Wir sehen dich: Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Wir sehen dich: Thriller' von Stephanie Marland
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wir sehen dich: Thriller"

Format:Taschenbuch
Seiten:432
EAN:9783423217491

Rezensionen zu "Wir sehen dich: Thriller"

  1. I spy with my little eye...

    I spy with my little eye...

    Das Interesse an “True Crime”, also echten Kriminalfällen, boomt. Ich kann mich erinnern, dass schon in den 90ern die weißen Bücher der Reihe “True Crime – Der wahre Kriminalfall” in den Buchhandlungen standen – verschämt in der Ecke mit der Schundliteratur. Aber seit einigen Jahren springt das Genre zunehmend selbstbewusst über Mediengrenzen: Bücher, Zeitschriften, Serien, Podcasts… Und das von Anbietern, die keineswegs in dem Ruf stehen, Schund zu produzieren. “Stern Crime”. “Morddeutschland” im NDR. Auf Youtube haben Kanäle wie “True Crime Daily” über 2 Millionen Zuschauer.

    Eigentlich naheliegend, dass eine Thriller-Autorin daraus eine fiktive Geschichte strickt:
    Eine Gruppe von True-Crime-Fans macht sich daran, selber einen gerade agierenden Serienkiller zu schnappen, stellt sich dabei gar nicht so dumm an – aber am Schluss ist das alles doch nicht so einfach wie gedacht und sie kommen nicht nur der Polizei in die Quere…

    Ich liebe diese Grundidee! Ich finde es sehr interessant, mal einen Einblick (wenn auch einen fiktiven) in das “True Crime”-Fandom zu bekommen. Was bewegt Menschen dazu, sich mit Serienkillern zu beschäftigen, als seien es Rockstars?

    Die Handlung hat jedoch Lücken und den ein oder anderen Logikfehler.

    Warum hat das Verhalten der Gruppe zum Beispiel keine drastischen rechtlichen Konsequenzen? Einbruch an einen Tatort, die Unterschlagung eines gefundenen Beweisstücks, das Verschweigen gesammelter Erkenntnisse… Eigentlich könnte man sie allesamt wegen Behinderung der Polizeiarbeit drankriegen, mindestens.

    Auch die Auflösung hat mich nicht vollends überzeugt, denn das Motiv des Mörders wirkte auf mich sehr aufgesetzt und nur bedingt realistisch.

    Dennoch ist die Geschichte sehr unterhaltsam. Sie liest sich flüssig runter, hat einige interessante Wendungen, ein gutes Tempo, die ein oder andere falsche Fährte… Und vor allem eine interessante weibliche Hauptfigur.

    Clementine ist ein schwieriger Mensch und hält sich von anderen Menschen im Allgemeinen eher fern. Sie beschäftigt sich als Doktorandin mit der Psychologie zwischenmenschlicher Interaktionen im Internet und will vor allem ihre These beweisen, dass die Zukunft der Verbrechensaufklärung im Crowdsourcing liegt. Leider ist aber auch ihre Geschichte letztendlich für mich nicht ganz rund.

    Ihr Verhalten und ihre Entscheidungen werden sehr stark von etwas Traumatischen bestimmt, das in ihrer Vergangenheit geschehen ist – aber dieser Hintergrund bleibt lückenhaft, obwohl er ein zentrales Element des Buches ist.

    Die anderen Charaktere werden sehr unterschiedlich geschildert.

    Der wichtigste Charakter neben Clementin ist DI Bell. Der hat gerade nicht nur den Serienmörder am Hals, sondern sein letzter Fall ist so katastrophal verlaufen, dass er nicht mehr weiß, wem von seinem Team er überhaupt noch trauen kann. Trotz dieses Hintergrunds blieb er für mich im Vergleich mit Clementine etwas blass.

    Über die meisten Mitglieder der True-Crime-Gruppe erfährt man nicht allzu viel, was ich sehr schade fand. Warum interessieren sich diese Leute für echte Verbrechen? Was bewegt sie dazu, ein persönliches Risiko einzugehen, um einen Killer zu schnappen?

    Da wurde das Potential der Geschichte in meinen Augen nicht ausgenutzt.

    Der Schreibstil gefiel mir ganz gut; ich mochte besonders die Aufteilung in Szenen aus der Ich-Perspektive und Szenen aus der dritten Person, so dass man die Geschehnisse aus verschiedenen Blickwinkeln sieht.

    FAZIT

    Eine Gruppe von True-Crime-Fans zieht los, um den “Lover” zu schnappen – einen Serienkiller, der seine Opfer in Rosenblätter bettet, Kerzen um sie herum drapiert und romantische Musik am Tatort laufen lässt.

    Zusammenfassend würde ich sagen: “Wir sehen dich” ist ein unterhaltsames Buch, aber mit deutlichen Schwächen. Man kann es sehr gut lesen – ich bereue nicht, damit ein paar Abende verbracht zu haben –, aber es ist meines Erachtens nichts, was mir lange im Gedächtnis bleiben wird.

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  1. 4
    02. Okt 2018 

    Wer jagt hier wen?

    Das Leben von Clementine Starke spielt sich fast nur online ab. Reale soziale Kontakte fallen ihr schwer. Auf einer Social-Media- Seite namens ›True Crime London‹ lässt sie sich in die Suche nach einem Serienmörder hineinziehen. Um an Informationen über den Fall zu gelangen, geht sie immer größere Risiken ein, verschafft sich Zugang zu einem versiegelten Tatort, überwacht den Leiter der Ermittlungen, Dominic Bell. Was sie dabei über das Schicksal der Opfer erfährt, geht ihr zunehmend unter die Haut. Was sie nicht ahnt: Der Killer hat sie längst im Visier – er ist ihr näher, als sie glaubt.

    Clementine Starke ist eine junge Frau mit einer traumatischen Vergangenheit. Ihr Vater starb in ihrer Jugend bei einem Brand, sie selbst wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Seither lebt sie in einem selbstgewählten Exil, in einer Wohnung, deren Schlösser an einen Hochsicherheitstrakt erinnern. Sie kann sich nicht genau an die schreckliche Nacht erinnern, der ihr Vater zum Opfer fiel, aber sie hat einen fürchterlichen Verdacht...

    "Das Problem war die Wirklichkeit. Die Tatsachen, die sich nicht unter Verbänden verstecken ließen. In mir geisterte ein Wort herum, ein einziges gehauchtes Wort, und ich wusste, es stimmt. Mörderin."

    Clementine hat kaum reale soziale Kontakte, kommuniziert mit anderen überwiegend online. Als sie auf eine Social-Media-Seite namens 'True Crime London' stößt, erwacht ihr Jagdinstinkt. Gemeinsam mit anderen anonymen Teilnehmern will sie sich auf die Suche nach einem Serienmörder machen, dem 'Lover', der die Polizei Londons derzeit in Atem hält. Das Ziel ist, schneller zu sein als die Ermittler.

    "Ihr Vorhaben, den Lover zu finden, passt zu dem, wovon ich seit Langem träume: zu enthüllen, wie es in Wahrheit um die Polizei steht, zu beweisen, dass das System im Innersten zerrüttet ist. Der Welt zu zeigen, dass niemand sich sicher ist."

    Der 'Lover' ermordet junge Frauen in der Abgeschiedenheit ihrer Wohnung und lässt sie dort zurück: zurechtgemacht, geschminkt, vergewaltigt. Mit dem Fall offiziell betraut ist Detective Inspector Dominic Bell. Er steht mit seinem Team massiv unter Druck, der mit jedem weiteren Opfer des 'Lovers' steigt. Die Journalisten lauern wie die Geier auf jeden Fehlschlag der Polizei, intern gibt es ein Leck, durch das vertrauliche Informationen an die Presse gelangen, und Dominic Bell hat auch abgesehen von dem brisanten Fall noch reichlich Probleme.

    Bei einem Einsatz in der Vergangenheit ist eine Kollegin Dominics fast getötet worden, er selbst wurde schwer verletzt und kann sich nur noch rudimentär an die Vorgänge an diesem Tag erinnern. Derzeit findet eine interne polizeiliche Untersuchung zu dieser missglückten vergangenen Operation statt, und Bell fürchtet sich vor den möglichen Entdeckungen. Sein Verdacht steigt, dass jemand aus dem damaligen Team sich als korrupt erweisen könnte - auf wen kann er sich noch wirklich verlassen?

    Clementine sorgt schließlich dafür, dass sie dem Ermittler persönlich begegnet - natürlich inkognito. Sie erhofft sich, auf diese Art an Informationen aus dem inneren Kreis der Polizei zu gelangen, um damit bei True Crime London' punkten zu können. Doch unbemerkt kommt sie dabei auch dem 'Lover' zu nahe, und unversehens wird sie zur Gejagten...

    Abwechselnd wird hier in kurzen Kapiteln erzählt aus dem Perspektive von Clementine auf der einen Seite und Detective Inspector Dominic Bell auf der anderen. Dieser Wechsel sorgt mit dafür, dass der Spannungsbogen konstant aufrecht gehalten wird. Im letzten Drittel des Thrillers nimmt die Spannung schließlich noch einmal zu, und das Ende wartet mit einigen Überraschungen auf.

    Leider werden letztlich nicht alle Fragen aufgelöst, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass es sich hier um den ersten Band einer neuen Thriller-Reihe handelt. Mich störte dieser Aspekt jedoch, ich fühle mich hier ein wenig hängen gelassen. Ansonsten jedoch war dies für mich ein vielversprechender Reihenauftakt, der neugierig macht auf die Fortsetzungen.

    © Parden

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