6. Leseabschnitt: Seite 369 (Anfang Buch 3) bis Seite 432

Adel105

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1. August 2021
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Man erfährt nun etwas mehr über Ettore und dessen Familie. Seine Eltern werden den 2. Weltkrieg nicht überleben, aber Ettore anscheinend schon. Wir wissen ja, dass er sich (zu Anfang des Buches) mit Hirut treffen möchte.
Ich finde diesen Leseabschnitt ziemlich bedrückend. Wie grausam ist das denn? Carlo lässt ein Gefängnis bauen, von wo er die Gefangenen in die Schlucht werfen lässt, und Ettore soll dies alles auch noch fotografieren! Die Köchin versucht zwar, mit Hilfe von Kräutern, den Gefangenen den Tod etwas zu erleichtern, kann ihn aber nicht verhindern.
Auch die Kriegshandlungen sind sehr erschreckend. Die Autorin beschreibt dies sehr gut anhand von Hiruts Gefühlen: "Es ist fast nicht zu ertragen: der Nervenkitzel und die Furcht, die Herausforderung und die Gefahr, die Ehre und die Pflicht." (S.408) Hirut kommt nun auch das erste Mal in die Situation, dass sie dem Feind gegenübersteht. Es ist etwas ganz Anderes in ihrer Vorstellung, Kidane (den sie hasst) zu töten. "In ihren Träumen hat sie das schon viele Male getan: das Gewehr herumgerissen, auf Kidane gezielt und geschossen." (S.411) Und nur weil sie sich vorstellt, dass ihr nicht der Feind sondern Kidane gegenübersteht, ist sie in der Lage, den Italienier zu erschießen.
Leider werden am Ende dieses Abschnitts Aster und Hirut gefangengenommen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es diesen beiden Frauen im Gefängnis ergehen wird. Wir wissen zwar, dass Hirut überlebt - aber unter welchen Bedingungen?
 

Yolande

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13. Februar 2020
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Der Erzählfluss ist wieder besser geworden, aber trotzdem ist diese Geschichte für mich kaum zu ertragen. Diese ganzen Grausamkeiten, detailreich geschildert, es fällt mir im Moment wirklich schwer mit der Lektüre fortzufahren.
Es kommt zur großen Schlacht, endlich dürfen auch die Frauen kämpfen und es kommt wie es komen muss, Aster und Hirut werden gefangen genommen. Beide werden erniedrigt, aber Aster noch stärker als Hirut, was diese kaum ertragen kann, ist es für sie doch die Umkehrung der göttlichen Ordnung.
 

ThomasWien

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19. März 2021
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Wien
Dieser Leseabschnitt startet extrem grausam. Die Fotos, die Ettore von den sterbenden Menschen die in die Schlucht geworfen wurden, gemacht hat, erinnern an Fotos aus den Konzentrationslagern bzw. aus den Gaskammern. Das Hinunterstürzen der Menschen gleicht der Massenvernichtung, wie es die Juden in Europa erleiden mussten. Diese Fotokapitel waren fürcherlich zu lesen.

Wir erfahren mehr über Ettoris Familie, vor allem über dessen Vater. Wir erfahren, dass er schon einmal eine Familie in Odessa hatte und diese scheinbar verloren hatte.

Hirut und Aster wurden gefangen genommen. Ich denke, dass es nun bald zu dem Zusammentreffen Hirut und Ettori kommen wird. Beide werden wahrscheinlich flüchten müssen und eine Art Zweckgemeinschaft bilden.
 
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Renie

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19. Mai 2014
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renies-lesetagebuch.blogspot.de
iese ganzen Grausamkeiten, detailreich geschildert, es fällt mir im Moment wirklich schwer mit der Lektüre fortzufahren.
Es sind gar nicht so sehr die Details, sondern die Art und Weise, wie sie beschrieben werden. Die Autorin bleibt in vielem vage und lässt die Vorstellungskraft des Lesers arbeiten. In ihrem Sprachstil finden sich sowohl Poesie als auch nüchterne Grausamkeit. Das ist eine unglaubliche Kombination. Denn die Poesie ist ein Verstärker für die grausamen Szenen und macht das Gelesene so schwer zu ertragen.
 

Renie

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19. Mai 2014
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Dieser Leseabschnitt beginnt mit einem Album der Toten: Foto folgt auf Foto. Es sind Momentaufnahmen von Äthiopiern, kurz bevor sie in den Tod stürzen. Diese Bilder sind unglaublich intensiv und ich frage mich, wie wenig empathisch ein Fotograf (Ettore) sein muss, um diese Momente festhalten zu können, in dem Wissen, dass diese Menschen sterben werden. Ich bin ein bisschen ratlos, denn mir fehlt eine seelische Reaktion von Ettore. Er fotografiert einfach. Bietet ihm der Blick durch die Linse einen Filter, der die Realität für ihn abschwächt?

Ettore kommt mir in diesem Roman bisher zu gut weg. Er ist der Propagandafotograf von Fuccelli und kein Journalist, der mit einer kritischen Berichterstattung beauftragt ist. Sicherlich dokumentieren seine Fotos die Gräueltaten, aber von Intention kann dabei keine Rede sein. Für mich steht seine Angst vor Konsequenzen im Vordergrund, sollte er die Befehle Fuccellis verweigern. Und eigentlich läuft es nicht schlecht zwischen den beiden. Solange Ettore Fotos liefert und Glanz und Gloria von Fuccelli für die Nachwelt festhält, steht er unter dem Schutz des Befehlshabers.

In diesem Leseabschnitt erfahren wir auch ein bisschen mehr über Leo Navarro, leider immer noch sehr wenig. Ich hätte gern noch mehr über seine Geschichte erfahren.

Aus der Ferne verfolgt Seine Überheblichkeit Haile Selassie das Geschehen durch die Filme der (italienischen) Wochenschauen. Ist euch eigentlich aufgefallen, dass er den pluralis majestatis verwendet?
"Wir werden von einer Frau bewacht."
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Befehlshabers.

In diesem Leseabschnitt erfahren wir auch ein bisschen mehr über Leo Navarro, leider immer noch sehr wenig. Ich hätte gern noch mehr über seine Geschichte erfahren
Ich würde lieber ein Buch lesen über das Leben von Leo. Dieser Brief ist menschlich berührender als alles zuvor.
Die Schilderung der Grausamkeiten sind für mich nur schwer erträglich.
Was ist Ettore für ein Mensch? Jude und Italiener. Wie sieht er selbst seine Aufgabe? Zu dokumentieren, wie barbarisch Menschen sein können, was sein Land dem Volk der Abessinier angetan hat? Oder zu demonstrieren, wie siegreich die Italiener sind? Er ist noch schwer zu fassen
 

ThomasWien

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19. März 2021
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Wien
Ettore kommt mir in diesem Roman bisher zu gut weg.
Mir geht es genauso. Ich kann ihn einfach nicht einschätzen. Ja, er macht diese grausamen Bilder, und kämpft auf der Seite der Italiener, aber andererseits ist er Jude und hat selbst mit Konsequenzen zu leben. Muss man Ettori anders sehen als andere Soldaten, die keine Juden sind? Eigentlich habe ich zum Teil Mitleid mit ihm, weil er diese Fotos die er macht selbst ertragen muss, aber andererseits sehe ich keine Gegenwehr von ihm. Selten, dass mich eine Figur so rätseln lässt.
 

Literaturhexle

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aber trotzdem ist diese Geschichte für mich kaum zu ertragen. Diese ganzen Grausamkeiten, detailreich geschildert,
Diese blumig geschilderte Grausamkeit gefällt mir auch nicht. Allerdings hat sich in mir eine Art Gleichgültigkeit entwickelt: das Geschehen lässt mich bis auf wenige Sätze kalt. Es ist, als wenn ich mir einen Zeichentrickfilm anschaue...
Allein dieses völlig überzogene Hineintreiben von Hirut in die Schlacht: Erst hinein, dann hinaus, sie rollt euphorisch, wird gestoßen, schießt, will erschossen werden (Bumm), um letztlich mit einem Lasso eingefangen zu werden... schlimmer geht nimmer. Das wirkt auf mich in weiten Teilen einfach nicht mehr realistisch.
Ettore kommt mir in diesem Roman bisher zu gut weg. Er ist der Propagandafotograf von Fuccelli
Ja, bislang stimmt das. Allerdings verstehe ich den Brief seines Vaters als Aufruf, die Greueltaten zu dokumentieren und dadurch den Widerstand zu stützen. Die Wachen haben Fucelli auch schon berichtet, dass Ettore nicht mehr so fleißig arbeitet, auch toleriert er die Kräutergaben der Köchin...
Man muss Ettore auch verstehen: er hat keine Heimat, keine Familie mehr. Überall auf der Welt hat die Hetze auf Juden Fahrt aufgenommen. Er weiß, zu was Fucelli fähig ist...
Warten wir mal ab.
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Hirut wird als neue Mutter Äthiopiens fast als Heilige stilisiert, stellvertretend "für alle kämpfenden Frauen". Puh!
Sie ist die Gute, die die erlittenen Erniedrigungen Asters verzeiht und sich radikal in die Gefahr der Schlacht begibt, um ihr zu helfen. Anschließend reißt sie sich von Kidane los.

Später will sie Aster erneut beistehen, als sie der nackten und geschändeten Frau begegnet:
Für jene, die von Geburt an dazu bestimmt sind, eine reiche Tradition und edles Blut weiterzugeben, gelten unausgesprochene Regeln. 425
Und so weiter. Anscheinend erkennt Hirut noch immer die genetische Überlegenheit Asters an.
Das ist mir alles zuviel Heroismus, zuviel Pathos und Mystik, zu dick aufgetragen.
Das Buch stößt mich immer mehr ab- message hin oder her.
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Dieser Leseabschnitt startet extrem grausam. Die Fotos, die Ettore von den sterbenden Menschen die in die Schlucht geworfen wurden, gemacht hat, erinnern an Fotos aus den Konzentrationslagern bzw. aus den Gaskammern. Das Hinunterstürzen der Menschen gleicht der Massenvernichtung, wie es die Juden in Europa erleiden mussten. Diese Fotokapitel waren fürcherlich zu lesen.
Mag sein, dass es der Autorin auch darum geht, zu zeigen, dass nicht Deutschland allein so furchtbare Tötungen vorgenommen hat. /Ich finde es auch unfassbar, dass Italien niemals dafür zur Rechenschaft gezogen wurde.
 

Wandablue

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18. September 2019
9.693
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Brandenburg
Sehr "besonders", dass die Gefangenen zur Zeit des besten Lichts für den Fotografen in den Tod gestürzt werden. Fein, der Einsatz der Köchin, der wenigstens ein Pulver gibt, das es dem Geist erlaubt, woanders hin zu gehen, wohl eine Art Rauschgift.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Der Erzählfluss ist wieder besser geworden, aber trotzdem ist diese Geschichte für mich kaum zu ertragen. Diese ganzen Grausamkeiten, detailreich geschildert, es fällt mir im Moment wirklich schwer mit der Lektüre fortzufahren.
Wisst ihr was ich - ernstgemeint - wohltuend finde an diesem Buch: Die vielen leeren Seiten. Die brauche ich zum Durchatmen.

Ich halte das Buch nicht einmal für schlecht oder unlesbar. Ich halte es nur gerade kaum aus.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ettore kommt mir in diesem Roman bisher zu gut weg. Er ist der Propagandafotograf von Fuccelli und kein Journalist, der mit einer kritischen Berichterstattung beauftragt ist. Sicherlich dokumentieren seine Fotos die Gräueltaten, aber von Intention kann dabei keine Rede sein. Für mich steht seine Angst vor Konsequenzen im Vordergrund, sollte er die Befehle Fuccellis verweigern. Und eigentlich läuft es nicht schlecht zwischen den beiden. Solange Ettore Fotos liefert und Glanz und Gloria von Fuccelli für die Nachwelt festhält, steht er unter dem Schutz des Befehlshabers.
Und damit zeigt die Autorin menschliches Denken, menschliches Überleben wollen. Nichts was zu würdigen wäre. Nichts was man schön reden kann! Aber wenn ich sein Verhalten mit dem Verhalten von Stella Goldschlag bei Takis Würger vergleiche, welcher Protagonist kommt hier besser weg. Eigentlich keiner. Oder beide?
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Dieser Leseabschnitt beginnt mit einem Album der Toten: Foto folgt auf Foto. Es sind Momentaufnahmen von Äthiopiern, kurz bevor sie in den Tod stürzen. Diese Bilder sind unglaublich intensiv und ich frage mich, wie wenig empathisch ein Fotograf (Ettore) sein muss, um diese Momente festhalten zu können, in dem Wissen, dass diese Menschen sterben werden. Ich bin ein bisschen ratlos, denn mir fehlt eine seelische Reaktion von Ettore. Er fotografiert einfach. Bietet ihm der Blick durch die Linse einen Filter, der die Realität für ihn abschwächt?

Es sind gar nicht so sehr die Details, sondern die Art und Weise, wie sie beschrieben werden. Die Autorin bleibt in vielem vage und lässt die Vorstellungskraft des Lesers arbeiten. In ihrem Sprachstil finden sich sowohl Poesie als auch nüchterne Grausamkeit. Das ist eine unglaubliche Kombination. Denn die Poesie ist ein Verstärker für die grausamen Szenen und macht das Gelesene so schwer zu ertragen.
Ist das nicht Kunst? Eigentlich schon, oder?
Auch wenn das wirklich schwer aushaltbar ist. Es ist künstlerisch gelungen! Die Art des Dargebotenen. Immer wieder diese Fotos. Und der Hintergrund dazu. Diese Art der Gestaltung macht das Ganze noch schwerer ertragbar und in der Gestaltung zu einem Kunstobjekt, zu einer Inszenierung. Aber diese Dramaturgie findet sich durchgängig im ganzen Buch und macht mich zu einem Fan des Schattenkönigs.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Mag sein, dass es der Autorin auch darum geht, zu zeigen, dass nicht Deutschland allein so furchtbare Tötungen vorgenommen hat. /Ich finde es auch unfassbar, dass Italien niemals dafür zur Rechenschaft gezogen wurde.
Weiß nicht. Kann sein. Aber glaube ich nicht. Wenn du in die Geschichte schaust, findest du doch überall irgendwelche Despoten, irgendwelche Massenschlächter. Anscheinend eine menschliche Eigenschaft. Widerlich, aber menschlich!
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Man erfährt nun etwas mehr über Ettore und dessen Familie. Seine Eltern werden den 2. Weltkrieg nicht überleben, aber Ettore anscheinend schon. Wir wissen ja, dass er sich (zu Anfang des Buches) mit Hirut treffen möchte.
Berührend beschrieben ist diese Sicht auf Ettores Familie. Und wieder wird die Bereitschaft des Menschens zur Mordlust gezeigt! Andererseits frage ich mich wieso weiß Ettore dies nicht? Aber über manch erlebtes Grauen spricht man nicht, die Verdrängung setzt ein. Schlimm nur das dieses Grauen wiederkommt.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Auch die Kriegshandlungen sind sehr erschreckend. Die Autorin beschreibt dies sehr gut anhand von Hiruts Gefühlen: "Es ist fast nicht zu ertragen: der Nervenkitzel und die Furcht, die Herausforderung und die Gefahr, die Ehre und die Pflicht." (S.408) Hirut kommt nun auch das erste Mal in die Situation, dass sie dem Feind gegenübersteht. Es ist etwas ganz Anderes in ihrer Vorstellung, Kidane (den sie hasst) zu töten. "In ihren Träumen hat sie das schon viele Male getan: das Gewehr herumgerissen, auf Kidane gezielt und geschossen." (S.411) Und nur weil sie sich vorstellt, dass ihr nicht der Feind sondern Kidane gegenübersteht, ist sie in der Lage, den Italienier zu erschießen.
Gut dargestellt war dies und auch eine Wandlung von Hirut ist hier zu beobachten.