Wir Töchter von Sparta: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Wir Töchter von Sparta: Roman' von Claire Heywood
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Inhaltsangabe zu "Wir Töchter von Sparta: Roman"

Diskussionen zu "Wir Töchter von Sparta: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:384
Verlag: Droemer HC
EAN:9783426282670

Rezensionen zu "Wir Töchter von Sparta: Roman"

  1. Nicht überzeugend

    Nebenfiguren eine Stimme zu geben – das ist eine beliebte Technik im Creative Writing und kann zu originellen Ergebnissen führen. Claire Heywood schreibt im Nachwort ihres Romans, dass sie „archäologische Realitäten mit mythologischer Tradition“ und einer „neuen Geschichte“ verbinden will, um „die Lücken zu füllen, die dieser Rahmen offenlässt“ (S. 359). Nichts spricht dagegen, Homers Epos abzuändern und/oder neue Schwerpunkte zu setzen. Entscheidend ist natürlich, dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Damit ist der Anspruch formuliert, dem sich der Roman stellen muss.

    Klytämnestra und Helena wuchsen als Schwestern am Königshof in Sparta auf – und hier ist schon die erste Lücke. Wie mag die Erziehung der Schwestern gewesen sein? Durften sie tatsächlich nur „den ganzen Tag ... spinnen und weben“ (S. 27)? Das würde nicht zu der Tatsache passen, dass Mädchen und Frauen im späteren Sparta erheblich mehr Freiheiten hatten als ihre Zeitgenossinnen. Wie erlebten sie die Zeitumstände, die von Krieg geprägt waren? Wir erfahren nichts. Diese Abgehobenheit von äußeren Gegebenheiten findet sich immer wieder. So kreisen die Gespräche der Schwestern und ihre Gedanken hauptsächlich um Ehemann und Familie: Liebt er mich? Liebt er mich noch? Liebt er mich nicht mehr? Hat er eine Geliebte? Oder keine? Damit wird die Autorin diesen Frauengestalten meiner Meinung nach nicht gerecht. Dies zeigt sich besonders deutlich bei Klytämnestra, die Ehefrau des Agamemnon, König von Mykene. Agamemnon baute Mykene zu einem der mächtigsten Königreiche der Bronzezeit aus. Das bedeutete für Klytämnestra, dass in der Zitadelle von Mykene ein großer Haushalt mit Sklaven, Dienern und Gästen zu organisieren und zu verantworten war. Während der Kriegszüge Agamemnons übernahm sie die Regierungsgeschäfte, was nur kurz anklingt und der Autorin keine Vertiefung wert ist. Schade!. Für Helena gilt ähnliches. Menelaos vertraut ihr „die Aufgabe an, Sparta und mich selbst zu vertreten“ (S. 187). Wie meistert sie diese Aufgabe? Auf der anderen Seite traut ihr die Autorin offenbar kein Interesse an der Außenpolitik zu, wenn Helena das Gespräch ihres Mannes mit Aeneas über die drohende Gefahr durch die Assyrer oder Hethiter unterbricht und ein Kompliment für ihr neues Kleid einfordert. So dumm kann sie doch nicht gewesen sein?

    Ein weiteres Beispiel für eine nicht gefüllte Leerstelle ist der Raub der Helena. Paris und seine Leute plündern in Abwesenheit des Königs Menelaos den spartanischen Königspalast und verladen die Beute auf ihre Schiffe. Heywoods Helena ist davon überrascht und hat die Plünderungen offensichtlich nicht bemerkt, und ihre Brüder, die Prinzen Castor und Pollux sind im Unterschied zu Homers Ilias anwesend. Aber reagieren nicht. Ist das glaubwürdig? Sicher nicht, da die Prinzen die Plünderungen nicht ohne Gegenwehr hingenommen hätten.

    Heywood bemüht sich sichtlich um die Psychologisierung ihrer Figuren, um sie über die Jahrtausende hinweg an den heutigen Leser heranzurücken. Das gelingt ihr auch. Allerdings fragt man sich bei der ständigen Diskussion des jeweiligen Liebesglücks, ob damit nicht die Ansprüche unserer eigenen Zeit kritiklos angewendet werden.

    Die Autorin setzt gut gewählte Schwerpunkte. Dennoch hätte ich gerne gewusst, wieso sie Nikostatos, den Sohn der Helena mit Menelaos, unterschlägt; immerhin der Thronerbe Spartas. Und wieso Kassandra, die Seherin, Priesterin und Königstochter, nur die nichtssagende Rolle eines dünnen blonden Mädchens zugewiesen wird.

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