Zugvögel: Roman

Rezensionen zu "Zugvögel: Roman"

  1. Wo fliegen sie denn hin?

    !ein Lesehighlight 2020!

    Klappentext:
    „Auf der Suche nach Erlösung folgt eine junge Frau den letzten Küstenseeschwalben in die Antarktis
    Franny hat ihr ganzes Leben am Meer verbracht, die wilden Strömungen und gefiederten Gefährten den Menschen vorgezogen. Als die Vögel zu verschwinden beginnen, beschließt die Ornithologin den letzten Küstenseeschwalben zu folgen. Inmitten der exzentrischen Crew eines der letzten Fischerboote macht sie sich auf den Weg in die Antarktis. Schutzlos ist die junge Frau den Naturgewalten des Atlantiks ausgeliefert, allein die Vögel sind ihr Kompass. Doch wohin die Tiere sie auch führen, vor ihrer Vergangenheit kann Franny nicht fliehen. Ihr folgt das Geheimnis eines Verbrechens, die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe. Und schon bald entwickelt sich die Reise zu einem lebensbedrohlichen Abenteuer.“

    Himmel, was war das ein geniales Buch! Autorin Charlotte McConaghy hat hier in meinen Augen ein echtes Meisterwerk niedergeschrieben. Ihr Wortwahl und ihr Sprachmelodie sowie ihre Intension diese Geschichte zu erzählen, ergeben eine wahrlich Verschmelzung und haben mich ab der ersten Seite gefangen genommen. Ihren Charakter „Franny“ kann man sehr gut verstehen und sich sehr gut in sie hineinversetzen. Man spürt regelrecht ihren Drang, den Vögeln auf die Spur zu kommen. Man will verstehen, genau wie Franny, warum sie dies tun, warum zieht es sie aus ihrer eigentlichen Heimat? Sind es Getriebene? Heimatsuchende? Liegt es alles wirklich nur am Klimawandel? Diese ganzen Fragen sind zumeist sehr zweideutig zu sehen und man sollte als Leser über den Tellerrand rausschauen und weiterdenken. McConaghy hat so eine wunderbare Form des Nachdenkens in ihrem Buch angegeben und somit hallt dieses Buch mehr als nach, wenn man es beendet hat. Aber nicht nur das. Franny wird zu einer Art Schützerin und man folgt ihr unheimlich gern. Ich mochte ihre Art und ihr Gefühl und Gespür für die Tierwelt. Dennoch reißt mein Lobgesang für dieses Buch noch nicht ab, denn ein wenig Spannung, Liebe und Abenteuer kommen ebenfalls dazu und geben der Geschichte die entsprechende Würze, die sie aber problemlos verträgt.
    McConaghy‘s Geschichte trägt enorm viel Aktualität in sich. Dieses Buch ist ein echter Schatz in der Buchwelt und verdient absolute 5 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung von mir. Ich bin restlos begeistert! Dieses Buch ist eine Reise zu sich selbst und das nicht nur für Protagonistin Franny....

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  1. Zugvögel

    Franny Stone will den letzten Küstenseeschwalben auf ihrem Zug nach Süden folgen. Um dies verwirklichen zu können, braucht sie ein Schiff. Zusammen mit Ennis und seiner Mannschaft macht sie sich auf den Weg.

    Charlotte McConnaghy erzählt hier Frannys Lebensgeschichte in Abwechslung mit den Abschnitten auf der Fahrt nach Süden. So lernt der Leser Franny und ihre Ängste, Leidenschaften und Ziele nach und nach kennen.

    Ich muss sagen, mir ist Franny fremd geblieben. Mir war sie zu spröde und vor allem zu unehrlich zu ihrer Umgebung. Sie erzählt eigentlich immer Geschichten, aber selten ihre wahren Gründe.

    Die Geschichte ist an sich gut geschrieben, allerdings fand ich das zeitliche Konstrukt tatsächlich irritierend. Es bleibt unklar wann, bzw. wo diese Geschichte spielt. Ist es unsere Zukunft oder eine Parallelwelt? Das Szenario, dass schon die meisten wilden Tierarten ausgestorben sind fand ich durchaus beängstigend, aber man erfährt nichts über die Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Nur dass es zu teilweise gewalttätigen Übergriffen auf Fischer kommt, wird erwähnt und ist auch Teil der Geschichte. Hier hätte ich mir mehr gewünscht.

    Von daher war es jetzt kein Buch für mich, ich würde es jetzt auch nicht unbedingt weiterempfehlen. Aber nur, weil es mir nicht zugesagt hat, heisst es ja nicht, dass es nicht anderen gefallen kann.

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  1. Eine Umweltschmonzette

    Dieses Buch erstaunt auf ganzer Linie. Es wollte wohl etwas Umweltdystopisches werden, hat aber ziemlich bald den Kurs verlassen und sich verlaufen. Was es letztendlich ist, kann ich gar nicht genau sagen. Auf jeden Fall spart es nicht mit großen Gefühlen.

    Da ist Franny, die tief trauert, die im Gefängnis war und die den Küstenseeschwalben folgt. Entgegen der Behauptung der Buchbeschreibung ist sie weder Ornithologin noch strebt sie irgendwelche tierschützenden Maßnahmen an. Sie hat ganz andere Gründe, sich in die Arktis aufzumachen. Das ist das Rätsel, das den Leser bei der Stange hält, während es hier auf mehreren Zeitebenen zur Sache geht. Es liegen so einige Rätsel auf dem Tisch. Nur werden die im Verlauf des Geschehens eher mehr als weniger.

    Die Reise und der Tierschutz sind eigentlich nur der Aufhänger, Frannys Vergangenheit und ihre große Liebe aufzuarbeiten, mit großen Gefühlen und einigem Pathos, wobei sie damit nicht alleine ist. Auch der Kapitän des Schiffes hat sein Päckchen zu tragen, hat riesige Hände und ist doch so hilflos.

    Was als abenteuerliche Dystopie begann mutiert zur allgemeinen Elegie über verlorene Liebe, Weltschmerz und das Sterben der Natur. An Dramatik und Kitsch wird nicht gespart. Zum Ende hin gibt es noch ein bisschen Action und eine halbgare Auflösung.

    Dieses Buch ist eine pathetisch geschriebene Schmonzette und tarnt das mit ordentlich Seeluft, ein bisschen Umweltkatastrophe und ganz viel Betroffenheit. Ich weiß nicht, womit ich gerechnet habe, damit auf jeden Fall nicht.
    Das Hörbuch wird sehr schön gelesen, dafür gibt es den zweiten Stern, allerdings keine Leseempfehlung.

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  1. Es gibt keine Vögel mehr

    Kurzmeinung: Ganz nett - mit einer halbgaren Protagonistin

    Der Roman „Die Zugvögel“ setzt die Geschichte einer jungen Frau, Franny Stone, zwischen den Ländern Irland und Australien nach ihrer Herkunft fahndet, in einem dystopischen Zusammenhang. Der Fischbestand hat sich so weit verringert, dass es alsbald verboten wird, auf Fang zu gehen, es gibt quasi keine Vögel mehr und die restliche Tierwelt ist ebenso bedroht. Insoweit ist das Artensterben mit ein Thema.

    Die junge Protagonistin, von deren Leben man bruchstückhaft immer mehr erfährt, hat es sich in den Kopf gesetzt, mit einem Fischerboot den letzten Zug der Seeschwalben von der Artis zur Antarktis zu verfolgen. Für diesen Zweck reist sie zuerst an den Ort, von dem aus diese letzten, übriggebliebenen Tiere voraussichtlich starten, beringt sie und stattet sie mit einem Pfeilsender aus. Nun sucht sie nach einem Schiff, das ihr Vorhaben unterstützen wird und trifft auf eine mürrische Crew.

    Der Roman, der teilweise auf See spielt, wirkt exotisch. Dazu trägt die dystopische Sicht natürlich nicht wenig bei, aber auch die Figur der Fanny selbst, die, so wird dem Leser bald klar, ein Trauma zu überwinden hat, nachtgesichtig ist und schlafwandelt.

    Das Thema ist fesselnd, aber die Autorin hat auch so manche Längen im Roman stehen gelassen, der einfach manchmal auf der Stelle tritt. Die Protagonisten handeln für meinen Geschmack etwas zu traumwandlerisch.

    Fazit: Die etwas andere Dystopie, gleichwohl ist es eine.

    Kategorie: Dystopie
    Verlag: Fischer, 2020

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  1. Die Frau mit den Wanderfüßen...

    Auf das Buch bin ich durch die hübsche Aufmachung aufmerksam geworden und nach der Leseprobe war klar, dass ich diesen Zukunftsroman unbedingt lesen möchte.

    In der Geschichte begleiten wir Franny in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft, in der bereits zahlreiche Tierarten nicht mehr existieren. Sie beschließt den Küstenseeschwalben ein letztes Mal zu folgen. Wird diese Reise ihr Ende oder einen Neuanfang bedeuten?

    Zunächst einmal muss ich von dem unglaublich fesselnden Schreibstil der Autorin schwärmen. Sie hat so wundervolle sprachliche Bilder geschaffen, dass es einem sehr leicht fällt sich die Situationen vorzustellen.

    Während die erste Hälfte des Romans nur aus Mysterien und diversen Puzzlestücken eines Lebens besteht und man beim Lesen immer nur noch mehr Fragezeichen im Kopf tanzen hat, lösen sich diese nach und nach auf. Man beginnt zu verstehen, bekommt Vermutungen bestätigt oder widerlegt.

    Franny als Figur ist schon etwas anderes als du und ich. Ihre Kindheit war nicht die leichteste und die Vergangenheit verfolgt sie auf Schritt und Tritt. Ich brauchte recht lange, um emotional an sie heranzukommen und sie zu verstehen. Wahrscheinlich war dies von der Autorin so gewollt, dass die Hauptakteurin und der Roman an sich lange Zeit ein Rätsel bleiben.

    Die Crew auf dem Schiff war schon ein cooler, bunt gemischter Haufen, allerdings bleibt die Autorin bei diesen Nebenfiguren sehr an der Oberfläche.

    Als es zu den Auflösungen kommt, werden einem einige Überraschungen geboten, die man so in keinem Fall erwartet hat. Leider werden diverse Fragen gar nicht beantwortet, vieles auch recht unschlüssig aufgelöst. Irgendwie hat für mich so einiges logisch keinen Sinn ergeben.

    Zudem muss ich anmerken, dass ich beim Lesen zu keiner Zeit das Gefühl hatte, dass man sich in der Zukunft bewegt, da das Setting eher so dargestellt war wie unsere Gegenwart, wenn nicht sogar zwanzig Jahre zuvor.

    Fazit: Eine Roman, der mich sprachlich umgehauen hat, aber inhaltlich nicht vollends überzeugen konnte. Daher kann ich nur bedingt eine Leseempfehlung aussprechen.

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  1. Unvergessliches, sehr emotionales Leseerlebnis

    MEINE MEINUNG
    Mit „Zugvögel” hat die australische Autorin Charlotte McConaghy einen bemerkenswerten Roman vorgelegt, der mit seiner erschütternden Thematik und Intensität unter die Haut geht und sehr nachdenklich stimmt. In ihrem Roman ist McConaghy ein abwechslungsreicher und faszinierender Genremix aus bewegendem Familiendrama, unterhaltsamen Abenteuerroman, wunderschönem Nature Writing, bedrückender „Climate Fiction“und schockierendem Endzeitroman gelungen.
    Behutsam führt uns die Autorin in das beklemmende und erschreckend realistisch wirkende Setting ihrer in einer nahen Zukunft angesiedelten Geschichte ein und es dauert eine Weile bis man voller Beklommenheit erkennt, dass wegen des Klimawandels nicht nur einzelne Tierarten vom Aussterben bedroht sind, sondern dass die komplette Tierpopulationen betroffen ist und Fische, Reptilien, Affen, Bären, Großkatzen oder Wölfe fast völlig aus ihrem Lebensraum verschwunden sind. Sogar Wälder stehen vor dem totalen Kollaps und werden in einigen Jahren nicht mehr existieren, so dass es Wartelisten für Naturliebhaber gibt, um diese noch ein letztes Mal besuchen zu dürfen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die etwas seltsame Protagonistin Franny Stone, die sich in den Kopf gesetzt hat, die letzten Küstenseeschwalben auf ihrer möglicherweise letzten beschwerlichen Reise von Grönland bis zur Antarktis zu folgen. Alles setzt sie daran, um an Bord der Saghani, eines der wenigen verbliebenen Fischereiboote, zu kommen sowie Kapitän und Crew davon zu überzeugen, den mit Peilsendern markierten Vögeln auf ihrer „Wanderung“ Richtung Süden zu folgen – in der Hoffnung, dass diese sie zu großen Fischschwärmen und einem ertragreichen Fang führen.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich in die recht düstere Erzählung hineingefunden habe und insbesondere mit der sehr außergewöhnlichen Protagonistin und Ich-Erzählerin, ihrer zunächst unverständlichen Getriebenheit und ihren dunklen Geheimnissen warm wurde. Doch dann konnte ich mich der enormen Sogwirkung dieser eindringlichen, bisweilen verwirrenden und aufwühlenden Geschichte nicht mehr entziehen. Bald war ich völlig von der dichten, melancholischen Stimmung und den atemberaubenden Naturbeschreibungen gefesselt.
    Franny ist ein vielschichtiger, schwieriger und sehr ambivalenter Charakter, der von den Schatten der Vergangenheit gezeichnet ist und oft von ihren irritierenden Seelenzuständen und düsteren Obsessionen in die Tiefe gezogen wird. Sehr eindringlich bringt sie uns Frannys unentwegten Kampf gegen ihre inneren Dämonen näher und konfrontiert uns mit den Abgründen ihrer instabilen Psyche. Geschickt präsentiert die Autorin in den eingestreuten Rückblenden schrittweise Einblicke in Frannys tragische Vergangenheit und leidenschaftliche, impulsive Ehe mit dem Wissenschaftler Niall, so dass immer mehr Geheimnisse aber auch traumatische Ereignisse und Verluste ans Licht kommen. So beginnt man allmählich die Hintergründe für Frannys fatale „Wanderlust“ zu verstehen, bewundert ihre Stärke und leidet mit ihren Qualen. Schließlich begreift man auch den Beweggrund für ihre besessene Jagd nach den letzten Vögeln der Welt, mit der sie sich eine letzte Chance auf persönliche Erlösung und Selbstvergebung erhofft.
    Sehr faszinierend sind auch die übrigen, teilweise sehr exzentrischen Charaktere der Crew des Fischerboots, die auf ihre Weise alle sehr »speziell« und mit vielen Ecken und Kanten sind und ihre besondere Rolle während ihrer oft herausfordernden und lebensbedrohlichen Reise übernehmen.
    Die Autorin beendet ihren aufwühlenden und eindringlich geschriebenen Roman trotz aller Düsternis mit einem berührenden und hoffnungsvollen Ausklang, der sehr nachdenklich aber auch versöhnlich stimmt.

    FAZIT
    Ein eindringlicher, bewegender Roman mit einer aufwühlenden, sehr bemerkenswerten Geschichte und einer faszinierenden Heldin.
    Ein herausforderndes, aber unvergessliches Leseerlebnis!

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