweiflung hineinversetzten. Auch die Fremdheit, die sie inzwischen für ihren Ehemann empfindet, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar und für ihn grausam.
Trotz der ernsten Thematik ist der Roman nicht kitschig (das Cover bestätigt sich nicht) - vielleicht etwas sentimental und rührselig. Natürlich sind die Protagonisten gute, liebenswerte Menschen und sie handeln stets mit hehren Motiven.
Schiebt man das beiseite, berührt das Schicksal der jungen Frau, die weiß, dass sich ihre kleine Tochter nie an sie, so wie sie war, erinnern kann. Alzheimer ist eine Krankheit, die man normalerweise nur mit älteren Menschen in Verbindung bringt. Der Roman führt vor Augen, dass es auch relativ junge Menschen treffen kann und dass ein geringer Anteil der Erkrankungen auf eine genetische Disposition zurückzuführen ist.

"Weniger als 2% aller Fälle von Alzheimer-Krankheit werden dominant vererbt. Dies bedeutet, dass die Veränderung (Mutation) eines einzigen Gens für die Entstehung der Krankheit ausreicht und dass statistisch gesehen die Hälfte der Nachkommen eines Betroffenen ebenfalls erkranken." (Quelle: Deutsche Alzheimergesellschaft)

Ein Roman, der trotz stilistischer Schwächen und einseitiger Figurenzeichnung aufzeigt, wie Vergessen erlebt werden kann und dadurch berührt.



Es ist erstaunlich, welche "Werbegags" sich auch das Verlagswesen einfallen lässt, um ein Buch zu vermarkten.... Cover und Käferchen lassen sicher andere Rückschlüsse auf den Inhalt zu.
Mich erinnert die Thematik sehr stark an dieses Buch, das ich vor ein paar Jahren gelesen habe, es wurde auch verfilmt. In so jungen Jahren Alzheimer zu bekommen, ist sicher mehr als tragisch. Trotzdem scheint dieses Schicksal in beiden Büchern nicht ohne Rührseligkeit auszukommen. Das war bei dem von mir gelesenen Roman genauso wie bei dir.

Weit realistischer empfand ich:
Aber klar, hier geht es um den betagten Väter, der in seiner Welt nicht mehr zurecht kommt. Trotzdem hat mich dieses kleine Buch weit mehr überzeugt, weil es einfach beschreibt, wie die Dinge sind. Ohne Nebenthemen und komplizierte Familienverhältnisse. Absolut lesenswert.
 

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@Literaturhexle : Der alte König in seinem Exil hat mir auch deutlich besser gefallen als das hier vorgestellte. Es war einfach - echt. Und darum nicht weniger berührend...
Danke für den Tipp, das werde ich meiner umfangreichen Listeliste hinzufügen. Was mir auch sehr gut gefallen hat, war
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Small World war mein erster Suter. Das Buch hatte auch mich überzeugt, obgleich das Thema Demenz damals für mich noch viel weiter weg war. Danach habe ich noch zwei weitere von Suter gelesen, eines davon war:
und noch ein Allmen- "Krimi".
Den rosaroten Elefanten habe ich der Neugier halber noch angelesen- er ist nicht meins.
Wie steht ihr zu Martin Suter?
@Querleserin @Helmut Pöll @Tiram @parden

Eine Buchhändlerin sagte mal, er sei speziell. Es gäbe nur Fans und welche, die ihn nicht mögen. Das kann ich von mir nicht sagen. Für mich ist er so mittel....
 
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[QUOTE="Querleserin, post: 41793, member: 1351" Was mir auch sehr gut gefallen hat, war
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Das Buch von Suter hat mir auch gut gefallen! Wir haben ja wohl doch einen oftmals ähnlichen Buchgeschmack... :)
 

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@Literaturhexle : Small World von Martin Suter konnte mich wirklich überzeugen. Der letzte Weynfeldt war meine erste Berührung mit dem Autor - und ich habe mal geschaut, was ich seinerzeit dazu schrieb:
'Personen und Handlung bleiben eher oberflächlich und klischeehaft, nicht zu leugnen allerdings ist, dass Suter weiß, mit Sprache umzugehen.Sachlichkeit, Klarheit, Unaufgeregtheit und Präzison prägen seinen Stil - es fehlt für mich allein "das Salz in der Suppe"... Insgesamt ein etwas langatmiges Hörerlebnis, das mich aber neugierig auf andere Werke von Martin Suter gemacht hat.' Also auch eher mittel... :D
 

Literaturhexle

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nicht zu leugnen allerdings ist, dass Suter weiß, mit Sprache umzugehen.Sachlichkeit, Klarheit, Unaufgeregtheit und Präzison prägen seinen Stil - es fehlt für mich allein "das Salz in der Suppe"...
Das passt genau! Man liest es fertig, es ist gut geschrieben und dennoch etwas fade...
Aber eines steht fest: so treffend, wie du es ausgedrückt hast, hätte ich es nicht gekonnt ;)
 
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Wie steht ihr zu Martin Suter?
Ich habe eine Zeitlang jeden neuen Suter gelesen, nach dem Teufel von Mailand (?), der mich überhaupt nicht überzeugt hat, habe ich mich anderen Autoren gewidmet. Kann @parden zustimmen, mein Eindruck ist ein ähnlicher. Irgendwann muss man Prioritäten setzen ;)
 
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