2. Leseabschnitt: Seite 61 bis 113

Literaturhexle

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2. April 2017
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2. Leseabschnitt: Seite 61 bis 113

Erster Satz:
"Wir lasen gemeinsam im Schein des Feuers."

Letzter Satz:
"Andererseits mochte ich mich noch so sehr als Mann fühlen, diese neue Wendung war zu ernst..."
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Haha, jaja! Erst sich nicht trauen und dann...

Was für ein Hin und Her der Gefühle, sowohl von Marthe, als auch von unserem jugendlichen Liebhaber.
Marthe "ziert" sich, da sie sich zu alt fühlt (was für ein verqueres Frauenbild), andererseits bereitet sie ihrem Seitensprung alle Wege vor (Schlüssel, Morgenrock).
Unser Ich-Erzähler ist stolz, dass er mit dem Kauf der Möbel dem Ehemann eins auswischen konnte, dann wiederum sieht er sich um das Gefühl, aus Liebe zu Marthe sich an sie zu gewöhnen, betrogen.

Außerdem ist mir die Liaison einfach zu stolperfrei. Alle Nachbarn haben mitbekommen, was los ist, aber keiner mischt sich ein, noch verpetzen sie es an Marthes Eltern. Ganz im Gegenteil, der Gesellschaftsempfang im Garten, um Zeugen für die Kopulationsgeräusche zu gewinnen, bietet unserem Don Juan eine Gelegenheit, ein weiteres "Spiel über Bande" zu spielen.Auch seine Eltern reagieren erstaunlich gelassen, dass ihr sich Sohn austobt, machen sich keinen Kopf, dass es dabei eventuell zu Komplikationen kommen könnte. Sind sie so hochgestellt, dass sie es sich einfach leisten können?

Das Husarenstück aber bleibt wohl die Beantwortung Jacques Briefe in Marthes Namen. Warum begibt sich diese Frau freiwillige in diese absurde Position? Dann könnte sie auch ihrem Mann die Wahrheit erzählen.
 

Eulenhaus

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13. Juni 2022
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Radiguet hatte ein liberales Elternhaus, der Vater war Karikaturist. Er hat die Schule abgebrochen, 15jährig das Elternhaus verlassen und sich den Pariser Künstlerkreisen angeschlossen.
Marthe ist eine junge Frau, die sich verliebt hat und in der langen Abwesenheit des Ehemannes ihr Leben genießen will.
Die Höhen und Tiefen und Ungereimtheiten scheinen mir dem jugendlichen Alter des Autors geschuldet zu sein.
 

Eulenhaus

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13. Juni 2022
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Der Ehemann wird dem Protagonisten zunehmend lästig, er wünscht ihm den Tod, ein skandalöser Wunsch in der damaligen Zeit.
Die Affäre wird mehr und mehr bekannt. Der Vater ist zufrieden, dass er ein rechtschaffenes Mädchen liebt. Eine damals wohl übliche Einstellung. Die Mutter stört sich am Gerede der Leute und ist eifersüchtig.
Bei einem Spaziergang an der Marne zur Liebesinsel macht die Hauptfigur sich wichtig und erfindet das Museum zum Wappen Frankreichs. Fulberts Schere ist eine Anspielung auf die mittelalterliche Liebesgeschichte zwischen einem Theologen und der Nichte des Domkanonikers Fulbert von Notre Dame. Sie endet mit einer Kastration.
Nach einem Besuch von Jacques benimmt er sich Marthe gegenüber sehr ungerecht, ein Ausdruck seines schlechten Gewissens und seines Egoismus. Aber schnell genießt er wieder sein Abenteuer.
 

pengulina

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22. November 2022
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Das hat mich auch gewundert, dass keiner etwas sagt und auch die Eltern mitspielen. Herrlich auch die Gartenparty mit den Honoratioren! Und was seine Mutter betrifft, erkennt Radiguet die Eifersucht auf Marthe als Eifersucht auf jede potentielle Schwiegertochter.

Ich weiß immer noch nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll, es erscheint mir doch irgendwie zerrissen. Eher eine Ansammlung von Episoden als ein Handlungsstrang.
 

pengulina

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22. November 2022
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Seite 101: Die Liebe will ihr Glück teilen. So wird eine sonst eher kühle Geliebte zärtlich, küsst einem den Hals und erfindet tausend Neckereien, wenn man gerade einen Brief schreibt. (...) Sie sah darin die Beweise einer unbezwingbaren leidenschaft, während mich eher diese starke Lust am Stören trieb.

Aber die Liebe kühlt sich ab. Schlafen im eigenen Bett wird erstrebenswert.
Und dann plötzlich - ist Marthe schwanger ...
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich kann beim Lesen nur wieder und wieder den Kopf schütteln. Dieses Buch macht mir zuweilen schlechte Laune. Ich habe den Eindruck, dass hier ein jugendlicher Erzähler stolz von seiner Errungenschaft und seinen sexuellen Erlebnissen berichten will. Das Sprunghafte habt ihr schon erwähnt. Dieses Paar ist sehr ungleich (auch wenn es sich angeblich angleicht) und die ganze Liaison wirkt sehr unglaubwürdig auf mich. Oben schrieb jemand "reibungslos".

Marthe ist verheiratet. Niemand hat sie dazu gezwungen. Ihr Mann kämpft für Volk und Vaterland, riskiert sein Leben. Wir wissen um das Zerstörerische des Krieges, in dem sich gestandene Männer über die Briefe ihrer Lieben am Leben hielten...
In dieser Situation wird Jacques nach Strich und Faden betrogen, in vielerlei Hinsicht. Ich finde das zutiefst unmoralisch. Dem Paar fehlt die Ernsthaftigkeit. Jeder soll es wissen, nur der Gatte und dessen (Schwieger)Familie nicht. Das ist sowas von unglaubwürdig! Die Zwei spazieren eng umschlungen durch die Welt, machen Ausflüge, korpulieren lautstark - und niemand gönnt sich den Genuss, das zu verraten? Mag für den Plot notwendig sein, realistisch ist es nicht. Zudem haben mich die Besitzansprüche des Knaben genervt. Vielleicht ein eher maskulines Buch? Bin ich zu sehr Frau des 21. Jahrhunderts? Mich stört dieses misogyne Gebaren regelrecht und verdirbt mir den Lesegenuss (Höhepunkt: Er könnte J. dafür bestrafen, dass er ihm Marthes Jungfräulichkeit weggenommen hatte. :rolleyes: 89). Lachen müsste man können, aber dafür ist mir das Schicksal Marthes zu nah, die in ihr Unglück rennt, wenn ihr Mann nicht völlig verblendet ist oder getötet wird.

Der sprunghafte Ton passt zu einem sich selbst überschätzenden 15-jährigen, der keine Grenzen kennt. Viele Sprachbilder und Sätze empfinde ich als verwackelt:
Wer dem Tod gelassen entgegenblickt, ist nur ein Held, wenn er es allein tut. 72
Solche Hiebe verletzen den, der sie austeilt. 74

Dabei ist die Liebe ein Egoismus zu zweit, der sich selbst alles opfert und von Lügen lebt.
Einer Frau zu glauben, "in dem Moment, wo sie nicht lügen kann", das heißt an die falsche Großzügigkeit eines Geizhalses zu glauben. 78
Ich war so gereizt wie ein Pianist ohne Klavier... 86
Doch so jäh diese Auftritte kamen, sie legten sich ebenso schnell wieder, wie Meereswellen. 100
...aber an denen (den leeren Tagen) ich mein tastendes Herz beobachtete wie ein Neureicher seine Bewegungen bei Tisch. 101
und noch vieles mehr!

Der Pennäler genießt seine Macht über Marthe, die sich von ihm und seinen Entscheidungen abhängig macht und lenken lässt. Die Schwangerschaft tut das Ihre dazu. Damit hat der Bub nicht gerechnet, dass ein Baby bei der ganzen Sache entstehen kann... Hoppla!
Überraschend sind die ehrlichen Einsichten über die Unmoral, über den Machtmissbrauch, über die hinterhältige Einflussnahme auf M.s Entscheidungen. Jedes Fehlverhalten wird mit der Liebe begründet. Auch das Argument stumpft sich ab. Denken und Handeln gehen in unterschiedliche Richtungen - ein 15-jähriger eben.

Das Buch mag vor 100 Jahren ein Aufreger gewesen sein, weil es das sexuelle Verhältnis doch relativ ausführlich schildert, anregende Vergleiche und Andeutungen liefert. Da scheint richtig was zwischen den beiden im Bett abzugehen;)!

Heutzutage lockt das niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Auch sprachlich sehe ich ehrlich gesagt keine Glanzpunkte. Wie oft ich allein "Marthe" gelesen habe. Keine geschickte Vermeidung, keine raffinierten Nebensätze. Es liest sich sehr authentisch für einen 15-jährigen, aber...für mich entsprechend reizlos.
Das schönste ist die wertige Aufmachung des Buches und die Skizzen - bis jetzt, wohlgemerkt.

Nun hoffe ich, dass der dritte Teil das Buch für mich attraktiver macht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Herrlich auch die Gartenparty mit den Honoratioren!
Kannst du darüber lachen, Pengu?
Das wäre für mich die Lösung für den Zugang zu diesem Roman. Ich habe es nicht so mit Komik und Ironie. Vielleicht steht mir genau das für eine angemessene Rezeption im Weg. Ich fand diese Szene nur albern und unrealistisch. Wer lädt denn das Haus voller Gäste, nur um anderen beim Sex zuzuhören? Völlig überzogen! (Und immer noch sind die armen Jacques- und Marthe-Eltern ahnungslos. Bestimmt:rolleyes:)
 

Eulenhaus

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13. Juni 2022
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Mir hat der Streich auch gefallen, er ist vom Autor gekonnt dargestellt. Eben die Idee eines verliebten Jugendlichen.

Die Hauptfigur entfernt sich allmählich von Marthe. Sie ordnet sich mehr und mehr unter. „Die Liebe hatte sie völlig zur Sklavin gemacht.“ Sein narzisstisches und gefühlloses Verhalten machen den Protagonisten immer unsympathischer. Die Schwangerschaft trifft ihn wie ein Schlag. Er heuchelt Mitgefühl, in Wirklichkeit sieht er seine Großartigkeit bedroht. Er projiziert seine Unsicherheiten und Ängste auf Marthe, erhöht und entwertet sie, eine Mutter ist keine Geliebte mehr.
 

Lesehorizont

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29. März 2022
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Eigentlich habt Ihr das Wichtigste ja bereits zusammengetragen.
Jacques befindet sich im Kreig, seine Frau betrügt ihn nach Strich und Faden. Solange der Jugendliche sich einreden kann, er habe eine "Eroberung" gemacht, ist er stolz auf sich und genießt, wünscht gar Jacques Übles. Doch als Marthe dann schwanger wird, er Verantwortung übernehmen müsste/sollte verliert er die Lust am Spiel und Martha ihren Reiz. Für einen Jugendlichen mag das authentisch sein, der offene Umgang mit Sexualität Radiguets Zeit voraus.
Unglaubwürdig, es wurde ja mehrfach angesprochen, bleibt mir aber der Fakt, dass alles völlig reibungslos abläuft. Kommt da noch ein großer Knaller?
Ich finde das Buch nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend. Ich bin unentschlossen und werde wohl erst am Ende eine Einschätzung dazu geben können.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Ich fand diesen Abschnitt im Vergleich zum ersten etwas eintönig, da sich wirklich alles um das Verhältnis zwischen François und Marthe. Das Verhalten des Jungen bleibt dabei sprunghaft und wie ich finde realistisch.

Skurril, wie oft er seine Schüchternheit betont. Davon ist im Umgang mit Marthe nun wirklich nichts zu spüren. Am gelungensten fand ich die Szenen mit der vermasselten Gartenparty (ja, konnte ich drüber lachen ;) ) und seine nächtliche Flucht zum "Wanderausflug", den René mal gehörig platzen lässt.

Für den letzten Abschnitt erhoffe ich mir dennoch ein bisschen Entwicklung. Vielleicht ja durch die Schwangerschaft?
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Ich habe mich in diesem Abschnitt tatsächlich dem Erzähler und der Geschichte etwas stärker annähern können. Das mag daran liegen, dass nun doch mitunter das erzählende Ich das erlebende etwas stärker reflektiert und ich auch allmählich den Eindruck gewinne, dass der Erzähler seinem eigenen Verhalten nicht mehr durchweg positiv gegenüber steht und zunehmend dem Leser gegenüber "ehrlicher" wird. Das hat mich tatsächlich mehr überzeugt als die Pose des ersten Leseabschnitts.

Marthe finde ich leider völlig blass und uninteressant - der Erzähler ist sich ja auch schon sehr bewusst, dass es irgendwann "eng" für die beiden werden könnte. Beide Figuren erscheinen mir doch sehr unreif, probieren sich an einer Idee von Liebe aus, die doch sehr leicht mit Selbstsucht und Egoismus verwechselt werden kann und beim Erzähler auch von Machtausübung und Dominanz bestimmt wird.

Die gesellschaftliche Ächtung finde ich recht glaubwürdig, auch die Tatsache, dass der Roman sich so vollkommen "stolperfrei" auf die Liaison konzentriert, stört mich nicht. Die Liebesaffäre ohne Rücksicht auf Verluste steht im Fokus und diese komplette Ausblendung der Umgebung und Konsequenzen unter dem Einfluss von Leidenschaft, Trieb und (imaginierter) Liebe finde ich doch durchaus nachvollziehbar.

Auch sprachlich sehe ich ehrlich gesagt keine Glanzpunkte. Wie oft ich allein "Marthe" gelesen habe. Keine geschickte Vermeidung, keine raffinierten Nebensätze. Es liest sich sehr authentisch für einen 15-jährigen, aber...für mich entsprechend reizlos.
Das sehe ich auch so. Ich finde es oft recht holprig, wie du schreibst: es ist manchmal schief, nicht nachvollziehbar, es knirscht. Eleganz und erzählerische Finesse sehen anders aus. Die Frage wäre da tatsächlich, was das Original hergibt.

Dass es sich authentisch für einen 15-jährigen lesen soll, kann ich als mildernde Umstände nicht gelten lassen. Zwar taucht der Erzähler immer wieder in das Erleben und die Gefühlswelt von damals ein, aber er ist ja mittlerweile etwas gereift (hoffen wir mal, seine Kommentare lassen es vermuten) und erzählt in der Rückschau. Da darf man sich dann auch etwas ansprechender ausdrücken. Mir steht tatsächlich immer noch das "Käseglocke - Katze"-Bild aus dem ersten LA vor Augen. Das fand ich auch so unpassend. Ich habe zwar keine Ahnung von Katzen, aber Käse? Wäre das nicht eher eine Maus?
 
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Christian1977

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8. Oktober 2021
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Heutzutage lockt das niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.
Ich glaube, das liegt auch an dem geringen Altersunterschied zwischen den beiden und vielleicht sogar auch daran, dass die Frau in dieser Beziehung die geringfügig Ältere ist. Das Skandalöseste scheint ja schon zu sein, dass Marthe verheiratet ist.
Marthe finde ich leider völlig blass und uninteressant
Finde ich auch. Deswegen kommt der Zauber, den François verspürt, bei mir auch nicht rüber. Wobei ich manchmal denke, dass es fast egal ist, welche Frau gerade an seiner Seite ist - solange er sie erobert.
 

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29. März 2022
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Finde ich auch. Deswegen kommt der Zauber, den François verspürt, bei mir auch nicht rüber. Wobei ich manchmal denke, dass es fast egal ist, welche Frau gerade an seiner Seite ist - solange er sie erobert.
Mit Letzterem magst Du Recht haben. Auf mich wirkt er doch sehr unreif und pubertär.
 

Literaturhexle

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Wobei ich manchmal denke, dass es fast egal ist, welche Frau gerade an seiner Seite ist -
Das Buch dreht sich doch zu 90% eh nur um seine männlichen Befindlichkeiten. Jemand nannte ihn Narzisst und da ist er auch nicht weit weg von. Die Vernunft sprengselt ihm immer mal wieder ein paar andere Gedanken ein - zu schnell sind sie wieder verflogen. Dann dreht sich wieder alles um seine Liebe, seine Triebe, seine Verletzungen etc.
Furchtbarer Typ. Hat den Teufel im Leib!
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Furchtbarer Typ. Hat den Teufel im Leib!
Meine Meinung! Ohne jeden Charme!

Wobei "den Teufel im Leib" sehe ich auch nicht. Dazu fehlt mir viel zu viel vom Bösewicht, vom intelligenten und überlegenen Manipulator, der ein cleveres Spiel spielt. Shakespeares Richard III oder Iago, das sind Figuren, die den Teufel im Leib haben. Aber nicht so ein frühreifer Teenie, der sich eine 19jährige gefügig macht...Wahrscheinlich funktioniert der Roman deshalb auch nur so mäßig. Der Protagonist schillert nicht genug!
 

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Meine Meinung! Ohne jeden Charme!

Wobei "den Teufel im Leib" sehe ich auch nicht. Dazu fehlt mir viel zu viel vom Bösewicht, vom intelligenten und überlegenen Manipulator, der ein cleveres Spiel spielt. Shakespeares Richard III oder Iago, das sind Figuren, die den Teufel im Leib haben. Aber nicht so ein frühreifer Teenie, der sich eine 19jährige gefügig macht...Wahrscheinlich funktioniert der Roman deshalb auch nur so mäßig. Der Protagonist schillert nicht genug!
Da bin ich bei Dir; den Titel kann ich auch nicht auf Francois anwenden. Er ist halt ein "halbstarker" Jugendlicher, wie mein Opa gesagt hätte. Ein Hallodri, der heute so, morgen so handelt. Immer auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Unter einem "Teufel im Leib" stell ich mir schon auch mehr Bösartigkeit und MAnipulation vor. Vielleicht war aber genau das zur Schaffenszeit von Radiguet anders?
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Unter einem "Teufel im Leib" stell ich mir schon auch mehr Bösartigkeit und MAnipulation vor.
Der Teufel kann vielerlei Gestalt annehmen. Es gibt auch kleinere Teufel;)

Hier ist es das Triebhafte des Jungspunds, das Antrieb seines Handelns ist. Mitunter hat er schon teuflische Gedanken, wenn er hässliche Möbel aussucht, Marthes Willen bricht, die zur Sklavin macht, ihre Untreue oder fehlende Jungfräulichkeit bemängelt (in späteren LA gibt es weitere Beispiele). Er ist absolut grenzen- und rücksichtslos, bedenkt keine Konsequenzen. Das hat für mich etwas Teuflisches ebenso wie das transportierte Frauenbild, das der Zeit entsprechen mag, mich aber abstößt.