So, auch ich bin durch und kann mich eurer Verwirrung oder Ratlosigkeit anschließen. Was ein Potential wurde hier verschleudert! Hat sich in diesem letzten Teil nicht das alte Muster ständig wiederholt? Der Vater macht, was er will. Die Mutter hat echte Nehmerqualitäten, duckt sich, schluckt, frisst (im wahrsten Sinne des Wortes) alles in sich hinein, wird krank davon. Sie rebelliert im Kämmerlein. Dort isst sie heimlich. Dort verpulvert sie den Teil ihres Vermögens, den der Mann mit seinen irrsinnigen Autokäufen (drei neue BMW/Mercedes sind ein Mordsbetrag)und anderen Extravaganzen übrig gelassen hat. Besprochen wird in diesem Haushalt nichts. Weder eine Scheunensanierung, ein Autokauf oder die Aufnahme eines Pflegekindes. Jeder macht sein Ding. Ganz übel!
Das Karussell drehte sich im Kreis: Vorwürfe, Gewichtszunahme, Diäten,... Es kommt wenig substantiell Neues hinzu. Das Ergometer ist neu, auf "mehr Bewegung" war er noch nicht verfallen. Außerdem drangsaliert er sie später mit mangelndem Verständnis für die Krankheit. Das muss wehtun! Seine Vorwürfe sind nach wie vor geballter Unsinn und selbst für die Leserin schwer zu ertragen.
Die Krankengeschichte mag als Aufarbeitung taugen, jeden Arzt und jede Untersuchung brauche ich dann aber doch nicht.
Das neue Haus macht nicht glücklich. Überraschung! Der Autounfall hat den Vater eine Zeitlang handzahm gemacht. Er kommt mir vor wie ein ruheloses Kind: Ständig hat er eine neue Idee. Er kann den Wohlstand nicht einfach genießen wie andere Leute. Er muss was machen, was drehen, was kaufen, was investieren. Meist geht es daneben. Die beiden Eheleute haben eine Geldverbrennungsmaschinerie in Gang gesetzt. Die Mutter verschenkt ihren Anteil. Ist das nicht selten bescheuert, wenn meine Ehe unglücklich ist, ich schwer krank bin, eine pflegebedürftige Mutter habe, Kinder in Ausbildung und so weiter? Spätestens an der Stelle hätte ich die Mutter wirklich zum Psychiater geschickt. Kann man so weltfremd sein? Der Vater leidet an Großmannssucht. Die Mutter an großem Herzen? Ist das besser im Hinblick auf die Familie?
Die Mutter ist definitiv keine glückliche Dicke. Ela hat sie selten so gelöst und glücklich gesehen wie beim Geburtstagsfest schlank mit dem Vater tanzend.
Die Anlehnungen an das Jahr 1986 wirken ziemlich gewollt auf mich. Teilweise spricht das für den biografischen Kontext, denn diese komische Aktivisten-Versammlung bei Tante Lu bringt die Handlung kein Stück weiter, sie spiegelt nur den Trend der Zeit. Ebenso wie Vaters Musikgeschmack, die Schuhe von Salamander oder Steffis Tennistriumph.
Jessy. Über die könnte man auch allerhand sagen. Ein Früchtchen irgendwie. Affig, dass sie immer "nichts mitbekommen soll". Hallo? Sie lebt mit im Haushalt, sie kann alles Mögliche hinaustragen. In dem Punkt empfand ich die Mutter übergriffig: man sollte kein Kind aufnehmen, ohne das mit Mann und Kindern zu besprechen. Nicht einmal Ela hat es gewusst! Das schafft kein Vertrauen.
Das Ende: Trennung nach 15 (!) weiteren Jahren. Das hätte sie schneller haben können, wenn sie ihr Erbe besser verwaltet hätte. Geld schafft Freiheit, ist so. Auch wenn man es nicht mag. Die Mutter hat sich in der Rolle der Leidenden (und in sich hinein Fressenden) gut gefallen. Unerträglich aus heutiger Sicht. Aber Menschen sind verschieden. Als heldenhaft würde ich dieses Verhalten allerdings nicht bezeichnen! Und Stolz ist nach der langen Leidensgeschichte auch das falsche Wort...