Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?

Buchseite und Rezensionen zu 'Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?' von Köhlmeier, Michael
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Inhaltsangabe zu "Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:224
Verlag: Hanser
EAN:9783446252882

Rezensionen zu "Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist, Adam?"

  1. 5
    02. Jul 2020 

    Verführung zum Denken

    Michael Köhlmeier ist ein sehr erfolgreicher und produktiver Schriftsteller, der sich schon lange intensiv mit der Bibel, mit Märchen und Mythen auseinandersetzt. Mit seinem Freund, dem Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann, pflegt er seit Jahren einen regen Austausch; sie halten dialogische Vorträge und haben gemeinsam zwei Bücher herausgebracht.
    In dem vorliegenden Buch, ihrem ersten, geht es um zwölf zentrale ethisch- philosophische Grundbegriffe wie „ Neugier“, „ Lust“, „ Macht“ , „ Schicksal“ usw.
    Jedes Kapitel beginnt mit Köhlmeier’s Nach- oder Neuerzählung einer antiken Sage, einem Abschnitt aus dem Alten und Neuen Testament, einer Legende, einem Märchen und im Anschluss daran gibt der Philosoph Denkanstöße. Seine anschließende Interpretation zeigt neue und spannende Aspekte auf. Denn alte Mythen sprechen immer große existenzielle Fragen an und geben symbolische Antworten . Die gilt es zu entschlüsseln.
    Die beiden Autoren beginnen mit Adam und Eva und deren Vertreibung aus dem Paradies. Hier steht das Motiv „ Neugier“ im Vordergrund. Der paradiesische Zustand war geprägt von Unschuld und Unwissenheit, mit der Neugier, mit dem Wissen kommen die Fragen nach Schuld und Moral.
    Nach der Vertreibung aus dem Paradies geht es um das Thema „ Arbeit“, anschaulich gemacht an Daidalos, dem „ berühmtesten Erfinder der Antike“.
    Der Begriff „ Rache“ wird an der schrecklichen Geschichte der Atriden abgehandelt, von Tantalus über Agamemnon bis Orest. Hier legt jede Gewalttat den Grundstock für die nächste. Im Interpretationsteil wird der Weg aufgezeigt, weg von den individuellen Rachegedanken hin zu einer unabhängigen Rechtsinstanz, dem Rechtsstaat.
    Aus dem Nibelungenlied erzählt Köhlmeier die Geschichte vom Schmid Mime, der seinen Schüler Siegfried vor fast unlösbare Aufgaben stellt und Liessmann macht daraus eine Abhandlung über das moderne Bildungssystem.
    An der biblischen Figur des Hiob wird die Frage von Macht diskutiert und an Judas das Thema Schicksal.
    All das wird leicht verständlich und trotzdem auf hohem Niveau abgehandelt und jedes Kapitel bringt neue Denkansätze. Allerdings sind einige der Geschichten, die Köhlmeier nacherzählt, von erschreckender Grausamkeit.
    Wer Interesse hat an alten Mythen und deren Interpretation, wer sich gerne verführen lässt zum Denken, wird an diesem schmalen Buch seine Freude haben.

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