1. Leseabschnitt: Teil I (Beginn bis Seite 41)

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Mir als völligem Laien in Psychotherapie stellen sich am Ende des LA die Fragen, ob und wie eine solche Therapie bei Alicia "etwas bringen" soll.
Letztlich kann man ihre "Figuren", ihre Einsamkeit, und alle angesprochenen Probleme bis hin zu ihrem Todeswunsch mit einem "ist halt so" quittieren. Ob sie therapiebedürftig ist oder nicht, muss letztlich danach entschieden werden, ob sie selbst oder ihr persönliches Umfeld das für nötig hält. Wenn sie kein persönliches Umfeld hat, das auf ihr "Funktionieren" angewiesen wäre, wie Partner und/ oder Kinder, kann sie es letztlich nur selbst entscheiden.
Andererseits muss sie sich etwas dabei gedacht haben, als sie die Einrichtung aufsuchte - drücken wir's mal wertfrei aus: sie muss sich gedacht haben, dass etwas mit ihr nicht stimmt, was innerhalb der Einrichtung in Ordnung gebracht werden kann.

Dachte ich bis zum Ende des LA. Und dann kommt der Satz: "Ich tue das für Sie, nicht für mich."
Gibt es etwas, was ich übersehen habe?
 

petraellen

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11. Oktober 2020
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Mir als völligem Laien in Psychotherapie stellen sich am Ende des LA die Fragen, ob und wie eine solche Therapie bei Alicia "etwas bringen" soll.
Müssen wir hier vielleicht doch umdenken? Ist es eine Therapie? "Obwohl ich darauf hinweisen sollte, dass meine Einwilligung nur für Gespräche gilt. Nicht für eine Therapie." (S. 7) Ich verstehe es so, dass das Gespräch vom Institut aus gewünscht ist. Das Gespräch bzw. die Sitzungen werden mit Einwilligung von Alicia aufgenommen. (S. 7) Offensichtlich finden die Gespräche auch nicht als Therapeut und Patient statt, sondern auf Augenhöhe beider. "Gibt es irgendetwas, das Sie mich fragen möchten? Bevor wir anfangen?" (S. 7)Der Brief am Ender der ersten Sitzung , wird sicherlich im weiteren Verlauf noch eine Bedeutung bekommen. Wahrscheinlich steht dort die Grundlage und das Ziel des Gespräches.
 

alasca

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13. Juni 2022
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Bis jetzt finde ich den Text ziemlich anstrengend. Es geht viel um mathematische Dinge, um Tests, die ich nicht kenne, um offenbar wichtige Menschen im Bereich der Mathematik, von denen ich nie gehört habe. Das kann man überlesen - muss man sogar, aber es ist halt ziemlich viel, was man überlesen muss.

Alicia ist schwer einzuschätzen, sie führt das Gespräch, der Arzt reagiert. Das macht er sehr bedacht und professionell, eine souveräne Figur.

Warum sie in der Klinik ist - unklar. Das Schicksal von Rose Kennedy empörend - eine der vielen unbequemen Frauen, die man damals von ihrer Individualität "heilen" wollte und die dabei verkrüppelt wurden. Erinnert mich sehr an diesen Roman


Eine Psychoklinik in den Siebzigern war ein gefährlicher Ort für eine Frau. Ziemliches Risiko, sich dort selbst einzuweisen, das konnte zur Sackgasse werden. Einer flog über´s Kuckucksnest und so weiter.

Hat sie Halluzinationen? Es klingt nicht so.

Die existenziellen Themen finde ich recht spannend - die Welt, die nichts von uns weiß, die evolutionsbedingte Beschränktheit unserer Erkenntnisfähigkeit. Warum Alicia mit der Mathematik gebrochen hat, erschließt sich noch nicht (oder habe ich was überlesen?).

Ich kann nicht behaupten, dass ich mich auf die weitere Lektüre freue. Das wird harte Arbeit.
 
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alasca

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Eliza - in Bezug auf diesen Namen habe ich irgendwas verpasst. Erstmalig (wie ich glaube) wird er auf S. 35 erwähnt, "Manchmal sind Sie wirklich wie Eliza", zum zweiten Mal auf S. 75. Aber mir fehlt die Erklärung dieser Referenz, die der Doc offenbar einordnen kann.

Was soll das heißen, er ist wie Eliza?
 

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Mainz
Mir ist zum 1. LA die alte Volksweisheit Genie und Wahnsinn liegen nahe beieinander eingefallen. Der Philosoph Seneca stellte fest, dass es kein Genie ohne eine Beimischung von Wahnsinn gibt. Beispiele für Genie und Wahnsinn sind das Schachgenie Kasparow und der Maler Van Gogh, es gibt viele weitere.
Das stimmt. Vielleicht ist es letztlich viel "gesünder" eine gehörige Portion Wahnsinn mitzubringen und auszuhalten als vernünftig zu sein.
Ich finde den Roman im übrigen sehr interessant vom Schreibstil! Es wird ausschließlich direkte Rede verwendet. Kein "sie lächelt", "sie verdreht die Augen" oder sonstwas ;) trotzdem hat man nach einer gewissen Zeit ein ziemlich deutliches Bild der Personen vor Augen und stellt sich deren Gestik und Mimik vor. Wenn es auch bei jedem eine unterschiedliche Wahrnehmung gibt, aber darum geht's ja unter anderem auch im Roman: um Realität und Wahrnehmung und so weiter
Mir gefällt der Sparchstil auch sehr - zumal es im Austausch ja um Fragen wie Wirklichkeit / Fiktion, Vernunft/Wahnsinn etc. geht. Ich mag es sehr, wenn ein Roman philosophisch angehaucht und gut gemacht ist. Bislang bin ich begeistert!
Ich muss mich konzentrieren, um zu erkennen, wer gerade spricht.
Das geht mir tatsächlich auch so. Ich werde daher auch heute in dem Buch nicht weiterlesen, da ich von einer sehr anstrengenden Arbeitswoche erschlagen und müde bin. Habe irgendwie Angst, ansonsten zu viel zu passen und möchte den Roman lieber im ausgeschlafenen Zustand genießen können
Warum sollte er scheitern?
Warum nicht? Die menschliche Psychie ist ein komplexes und vielschichtiges Terrain. Ich vermute, da ist das Risiko des Scheiterns grundsätzlich immer gegeben
 

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Das ist ein Romanauftakt ganz nach meinem Geschmack. Die Dialogform finde ich hier sehr passend und ich folge dem Gespräch sehr konzentriert und aufmerksam. Manchmal muss ich mich sehr konzentrieren, um zu identifizieren, wer gerade spricht. Bin aber gerade auch sehr müde.
Alicia finde ich bislang sehr gut gezeichnet. Manchmal habe ich fast das Gefühl, dass sie die Situation etwas dominiert und mit dem Therapeut zu spielen versucht. Der Therapeut widerum schlägt sich bisher in seiner Profession ganz wacker.
Alicia scheint schon früh besonders gewesen zu sein. Ich bin gespannt darauf, mehr über sie zu erfahren.
Ich gebe zu, philosophisch angehauchte Romane gefallen mir sehr; die laden auch zum Grübeln und Nachdenken ein.
Ich freue mich auf die weitere Lektüre - allerdings erst morgen, um konzentrierter lesen zu können.
 

Literaturhexle

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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Eliza - in Bezug auf diesen Namen habe ich irgendwas verpasst. Erstmalig (wie ich glaube) wird er auf S. 35 erwähnt, "Manchmal sind Sie wirklich wie Eliza", zum zweiten Mal auf S. 75. Aber mir fehlt die Erklärung dieser Referenz, die der Doc offenbar einordnen kann.

Was soll das heißen, er ist wie Eliza?
Auf Seite 75 bin ich noch nicht, aber die Stelle auf S. 35 bezieht sich wohl auf die Neigung des Arztes, absichernde Fragen zu stellen, in der Art von: "ich habe mich dafür entschieden, weil es prätentiös war " - "Sie wollen also prätentiös sein?" Die Computersprache Eliza funktionierte mit solchen Erwiderungen, im Wiki-Eintrag dazu stehen Beispiele. Ich kann mich erinnern, in Hofstadters "Gödel, Escher, Bach" ähnliche Dialoge gelesen zu haben. Wenn dieses Prinzip von Aussage und rückversichernder Gegenfrage mehrmals hintereinander angewandt wird, klingt der Dialog immer merkwürdiger.
 

petraellen

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Warum nicht? Die menschliche Psychie ist ein komplexes und vielschichtiges Terrain. Ich vermute, da ist das Risiko des Scheiterns grundsätzlich immer gegeben
Die Debatte um Scheitern in der Psychotherapie innerhalb der Psychotherapieforschung ist noch nicht sonderlich alt.
Ich, als Laie, werde mich hüten, von einem Scheitern zu sprechen. Was bedeutet es denn? Hat der Therapeut nicht genügend investiert, um die verborgenen Bedürfnisse der Patienten zu erfüllen? Wissenschaftliche Untersuchen versuchen den Begriff des Scheiterns, negative Folgen in der Psychotherapie, näher zu durchleuchten. Der Verlauf von Psychotherapien ist sehr unterschiedlich und oft nicht immer erwartungskonform, was nicht unbedingt heißen soll, dass die Therapie letztendlich schädlich oder gescheitert sein muss. Hier in diesem Roman versuche ich nur die Ebene zwischen Therapeut und Patient zu sehen. Das vermittelt der erste LA deutlich. Wir lernen beide Seiten kennen und deren Ansichten. Ob es am Ende ein Scheitern sein wird, ist offen.
 

alasca

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Auf Seite 75 bin ich noch nicht, aber die Stelle auf S. 35 bezieht sich wohl auf die Neigung des Arztes, absichernde Fragen zu stellen, in der Art von: "ich habe mich dafür entschieden, weil es prätentiös war " - "Sie wollen also prätentiös sein?" Die Computersprache Eliza funktionierte mit solchen Erwiderungen, im Wiki-Eintrag dazu stehen Beispiele. Ich kann mich erinnern, in Hofstadters "Gödel, Escher, Bach" ähnliche Dialoge gelesen zu haben. Wenn dieses Prinzip von Aussage und rückversichernder Gegenfrage mehrmals hintereinander angewandt wird, klingt der Dialog immer merkwürdiger.
Aaahh - danke für den Hinweis!
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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"Über manche Dinge wissen wir nichts, und darum wissen wir nicht, dass es sie gibt. Glauben wir. " (S. 37) Puh, da ist viel zum Nachdenken.
Da fühlte ich mich sofort an Knausgards "Der Morgenstern" erinnert. In dem Roman wird das Argument aufgefahren, dass es für bestimmte Sachverhalte keine Wörter gibt, um diese zu beschreiben. Was wir nicht beschreiben können, können wir auch nicht erklären, blenden wir aus - das gibt es also nicht.

Stilistisch finde ich den Roman großartig. Die Idee, hier ein Gespräch zu verschriftlichen, ist sehr spannend und funktioniert - obwohl es natürlich weit ab von einem echten Gespräch ist. Dazu ist es viel zu geschliffen und durchkonstruiert. Dennoch nutzt der Autor die Form perfekt, indem er viele Themenbereich streift, ohne dass die Notwendigkeit bestünde, ausufernd oder auch nur tiefer in die angerissene Thematik einzusteigen. Es springt einfach wieder zum nächsten Bereich. Für den Leser entsteht so ein Gefühl der Grundüberforderung, weil doch einige Lücken zu füllen sind. Bei Mathematik geht bei mir sowieso schon die interne Schranke runter, davon verstehe ich nicht genug. Inhaltlich stimme ich euch zu, dass er äußerst fordernd ist.

Die Figur des Arztes erfahre ich bisher als umsichtig und einfühlsam, ein bisschen ist er ja unser "Kollege" - wir begegnen Alice durch ihn und werden durch seine Fragen an sie herangeführt.

Alicia selbst kann ich mir noch nicht genau erschliessen. Sie ist nachlässig-arrogant, hadert mit den Realitäten unserer Welt und scheint ihren Platz in dieser nicht finden zu können.
 

alasca

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13. Juni 2022
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Die Debatte um Scheitern in der Psychotherapie innerhalb der Psychotherapieforschung ist noch nicht sonderlich alt.
Ich, als Laie, werde mich hüten, von einem Scheitern zu sprechen. Was bedeutet es denn? Hat der Therapeut nicht genügend investiert, um die verborgenen Bedürfnisse der Patienten zu erfüllen? Wissenschaftliche Untersuchen versuchen den Begriff des Scheiterns, negative Folgen in der Psychotherapie, näher zu durchleuchten. Der Verlauf von Psychotherapien ist sehr unterschiedlich und oft nicht immer erwartungskonform, was nicht unbedingt heißen soll, dass die Therapie letztendlich schädlich oder gescheitert sein muss. Hier in diesem Roman versuche ich nur die Ebene zwischen Therapeut und Patient zu sehen. Das vermittelt der erste LA deutlich. Wir lernen beide Seiten kennen und deren Ansichten. Ob es am Ende ein Scheitern sein wird, ist offen.
Das Problem mit der Psychotherapie ist, dass sie zur Norm zurückführen will. Nicht umsonst spricht man in der Diagnose z. B. von einer "Anpassungsstörung". Damit kann alles mögliche gemeint sein, von Trauer bis Depression. Die Patientin hat sich, aus Diagnosesicht, an die Situation mangelhaft angepasst.

Viele Diagnosen sind in einer abwertenden und arroganten Sprache formuliert, das ist in der Diagnosesprache so vorgegeben. Wer das mal gelesen hat, kann nur noch staunen.

Berücksichtigt wird bei der psychologischen Arbeit auch nicht die insgesamt kranke patriarchale Gesellschaft mit ihren toxischen Normen und Werten. Das Ziel ist, die Patientin wieder zum Funktionieren zu bringen. Arbeitsfähig machen.

Das deckt sich nicht immer mit dem Interesse der Patientin. Es kann oftmals gar nicht gelingen. Man kann ein Gelingen auch nicht immer für wünschenswert halten.

Klingt vielleicht zynisch, beruht aber auf bitterer Erfahrung.
 

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Die Debatte um Scheitern in der Psychotherapie innerhalb der Psychotherapieforschung ist noch nicht sonderlich alt.
Ich, als Laie, werde mich hüten, von einem Scheitern zu sprechen. Was bedeutet es denn? Hat der Therapeut nicht genügend investiert, um die verborgenen Bedürfnisse der Patienten zu erfüllen? Wissenschaftliche Untersuchen versuchen den Begriff des Scheiterns, negative Folgen in der Psychotherapie, näher zu durchleuchten. Der Verlauf von Psychotherapien ist sehr unterschiedlich und oft nicht immer erwartungskonform, was nicht unbedingt heißen soll, dass die Therapie letztendlich schädlich oder gescheitert sein muss. Hier in diesem Roman versuche ich nur die Ebene zwischen Therapeut und Patient zu sehen. Das vermittelt der erste LA deutlich. Wir lernen beide Seiten kennen und deren Ansichten. Ob es am Ende ein Scheitern sein wird, ist offen.
Naja, eine geschweiterte Therapie ist das Gegenteil einer erfolgreichen. Also eine, die nicht zum gewünschten Ziel führt. So sehe ich das zumindest. Therapeuten können scheitern, wie alle anderen in ihren Brufsfeldern auch.
 

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Da fühlte ich mich sofort an Knausgards "Der Morgenstern" erinnert. In dem Roman wird das Argument aufgefahren, dass es für bestimmte Sachverhalte keine Wörter gibt, um diese zu beschreiben. Was wir nicht beschreiben können, können wir auch nicht erklären, blenden wir aus - das gibt es also nicht.
Das Buch muss ich bald endlich auch mal lesen. Ich hatte es angefangen, aber nicht die Zeit und Ruhe gefunden, es zu beenden.
Mmh, das ist die Frage. Ich würde ja schon sagen, dass etwas auch dann existiert, wenn es keine Wörter dafür gibt. Es ist eben dann nicht erfassbar, beschreibbar etc. aber doch dennoch in der Welt. Nur der Mensch ist der Welt halt nicht gewachsen. Blumenberg, mein Lieblingsphilosoph, spricht in diesem Kontext von einem "Absolutismus der Wirklichkeit"
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Zunächst bin ich über Seite 5 gestolpert.

Black River Falls, Wisconsin, Die Heil- und Pflegeanstalt wurde 1902 als konfessionelle Pflegeanstalt gegründet. Seit 1950 wurde sie nicht konfessionell.

Der Ort des Romans ist genau diese Pflegeanstalt. Warum hat der Autor diese Pflegeanstalt genau in Black River Falls, Wisconsin gewählt?

Nach dem 1. Teil des Dialogromans bin ich mir sicher, dass Mc Carthy diese Stadt nicht zufällig gewählt hat.
Deine Ausführungen dazu finde ich sehr spannend, danke!
Alicia ist zum dritten Mal in Stella Maris, sie hat sich selbst eingewiesen. Sofort habe ich mich natürlich gefragt, wie sie an eine solch große und schlecht getarnte Menge Geld kommt - das wirkt auf mich zunächst etwas windig.
Woher das Geld kommt, weiß ich aus dem "Passagier": Ihr Bruder Bobby hat es unter dem Haus seiner Großeltern gefunden. Sie hatten es dort vergraben. Bobby teilte den Betrag mit seiner Schwester.
Stella außergewöhnlich intelligent. Ich finde, das spürt man, weil sie kritisch hinterfragt und antwortet. Sie artikuliert klar und deutlich. Sie wirkt auf mich zunächst nicht unbedingt psychisch krank. Allerdings gesteht sie selbst ihre Erkrankungen sofort ein: Sie bekommt Besuch von nichtexistenten Figuren, mit denen sie spricht, UND sie ist latent suizidgefährdet.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, warum sie sich tatsächlich selbst eingeliefert hat. Sie sagt, dass sie keinen Ort hat, an den sie gehen kann. Der einzige Mensch, mit dem sie engen Kontakt hatte, war ihr Bruder, der jetzt im Koma liegt. Vielleicht möchte sie sich auch ausruhen von den Figuren, die sie besuchen. Bei ihren letzten Aufenthalten in Stella Maris tauchten der Zwerg und seine Schaustellertruppe nicht auf. Aus dem Passagier weiß ich, dass Alicia sehr genervt von den Figuren war.
Das Gespräch zwischen Dr Cohen und Alicia empfinde ich sehr gleichwertig und ehrlich.
Ich empfinde es nicht als gleichwertig. Alicia ist Dr. Cohen meilenweit überlegen. Er kann ihr nicht folgen (das verbindet ihn vermutlich mit den meisten Leser:innen). Trotzdem wirkt er auf mich souverän. Auch spüre ich den Wunsch, besser zu verstehen, was da für ein Mensch vor ihm sitzt. Ehrlich kommt es mir von beiden Seiten vor.