In Zeiten des Tulpenwahns

Buchseite und Rezensionen zu 'In Zeiten des Tulpenwahns' von Susanne Thomas
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "In Zeiten des Tulpenwahns"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:234
Verlag:
EAN:9783885091660

Rezensionen zu "In Zeiten des Tulpenwahns"

  1. 4
    28. Mär 2023 

    Tulpen, Tragödien, Intrigen

    Es ist nicht alles Gold, was glänzt! Oder: Gold muss nicht immer glänzen ;-)
    Auf den ersten Blick hat eine Tulpe wenig gemein mit dem wertvollen Edelmetall. Doch es gab Zeiten in der Geschichte der Tulpe, als ihr Wert der des Edelmetalls gleichkam.
    Die Tulpe hat ihren Ursprung im Mittleren Orient und tauchte erstmalig im 16. Jahrhundert in Europa auf. Innerhalb kürzester Zeit wurde sie zum Objekt der Begierde für die unterschiedlichsten Blumenliebhaber, angefangen beim einfachen Hobbygärtner, der sich an der Zucht diese Blumen für den eigenen Hausgebrauch versuchte, bis hin zu Händlern und Spekulanten, die Geld verdienen wollten. Kaum zu glauben, aber für Blumen, die man heutzutage für unter 5 EUR den Strauß im Supermarkt nachgeschmissen bekommt, wurden damals horrende Summen gezahlt. Der Tulpenhandel entwickelte sich zu einem Spekulationsgeschäft, bei dem Menschen reich werden, aber auch finanziell zu Grunde gehen konnten.
    Der Tulpenwahn griff um sich. Und vor diesem Hintergrund erzählt die Autorin Susanne Thomas die Geschichte eine Familientragödie im 17. Jahrhundert. Der Roman trägt den klangvollen Namen „In Zeiten des Tulpenwahns".

    Inhalt
    Witwer Nicolaes Verbeeck lebt mit seiner 16-jährigen Tochter Margriet in der Gegend des holländischen Haarlem. Er arbeitet als Gärtner bei einem Großgrundbesitzer und ist dabei zufrieden mit seinem Leben. Nach getaner Arbeit widmet er sich seinem Hobby, der Tulpenzucht, Tochter Margriet kümmert sich währenddessen um den Haushalt. Die beiden leben in glücklicher Harmonie. Doch je mehr Margriet zur Frau heranreift, umso größer werden die Probleme. Denn die schöne Margriet rückt immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses der unterschiedlichsten Männer, die Margriet besitzen wollen. Nicolaes, dem das Wohl von Margriet mehr als alles andere am Herzen liegt, versucht alles, um seiner Tochter ein glückliches Leben zu ermöglichen, natürlich mit einem Mann an ihrer Seite, den sie liebt. Doch sowohl Vater als auch Tochter haben dabei nicht mit den
    Intrigen und der Gier ihrer Mitmenschen gerechnet.

    „In Zeiten des Tulpenwahns" ist ein Roman, der mich an die Gemälde der holländischen Meister des Barock erinnert. Die Autorin forciert diesen Eindruck, indem im Text immer wieder farbige Vergleiche herangezogen werden, die die Lektüre dieses Romans zu einer farbprächtigen Angelegenheit machen.
    Zudem finden sich im Text immer wieder Szenen, die durch ihre Beschreibung bewusst an die Szenerie eines Gemäldes erinnern. Dieser stilistische Kniff der Autorin hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die Geschichte, die Susanne Thomas dabei erzählt, ist gar nicht so ungewöhnlich: Gut trifft auf Böse, der Liebe werden Steine in den Weg geworfen, Intrigen und Tragödien machen den Protagonisten das Leben schwer. Doch durch den historischen Kontext der damaligen Zeit wird die Handlung zu etwas Besonderem, nicht zu vergessen, dass die Autorin interessante Fakten zur Geschichte der Tulpe beisteuert.

    Fazit:
    Ein historischer Schmöker, der interessante Fakten zur Geschichte der Tulpe liefert, und der mir durch seine Erzählweise, die an die farbenprächtigen Gemälde bekannter holländischer Maler des Barock erinnert, sehr viel Lesevergnügen bereitet hat.

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  1. Die Sucht nach Schönheit und Reichtum

    Autorin
    Susanne Thomas

    Inhalt
    Die Geschichte spielt in den Niederlanden, im 17. Jahrhundert. Nicolaes Verbeeck lebt mit seiner sechsjährigen Tochter Margriet in Haar­lem, einem Vor­ort Am­ster­dams. Vier Jahre zuvor verlor er seine Frau bei einem Brand in der alten Wohnstube. Er konnte sie nicht retten, ein brennendes Holzscheit versengte sein Gesicht, als er damals die zweijährige Tochter fest an sich gepresst hielt. Die Schreckensbilder lassen ihn nicht los. Es bleibt ihm die Liebe zu seiner Tochter und die Faszination zu seiner Tulpenzucht. Er züchtet Tulpen aus Schönheit der Pflanzen, mit dem verrückten Tulpenhandel kann er nichts anfangen. Zehn Jahre später ist aus einem sechs­jäh­rigen Mäd­chen eine jun­ge Frau geworden. Margriet verliebt sich in den adeligen Frans und beide wollen heiraten. Doch der Standesunterschied lässt keine Verbindung zu. Frans Familie steckt in Geldnöten und erst als Nicolaes Verbeeck eine Mitgift in Aussicht stellt, stimmt die Familie zu.
    Nicolaes lässt sich auf die Spekulationen mit Tulpenzwiebeln ein, um die Heirat seiner Tochter mit Frans zu ermöglichen.

    Ist Nicolaes Verbeeck den harten Bedingungen des Tulpenhandels gewachsen?

    Sprache und Stil
    Die Handlung erstreckt sich über einundzwanzig Jah­re von 1620 bis 1641, die in vier Zeitsprüngen aufgeteilt ist.

    Prolog: 1620
    Kapitel 1: Haarlem, 1630
    Kapitel 6: 7 Jahre später
    Epilog: Landschaft in der Nähe von Haarlem, Juni 1641

    Zwei Handlungsstränge durchziehen die Geschichte. Auf der einen Seite stehen Nicolaes Verbeeck und seine Tochter Margriet, auf der anderen Seite das harte, undurchsichtige Geschäft des Tulpenhandels.

    „»[…]. Wer will denn die Tulpen kaufen? Die Leute sind vernarrt. Sie kaufen Tulpen oder die Scheine, nur um sie teuer zu verkaufen. Aber es gibt niemanden, der die Tulpen am Ende auch besitzen will.«“ (S. 188)

    Nicolaes hält sich zunächst von dem Tulpengeschäft zurück. Er ist leidenschaftlicher Gärtner bei der wohlhabenden Familie van der Gheest. Mit Begeisterung züchtet er Tulpen und hat eine ganz besondere Züchtung hervorgebracht. Für ihn sind Tulpen Kunstwerke der Natur, die nichts mit Geldanlagen zu tun haben. Erst als seine Tochter sich in Frans verliebt, ändert er seine Einstellung, um seiner Tochter die Heirat zu ermöglichen. Sein bisheriges Leben verändert sich schlagartig.

    „Nicolaes hatte das Beet, welches den weniger wertvollen Dubletten und Nachzüchtungen seiner Sammlung vorbehalten war, in weiten Teilen geplündert.“ (S. 157)

    Der Roman überzeugt durch eine ausgeprägte, vielfältige und reichhaltige Sprache. Kurze Sätze, Formulierungen, Vokabular der Zeit angepasst wechseln mit Dialogen ab.

    “»Was ist dir, mein Grietje? So still? Hast du nicht wohl geschlafen?«“ (S. 39)

    Susanne Thomas nutzt zusätzlich ein besonderes Stilmittel: eine bildliche Beschreibung. Sie stellt Szenen als Bildkompositionen dar, wie Gemälde von Rembrandt, Vermeer oder anderen Malern der damaligen Zeit. Es entsteht der Eindruck einer Regieanweisung für ein Drama, das zunächst eine kurze Beschreibung der Szene enthält, um dann mit dem eigentlichen Dialog fortzufahren. Der Leser bekommt den Eindruck, einem Theaterstück zu folgen.

    „Das andere Bild gleichmäßig durch das Kunstlicht dreier mehrarmiger Kandelaber ausgeleuchtet, die auf dem zentralen Esstisch platziert sind. Hinter der Tafel, mittig angeordnet und den Betrachter in strenger Symmetrie anblickend, präsentiert ein adliges Paar. […] Zur linken Seite des Tisches sitzt ein weiterer, wesentlich jüngerer Mann, der die Symmetrie der Bildkomposition auffallend stört.“ (S. 87)

    Nach einer ausgiebigen Beschreibung beginnt dann wieder ein Dialog.

    „In einer plötzlichen Anwandlung fuhr Frans hoch.
    »Ihr könnt mich nicht zwingen, Mijnheer!«“ (S. 88)

    Der Aufbau des Romans bekommt mit der Aufteilung Prolog – Kapitel – Kapitel – Epilog und der bildlichen Beschreibung, die einer „Bühnenanweisung“ gleicht, ein Format eines offenen Dramas, denn das Ende bleibt bei einem Handlungsstrang offen.
    Diese interessante Mischung aus Roman und Dramaturgie bestimmt die Erzählung und vermittelt spannende und auch mit historischen Hintergründen belegte Ereignisse. Ein kleiner Blick des zeitgenössischen sozialen Milieus wird offengelegt. Die Rolle der Frau und auch die Macht der Religion wird thematisiert. Klassenunterschiede werden durch Frans und Margriet deutlich. Die Hugenottenverfolgung in Frankreich im 16./17. Jahrhundert wird mit der Figur von Jacques symbolisiert.

    Das Cover zeigt eine tiefrot gefärbte Tulpe auf schwarzem Hintergrund. Die Schrift des Titels sticht ebenfalls in Rot hervor. Insgesamt vermittelt das Titelbild eine dunkle, geheimnisvolle Grund­stimmung.

    Fazit
    In Zeiten des Tulpenwahns erzählt eindrucksvoll die holländische Tulpenmanie der 1630er Jahre. Es zeigt nicht nur, wie durch riskante Spekulationen der Markt für Tulpenzwiebeln aus dem Gleichgewicht geriet, sondern auch wie Menschen daran zerbrechen können. Wie bei einem Dominoeffekt geraten unendlich viele Schicksale ins Strudeln bis sogar der Tod sie einholt.

    Doch was folgt nach dem Tulpenwahn? Bis heute hält die Sucht nach Schönheit und Reichtum an. Nicht nur bei den Tulpen.

    „Die Sehnsucht nach Schönem treibt immer neue Blüten. Der Tulpenwahn, der 1636/37 in Holland seinen Höhe- und Wendepunkt erlebte, ist nur eine davon.“ (S. 234)

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  1. Tulpenwahn

    Ich war noch ein Kind als ich damals die TV-Serie „Adrian der Tulpendieb“ gesehen habe. Schon damals konnte ich nicht begreifen, wie Menschen so verrückt sein konnten und alles aufs Spiel setzten, um eine spezielle Tulpenzwiebel zu bekommen.
    Nicolaes Verbeeck hat bei einem Brand seine Frau verloren und wurde selbst entstellt. Daher versucht er sein schöne Tochter Margriet zu beschützen. Aber auch seine Tulpensammlung bereitet ihm viel Freude. Seine Tochter verliebt sich in den Adligen van den Cruys. Aber diese Verbindung kann es aufgrund der Standesunterschiede eigentlich nicht geben. Doch eine reiche Mitgift wäre hilfreich und so lässt sich Nicolaes auf das riskante Spekulationsgeschäft mit Tulpenzwiebeln ein. Doch wer hoch pokert, verliert am Ende alles.
    Dies Autorin Susanne Thomas hat diese Geschichte in zeitgemäßem Stil erzählt, der sich gut lesen lässt. Es ist kaum zu glauben, was in diesen Zeiten des Tulpenwahns geschieht und glaubt fast, dass alle den Verstand verloren haben.
    Nicolaes Verbeeck hat ein inniges Verhältnis zu seiner Tochter und will nur das Beste für sie. Er selbst erwartet aufgrund seiner Brandnarben im Gesicht nicht, dass sich eine Frau auf ihn einlässt. Umso mehr sorgt er sich um seine Tulpensammlung, die ihn mit ihrer Schönheit begeistert, und um Margriet. Für seine Tochter lässt er sich auf die Spekulationen ein, obwohl er keinen Durchblick hat. Doch da gibt es jemanden, der seine Unbedarftheit ausnutzt und es konnte gar nicht anders kommen, als dass es am Ende tragisch ausgeht.
    Es ist ein interessanter und spannender Roman, bei dem man dem sympathischen Protagonisten wünscht, dass es für ihn gut endet. Doch der Markt hat seine eigenen Gesetze und die Spekulationsblase platzt.

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