1. Leseabschnitt: Beginn bis Seite 88

Eulenhaus

Aktives Mitglied
13. Juni 2022
321
1.502
44
Ich habe die Löwensköld Trilogie gehört, weil ich von Selma Lagerlöf nur Nils Holgersson kannte. Der 1. Teil Der Ring des Generals, eine so schöne Spukgeschichte, auch noch um Halloween herum gehört, ist ganz nach meinem Geschmack! Insgesamt eine gelungene Familiensaga.
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Ich habe die Löwensköld Trilogie gehört, weil ich von Selma Lagerlöf nur Nils Holgersson kannte. Der 1. Teil Der Ring des Generals, eine so schöne Spukgeschichte,
Den Ring des Generals habe ich gehört. Das war nicht nur fein gruselig sondern teilweise auch richtig amüsant.

Jetzt habe ich die ersten 15 Seiten von der Charlotte gelesen und spüre wieder diesen herrlichen süffisanten Unterton. Noch dazu, weil diese Übersetzung sprachlich moderner wirkt.

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich die Manesse Ausgaben in diesem Format liebe.
 

Eulenhaus

Aktives Mitglied
13. Juni 2022
321
1.502
44
S. Lagerlöf beschreibt die Frau Oberst, eine Freiin von Löwensköld, als vortreffliche und perfekte Frau, die ihren Sohn Karl-Artur abgöttisch liebt. Sie bemerkt lange nicht, dass ihr Sohn auf dem Weg ist, sich zu einem weltfremden Menschen zu entwickeln. K-A ist seit 5 Jahren mit Charlotte, aus einer Nebenlinie der Löwenskölds, verlobt. Sie ist Gesellschafterin in der Propstei. Dort ist K-A als Vikar angestellt, nachdem er sein Magister-Studium abgebrochen hat und Theologe geworden ist. Durch einen Mitstudenten lernt er den Pietismus kennen und wird selbst Anhänger der vertieften Frömmigkeit.
Die Protagonistinnen der Autorin sind starke Frauenfiguren. Sie hat sich für Frauenfragen und das fehlende Wahlrecht eingesetzt.
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.556
16.321
49
Rhönrand bei Fulda
Es ist interessant, dass auf den ersten Seiten des Buches überhaupt nur Frauen vorkommen und Männer zu Nebenfiguren degradiert werden.
(Übrigens habe ich den ersten Teil "Der Ring des Generals" noch einmal quergelesen, da ist es ganz ähnlich - von dem titelgebenden General abgesehen, der ja nur noch als Schlossgespenst auftritt, lenken Frauen das Geschehen!)

Mit Karl Artur und Schagerström kommen dann auch zwei Männer ins Spiel. Schagerström betont schlicht, von Anfang an in Trauer und ein ernsthafter Typ; Karl Artur scheint dagegen eher ein Schwärmer zu sein und dazu optisch der Traum aller Mädchen. Wie ernst es ihm ist mit dem einfachen Leben, wird sich noch zeigen.
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Es ist interessant, dass auf den ersten Seiten des Buches überhaupt nur Frauen vorkommen und Männer zu Nebenfiguren degradiert werden.
Mich bringt das Buch ja immer wieder auch zum Lachen. Das erste Mal auf Seite 7 Die Oberistin hatte auch einen Oberst....
und als sich der Goldjunge als Lotterstudent entpuppt

Selma Lagerlöf hat eine sehr feine Klinge, wenn sie Sätze mit so großem Bedauern beginnt und am Schluss eine Spitze dran setzt, wie bei dem misslungenen Lateinexamen. Ach die Professoren mit ihren hohe Anforderungen, aber vielleicht war es ja doch nur, weil Karl-Artur keine einzige Vorlesung besucht hat.

Später wandelt dich Karl-Artur zu keinem sehr angenehmen Zeitgenossen, was wohl Charlotte an ihm wirklich liebenswert findet?

Mit dem zweiten Kapitel kommt ein Zeit- und Ortsprung. Man kann such natürlich zusammenreinem, dass es sich bei dem jungen Hilfspfarrer um Karl-Artur handelt.
Die Verlobten müssten doch einen entfernten Verwandtschaftsgrad haben. Die Oberistin war eine Löwensköld von Hedersby. Adrian Löwensköld (der im Ring eine Rolle gespielt hat9 ist Adrians Onkel. Sind Adrian und Beate Geschwister? aus welchem Löwensköldzweig und über wie viel Ecken kommt Charlotte daher?

In den ersten Seiten des Kapitels "Der Heiratsantrag" hört man ganz genau eine übergeordnete Erzählstimme. S. 44 "Aber was hat denn das alles...."...."Auf die Art kommen wir ja ganz weg von Schagerström..."

Mit dem Satz...ich habe dich wirklich gern, aber wenn Schagerström um meine Hand anhält nehme ich ihn..." löst Charlotte bei Karl-Artur große Eifersucht aus. (auch ein bisschen zu recht, würde ich meinen) Sie will, dass Karl-Artur voran kommt und nicht als Vikar auf der Stelle tritt, weil sie ihn dafür für zu klug hält. Eigentlich ein Kompliment, aber Karl-Artur versteht alles falsch und glaubt, sie will ihn nur, wenn er ein Aufsteiger ist.

"Denn wenn Wünsche Macht besäßen, dann sehe es auf Erden mit Sicherheit anders aus." Damit hat Selma Lagerlöf freilich recht. Aber wie das Sams schon sagte, man muss schon ganz genau wünschen. ;)

So, nach dem ersten Leseabschnitt bin ich sehr verliebt in das Buch.
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.556
16.321
49
Rhönrand bei Fulda
In den ersten Seiten des Kapitels "Der Heiratsantrag" hört man ganz genau eine übergeordnete Erzählstimme. S. 44 "Aber was hat denn das alles...."...."Auf die Art kommen wir ja ganz weg von Schagerström..."
Die Erzählstimme ist, finde ich, eine Besonderheit in dem Roman überhaupt. Immer wieder kommt (auch in meiner alten Übersetzung) am Satzanfang ein "Seht ...". Ich imaginiere an diesen Stellen immer einen mündlichen Erzähler (oder vielmehr eine Erzählerin, eine alte Frau), umgeben von einem aufmerksam zuhörenden Publikum. Die alte Geschichtenerzählerin am Kamin. In dem Kapitel über Schagerströms Heiratsantrag kommt zu der Erzählstimme nun noch die Publikumsstimme hinzu, die Zuhörer, die immer wieder dazwischenrufen: "Komm zum Punkt!" Das ist m.E. ein Kabinettstückchen der Erzählkunst. Als ich das Buch zum ersten Mal las, damals muss ich wohl ca. zwölf oder dreizehn gewesen sein, konnte ich mich über dieses Kapitel gar nicht beruhigen vor Begeisterung; so etwas hatte ich noch nie gelesen.
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.556
16.321
49
Rhönrand bei Fulda
Mich bringt das Buch ja immer wieder auch zum Lachen. Das erste Mal auf Seite 7 Die Oberistin hatte auch einen Oberst....
und als sich der Goldjunge als Lotterstudent entpuppt
Ich fand das so herrlich, wie die Oberstin einen Bewerber für die Tochter zurückweist, weil sie meinte, er habe einen schlechten Geschmack ...
Das erinnert an den Ausspruch von Groucho Marx: er würde niemals Mitglied eines Klubs werden wollen, der Leute wie ihn aufnimmt! :rofl
"Ich lasse doch meine Tochter keinen Mann heiraten, der nichts Besseres gefunden hat als ausgerechnet die!" :rofl:rofl
In der Haut der Tochter möchte ich nicht stecken.
 

alasca

Bekanntes Mitglied
13. Juni 2022
2.972
9.423
49
Das ist ja ein Text ... Lagerlöf stellt uns sehr ausführlich ihre Figuren und den Konflikt vor. Die Oberstin und ihr verwöhnter Sohn. Auch kluge Frauen sind bei ihren einzigen Söhnen offenbar blind. Tochter möchte ich bei ihr nicht sein. Aber vor allem Karl-Arthur kann ich kaum ertragen, ich entwickle eine richtige Aversion gegen diesen glaubensvergifteten Schwachmaten. Reife Autorenleistung! ;-)

Es ist klar, dass Charlotte diesen verstrahlten Typen auf keinen Fall heiraten sollte und am Ende den Antrag von Schagerström annehmen wird, der als sehr anständige Figur angelegt ist. Ich weiß nicht, ob ich die ausgiebigen Irrungen und Wirrungen bis dahin ertragen kann.

Wird schwierig!
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.556
16.321
49
Rhönrand bei Fulda
Auch wenn wir nicht wirklich wünschen können, dass Charlotte diesen Kerl heiratet, finde ich es doch eine merkwürdige Eigenart ihres Charakters, dass sie es förmlich darauf anlegt, ihn noch mehr zu verärgern.
Wir erleben es bei Karl Artur, dass er wider besseres Wissen handelt. Er beobachtet sich selbst, wie er Charlotte in übelster Weise zusammenstaucht, obwohl ihm eine innere Stimme sagt, dass sie das wohl nicht verdient hat und dass sie es von jeher ablehnt, Leute, die schlecht von ihr denken, eines Besseren zu belehren (S. 86).
Mir kommen in diesem Gespräch beide vor wie Getriebene. Charlotte hält ihm vor, er könne ja ohnehin nicht zum Bischof aufsteigen (obwohl sie bisher doch darauf hingewirkt hat, dass er es wird, und an seine Fähigkeiten glaubte!), Karl Artur schimpft auf sie ein, obwohl er genau weiß, dass sie ihm nur immer neuen Zunder geben wird.

Das ganze Gespräch ist geradezu toxisch. Beide zeigen sich von ihrer allerschlechtesten Seite.
Was soll denn dabei herauskommen, wenn diese beiden heiraten? Es graut einen ... :apenosee
 

Die Häsin

Bekanntes Mitglied
11. Dezember 2019
4.556
16.321
49
Rhönrand bei Fulda
Ich kann das ganz gut verstehen ... :helo
Na ja! Ich finde ihren Charakter in diesem Punkt ein wenig widersprüchlich. Auf der einen Seite setzt sie alle diplomatischen Mittel ein, um ihren Verlobten dazu zu bringen, dass er wenigstens zu Ende studiert und danach trachtet, es zu etwas zu bringen. Auf der anderen Seite lässt sie, sobald es zum Streit kommt, sofort alle Diplomatie fahren. Nach meiner Einschätzung muss sie sich in der Phase davor - als sie ihn drängte, eine Karriere nicht so flott auszuschlagen - ziemlich "verrenkt" haben. Der Einsatz der typischen "weiblichen Mittel", Schmeichelei und sanftes Drängen, liegt ihr wohl eigentlich gar nicht.