2. Leseabschnitt: Seite 89 bis 173

alasca

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13. Juni 2022
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Oh weh. Charlotte opfert sich. Für diesen Idioten! Immerhin ist dessen Mutter in meinen Augen rehabilitiert - wie sie Charlottes Rebellion bei deren Begutachtung erkennt und zur Sprache bringt, das spricht sehr für sie. Aber wie sich alle ins Schweigen fügen, damit die Oberstin glänzen kann! Einen sehr ambivalenten Charakter hat Lagerlöf da angelegt. Zeugt von großer Menschenkenntnis.

Das ist schon toll, wie Lagerlöf die Mechanismen von Eitelkeit, Heuchelei und Selbstbetrug entlarvt. Wobei Propst und Pröpstin ja ganz anständig angelegt sind, vor allem die Pröpstin. Die Frauen sind in diesem Roman die deutlich interessanteren Figuren; die Männer anscheinend nur Beiwerk. Hoffentlich heiratet Karl-Idi die Hausiererin - das wird lustig, eine so selbstständige Frau, von der er sich absolute Unterwerfung vorstellt ...

Ich habe etwas Mühe, mich auf das langsame Erzähltempo runterzubremsen.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Ich frage mich immer noch, was Charlotte an Karl-Artur so liebenswert findet.
A. 119 "...Aber ich versichere dir, wir zwei sind nicht füreinander geschaffen." Ja, ja und nochmals ja!

Die Braut, die Gott für Karl-Artur auserwählt hat, ist also die Hausiererin aus Dalarna. wenn ich Charlotte wäre, würde ich denken, geh mit Gott, aber geh!
Vielleicht ist es doch ganz gut, dass bei den katholischen Geistlichen ausgeschlossen ist zu heiraten. Die sparen sich und der Frauenwelt einiges. :)

Aber wie Karl-Artur die göttliche Vorsehung zu biegen weiß, hat mich schon sehr amüsiert, die eine Frau kam von hinten und nicht ihm entgegen, glücklicherweise biegen zwei Frauen doch noch rasch vor ihm ab. Tja, und dann wurde es Anna aus Dalarna. Ob die ihm Brot bäckt und die Böden schrubbt?

Mit der Zuckerdose machen wir einen Zeitsprung zurück, in die Anfangszeit der Verlobung. Selma Lagerlöf begeistert mich mit ihrer Erzählkunst- und technik immer mehr.
"ein Fräulein Löwensköld lässt sich nicht begutachten wie ein Pferd auf dem Viehmarkt" spricht sich die Obristin für Charlotte aus. Nun, nicht nur Charlotte und die schief singende Cousine, auch Beate ist eine geborene Löwensköld. Die Obristin weiß wohl, wovon sie spricht.

Beim Namenstagskränzchen de Apothekerin ist der Klatsch und Tratsch schon im vollen Gange. Charlotte schweigt sich aus, immer noch loyal zu Karl-Artur. Charlottes Schwester wird in die Geschichte eingeführt.

Das nächste Kapitel gehört Schagerström. Ich bin gespannt.
 

Eulenhaus

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13. Juni 2022
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Die Szene mit der Zuckerdose hat mich auch begeistert. Endlich benimmt sie sich einmal aufmüpfig, aber die Frau Oberst erkennt den Affront.
Aus heutiger Sicht erstaunt es, dass die tüchtige, selbstbewusste und K-A weit überlegene Charlotte sich so demütigen lässt.
Obwohl auch heute gibt es Abhängigkeiten in Beziehungen, die lange nicht erkannt werden.
 

alasca

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13. Juni 2022
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Vielleicht ist es doch ganz gut, dass bei den katholischen Geistlichen ausgeschlossen ist zu heiraten. Die sparen sich und der Frauenwelt einiges. :)
Da sagst du was! :grinning
Aber wie Karl-Artur die göttliche Vorsehung zu biegen weiß, hat mich schon sehr amüsiert, die eine Frau kam von hinten und nicht ihm entgegen, glücklicherweise biegen zwei Frauen doch noch rasch vor ihm ab.
Das fand ich auch toll geschildert. Die feine Ironie Lagerlöfs erinnerte mich stellenweise an Jane Austen.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Ich frage mich immer noch, was Charlotte an Karl-Artur so liebenswert findet.
A. 119 "...Aber ich versichere dir, wir zwei sind nicht füreinander geschaffen." Ja, ja und nochmals ja!
Er ist offenbar ein schöner Mann mit sehr viel Charisma. Und dass man oder vielmehr (neudeutsch) frau da manchmal wider besseres Wissen schwach werden kann, dafür gibt es Beispiele ohne Ende, auch in der Prominenz.
Was ich mich aber frage, bei diesem Dialog, S. 119:
""Heirate nicht eine Hausiererin, die allein und ungeschützt im ganzen Land umhergezogen ist! Du bist doch kein Kind mehr. Dir wird ja wohl klar sein, was das bedeutet."
Was meint Charlotte damit? Ich kann das nur so deuten, dass sie Annas "weibliche Ehre" anzweifelt. Reisen ohne männlichen Schutz, das kann ja nur schiefgehen ... Wo bleibt an dieser Stelle Charlottes Solidarität unter Frauen? Letztlich ist sie doch Kind ihrer Zeit.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Vielleicht ist es doch ganz gut, dass bei den katholischen Geistlichen ausgeschlossen ist zu heiraten. Die sparen sich und der Frauenwelt einiges. :)
Unter dem Aspekt habe ich den Zölibat noch nie gesehen. Aber Du hast Recht.
Aber wie Karl-Artur die göttliche Vorsehung zu biegen weiß, hat mich schon sehr amüsiert,
Davon zu lesen ist ein großes Vergnügen und zeugt von Lagerlöfs Menschenkenntnis.
Letztlich ist sie doch Kind ihrer Zeit
Und eine Realistin.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Hoffentlich heiratet Karl-Idi die Hausiererin - das wird lustig, eine so selbstständige Frau, von der er sich absolute Unterwerfung vorstellt ...
... wobei ich auch mit ihr Mitleid habe...

Immerhin ist dessen Mutter in meinen Augen rehabilitiert - wie sie Charlottes Rebellion bei deren Begutachtung erkennt und zur Sprache bringt, das spricht sehr für sie.
Diese Szene war einfach umwerfend gut. Die Obristin verfügt über eine außergewöhnlich gute Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis, die nur bei ihrem Söhnchen kläglich versagt.

Er ist offenbar ein schöner Mann mit sehr viel Charisma. Und dass man oder vielmehr (neudeutsch) frau da manchmal wider besseres Wissen schwach werden kann, dafür gibt es Beispiele ohne Ende, auch in der Prominenz.
Er scheint sehr jungenhaft zu wirken, vielleicht weckt er Muttergefühle? Schließlich ist Charlotte nicht die einzige Bewundererin, auch Thea Sundler verguckt sich in ihn. Nur Probst und Pröbstin durchschauen ihn.

Gab es nicht und gibt es nicht. Dazu gibt es im Nachwort interessante Überlegungen von Mareike Fallwickl.
Sollte/Könnte man das Nachwort zwischendurch lesen oder verrät es zuviel?

Und eine Realistin.
Bei Karl-Artur versagt ihr Realitätssinn. Wäre sie nur rational, würde sie Schagerström nehmen. Anscheinend vernebelt das Jüngelchen vielen die Sinne. :oops:
 

Barbara62

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19. März 2020
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Es macht großen Spaß, diesen Roman zu lesen. Das langsame Tempo stört mich überhaupt nicht. Ich schwanke zwischen Freude am Gelesenen und dem intensiven Wunsch, Charlotte die Leviten zu lesen. Was hätte sie zu anderen Zeit erreichen können mit ihrer Intelligenz, ihrem Mut, ihrer Zielstrebigkeit und ihrem Organisationstalent. So ist sie gänzlich auf das Warten auf einen Ehemann angewiesen, wenn sie nicht ihr Leben lang Gesellschafterin bleiben will. Und ausgerechnet auf diesem Gebiet stellt sie sich so dusslig an! Kurz hatte ich auf die Schwester gehofft, aber die hat sich genauso an einen aussichtslosen Typen gehängt...

Leider muss ich nun für eine andere LR unterbrechen. Bis bald!
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Was hätte sie zu anderen Zeit erreichen können mit ihrer Intelligenz, ihrem Mut, ihrer Zielstrebigkeit und ihrem Organisationstalent. So ist sie gänzlich auf das Warten auf einen Ehemann angewiesen, wenn sie nicht ihr Leben lang Gesellschafterin bleiben will.
Das ist das wirklich Tragische hier. Wir können uns das heute überhaupt nicht mehr vorstellen, wie eingeschränkt das Leben für eigentlich alle Frauen zu dieser Zeit war. Deshalb müssen wir mehr Geduld mit Charlotte haben.
Wäre sie nur rational, würde sie Schagerström nehmen.
Der stand doch anfangs überhaupt nicht zur Option und Charlotte ist keine Frau, die so schnell einmal getroffene Verbindungen kippt.
Kurz hatte ich auf die Schwester gehofft, aber die hat sich genauso an einen aussichtslosen Typen gehängt...
Auch hier sieht man, dass das Angebot nicht so viel Auswahl zulässt.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich bin entsetzt, wie sehr Charlotte sich selbst erniedrigt. Hat sie nicht rebelliert, als sie Frau Oberstin vorgestellt wurde? Und nun versucht sie mit aller Macht, ihren Stolz der Ehre Karl-Arturs unterzuordnen.
Die einzigen Frauen, die sowas wie eine eigene Meinung/ eigenes Leben haben dürfen, sind die arrivierten, also die, die schon älter und in einer standesgemäßen Verbindung stecken. Beate Ekenstedt erkennt Charlottes Kampf mit dem "Einstieg in die Gesellschaft", die Pröpstin versucht Charlotte darauf hinzuweisen, dass Schagerström vielleicht die bessere Alternative ist.... leider zu dezent.
Nun, die Frauen haben alle den gleichen "Leidensweg" hinter sich. Sie mussten nach romatisch, hochfliegenden Plänen in der Pubertät, sich mit dem Schicksal der männlichen Abhängigkeit abfinden.
Tja, und Karl-Artur ist das Musterbeispiel für Selbstherrlichkeit, die man qua Geburt schon für sich beanspruchen darf, solange sich das berühmte y-Chromoson im Gen-Repertoire befindet. Er "darf" sich sogar in Gottes Schicksalsführung einmischen, K.A. stellt die Regeln auf! Wow!
Man könnte sich die ganze Zeit amüsieren, wenn es nicht so traurig wäre, dass viele Frauen heute noch so sind, erzogen wurden, freiwillig sich diesen Unsinn zu eigen machen. (Oder sind es doch nur die schnöden Hormone?)
Sollte/Könnte man das Nachwort zwischendurch lesen oder verrät es zuviel?

@alasca hat es ja schon erwähnt, ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass es in diesem Fall sogar von großem Vorteil ist.
 

alasca

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13. Juni 2022
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Man könnte sich die ganze Zeit amüsieren, wenn es nicht so traurig wäre, dass viele Frauen heute noch so sind, erzogen wurden, freiwillig sich diesen Unsinn zu eigen machen. (Oder sind es doch nur die schnöden Hormone?)
Es sind weder die Hormone (Biologismus!) noch ist es freiwillig. Es ist lebenslange Gehirnwäsche. Das ist das Schwierigste, was man als Frau bewältigen muss, manche schaffen es nie, es ist auch leichter, sich was vorzumachen: sich diesen Mist aus dem eigenen Kopf zu zerren.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Oh weh. Charlotte opfert sich. Für diesen Idioten!
Ich habe auch aufgejault!
Immerhin ist dessen Mutter in meinen Augen rehabilitiert - wie sie Charlottes Rebellion bei deren Begutachtung erkennt und zur Sprache bringt, das spricht sehr für sie.
Ach ja, ich fand diesen Teil richtig herzerwärmend! :joy Genau, das spricht für viel Lebenserfahrung!
Hoffentlich heiratet Karl-Idi die Hausiererin - das wird lustig, eine so selbstständige Frau, von der er sich absolute Unterwerfung vorstellt ...
*Hüstel* ich habe inzwischen gelesen, dass der 3. Teil der Löwensköld-Triologie 'Anna, das Mädchen aus Dalarne' heißt! :helo
Er ist offenbar ein schöner Mann mit sehr viel Charisma. Und dass man oder vielmehr (neudeutsch) frau da manchmal wider besseres Wissen schwach werden kann, dafür gibt es Beispiele ohne Ende, auch in der Prominenz.
Und wir als Leserinnen kennen ja nur jetzt die eine Seite! ;) (Die als Eiferer und die des Kotzbrockens! :helo ) In der Gemeinde wirkt er bestimmt anders: edel, zurückhaltend, feinsinnig.........
Aber es ist herrlich beschrieben, wie wichtig in einer Beziehung Krisen sind: die Art, wie sie bewältigt werden, ist sehr aufschlussreich! (In Stresssituationen - und eine Krise bedeutet Stress - geht es ums 'Überleben' und nicht mehr darum, wie man wirkt! Da geht es ums 'Eingemachte'! ;))
Wo bleibt an dieser Stelle Charlottes Solidarität unter Frauen? Letztlich ist sie doch Kind ihrer Zeit.
:rofl Sorry, dass ich lache, aber Solidarität unter Frauen? :monocle:think Und das hat nix mit der Zeit zu tun! Ich habe immer das Gefühl, so eine Solidarität ist selten wie ein Diamant! (Und wenn man sie findet, sollte man sie auch als sehr kostbar einschätzen! :joy )
Unter dem Aspekt habe ich den Zölibat noch nie gesehen. Aber Du hast Recht.
*Giggel* genau!!!!
Das ist das wirklich Tragische hier. Wir können uns das heute überhaupt nicht mehr vorstellen, wie eingeschränkt das Leben für eigentlich alle Frauen zu dieser Zeit war. Deshalb müssen wir mehr Geduld mit Charlotte haben.
Da nicke ich mal heftig zustimmend!
Tja, und Karl-Artur ist das Musterbeispiel für Selbstherrlichkeit, die man qua Geburt schon für sich beanspruchen darf, solange sich das berühmte y-Chromoson im Gen-Repertoire befindet. Er "darf" sich sogar in Gottes Schicksalsführung einmischen, K.A. stellt die Regeln auf! Wow!
Und da verstehe ich auch oft die Mütter nicht, die - obwohl sie oft selbst drunter zu leiden hatten - bei ihren Söhnen den gleichen Schmarrn wieder verzapfen! :mad:
Man könnte sich die ganze Zeit amüsieren, wenn es nicht so traurig wäre, dass viele Frauen heute noch so sind, erzogen wurden, freiwillig sich diesen Unsinn zu eigen machen.
Es gab aber auch schon zu allen Zeiten Frauen, die sich diesen 'Unsinn nicht zu eigen machen'!!!!! Und ich kenne auch etliche Männer, die solche Frauen sehr zu schätzen wissen / zu schätzen wussten! (Traurig ist nur, dass solche Männer dann unter ihresgleichen als 'Memmen' angesehen wurden/werden!)

Sodele, und jetzt werde ich das Nachwort lesen, weil es hier empfohlen wurde! ;)
 

alasca

Bekanntes Mitglied
13. Juni 2022
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*flüster* und lohnt es sich? Kannst Du es empfehlen?
Kann ich. Danach allerdings war meine Klassikersättigung erreicht - so dass ich den ersten Band der Löwensköld-Saga leider nicht mehr konsumieren konnte;-)

Vorsicht, Spoiler:
Karl-Idi treibt es vollends auf die Spitze, erlangt aber am Ende Läuterung. Das hat mich gewaltig genervt: Wenn man sich dermaßen ruiniert hat, bleibt nicht viel anderes übrig als kompletter Untergang oder eben Läuterung. Sich für Letzteres zu entscheiden hat für mich keine überzeugende Moral. ;-) Leider scheint Lagerlöf es ernst zu meinen, es war keine Ironie in dieser Entwicklung spürbar.