Zwei Wochen im Juni: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Zwei Wochen im Juni: Roman' von Anne Müller
3.75
3.8 von 5 (8 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Zwei Wochen im Juni: Roman"

Ada liebt ihr Elternhaus an der Ostsee mit dem herrlichen Bauerngarten, doch nun heißt es, Abschied nehmen. Nach dem Tod der Mutter muss Gragaard verkauft werden. Zusammen mit ihrer Schwester Toni räumt sie Haus und Bootsschuppen aus, und eine Reise in die Vergangenheit beginnt: Da sind die Abendkleider der Mutter, die die rauschenden Sommerfeste wiederaufleben lassen und die glücklichen Tage, bevor der Vater die Familie verließ. Und da sind die Ölporträts, die der russische Maler Maxim, um dessen Aufmerksamkeit die Mädchen buhlten, einst von ihnen angefertigt hat. Als sie im Sekretär einen Brief der Mutter an sie beide finden, fasst Ada endlich den Mut, sich ihren Sehnsüchten zu stellen, und aus dem Abschied wird Aufbruch.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783328601098

Rezensionen zu "Zwei Wochen im Juni: Roman"

  1. 3
    21. Jul 2020 

    Eine ganz normale Geschichte

    Es gibt Bücher, die danach verlangen, zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort gelesen zu werden. "Zwei Wochen im Juni" von Anne Müller ist solch ein Buch. Natürlich sollte es im Sommer gelesen werden. Und perfekt wäre es, wenn man das Buch an der Ostsee lesen würde. Womit wir auch schon bei dem Schauplatz dieses Romans wären.
    In "Zwei Wochen im Juni" widmen sich zwei Schwestern der schwierigen Aufgabe, das Haus ihrer Kindheit aufzulösen und zu verkaufen. Leider ist ihre Mutter, die bis zuletzt hier gelebt hat, vor Kurzem verstorben. Mit diesem Haus und den Dingen, die ihnen bei der Haushaltsauflösung begegnen, sind viele Erinnerungen verknüpft. Es sind schöne und fröhliche Erinnerungen, aber auch schmerzhafte Erinnerungen. Den Schwestern ist bewusst, dass es nicht leicht wird, sich von dem Haus zu trennen.
    Die beiden Schwestern sind unterschiedlich wie Tag und Nacht. Die jüngere Ada ist auf der Suche nach einer Konstante in ihrem Leben. Sie hat noch keinen Plan, wie sie ihr Leben gestalten möchte. Die Beziehung zu einem verheirateten Mann trägt auch nicht dazu bei, dass ihr Leben in geordneten Bahnen verlaufen könnte. Ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester Toni, die als Lehrerin mit Mann und Tochter ihren bisherigen Lebensweg sehr zielstrebig und konsequent gegangen ist. Die Beziehung der beiden Schwestern zueinander ist trotz ihrer Gegensätze sehr eng.
    Nun stehen beide vor der Herausforderung, durch die Auflösung des Hauses, indem sie ihre Kindheit verbracht, mit einem gemeinsamen Lebensabschnitt abzuschließen.
    "Zwei Wochen im Juni" ist ein Wohlfühlbuch. Denn die Geschichte, die Anne Müller erzählt, ist weder spektakulär und spannend noch Problem behaftet. Sie erzählt eine Geschichte, die nicht ungewöhnlich ist: Zwei Schwestern, die vor der traurigen Aufgabe stehen, den Nachlass eines verstorbenen Elternteils aufzulösen, dabei in die Vergangenheit abtauchen und am Ende ihrer Wege gehen. Die Geschichte wird vor der malerischen Kulisse der Ostsee erzählt. Und die Beschreibung dieses Schauplatzes ist der Autorin ausgesprochen gut gelungen. Zumindest kann man die Urlaubsstimmung nachempfinden, die ein Aufenthalt an der Ostsee mit sich bringt.
    Mehr als den Wohlfühlfaktor sowie das eingefangene Ostsee-Flair hat das Buch auch nicht zu bieten. Es ist in einem sehr gefälligen Sprachstil geschrieben, der dem Leser nicht viel abverlangt, sondern geschmeidig durch das Buch rutschen lässt. Dadurch liegt der Verdacht nahe, dieses Buch als triviale Unterhaltungsliteratur abzutun. Doch ich täte mich schwer mit diesem Urteil. Denn am Ende ist mir die Geschichte nahe gegangen, was vermutlich daran liegt, dass man sich während der Lektüre zwangsläufig die Frage stellt, wie man selbst derartige 2 Wochen an Stelle der beiden Schwestern erleben würde. Und Bücher, die mir nahe gehen und mich gedanklich beschäftigen sind für mich niemals trivial.

    Teilen
  1. Schöne Unterhaltung

    Zwei ungleiche Schwestern, ein geliebtes Haus am Meer und die traurige Pflicht es nach dem Tod der Mutter auszuräumen und zu verkaufen. Das ist der Beginn von zwei sommerlichen Juniwochen, die beide Schwestern zwingen, ihren Lebensweg zu überdenken.

    Ada ist Künstlerin, lebt seit Jahren in einer heimlichen Beziehung mit einem verheirateten Mann und scheint zufrieden mit der Zeit und der Aufmerksamkeit, die für sie abfallen. Toni, die ältere Schwester hat ihr Leben im Griff, durchorganisierte Abläufe, Perfektion im Beruf als Studienrätin und als Familienmanagerin gehen ihr über Alles. Aber das Haus, die Erinnerungen, die auf sie beide einströmen, bringen die Frauen dazu, ihr Leben auf den Prüfstand zu stellen.
    Die Geschichte ist ganz linear und auch einfach erzählt. Als Stilmittel wählt die Autorin Tagebücher und Briefe um die Vergangenheit einzubeziehen. Sommerlich leicht und emotional erzählt, aber nie kitschig, hat mich der Roman sehr gut unterhalten. Mir waren die Protagonisten gleich sympathisch, ich habe mich gut in ihre Lebenssituation und in sie einfühlen können. Schön eingefangen wurde die sommerliche Stimmung an der Ostseeküste, das gefiel mir als Hintergrund, brachte auch eine richtige Urlaubsstimmung in die Geschichte.

    Ich habe das Buch gern gelesen, auch wenn dem Roman manchmal ein wenig mehr Tiefgang gut getan hätte. So bleibt wenig Nachhall. außer dem Gefühl sich für einige Lesestunden gut unterhalten zu haben und damit wurden meine Erwartungen auch erfüllt.

    Besonders gelungen ist die Gestaltung des Buches. Eine grafisch schöne Einbandgestaltung mit kleinen Akzenten, die sich auf dem Buchdeckel und Vorsatz wiederholen, dazu ein farblich passendes Lesebändchen sind mir gleich ins Auge gefallen.

    3,5 Sterne, die ich gerne aufrunde

    Teilen
  1. Ein unterhaltsamer und feinfühliger Roman

    Ein unterhaltsamer und feinfühliger Roman

    Zwei Wochen im Juni von Anne Müller kam mir ein wenig vor wie ein Sommerurlaub. Es war schön dort zu verweilen, und am Ende war ich traurig, den Ort wieder verlassen zu müssen.

    Aber natürlich lässt der Roman sich nicht auf das herrliche Haus am Meer reduzieren, ganz sicher nicht. Er besticht eher durch seine leise Erzählweise, über das Leben zweier Schwestern. Ada und Toni, die sehr unterschiedlich sind. Nora Hoffmann, die Mutter der beiden, verstarb kürzlich, und nun soll das Zuhause der Kindheit, Gragaard, das verträumte Haus mit dem Bauerngarten an der Ostsee,veräußert werden.

    Aus Adas Sicht erzählt, wird dem Leser schnell klar, dass mit dem Tod der Mutter, die bis zuletzt im Haus am Meer gelebt hat, viel mehr auf die Frauen zukommt, als der reine Hausverkauf. Viele Erinnerungen werden wach, viele schöne Erlebnisse, aber auch einiges aus Kindheitstagen, was schwer für die ganze Familie gewesen ist.

    Ada hat eine Karriere als Künstlerin begonnen, sie hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann, dem zuliebe sie ein Stipendium in New York auf Eis legt. Bis jetzt war ihr die Beziehung immer als Erfüllung vorgekommen, doch nun, als die ganzen alten Erinnerungen sie überkommen, und sie noch ein paar interessante Details aus dem Leben ihrer Eltern, die sich damals trennten, weil ihr Vater eine jüngere Geliebte hatte, erfährt, beginnt Ada umzudenken. Ada, das jüngere Kind der Familie, das sich immer zurückgesetzt, nicht perfekt gefühlt hat, setzt sich mit vielem positiv auseinander.

    Auch Toni, die ältere der beiden, die immer perfekt, ja schon pedantisch war, muss erkennen, dass man auch mal die Seele baumeln lassen muss, nicht alles durchorganisieren muss. Ihre Ehe wäre fast in diesem Wahn zerbrochen, auch sie muss sich einigen Dingen stellen, um den Menschen, den sie liebt nicht zu verlieren.

    Nun fragt man sich sicher, was daran so besonders sein soll? Zwei Schwestern, die über die alte Zeit sprechen, ein paar Geheimnisse aufdecken und nebenher ein Haus ausräumen und verkaufen?
    Die Art wie Anne Müller die Geschichte erzählt,das ist das Geheimnis hinter allem. Sie unternimmt in meinen Augen nicht den Versuch ihre Charaktere perfekt zu machen, sie stellt sie dem Leser so vor, wie sie sind, mit allen Ecken und Kanten. Auch wenn sich am Ende einiges zum positiven wendet, hatte ich aber trotzdem nicht das Gefühl eines erzwungenen Happyends.
    Ein leichter aber einfühlsamer Roman, der mich wirklich begeistern konnte.

    Teilen
  1. Leichte Unterhaltung ohne Leichtigkeit

    Zwei ungleiche Schwestern, ein Elternhaus an der Ostsee, das nach dem Tod der Mutter ausgeräumt und verkauft werden muss, sind die Grundzutaten für diesen unaufgeregt erzählten und kitschfreien Unterhaltungsroman. Ich habe mich von der Grundstimmung, die die Geschichte verspricht, zum Lesen locken lassen - Kindheitserinnerungen an das Meer, an die verstorbene Mutter, gespickt mit ein paar Verwicklungen in der Gegenwart.

    Ada und Toni, die Schwestern, die nicht ungleicher sein könnten, treffen sich nach dem Tod der Mutter in ihrem alten Elternhaus an der Ostsee in Gragaart. Ada lebt mit weit offenen Augen und Herzen, ganz Künstlerin, in Hamburg, hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann, der sie an der kurzen Leine hält. Toni, die durchstrukturierte und durchgestylte Planerin, verheiratet mit zwei fast erwachsenen Kindern, führt hinten in ihrem Lehrerkalender codierte Listen über ihr Sexleben mit ihrem Ehemann. Ada freut sich auf die Zeit mit ihrer Schwester im Elternhaus und auf die Reise in die Vergangenheit, doch Toni sperrt sich und ist anfangs schnell wieder in ihr komplett verplantes Alltagsleben mit Lehrerjob und Familie eingebunden. Erst allmählich nähern sich die beiden ihrer Vergangenheit, lassen mit alten Kleidern aus Überseekoffern glückliche Tage wieder aufleben und kommen dabei ihrer Mutter, ihrem schon lange totem Vater und sich selbst näher. Und wie so oft, wenn das Leben kurz innehält, schärft sich der Blick der beiden auf die eigene Situation, die für keine der Schwestern eine glückliche ist. Mit hoffnungsvollem offenem Schluß enden die zwei Wochen im alten Elternhaus an der Ostsee für beide, kitschfrei und mit Spielraum für verschiedene Wege.

    Eine angenehme Geschichte, unaufgeregt und (fast) kitschfrei erzählt, Sommerstimmung am Meer und im alten Haus mit schönem Bauerngarten und Familienerinnerungen - das verspricht einen angenehmen Unterhaltungsroman.
    Ich bin jedoch nicht wirklich im Buch angekommen, was hauptsächlich stilistisch bedingt ist. Der Schreibstil ist mir zu hölzern mit Nebensätzen, die manchmal unpassend, oft sperrig und stocktrocken wirken. Deutsch-unterkühlt und sehr sachlich nicht zur Situation passend, mit gestelzten Nebensächlichkeiten, die für mich oft uninteressant für die Geschichte sind.
    Und die Figuren bleiben mir sehr fern, sie handeln stereotyp, passen sehr gut in für sie vorgesehene Schubladen. Ich vermisse in der Geschichte Leichtigkeit und Poesie, die sehr gut zur Grundidee der Story gepasst hätte. Ein paar Konstruktionen und Verwicklungen sind mir zu vorhersehbar und aufgesetzt.

    Es ist eine leicht lesbare leichte Unterhaltungslektüre, die, um mit dem bei Whatchareadin neu geschöpften Ausdruck zu arbeiten, durchaus viel mehr „Hängemattigkeit“ im Sinne von Leichtigkeit und Poesie, etwas mehr Bildhaftigkeit und weniger Gestelztheit vertragen hätte. Auch eine nicht ganz so chronologische Erzählweise und die eine oder andere Überraschung hätten dem Buch gut getan.

    Teilen
  1. 4
    14. Jun 2020 

    Unterhaltung im besten Sinne

    „Ich habe was, was Du nicht hast“ - so ging ein Spiel, das die beiden Schwestern Ada und Toni in Kindertagen auf langen Autofahrten gespielt haben. Auch als erwachsene Frauen konkurrieren sie mit ihren jeweiligen Lebensentwürfen.
    Da ist Ada, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Sie ist die Jüngere, die als Single und kreative Künstlerin ein ungebundenes Leben führt.
    Dagegen ist Toni, Studienrätin, verheiratet und Mutter zweier fast erwachsener Kinder, fest eingebunden in ihr bürgerliches Dasein.
    Nach dem überraschenden Tod der 73jährigen Mutter Nora treffen sich die beiden, um ihr früheres Elternhaus auszuräumen und für einen Verkauf vorzubereiten. Viel Wehmut ist dabei. Waren sie doch hier, in der „ Möchtegern- Villa“ mit großem Garten und Blick auf die Ostsee, einmal sehr glücklich. Bis eines Tages der Vater die Familie verlässt, um mit seiner langjährigen Geliebten Barbara ein neues Leben zu beginnen. Für die Töchter war das damals sehr schmerzhaft.
    Das gemeinsame Entrümpeln bringt die beiden Frauen einander wieder näher. Erinnerungen an früher werden wach. Außerdem finden sie die Zeit, über die Dinge zu sprechen, die sie aktuell belasten.
    Die Familienidylle von Toni hat längst Risse bekommen; ihre Ehe ist in einer ernsthaften Krise. Sie selbst fühlt sich im Hamsterrad gefangen, aus dem sie nur schwer herausfindet.
    Ada ist seit drei Jahren die Geliebte eines verheirateten Mannes. Und sie spürt zusehends, dass ihr diese Rolle nicht mehr genügt, dass sie diese Beziehung auf Dauer nicht glücklich werden lässt.
    Beim Aufräumen der vielen Zimmer, Schränke und Kommoden stoßen sie auf altvertraute Dinge. Nach dem Motto, das dem Buch vorangestellt ist ( „Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort...“) erinnern manche Gegenstände an frühere Momente und Personen. Briefe, die sie finden, lassen auch ihre Mutter in einem neuen Licht erscheinen.
    Nach diesen zwei Wochen haben Ada und Toni ihre Eltern neu kennengelernt, aber auch sich selbst. Sie entrümpeln danach ihr altes Leben und wagen einen Neuanfang.
    Anne Müller erzählt uns hier eine unspektakuläre Geschichte über ganz normale Menschen. Trotzdem hat mich dieser Roman gepackt; er behandelt Themen, die jeden betreffen können und die Figuren sind mir wirklich nahe gekommen . Es ist eine Geschichte der leisen Töne, mit sehr viel Atmosphäre und Lokalkolorit. Eine wichtige Rolle spielt auch die Landschaft und die Natur.
    „Zwei Wochen im Juni“ ist Unterhaltungsliteratur im besten Sinne: Nicht banal, nicht kitschig, dafür anrührend, lebensklug und realistisch. Der Verlag hat dieses schöne Buch auch sehr ansprechend gestaltet.

    Teilen
  1. 4
    13. Jun 2020 

    Eine unterhaltsame, aber keineswegs kitschige Sommerlektüre!

    Der Roman beginnt sehr vergnüglich mit der Autofahrt einer vierköpfigen Familie und einem witzigen Spiel zum Zeitvertreib, das wie maßgeschneidert zu den beiden Töchtern Ada und Toni auf dem Rücksitz passt und sowohl die Rivalität der Schwestern als auch deren Zuneigung und Verbundenheit veranschaulicht. Diese Anfangsszene zeigt eine Sequenz aus einem „ganz normalen“ Familienleben.

    Dann ein Zeitsprung:
    Wieder eine Autofahrt.
    Dieses Mal fährt die jüngere der beiden Schwestern, Ada, mit ihrem Auto von Hamburg in ihre Heimat nach Schleswig Holstein in ihr Elternhaus an der Ostseeküste.

    Ihre 73jährige Mutter ist vor sechs Wochen verstorben. Die beiden Schwestern wollen sich im Haus treffen, um auszumisten und es zu verkaufen.

    Im Verlauf lernen wir die beiden Schwestern, Ihre Eigenarten, Gedanken und Gefühle immer besser kennen.
    Darüber hinaus bekommen wir auf abwechslungsreiche Weise einen wunderbaren Einblick in deren Familiengeschichte.
    Anhand von Erinnerungen und Briefen, aber auch durch einen Schulaufsatz erwacht die Vergangenheit zum Leben und es werden sowohl tiefgründige Gespräche als auch witzige Unterhaltungen geführt. Geheimnisse kommen ans Licht und nach und nach entsteht aus vielen Puzzleteilen das Bild einer Familie.

    Der ruhige und unaufgeregte Erzählstil gefiel mir gut.
    Anne Müller erzählt von einem eigentlich unspektakulären, „ganz normalen“ Leben auf feinfühlige, einfühlsame, unaufdringliche und warmherzige Art und Weise.

    Ein schöner und, wie ich meine, kluger und wahrer Satz, der sich auf viele andere Bereiche übertragen lässt, ließ mich innehalten: „… Die Leute hören meiner Meinung nach Musik immer viel zu laut und verwechseln Lautstärke mit Intensität. Das Gegenteil ist der Fall, das Leise ist immer das Intensivste, die in piano oder pianissimo gespielten Stellen berühren die Menschen im Publikum am meisten, da stockt kollektiv der Atem.“ (S. 211)
    auch der Roman kommt leise daher.

    Vor dem geistigen Auge erwachen sowohl die Schwestern als auch die Orte und die vielen unterschiedlichen Situationen im Hier und Jetzt, sowie in der Vergangenheit zum Leben.

    Alles wirkt sehr natürlich, nachvollziehbar und lebensnah.

    Der Roman entwickelt schon bald eine Sogwirkung und man wird neugierig darauf, wie es weitergeht.

    Ganz im Gegensatz zu früheren Rezensionen möchte ich hier noch ein paar Takte zur Aufmachung des Buches loswerden.
    Das Buch kommt schlicht und elegant daher, worin sich bereits die Liebe zum Detail ankündigt und wodurch symbolisiert wird, was einen bei der Lektüre erwartet:
    Da schreit dem Leser nichts entgegen, obwohl es mit dem hellen Blau auf sich aufmerksam macht. Gerade das Dezente und Unspektakuläre wirkt anziehend und macht neugierig. Schon in der Farbenwahl blieb, so scheint es mir, nichts dem Zufall überlassen. Die Farbe Blau spielt immer wieder eine Rolle im Buch und wird im Buchumschlag aufgegriffen:
    Als Ada die Todesnachricht von ihrer Mutter erhält, mischt sie gerade einen Blauton zusammen.
    Toni schenkt ihrer Mutter zum 70. Geburtstag eine blaue Kaschmirjacke.
    Das Blau des Meeres.
    Die blauen Augen von Toni und der Mutter.
    Auch der Orangeton der 70er Jahre findet im Buchumschlag seinen Widerhall.

    Das mag für manche Leser unbedeutend sein. Ich selbst achte nie bewusst auf solche Dinge. Und genau deshalb erwähne ich es hier: weil es mir regelrecht ins Auge sprang und imponierte.

    Für mich war der Roman „Zwei Wochen im Juni“ eine unterhaltsame, berührende und herzerwärmende, aber keineswegs seichte Urlaubs- und Sommerlektüre. Die Zeit mit dem Buch machte mir Spaß, auch wenn es sicherlich keine hohen literarischen Ansprüche befriedigt.
    Manche Passagen bargen die Gefahr, ins schnulzig-kitschige abzugleiten, aber Anne Müller hat diese Gefahren gut umschifft.

    Teilen
  1. Abschied von Gragaard

    Anne Müllers Debütroman "Sommer in Super 8" hätte ich 2018 fast verpasst, weil ich ihn zunächst in die Kategorie „Leichter Frauenroman“ eingeordnet und erst auf dringende Empfehlung einer Bücherfreundin gelesen habe. Das Buch über eine schwierige Kindheit und Jugend in den 1970er-Jahren und eine durch Schweigen gelähmten Familie hat mich dann aber überzeugt, vor allem aufgrund der genauen Beobachtungen der jungen Protagonistin Clara.

    Der zweite Roman, "Zwei Wochen im Juni", ist nun tatsächlich ein Buch für die Hängematte, ein Frauen-Wohlfühlroman für zwischendurch, für einen Sonntag auf dem Balkon oder für den Strand. Er liest sich leicht, macht Lust auf einen Ostsee-Urlaub in Schleswig-Holstein, wird mir aber nicht so im Gedächtnis bleiben wie der Vorgänger.

    Ein Lebensabschnitt geht zu Ende
    Ada und Toni, Schwestern Mitte Vierzig, haben vor kurzem ihre Mutter verloren. Die knapp 73-Jährige ist überraschend an Herzversagen gestorben, ein gnädiger, gleichwohl zu früher Tod. Nun muss das Haus mit dem Esszimmerblick aufs Meer und dem gepflegten Bauerngarten, das Haus, in dem sie aufgewachsen sind, entrümpelt und verkauft werden. Der sensiblen Malerin Ada fällt das schwerer als Toni, hat sie doch keine eigene Familie, lediglich seit drei Jahren einen verheirateten Geliebten, einen „Schönwettermann“, „Mittagspausenanrufer“, „Mittenindernachtgeher“ und „Niemalsfrühstücksmensch“. Doch auch bei Toni, der kopfgesteuerten Studienrätin, läuft privat längst nicht alles rund und in ihrer Bilderbuchfamilie gibt es Brüche.

    Während die Schwestern den Haushalt in ihrem Elternhaus in Gragaard, einem fiktiven Dorf unweit von Kappeln an der Schlei, auflösen und Kaufinteressenten herumführen, stoßen sie auf viele kleine Schätze, die ihnen Geschichten erzählen und Erinnerungen auslösen. In den beiden Wochen, die ihnen zum Abschiednehmen bleiben, begegnen sie nicht nur ihrer Vergangenheit, lernen ihre verstorbene Mutter von einer neuen Seiten kennen und kommen sich über die Rückbesinnung auf ihre Kindheit wieder näher, sondern treffen auch wichtige Entscheidungen für ihre Zukunft, in der es kein Gragaard mehr für sie geben wird.

    Ein Haus zum Verlieben
    Nicht bei den eher klischeehaften Protagonistinnen liegt für mich die Stärke des Romans, sondern in der atmosphärischen Schilderung des Hauses und der norddeutschen Landschaft, die sich mit allen Sinnen fühlen lässt:

    "Jetzt erschien am Ende des Weges hinter alten Kastanienbäumen das große zweigeschossige Haus, „unsere Möchtegern-Villa“, wie ihre Mutter immer gesagt hatte. Ein herrlich verwinkeltes, unperfektes Haus mit einer hellen Fassade, die einen Anstrich vertragen konnte, ein Haus, das ein Locationscout vom Film vor Jahren für die Dreharbeiten zu einem Schwedenkrimi hatte mieten wollen."

    Mit dem etwas kleineren Format liegt das Buch beim Lesen sehr angenehm in der Hand. Sehr gelungen ist auch die äußere Gestaltung mit Umschlag und Einband in meerblauer Farbe und dem schlichten Cover, das sich in Teilen auf dem Einband wiederholt.

    Teilen
  1. Ein Familienroman über die magische Kraft der Erinnerung

    „Ada betrachtete sich im Spiegel. Der Pullover war an den Ärmeln zu kurz, er passte nicht wirklich. Und irgendwie fühlte sich ihr Leben im Moment genauso an.“ (Zitat Seite 61)

    Inhalt
    Ada Hoffmann, dreiundvierzig Jahre alt, hat vor vierundzwanzig Jahren das Elternhaus in Gragaard an der Ostsee verlassen, um Kunst zu studieren und lebt jetzt in Hamburg. Toni, ihre drei Jahre ältere Schwester, Studienrätin, lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der kleinen Stadt Ratzeburg. Vor sechs Wochen hatte sich ihre Mutter Nora wie immer abends vor den Fernseher gesetzt, war eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Nun kommen die beiden Schwestern ein letztes Mal nach Gragaard, in das alten Haus am Meer mit dem wunderbaren Garten. Das Haus muss geräumt werden, denn es wird verkauft. Jedes Stück trägt besondere Erinnerungen in sich, die sie nochmals durchleben. Dabei beginnen sie, auch über ihr aktuelles Leben nachzudenken.

    Thema und Genre
    In diesem Frauen- und Familienroman geht es um Kindheit, Erinnerungen, Familiengeschichte und um die Liebe in allen Facetten. Plötzlich ist nicht nur die Vergangenheit ein Thema, sondern auch mögliche Veränderungen und neue Wege.

    Charaktere
    In diesem Roman begegnen wir starken Frauen, die, völlig unterschiedlich, doch immer füreinander da sind. Nora, die Mutter, die ihre Karriere als Pianistin beendet hat, als Toni auf die Welt kam, ist die Seele des Hauses in Gragaard, klug, einfühlsam und mit einer großen Liebe zu ihren Töchtern und zu ihrem Garten. Toni schreibt Listen, seit sie schreiben kann, will alles perfekt machen, was dazu führt, dass sie zwischen Job und Familie manchmal auf die Lebensfreude und auf sich selbst vergisst. Ada ist nicht nur optisch das
    genaue Gegenteil. Sie ist eine kreative Künstlerin, die schon als Kind gemalt hat und lange Zeit das Gefühl hatte, im Schatten ihrer selbstbewussten Schwester zu stehen.

    Handlung und Schreibstil
    Besonders Ada hängt sehr an diesem Haus, doch auch ihre gestresste Schwester Toni spürt den alten Zauber der Kindheit und Jugend, als sie sich doch Zeit nimmt, die Gegenstände durchzusehen, zu sortieren und auch Unbekanntes über ihre Mutter zu entdecken. Die Geschichte spielt, wie der Titel sagt, innerhalb von zwei Wochen, allerdings unterbrochen durch Rückblenden, die langsam die gesamte Familiengeschichte bis zu diesen Tagen im Juni ergänzen. Die Sprache erzählt einfühlsam, mit feinem Humor und schildert lebendige Bilder in einer positiven Grundstimmung, die aber niemals übertrieben wirkt.

    Fazit
    Ein poetischer, leiser Roman, der Mut macht, der die Kraft der Erinnerung und den Trost im liebevollen Abschied über die Trauer eines Verlustes stellt. Eine nachdenkliche, aber immer positive Geschichte, die uns ihre sympathischen Figuren und das alte Haus mit seiner Seele und dem wunderbaren Bauerngarten am Meer sofort nahebringt.

    Teilen