2. Leseabschnitt: Teil II. (Seite 65 bis 115)

ThomasWien

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19. März 2021
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Wien
Teil 2 erledigt. Ich finde, dass die Geschichte so dahin plätschert. Ganz so wie der Fluss selbst. Untiefen, zugewachsene Ufer, wo man manchmal Wilde erkennt, manchmal nicht. Manchmal schiessen sie auf einen, manchmal nicht. Nach dem ersten Teil, in dem man sich zumindest Gedanken über die Entstehung des Welthandels und Kolonialisierung gemacht hat, war jetzt nicht viel los. Den zweiten Teil habe ich wie einen Abenteuerroman gelesen, wobei soviele Abenteuer waren es auch wieder nicht. Kurtz lernten wir kurz kennen. Ich denke das die Geschichte im dritten Teil noch mal Faht aufnimmt und wieder die Kritik in den Vordergrund tritt.
Wenn nicht, auch nicht schlimm, viele Seiten sind es ja nicht mehr.

Wie gefällt Euch die Übersetzung dieses Buches? Hat jemand von Euch schon eine andere Übersetzung gelesen?
 
Zuletzt bearbeitet:

Yolande

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13. Februar 2020
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Interessanterweise endet mein 2. Teil genau an der Stelle, die das Hexle vorgesehen hat :D. Meine Übersetzung ist von Elli Berger.
Dieser Abschnitt ist ziemlich düster, irgendwie habe ich die Handlung immer nur im Halbdunkel vor mir. Die Situation im Nebel fand ich ziemlich beängstigend, der Überfall danach war dann fast schon wieder befreiend. Marlowe macht sich Gedanken über die Selbstbeherrschung der Kannibalen, die inzwischen ziemlich hungrig sein müssen :rofl. Auf jeden Fall hat dieser Abschnitt etwas mehr Abenteuer...
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Ich finde, dass die Geschichte so dahin plätschert. Ganz so wie der Fluss selbst.
Besser kann man es wohl nicht zusammenfassen.
Wie gefällt Euch die Übersetzung dieses Buches? Hat jemand von Euch schon eine andere Übersetzung gelesen?
Ich lese das Buch zum ersten Mal überhaupt. Mir gefällt es mittlerweile überhaupt nicht mehr. Aber ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung (bei uns ja die von Fritz Güttinger) liegt oder vielmehr an J. Conrad himself. Stilistisch negativ fallen mir vor allem zahlreiche Wortdopplungen auf. "Wilde" hast du ja selbst schon genannt und dann solche Exoten wie "nachgerade". Was soll das überhaupt bedeuten?
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich habe eine Übersetzung von Manfred Allié in einer Ausgabe von Fischer, die ich als gut lesbar empfinde.

Zum Inhaltlichen gibt es am Ende den entsprechenden Auszug aus dem Kindler Literaur-Lexikon. Darin wird auch Bezug auf kritische Stimmen genommen, zum Beispiel die von Chinua Achebe. Entgegengesetzt werden vor allem zwei Argumente: erstens, dass der Text als "unzuverlässige" Erzählung Marlows betrachtet werden muss (mir fällt immer wieder auf, dass Marlow zu stocken und nach Worten zu suchen scheint, als sei er selbst nicht sicher, was er erzählen wolle) und zweitens, dass Conrads Text vor dem Hintergrund der damals populären Abenteuerliteratur im Stil von Rider Haggard tatsächlich etwas völlig Neues war.

Ich lese sehr langsam, mit Unterbrechungen, und habe den zweiten Teil gerade erst begonnen. Es ist übrigens auch eine Zweitlektüre.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Nun ja. Wäre dies keine Leserunde, würde mein "Herz der Finsternis" schon längst im nächsten Tauschregal schlummern. Hier also zunächst mein nächster Versuch, das Positive dieses Klassikers voranzustellen.

Diese Flussfahrt hat das richtige Tempo, um die Bedrohung, die die Menschen an Bord spüren, langsam und kontinuierlich aufzubauen. Inklusive einiger gelungener Bilder, wie die Schreie aus dem Nebel.

Aber ansonsten halte ich den Roman für misslungen. Bisher zumindest und in diesem zweiten Teil noch stärker als im ersten. Anders als @ThomasWien habe ich ehrlich gesagt keine Hoffnung mehr auf Besserung.

Die Geschichte ist gnadenlos langweilig erzählt und auch stilistisch wird es immer schwächer. Neben den ständigen Wiederholungen von Füllwörtern macht es mich fast krank, wie Marlow von der afrikanischen Bevölkerung erzählt. Immer wieder die alte Leier, "schwarze Leiber", die "Wilden", sie hatten keinen "klaren Zeitbegriff" (86), sie waren es "nicht gewohnt, die Folgen zu bedenken" (87). Ok, ja, ich habe es kapiert. Diese dummen, unzivilisierten Afrikaner. Ach was, diese schwarzen Leiber. Das andere wäre zu individuell gedacht.

Die Figur Kurtz wird zu einer Legende, einem Mysterium erhoben. Fast wie T.C. Elimane. Nun bin ich gespannt, ob da noch was kommt oder ob er nur ne Pfeife ist, die Elefanten tötet.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
"nachgerade" ist so schön! Es ist echt schade, dass wir so klingende Worte verloren haben. Ist halt älterer Sprachgebrauch, nachgerade bisschen gemütlich.
Also die Sprache geht für mich in Ordnung.
Was jetzt die Geschichte angeht, passiert nicht allzu viel, aber ich kann mir den Fluss sehr gut vorstellen und das langsame Vortasten des Dampferles. Die aufgeregten "Pilger". Was sind das eigentlich für Gestalten? Haben wir dafür eine Erklärung, die ich vergessen habe? Sind es Pilger Kurtzens?
Kurtz bin ich noch nicht begegnet.
An die gemächliche Sprache samt Verzögerungstaktik Conrads (plötzlich wieder Gegenwart auf dem Themseboot) muss man sich gewöhnen.
Es kommt alles drauf an, wie die Story endet.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich bin fasziniert! Sorry! Gedanklich tauche ich immer wieder in uralte Schwarz-Weiß-Filme ab (ich glaube Tarzan und King Kong). Allerdings höre ich Affenschreie und Vogellaute im Gegensatz zu Conrads stiller Finsternis. Dann wiederum verstummen auch diese Stimmen, nämlich dann, wenn sich im Gebüsch die Angreifer mit ihren Pfeilen versteckt halten und auch die Tierwelt den Atem anhält.

Bei aller political Uncorrectness, überwältigt mich gerade die Authentizität des Textes. Conrad war ein Kind seiner Zeit und ich erwarte einfach, dass ich Ungeheuerliches, heute kaum noch Denkbares zu lesen bekomme, denn nur so kann ich den weiteren europäischen und afrikanischen Geschichtsverlauf überhaupt verstehen.

Das Büchlein ist so dünn, dass ich es fast schon bedauere, dass nicht mehr Platz bleibt, für die Nebenfiguren, mitgehörte Gespräche und Handlungen.
 

Circlestones Books Blog

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Den zweiten Teil habe ich wie einen Abenteuerroman gelesen
So ging es mir auch, ein spannender Abenteurroman mit einer Prise Schauerroman, allerdings nicht in England und nicht in alten Herrenhäusern situiert.

Mit jeder Seite bin ich mehr auf diesen Kurtz gespannt, was genau ist er wirklich. Sehr überheblich ist Marlow in seiner Geschichte bei der Schilderung des Schwarzen, den er in kurzer Zeit als Heizer eingeschult hat. Er war zwar Kapitän, aber nur durch die Beziehungen seiner Tante und weil er den Mut hatte, diese Herausforderung anzunehmen.

Verwunderlich die Begrüßung durch den Mann in Harlekingewändern, irgendwie ein metaphorischer Sendbote? Ich lese gerne weiter.
 

Literaturhexle

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Marlowe macht sich Gedanken über die Selbstbeherrschung der Kannibalen, die
Offensichtlich ist er der Einzige, der sich Gedanken darüber macht, wovon diese Leute leben. Im Hintergrund schwelen natürlich die Gerüchte über den Kannibalismus...
Wilde" hast du ja selbst schon genannt und dann solche Exoten wie "nachgerade". Was soll das überhaupt bedeuten?
Herrlich diese alte Sprache! Wiederholungen habe ich gar nicht wahrgenommen.
Diese dummen, unzivilisierten Afrikaner. Ach was, diese schwarzen Leiber.
Das entsprach doch voll dem damaligen Bild, das allüberall kolportiert wurde. Das kann Conrad nicht ausblenden. Es kann ihn auch nicht unbeeindruckt lassen. Sein Protagonist ist pragmatisch, kritisiert die sinnlose Ballerei der Pilger, die ihm wahrscheinlich den Rudersmann genommen hat.
Ist halt älterer Sprachgebrauch, nachgerade bisschen gemütlich.
Finde ich auch.
An die gemächliche Sprache samt Verzögerungstaktik Conrads (plötzlich wieder Gegenwart auf dem Themseboot) muss man sich gewöhnen.
Großartig finde ich das! Diese gespenstische Atmosphäre beim Eindringen in die unberührte Welt kommt hervorragend rüber.
Ich bin fasziniert! Sorry!
Geht mir auch so.
Bei aller political Uncorrectness, überwältigt mich gerade die Authentizität des Textes.
Diese tieftraurigen, kummervollen Geräusche, die aus der Wildnis dringen, sagen die nicht auch ganz viel aus? Ihr wird die Unschuld genommen und der Protagonist spürt das wahrscheinlich als Einziger.

Großartige Literatur!
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Ich finde, dass die Geschichte so dahin plätschert. [...] Nach dem ersten Teil, in dem man sich zumindest Gedanken über die Entstehung des Welthandels und Kolonialisierung gemacht hat, war jetzt nicht viel los.
Mir geht es ebenso. So richtig einordnen kann ich das Ganze nicht. Um ehrlich zu sein, hatte ich auch ab und an den Gedanken "ganz schönes Gelaber". Unter einem Abenteuerroman verstehe ich auch etwas anderes.
Wie gefällt Euch die Übersetzung dieses Buches?
Ich habe nicht den Vergleich zu einer anderen Übersetzung, muss aber sagen, dass ich während des Lesens häufig das Gefühl hatte, diese Übersetzung könnte ebenso aus den 1920ern, 50ern, 70ern stammen. Ich weiß halt nicht, ob die vorherigen Übersetzungen "schlecht" waren, aber frage mich schon, warum eine Neuübersetzung notwendig geworden ist.
mir fällt immer wieder auf, dass Marlow zu stocken und nach Worten zu suchen scheint, als sei er selbst nicht sicher, was er erzählen wolle
Das fiel mir auf, als er plötzlich nach dem Tod des Steuermanns rüberspringt zum "hochbegabten Menschen" Kurtz, weit ausholt, um dann wieder zurück zum über Bord Werfen der Schuhe kommt.
Diese Flussfahrt hat das richtige Tempo, um die Bedrohung, die die Menschen an Bord spüren, langsam und kontinuierlich aufzubauen. Inklusive einiger gelungener Bilder, wie die Schreie aus dem Nebel.
Tatsächlich spüre ich diese Bedrohung beim Lesen nicht die Bohne. Mitunter fand ich die "Kampfszenen" auch irgendwie unübersichtlich. Jedenfalls entwickel ich keinerlei emotionale Reaktion oder zumindest ein empathisches Mitempfinden mit den Leuten auf dem Dampfer.
Was sind das eigentlich für Gestalten? Haben wir dafür eine Erklärung, die ich vergessen habe? Sind es Pilger Kurtzens?
Da komme ich auch noch nicht mit. Manchmal ist ja auch von "Agenten" die Rede. Die Agenten sehe ich eher als Handelstreibende, die Pilger kann ich nicht einordnen. Es kann aber auch sein, es sind ein und dieselben gemeint.
Ein Unding, dass man den Kerlen überhaupt nichts zu essen gibt.
Schocking!!!
Es bleibt ja sowieso nach anthropologischen Untersuchungen und der Revidierung von älteren Achräologischen Befunden fraglich, ob es überhaupt so verbreitet Kannibalismus gegeben hat, oder ob das nicht eher als Schauermärchen genutzt wurde, um indigene Bevölkerungsgruppen zu entmenschlichen. Und wenn die Arbeiter so hungern gelassen werden, würde es nicht wundern, wenn sie in der Not auf Menschenfleisch zurückgreifen würden, bevor sie gänzlich verhungern!
Zum Inhaltlichen gibt es am Ende den entsprechenden Auszug aus dem Kindler Literaur-Lexikon. Darin wird auch Bezug auf kritische Stimmen genommen, zum Beispiel die von Chinua Achebe.
Interessant hierzu finde ich den Wikipedia-Artikel zu Joseph Conrad unter dem Punkt "Werk und Rezeption" , wo auch Hannah Arendt zu Wort kommt.

Ich muss sagen, dass ich auf der inhaltlichen Ebene bezogen auf die Diskussion, wie kritisch oder nicht Conrad den Kolonialismus und das Bild der Schwarzen in den Köpfen der europäischen Menschen damals dargestellt hat, den Roman durchaus interessant finde. Leider finde ich ihn literarisch einfach nur sehr, sehr wenig ansprechend. Bei mir gibt es keinerlei emotionale Regung bei den Beschreibungen der Flussfahrt. Diesbezüglich muss ich daran denken, dass ja "Herz der Finsternis" mit seinem Kurtz Vorlage für "Apocalypse Now" gewesen ist. Die Parallele zum Film: Ich habe nie bis zum Ende durchgehalten, sondern bin immer bevor sie bei Marlon Brando ankamen eingeschlafen... Irgendwie packt es mich leider gar nicht. Mal sehen, was das Ende zu bieten hat.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Das sind bei Penguin keine Neuübersetzungen. Der Fritz Güttinger ist 1992 gestorben. Von wann diese Übersetzung ist, konnte ich aber leider nicht herausfinden.
Ah, ich danke dir für den Hinweis! Ich hatte angenommen, das sei wie bei vielen anderen Klassiker-Veröffentlichungen, die noch einmal frisch übersetzt werden derzeit.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich lese relativ neutral, den richtigen Zugang finde ich leider nicht. Vieles entsetzt, so dass Statement, dass die Schwarzen weniger Wert sind als Vieh. Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass der Autor direkt durchblicken lässt wie falsch dieses Denken ist, doch es reiht sich lediglich Umschreibung an Umschreibung. Diese finde ich teilweise recht interessant, es macht sogar Spaß über Worte zu stolpern, die wir gar nicht mehr verwenden.
Marlowe und seine Obsession zu Kurtz geben nach wie vor Rätsel auf, doch viel erwarte ich auf den letzten Seiten eigentlich nicht mehr an interessanten Erkenntnissen
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ein Unding, dass man den Kerlen überhaupt nichts zu essen gibt.
Schocking!!!
Die Szene als Marlowe den Ruderer über Bord wirft und überlegt, dass jetzt einige im unteren Teil des Schiffes wütend sind, weil er doch eine vollwertige Mahlzeit entsorgt hat, fand ich echt gruselig.
Ah, ich danke dir für den Hinweis! Ich hatte angenommen, das sei wie bei vielen anderen Klassiker-Veröffentlichungen, die noch einmal frisch übersetzt werden derzeit.
Davon bin ich eigentlich auch ausgegangen und hatte mich gewundert, dass Worte wie pinscherte ,anstelle von plätscherte nicht angepasst wurden. Wobei das sogar irgendwie witzig war, ein Fluss, der vor sich hin pinschert……