Wohin der Wind uns weht: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Wohin der Wind uns weht: Roman' von João Ricardo Pedro
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wohin der Wind uns weht: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:229
EAN:9783518424292

Rezensionen zu "Wohin der Wind uns weht: Roman"

  1. 5
    12. Jul 2016 

    Ein historischer Roman mit dem Blick auf Portugal

    Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist ein Familienbuch, aus dem drei Generationen hervorgehen. Es ist die Geschichte der Familie Mendes; es ist ein historisches Buch, das die politischen Umbrüche Portugals bis zum Militärputsch vom April 1974 behandelt.

    Die Geschichte spielt in einem abgelegenen Dorf im Gardunha- Gebirge in Zentralportugal.

    Der Roman beginnt mit Duartes Großvater Doktor Augusto Mendes, dessen Freund Policarpos nach Buenos Aires migriert ist und einmal im Jahr, jeweils im August, einen Brief von ihm bekommt. Vierzig Jahre lang … Diese Briefe werden gut aufbewahrt. Policarpos bereist die ganzen Großstädte der Welt:
    Viele Jahre waren Policarpos Briefe das Fenster, durch das Duartes Großeltern auf die Welt blickten. Beim Einmarsch der Deutschen in Paris bis zur Befreiung Europas durch die Alliierten. Von Stalins Tod bis zu Eusébios Toren. Vom ersten Menschen auf dem Mond bis zum Ende des britischen Weltreichs. All das erzählte er. Entweder, weil er es beobachtet hatte, in der Nähe oder gar selbst beteiligt gewesen war, wie das eine Mal, als es ihm gelang, einen deutschen Wehrmachtsoffizier mit einer Flasche Portwein betrunken zu machen, wodurch dieser schließlich die Résistance übergeben werden konnten. (46)
    Der Großvater und dessen Freund haben zusammen Medizin studiert. Augusto praktiziert bis zu seinem Tod, während der Freund es nur bis zum Abschluss brachte, da er sich vor Blut und den vielen Krankheiten ekelte.

    Duarte erbt eines Tages diese Briefe und lüftet daraus so manches Familiengeheimnis, wenn auch manches ungelöst geblieben ist, weil es niemanden mehr aus der Familie gab, dem er hätte Fragen stellen können …

    Großvaters Sohn Antonio kommt eines Tages schwerverletzt aus dem Krieg zurück. Duarte ward schon geboren. Sohn und Vater kannten sich noch nicht … Antonio konnte es nicht fassen, einen Sohn zu haben …

    Wie Antonio und seine Frau Laura sich kennengelernt haben, wird auch in einer schönen, interessanten Geschichte erzählt … Eine Geschichte von vielen anderen Geschichten, die sich wie kurze Erzählungen lesen lassen.

    Manche Lebensgeschichte fand ich recht grausam, auch die von Celestino, der gegen die Diktatur gekämpft hat und nur noch ein Auge hat. Doktor Mendes verarztet diesen spindeldürren Patienten, der ihm ein Glasauge einsetzt. Celestino zeigt sich recht dankbar für das neue Auge, und glaubt nun, wieder gut sehen zu können …

    Das Naturtalent Duarte, der sogar auf einem stummen Klavier zu spielen in der Lage ist, er hört die Töne in seinem Kopf, beschließt eines Tages nicht mehr zu spielen. Eine Protestreaktion …

    Sein Großvater fragte Duarte, ob er Musik lieben würde, doch Duarte konnte darauf keine Antwort finden. Die nächste Frage, die Duarte gestellt bekommt, ist, wann er angefangen habe, Klavier zu spielen, und er antwortete, dass nicht er zu spielen angefangen habe, sondern seine Hände …

    Mein Fazit?

    Am Anfang war ich ein wenig überfordert. Viel zu viele fremde Namen, die man noch gar nicht einordnen konnte. Erst nach und nach bekamen die fremden Namen ein Gesicht, sie wurden mir durch die verschiedenen Lebensgeschichten und deren Handlungsstränge vertraut. Aber einiges blieb im Dunkeln zurück, konnte nicht aufgeklärt werden.

    Ich hatte mich bisher kaum mit der Geschichte Portugals auseinandergesetzt. Hin und wieder habe ich etwas über die Nelkenrevolution gelesen, ohne dass es allerdings an Tiefe gewann. Das Buch bringt den LeserInnen dazu, diese Form von Geschichte wieder auszugraben und sich neu damit zu befassen. Ohne diese Nelkenrevolution hätte sich Portugal aus dem diktatorischem Regime nicht lösen können, um in eine Demokratie umgewandelt zu werden. Aber diese Revolution forderte, wie andere Kriegsrevolutionen auch, seine Opfer. Manchmal erscheinen mir einige Episoden recht düster, andere Szenen sehr gewaltreich, aber sehr realitätsnah beschrieben, keineswegs übertrieben …

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