3. Leseabschnitt: Seite 141 bis Ende

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Zurück in Frankreich lebt unser Chevalier als Chevalière. Die totale Umstellung fällt nicht leicht, besonders die vielen Einschränkungen eines Frauenlebens sind schwer zu ertragen. Ganz besonders ist hier die Rechtlosigkeit vor Gericht zu benennen. Als man seinen Besitz in England verkauft, kann er als Frau keine Rechtsmittel einlegen.
Wie hirnverbrannt ist das denn!

Im Privaten liefern sich Morande, Pierre und d'Eon weitere Scharmützel. Caron (unser Pierre) hat immer was an Laufen. Ich musste in Wiki nachlesen, was es alles mit diesen Papieren auf sich hatte, mit denen sie sich alle ständig befassten - so ganz klar wurde es im Roman für mich nicht. Vllt weil eh alles recht undurchschaubar gewesen ist. Ein Gemauschel und Intrigieren ohnegleichen.

Letztlich ist das Schicksal aber Richter und Caron hat ziemlich viel erlitten, alle seine Kinder sterben, er selbst ist krank und er stirbt lange vor dem Chevalier.

Den Chevalier wirbelt es in diesen turbulenten Zeitläuften auch noch mal ganz schön durcheinander. Er hat sich an das Weiberdasein gewöhnt, wird aber meistens belächelt. Noch einmal wittert er ein tolles Abenteuer, die Schulung eines Amazonenbataillons. Im Zuge dieser Zeit versöhnt er sich mit seiner Mutter. Das ist schön.
Aber weil Caron nicht bereit ist, die Überfahrt nach USA zu bezahlen, scheitert das ruhmvolle Unternehmen, bevor es ganz und gar ruhmvoll wurde und die Amazonen alle totgeschlagen werden. Hoffentlich haben sie trotzdem etwas fürs Leben mitgenommen.

Der Chevalier muss in den Zeiten der französischen Revolution nach England verduften, damit er nicht guillotiniert wird. Er beklagt sich aber nicht, sondern arbeitet für seinen Unterhalt. Nach einem tragischen Unfall nimmt ihn Mrs Cole bei sich auf. Aber auch diese Zeit ist schwer. Beide kommen ins Armenhaus. Dann zahlt die Loyalität gegenüber Morande sich endlich aus und man kann noch einige Jahre in genügsamer Ruhe leben.

Was für ein Leben! Was für ein Leben!
Wie gut, dass wir heute Sozialversicherungen haben.
Ob die Memoiren erhalten sind?
 
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Anjuta

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8. Januar 2016
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mit dem erzwungenen Grenzübertritt nach Frankreich wechselt d'Eon auch gezwungenermaßen seine Geschlechtsmerkmale, die auch hier wieder reine Äußerlichkeiten sind (Kleidung, Sattel, Waffen). Er entwickelt eine Feindschaft zu Beaumarchais, wo zuvor Liebe und Anziehung war (der Grund liegt wohl in dem gefakten Wetteinsatz, oder?) und fühlt sich plötzlich wohl im Nonnenkloster. Doch da kann er nicht bleiben und geht wieder hinaus in die Welt, schlägt sich wie bisher durch nur mit der Hilfe und der Unterstützung von Anderen, die er gnadenlos auszunutzen weiß. Seine Rolle als Frau hat ihn so gar kein bisschen verändert. Er lebt einfach weiter wie bisher, eben nur in der Last von Frauenkleidern. Frauen, die sich für sein Leben und den Geschlechterwechsel interessieren, stellen tiefschürfende Fragen:
Worin unterscheidet sich die Liebe, die ein Mann fühlt, von der Liebe, die eine Frau fühlt? Einzig ihr allein seid imstande, uns das zu sagen
Aber nein. Weit gefehlt. Er kann auf die Frage nicht nur nicht Antwort geben, nein, er hat keinen Funken von Verständnis für diese Frage. Denn sein Wandel zwischen den Geschlechtern ist für ihn ein reines Instrument zum Erreichen von Macht und Einfluss. Geht es als Frau besser, dann her mit den Kleidern! Geht es als Mann besser, dann her mit der Uniform! So interessiert mich dieser Charakter weiterhin gar nicht.
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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Finis! Und was für eins!

Ein wahrer Rosenkrieg entfacht sich zwischen Pierre de Caron/Charon (großartig!) und Beaumont.
Und dann dieses Stelldichein des Who-is-Who Europas, von Voltaire über Marie Antoinette (klaro, war sie doch Louis XVIs Frau) bis hin zum Comte de Polignac - bestimmt der Vater, oder Großvater von Pozzis Reisegfährten nach London. (@kingofmusic stellte ja schon im 2. LA eine Verbindung zum Mann im roten Rock her.)
Benjamin Franklin steht auch auf der Besucherliste, obwohl dieser der Amazonentruppe ziemlich gleichgültig gegenübersteht und sogar dem Halodri Pierre die Finanzierung der Überfahrt überlässt.

Ziemlich streng gerafft, die letzten Jahre unserer lieben Chevaliere und ich fühlte mich sosehr auf der sicheren Seite bei ihrer Geschlechtsbestimmung!;)
 
G

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Zurück in Frankreich lebt unser Chevalier als Chevalière. Die totale Umstellung fällt nicht leicht, besonders die vielen Einschränkungen eines Frauenlebens sind schwer zu ertragen. Ganz besonders ist hier die Rechtlosigkeit vor Gericht zu benennen. Als man seinen Besitz in England verkauft, kann er als Frau keine Rechtsmittel einlegen.
Wie hirnverbrannt ist das denn!
Wie eingeengt er sich hier fühlt. Keine Wahl mehr. Nur noch Spielball. Dennoch versucht der Chevalier weiter zu agieren. Wahlmöglichkeiten zu finden. Ein starker Charakter!
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
mit dem erzwungenen Grenzübertritt nach Frankreich wechselt d'Eon auch gezwungenermaßen seine Geschlechtsmerkmale, die auch hier wieder reine Äußerlichkeiten sind (Kleidung, Sattel, Waffen). Er entwickelt eine Feindschaft zu Beaumarchais, wo zuvor Liebe und Anziehung war (der Grund liegt wohl in dem gefakten Wetteinsatz, oder?) und fühlt sich plötzlich wohl im Nonnenkloster. Doch da kann er nicht bleiben und geht wieder hinaus in die Welt, schlägt sich wie bisher durch nur mit der Hilfe und der Unterstützung von Anderen, die er gnadenlos auszunutzen weiß. Seine Rolle als Frau hat ihn so gar kein bisschen verändert. Er lebt einfach weiter wie bisher, eben nur in der Last von Frauenkleidern. Frauen, die sich für sein Leben und den Geschlechterwechsel interessieren, stellen tiefschürfende Fragen:
Worin unterscheidet sich die Liebe, die ein Mann fühlt, von der Liebe, die eine Frau fühlt? Einzig ihr allein seid imstande, uns das zu sagen
Aber nein. Weit gefehlt. Er kann auf die Frage nicht nur nicht Antwort geben, nein, er hat keinen Funken von Verständnis für diese Frage. Denn sein Wandel zwischen den Geschlechtern ist für ihn ein reines Instrument zum Erreichen von Macht und Einfluss. Geht es als Frau besser, dann her mit den Kleidern! Geht es als Mann besser, dann her mit der Uniform! So interessiert mich dieser Charakter weiterhin gar nicht.
Dies wäre ja wieder ein Reduzieren seiner Person auf etwas. Ebenso müsste er sich erklären. Warum sollte er dies wollen? Ebenso könnte man denken, liebt jeder Mann/jede Frau gleich, nur weil er/sie ein Mann/eine Frau ist? Liebt nicht jeder so, wie er/sie empfindet, also als Person/als Charakter?
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Absolut interessant ist in meinen Augen seine Familie, seine Herkunft. Der Chevalier schreibt seine Mutter kennt ihn nicht. Obwohl sie ihn geboren hat. Nur Pierre kennt ihn. Das finde ich interessant und so aufschlussreich, wie es Fragen aufwirft!

In der Familie ist der erste Sohn gestorben. Dann kamen nur Mädchen, die Schwestern des Chevalier. Ein Sohn wurde gewünscht. Und dann erblickte der Chevalier das Licht der Welt. Eigentlich der erwünschte Segen für die Familie. Aber die Familie wirkt nicht so gesegnet. Alles wirkt etwas unterkühlt. Erst später wirkt die Mutter plötzlich gelöster und freier und reagiert auch wärmer auf den Chevalier. Durch den Tod des Mannes. Dies klingt nach einem bitteren Süppchen und ist sicher ein Grund warum der Chevalier so ist wie er ist. ...
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich fand die langen Auslassungen über das extrem unbequeme Frauengewand etwas merkwürdig. Es ist ja nicht das erste Mal, dass der Erzähler Frauenkleider trägt, und offenbar hat es ihm bis zu diesem Punkt immer Vergnügen bereitet. Hier fehlte mir eine Erklärung, zum Beispiel ob die Frauenkleidung in England bequemer und leichter anzulegen war als die französische. Oder ob ihn die Kleider nur deshalb geärgert haben, weil er jetzt keine Wahl mehr hatte.
 

Wandablue

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Ich fand die langen Auslassungen über das extrem unbequeme Frauengewand etwas merkwürdig. Es ist ja nicht das erste Mal, dass der Erzähler Frauenkleider trägt, und offenbar hat es ihm bis zu diesem Punkt immer Vergnügen bereitet. Hier fehlte mir eine Erklärung, zum Beispiel ob die Frauenkleidung in England bequemer und leichter anzulegen war als die französische. Oder ob ihn die Kleider nur deshalb geärgert haben, weil er jetzt keine Wahl mehr hatte.
Ja, kann sein. Ich nehme aber an, er hat sich nicht ganz standesgemäß gekleidet in London. In Frankreich jedoch wird er angezogen, " wie es sich gehört". Mit sämtlichem Unterzeug. Ich frag mich bloss, was war, wenn sie mal mussten. Vier Stunden Anziehzeit ist der Hammer. Das erklärt jetzt aber auch, warum die Damen von Stand unbedingt Zofen brauchten. Ich hab mich immer gefragt, wer so doof ist, dass er sich nicht selber anziehen kann. Aber so viele Häkchen und Ösen und Schnüre, furchtbar.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Ja, kann sein. Ich nehme aber an, er hat sich nicht ganz standesgemäß gekleidet in London. In Frankreich jedoch wird er angezogen, " wie es sich gehört". Mit sämtlichem Unterzeug. Ich frag mich bloss, was war, wenn sie mal mussten. Vier Stunden Anziehzeit ist der Hammer. Das erklärt jetzt aber auch, warum die Damen von Stand unbedingt Zofen brauchten. Ich hab mich immer gefragt, wer so doof ist, dass er sich nicht selber anziehen kann. Aber so viele Häkchen und Ösen und Schnüre, furchtbar.
Ich erinnerte mich beim Lesen an die Hochzeit meiner Nichte vor zwei Jahren. Die trug ein derart ausladendes Kleid, dass sie den ganzen Abend an einem einzigen Sektchen nippte, nur um nicht aufs Klo zu müssen.
Irgendwann musste sie dann doch, na ja, es ging irgendwie, aber warum tut man sich das an?
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Irgendwann musste sie dann doch, na ja, es ging irgendwie, aber warum tut man sich das an?
don t know. Ich hatte ein Kleid mit Lochmuster wie aus den 50ern, das 120 Euro gekostet hat. Es war aber sehr schön. Und bequem. Der Anzug des Herrn war mächtig teuer und er war in zwei Jahren schon "herausgewachsen" bauchmässig.
Hochzeit am Strand mit Bikini, das is es.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Am Hofe der Sonnenkönige herrschte strenge Kleiderordnung und diese war bestimmt auch nicht nur nach dem Aussehen bestellt. Die einzelnen Kleidungsstücke sollten die Frauen auch rein mechanisch von Männerangelegenheiten fernhalten. Das hat Frau Dische hier sehr schön herausgearbeitet und mit den Hinweisen auf Klageverbot beim Verkauf der Häuser unterstrichen.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Am Hofe der Sonnenkönige herrschte strenge Kleiderordnung und diese war bestimmt auch nicht nur nach dem Aussehen bestellt. Die einzelnen Kleidungsstücke sollten die Frauen auch rein mechanisch von Männerangelegenheiten fernhalten. Das hat Frau Dische hier sehr schön herausgearbeitet und mit den Hinweisen auf Klageverbot beim Verkauf der Häuser unterstrichen.
Bei der Dauer des An—und Auskleidens blieb denen ja auch nicht mehr viel Zeit um den Männern ins Handwerk zu pfuschen.
Damals gab es eh verrückte Dinge, sogar eine Falle gegen Läuse steckten die Damen sich damals in die turmhohen Perücken. Sie haben zwar gepudert was das Zeug hält, aber mit der Körperhygiene nahmen die es nicht so genau.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Am Ende kommt heraus, dass Morande wieder ein falsches Spiel gespielt hat. Pierre hat nur nicht mehr viel davon, als er DˋEon alles berichtet. Für mich unvorstellbar, dass er ihn bis zum Ende als Freund bezeichnet hat.
James zündet das Haus des Lord X an, so habe ich zumindest eine Antwort auf meine Frage bekommen, ob die versteckten Schriften noch zum Einsatz kommen.
Das am Ende ganz banal aufgeklärt wird, dass er ein Mann war, fand ich gut. Die ganze Zeit wurde viel aufhebens darum gemacht, aber an diesem Punkt im Leben ist es eh egal ob Männlein oder Weiblein.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Absolut interessant ist in meinen Augen seine Familie, seine Herkunft. Der Chevalier schreibt seine Mutter kennt ihn nicht. Obwohl sie ihn geboren hat. Nur Pierre kennt ihn. Das finde ich interessant und so aufschlussreich, wie es Fragen aufwirft!

In der Familie ist der erste Sohn gestorben. Dann kamen nur Mädchen, die Schwestern des Chevalier. Ein Sohn wurde gewünscht. Und dann erblickte der Chevalier das Licht der Welt. Eigentlich der erwünschte Segen für die Familie. Aber die Familie wirkt nicht so gesegnet. Alles wirkt etwas unterkühlt. Erst später wirkt die Mutter plötzlich gelöster und freier und reagiert auch wärmer auf den Chevalier. Durch den Tod des Mannes. Dies klingt nach einem bitteren Süppchen und ist sicher ein Grund warum der Chevalier so ist wie er ist. ...
Wobei ich hier auch überlegt habe, ob die Mutter ihn damals vielleicht auch ein wenig als Mädchen gesehen hat, und deshalb enttäuscht war. Es wird ja mehrfach beschrieben, dass er eher schmal war, er eine hohe Stimme hat, beim Baden wurde die Unterwäsche angelassen usw
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Wobei ich hier auch überlegt habe, ob die Mutter ihn damals vielleicht auch ein wenig als Mädchen gesehen hat, und deshalb enttäuscht war. Es wird ja mehrfach beschrieben, dass er eher schmal war, er eine hohe Stimme hat, beim Baden wurde die Unterwäsche angelassen usw
Nun - er war letztlich schwul. Das meint er damit, dass nur Pierre ihn kannte. // Läusefallen im Haar. Ekelhaft. Wasser, Seife und Haare ab, hätten weit besser geholfen. Aber auch an den Pocken starben die Leute wegen mangelnder Hygiene. Man trug die Kleider wochenlang.Ein ganz ganz ekliger Gedanke.