1. Leseabschnitt: Teil I. (Beginn bis Seite 64)

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Das Stichwort Elfenbein erinnert mich an einen Punkt, den ich noch erwähnen wollte. Für uns heutige Leserinnen und Leser ist ja der Umstand, dass Kurtz Elfenbein liefert, und zwar mehr als alle anderen, schon Grund genug ihn zu verachten. Das wurde zu Lebzeiten Conrads jedoch ganz anders gelesen. Es gab erste Anfänge von Kolonialismuskritik, aber bestimmt noch keinerlei Kritik aus Naturschutzgesichtspunkten. Vor dem Hintergrund der Unfähigkeit und Misswirtschaft bei den Kolonialbeamten, wie Marlow sie beschreibt, wirkt Kurtz über weite Strecken des Romans (mindestens in der ersten Hälfte, denke ich) tatsächlich wie einer von den Guten und Tüchtigen, die richtig anpacken - oder sollte jedenfalls so gelesen werden.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Vor dem Hintergrund der Unfähigkeit und Misswirtschaft bei den Kolonialbeamten, wie Marlow sie beschreibt, wirkt Kurtz über weite Strecken des Romans (mindestens in der ersten Hälfte, denke ich) tatsächlich wie einer von den Guten und Tüchtigen,

Und auch das System an sich, dass man auf der Strecke ins Unbekannte Posten hatte, die einem mit Überlebenswichtigem versorgte und so erst weite Wege möglich machte, das war eine "Leistung" der Kolonialmächte.
Schützt aber nicht vor "unfähigen" Mitarbeitern, die manchmal auch nur an örtlichen Begebenheiten (Klima, wehrhafte Bewohner, gefährliche Fauna, unbekannte Flora...) scheiterten. Sie wurden krank, oder verrückt. Ich finde das im "Herz der Finsternis" sehr schön dargestellt.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich hänge an Marlows Lippen, eines Mannes, der in den Abgrund geschaut hat und mir spannungsaufbauend seine Geschichte erzählt, während vor den Toren Londons die Nacht hereingebrochen ist.
Das unsagbare N-Wort, die Beschreibungen der Verhältnisse vor Ort, das alles versetzt mich in die richtige Zeit und an den richtigen Ort.
Ein Loszetern gleich zum Anfang, wäre der Glaubwürdig des Erzählers abtrünnig gewesen, denn noch hat er sich kein Urteil gebildet und beobachtet seine Mitmenschen in diesen, zumindest noch für ihn, weißen Fleck auf der Landkarte.

Er hat das Wort des Untersuchungsarztes noch im Ohr, der gerne seine Neugier hinsichtlich der Veränderungen der Pilger während der Zeit in Afrika befriedigt sehen würde.
Marlow macht sich schon Gedanken um Gleichheit und Unrecht: "Weiß der Himmel, es gibt doch etwas auf der Welt, das den einen berechtigt ein Pferd zu stehlen, während ein anderer ein Zaumzeug nicht einmal anschauen darf!" (S.50)

Seine Haltung wird auch ersichtlich, als er sich auf Seite 56 wieder an seine Zuhörer wendet und mit der Frage "Seht ihr die Geschichte?" sich seines Alptraums bewusst wird: " ...niemals können nämlich Worte das Traumgefühl vermitteln, diese
Verquickung von Staunen und Bestürzung, mit der man sich gegen etwas Widersinniges auflehnt..."

1899 erschien diese Erzählung Conrads zum 1. Mal und ich finde es erstaunlich gut zu lesen.
Du sprichst mir aus dem Herzen, Ems, und ich kann viele Statements unserer lieben Mitleser kaum im Ansatz nachvollziehen. Gleich dazu mehr;)
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Also ich bin zunächst einmal sprachlich wieder sehr angetan, ein richtiger Klassiker eben. Unglaublich, wie atmosphärisch Conrad die Landschaft beschreiben kann. Schon am Beginn die Themse im Nebel, später den bedrohlich wirkenden Dschungel mit seinen fremden Pflanzen, die Umgebung, die Menschen.... Grandiose Schreibkunst.

Es hat mich gefreut, Marlow als Erzähler wieder zu treffen, der auch einen Großteil der Abenteuer von "Lord Jim" seinen Zuhörern berichtet. Das scheint Conrads beliebte Perspektive zu sein. Allerdings kenne ich keine weiteren Werke von ihm.

Ich finde es stark, wie unverhüllt hier die Zustände geschildert werden. Keine vorgeschobenen Argumente der Missionierung oder Medizin oder anderer Heilsbringung - es geht nur um Handel und Geld. Dabei macht der Erzähler klar, wie ungerecht dieser Handel stattfindet: man liefert Tand und Trödel, bekommt dagegen billige Arbeitskräfte und Elfenbein. Er benennt es sogar als Raub, Unterdrückung und Ausbeutung. Unglaublich fortschrittlich für seine Zeit, in der der Kolonialismus in Europa noch gefeiert wurde.
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Kolonialismus unter dem Deckmantel des Welthandels. Nichts anderes als Eroberung - Enteignung - Unterdrücking und Erniedrigung, alles unter der Prämisse Geld zu verdienen.
Genau. Es begeistert mich, wie klar das Conrad als Kind seiner Zeit schon artikuliert.
So begrüßenswert all die postkolonialen Kritiken sind, übertriebene political crorrectness, die zur Umschreibung von Klassikern führt, finde ich nicht notwendig.
Absolut meine Meinung. Gewiss wird alles im Nachwort an seinen Platz gerückt. In einen Klassiker gehören die Worte der damaligen Zeit, alles andere würde die Authentizität stören. Ich brauche keine "Zensur".
Diese misanthropische und dabei sich selbst oftmals überhöhende Sichtweise des Erzählers erreicht den Leser mit aller Wucht und Härte.
Haha! Das empfinde ich in keiner Weise. Ich empfinde den Erzähler als aufmerksamen Beobachter, der die Schwächen der anderen Weißen sieht und benennt. Manchmal mit einer gewissen Ironie, die angesichts der Umstände aber angemessen erscheint. Er kommt relativ frisch aus Europa, ihm muss das Gebaren der anderen kurios erscheinen.
Aber ich finde, der Erzähler Marlow ist erst einmal erstaunlich neutral.
Ja. Geht mir ganz genauso.
Es passiert nix. keiner tut was. Was zu tun ist, kann nicht getan werden (Backsteine oherzustellen), keiner zeigt Initiative.
Kurios. Allerdings ist es offenbar mörderisch heiß. Da kann einem die Denk- und Arbeitslust schonmal abhanden kommen.
Andererseits sind die Schwarzen für mich total stereotyp dargestellt. Nach dem Motto: hehre Idee, schlechte Umsetzung.
Ja, aber er ist doch gerade erst angekommen. Wie soll er sie kennen? Verständigung dürfte auch schwierig sein. Immerhin scheint Marlow ein gewisses Mitleid mit den hungernden Gefangenen oder dem Verprügelten zu empfinden. Er gibt sogar ein Stück Brot weiter. Geben wir ihm etwas Zeit, da kommt gewiss noch mehr. Ich erkenne aber klar, dass er es nicht gutheißt, wie mit den Schwarzen verfahren wird.
Zu diesem Zeitpunkt kennt der Erzähler noch keinen einzigen schwarzen Menschen persönlich. Wie soll er sie differenziert darstellen
Sorry. Hab ich jetzt erst gesehen und mich wiederholt.
Ich hänge an Marlows Lippen, eines Mannes, der in den Abgrund geschaut hat und mir spannungsaufbauend seine Geschichte erzählt, während vor den Toren Londons die Nacht hereingebrochen ist.
Schöner kann man es nicht formulieren:)
Andererseits beeindruckt mich gerade die Sachlichkeit, mit denen er die Situation in Afrika schildert, die Gier nach Elfenbein und die skrupellose Ausbeutung von Mensch und Natur.
Mich auch. Wir als Nachgeborene sind ja schlauer, wissen, was aus dem Kolonialismus alles Unsägliche entstanden ist.
Schützt aber nicht vor "unfähigen" Mitarbeitern, die manchmal auch nur an örtlichen Begebenheiten (Klima, wehrhafte Bewohner, gefährliche Fauna, unbekannte Flora...) scheiterten. Sie
Es sind nicht immer die Arbeitsamen und Rechtschaffenen, die ihr Land verlassen, sondern auch die, die dort keine Perspektive sehen oder gar einer Bestrafung entgehen wollen. Freibeuter, Abenteurer oder Glücksritter mit einer guten Portion Brutalität gepaart fanden sich auf den Schiffen ein, ein Haufen ungehobelter Leute.
Wir lesen es ja: robuste Gesundheit ist weit karriereförderlicher als Intelligenz oder Fleiß. Es kommt dort auf ganz andere Attribute an.

Ich lese begeistert weiter.
 
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GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Uns bleiben nur noch Höhlen und Weltall - für mich nicht so spannend.
Und die Tiefsee! Aber wie ich weiter unten lese, hat auch schon Wanda darauf hingewiesen. ;)
Das Ganze wird schon sehr tempoarm erzählt. Ich muss aufpassen, nicht einzupennen.
Puh, so geht es mir tatsächlich. Nach den ersten 10 Seiten schlief ich eine ganze Nacht durch. Heute Vormittag weitergelesen: innerhalb der darauffolgenden 50 Seiten noch 5x (!) eingenickt. Das kann an meiner Konstitution liegen, wohl eher am Buch, da ich die Tage zuvor noch die Kopenhagen-Trilogie von Tove Ditlevsen in 80-100 Seiten-Happen verschlingen konnte... Bin froh, dass es nicht nur mir so geht.
Das geht mir genauso. Dennoch bin ich froh, dass Penguin es nicht geändert hat. Eben weil es als historisches Dokument zu lesen ist, wie es auch in der Notiz steht
Bin ich auch vollkommen dabei. Ich halte nichts davon in historischen Büchern etwas abzuändern. Aber ein Hinweis sollte in Neuauflagen dann mit dazu. Dann kann es richtig eingeordnet werden und bleibt nicht unkommentiert so stehen.
Insbesondere am Anfang ist mir das aufgefallen, in den Szenen auf der Themse.
Diese vielen mir besonders schwer. Wie schon andernorts erwähnt, musste ich deshalb noch einmal absetzen und ein paar Tage später es neu versuchen. In dem Moment, in dem Marlows Erzählung anfing, war ich wieder drin. Der Beginn dieser Erzählung konnte mich auch noch fesseln, eben aufgrund der zu dieser Zeit sicherlich nicht üblichen Benennung von Missständen. Gegen Ende dieses LAs wurde es mir aber zunehmend zäh und langatmig/langweilig für mich.
Die Erzählung ist schon recht kurz, kommt mir aber ewig lang vor und es tut sich kaum etwas.
Dito.
Ansonsten erschließt sich mir die Funktion des eingeschobenen Ich-Erzählers bislang nicht.
Das ist ja etwas, was in Büchern aus der Entstehungszeit von "Herz der Finsternis" häufig anzutreffen war. H.G.Wells Erzählungen beginnen mitunter damit, dass einer erzählt, dass er vor einer Weile mit einem Freund bei einer Zigarre und Cognac am Kamin saß und dieser Freund erzählte ihm von einem ganz anderen Mann (es sind immer Männer!), den er auf einer Zugreise getroffen hat und ihm folgende Geschichte erzählte... Also über drei Ecken wird die Einleitung in eine Geschichte gebastelt. Keine Ahnung welchen literaturhistorischen Hintergrund das Ganze hat.
Zu diesem Zeitpunkt kennt der Erzähler noch keinen einzigen schwarzen Menschen persönlich. Wie soll er sie differenziert darstellen?
Ja! Genauso ist es. Für ihn sind Schwarze einfach diese schwarze Masse, die am Ufer rumwabert. Und es ist ja so: Die Weißen konnten ja nicht in der Sprache dieser Menschen kommunizieren - und wollten es sehr wahrscheinlich auch überhaupt nicht, außer ein paar Enthologen vielleicht - wie sollte da ein differenziertes Bild entstehen, wenn man immer nur dieselben Arbeitssklaven vor Augen hat?
Obwohl es ja ein Kolonialismus-kritisches Werk sein soll, stellt er die Weißen eindeutig in den Vordergrund.
Für die Zeit der Veröffentlichung kolonialismuskritisch! Nicht nach unseren heutigen Maßstäben. 1899, aber das habt ihr bestimmt schon gefunden. Ich arbeite mich ja hier chronologisch durch die Kommentare. ;)
Die Fakten sind ja damals wie heute bekannt, doch die eigene Wertung war damals sicher anders gerichtet, so dass ein Erzähler der hier die Zustände anprangert mutig gewesen wäre
Zum einen bin ich mir nicht sicher, inwieweit damals tatsächlich in der Bevölkerung die Fakten zum Kolonialismus bekannt waren. Die sind wahrscheinlich in den Kolonialwarenladen gegangen und haben sich über den Kaffee gefreut, so wie sich heute die Leute jedes Jahr ein neues Smartphone kaufen und nicht darüber nachdenken, wie die eigentlich hergestellt wurden, wo die Seltenen Erden herkommen etc. Ich finde tatsächlich im historischen Kontext betrachtet, prangert der Erzähler schon die Zustände an. Mitunter eher mit subtilem Zynismus, ja, aber das finde ich tatsächlich nicht schlecht gemacht.
Ein Loszetern gleich zum Anfang, wäre der Glaubwürdig des Erzählers abtrünnig gewesen, denn noch hat er sich kein Urteil gebildet und beobachtet seine Mitmenschen in diesen, zumindest noch für ihn, weißen Fleck auf der Landkarte.
Ich finde schon, dass es leise Kritik und Urteile durchaus im Text zu finden gibt und nicht nur beobachtend berichtet wird:
"Die Eroberung der Welt ist - genau betrachtet - nichts Erbauliches; meist läuft es darauf hinaus, dass man denen, die eine andere Hautfarbe oder platte Nase haben, ihr Land wegnimmt." (S.12-13)
"Sie sprach von der Notwendigkeit, 'diese unwissenden Menschen ihrer grässlichen Lebensweise zu entwöhnen', bis mir nachgerade nicht mehr wohl war in meiner Haut." (S.24-25)
"Also nannte man sie Verbrecher, und das verletzte Recht war, wie die krepierenden Granaten, geheimnisvoll über sie hereingebrochen, ein unlösbares Rätsel von jenseits des Meeres." (S.31)
"Es war einfach eine Grube. Vielleicht hatte sie etwas mit dem philantropischen Bestreben zu tun, den Verbrechern zu einer Beschäftigung zu verhelfen." (S.33)
Diese Sätze habe ich mir als besonders wertvoll markiert, weil sie zynisch, ironisch, sarkastisch das Thema behandeln.
Es hat mich gefreut, Marlow als Erzähler wieder zu treffen, der auch einen Großteil der Abenteuer von "Lord Jim" seinen Zuhörern berichtet.
Ach das ist ja interessant. Das Buch kenne ich nur von einer Besprechung aus dem Literaturclub. Diese Zusammenhänge sind immer zwar nicht wichtig für das Verständnis des Romans - nehme ich an - aber trotzdem immer interessant zu hören.
Danke für den Hinweis! Hab es korrigiert. Sehr peinlich das :apenosee
Durch die Korrektur ist der Witz (für die einen) und die Peinlichkeit (für die andere) leider komplett verloren gegangen! Und dann sagtest du noch kurz vorher, dass du gegen Zensur bist! :p
Conrad ist ein Landschaftsschilderer, der seinesgleichen sucht. Ich kann mich erinnern, dass in "Lord Jim" Passagen waren, die mich sprachlos machten; viel besser als Kino.
Das Kuriose ist, dass mich diese Beschreibungen tatsächlich noch nicht weiter packen konnten bisher. Das kann sich noch ändern, wenn dann der Dampfer mal eine Weile auf dem Fluss unterwegs ist, aber jetzt zu beginn haben sich mir eher die oben genannten Spitzen gegen den Kolonialismus eingeprägt.

So, also insgesamt war ich quasi vom Mittelteil dieses 1. LAs am meisten angetan. Der Einstieg auf der Themse viel mir unglaublich schwer. Hätte ich gewusst, dass das nur die ganz große Klammer um die eigentliche Geschichte ist, hätte ich mich damit nicht so lang gequält. Dann fand ich besonders die Ankunft auf dem afrikanischen Kontinent und die ersten Betrachtungen von Marlow sehr interessant, aber gegen Ende dieses Abschnitts war es für mich wirklich schwer durchzuhalten. Ich hab die Seiten bis zum LA-Ende gezählt und dann noch ausgerechnet, wie lange ich jetzt noch bis zum Ende des ganzen Buches durchhalten muss. Aber ich habe Hoffnung und bleibe dran. :)
 
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Literaturhexle

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Mitunter eher mit subtilem Zynismus, ja, aber das finde ich tatsächlich nicht schlecht gemacht.
Subtiler Zynismus: wunderbar, klauen ich für meine Rezension.
Ich finde schon, dass es leise Kritik und Urteile durchaus im Text zu finden gibt und nicht nur beobachtend berichtet wird:
Unbedingt. Danke, dass du dir die Mühe gemacht und die Textstellen benannt hast:)
Durch die Korrektur ist der Witz (für
Ich hatte Roth geschrieben. Dann mich noch mit Philip Roth (meinte aber Joseph Roth) verhaspelt. Dann kam aber Joseph Conrad raus... Wanda hat sehr diplomatisch auf den Fehler hingewiesen.

Also doppelter Fehler. Der sollte bei euch keinen Eingang finden;). Deshalb die Korrektur/Zensur.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Oben wird von Kolonialismus-Kritik geschrieben. Ja, aber, was zunächst einmal mein Eindruck ist, dass wir es hier mit einem Text zu tun haben, der aus unserer heutigen Sicht vollkommen unsensibel in der Beschreibung der Exotik und ihrer Menschen in den fernen Ländern der Kolonien ist. Das N-Wort ist allgegenwärtig und wird ergänzt durch stereotype Bilder, die in unserer Zeit einfach nicht salonfähig sind. Wir müssen dabei natürlich bedenken: Wir lesen einen Text aus einer anderen Zeit mit einem anderen geistigen Hintergrund. Dennoch macht mir das die Lektüre nicht gerade erbaulich. Und zudem: Hier macht der Erzähler bei Weitem nicht Halt. Er ist seinen Figuren gegenüber insgesamt vollkommen gnadenlos und negativ. So bekommen auch die weißen "Kollegen" stereotypisch und unbarmherzig ihr Fett weg. Hier ein Beispiel:

Diese misanthropische und dabei sich selbst oftmals überhöhende Sichtweise des Erzählers erreicht den Leser mit aller Wucht und Härte. Denn selten wird der egozentrierte Blickwinkel des Erzählers verlassen. So gibt es in dem Text auch fast gar keine wörtliche Rede. Nein, das übernimmt der Misanthrop und Egozentriker lieber selbst und vermittelt uns alles durch seine graue Brille der Menschendeutung.
Puh, das ist für mich wirklich ein harter Tobak und ich schaue mal, wie ich durch diese etwa 170 Seiten kommt, ohne Gift und Galle zu spucken.
Ganz Unrecht hat er ja nicht mit dem von dir zitierten Satz. Für mich ein schönes Bild für nicht vorhandenes Herz. :cool:
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Mir geht´s ähnlich wie @Emswashed und @Literaturhexle : nach einer kleinen Eingewöhnungsphase bin ich gestern wie in Trance durch den ersten Abschnitt geschwommen (um mal beim passenden Bild mit dem viel zitierten Wasser der Themse und des Kongos zu bleiben :cool:) und auch wenn ich mir ob der hier schon genannten eindimensionalen Beschreibung der Einwohner etc. öfter die Augen gerieben habe, wird die Kritik an allen Facetten des Kolonialismus in vielen von euch bereits genannten Zitaten, aber auch zwischen den Zeilen mehr als deutlich, so dass ich weiterhin gerne und mit Spannung lese :cool:.