Wenn wir heimkehren: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Wenn wir heimkehren: Roman' von Andrea Heuser
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4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wenn wir heimkehren: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:592
Verlag:
EAN:9783832198114

Rezensionen zu "Wenn wir heimkehren: Roman"

  1. Berührendes Familienporträt, dessen Stil mir leider nicht zusagt

    Köln, 1952: Handwerker Willi soll in der Wohnung der etwa gleichaltrigen Margot und deren Sohn Fred eine Wand einziehen, um den beiden mehr Privatsphäre zu ermöglichen. Unverständlich für Willi, denn die Wand würde der Wohnung so viel Licht nehmen. Trotzdem strahlt Margot eine gewisse Magie aus, so dass sie Willi fortan nicht aus dem Kopf gehen mag. Ist das der Beginn einer großen Liebesgeschichte?

    "Wenn wir heimkehren" von Andrea Heuser ist eine Mischung aus Familienroman, Generationenporträt und Liebesroman fast epischen Ausmaßes. Über 600 Seiten und mehr als 80 Jahre spannt sich die Handlung. Hervorzuheben ist die große Empathie, die Heuser ihren Figuren gegenüber zeigt. Mit viel Wärme und Liebe werden die drei Protagonist:innen Margot, Willi und Fred porträtiert und es gelingt der Autorin spielend leicht, die Leser:innen auf deren Seite zu ziehen. Vor allem der kleine Fred wuchs mir schnell ans Herz, doch auch die sich anbahnende Beziehung zwischen Margot und Willi ist berührend. Hoch anzurechnen ist Andrea Heuser, dass sie dabei nie zu sentimental wird und eine durchaus drohende Kitschgefahr souverän umgeht.

    Auch der Aufbau der Geschichte hat mich durchaus überzeugt. Die Rückblicke, die sich von 1952 aus vor allem auf die Zeit kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs erstrecken, sind originell und ermöglichen ein besseres Verständnis der Figuren und ihrer Geheimnisse. Schön auch, wie Heuser verschiedene Sprachen einfließen lässt, vor allem in der luxemburgischen Familie Margots.

    Leider hat mir jedoch der Schreibstil mit zunehmender Dauer des Romans immer weniger gefallen, streckenweise musste ich das Buch gar ein wenig entnervt zur Seite legen. Vor allem lag das an den Momenten, in denen "Wenn wir heimkehren" auch ein Generationenporträt sein will. Ständig werden Lieder der jeweiligen Zeit wie aus dem Nichts in den Text geworfen, die die Figuren mal mehr, mal weniger fröhlich mitsingen. Das störte nicht nur den Lesefluss, sondern wird auch viel zu häufig eingesetzt. Vollends kurios wird es, wenn ein Lied eingebunden wird, das überhaupt nicht aus dieser Zeit stammt. So singt die Familie 1982 im Auto das Lied "Lemon Tree" von Fool's Garden - aus dem Jahre 1995. Da hätte zumindest das Lektorat drüber stolpern können.

    Neben der hohen Dialogdichte fand ich es außerdem ebenfalls enervierend, dass vorangegangene Zitate ständig wiederholt werden. Das mag bei einem so umfangreichen Roman manchmal sinnvoll sein, doch als so oft eingesetztes Stilmittel störte es mich und zog das ohnehin sehr dicke Buch doch arg in die Länge. Auch die häufig ausformulierten Laute wie "kling kling kling", "tock tock tock", "tuuuut tuuuut" hätte ich nicht benötigt.

    Im kürzeren zweiten Teil des Romans verlor ich zudem die Bindung an die Figuren ein wenig. Der Grund dafür sind doch ziemlich große Zeitsprünge, bei denen man die Entwicklung der Charaktere aus den Augen verliert. Andererseits kann ich die Autorin natürlich verstehen, dass "Wenn wir heimkehren" nicht noch länger werden sollte. Tatsächlich hätte ich es am besten gefunden, wenn die Geschichte nach dem ersten Teil des Romans beendet worden wäre.

    Ich habe es bedauert, den Roman nicht mehr gemocht zu haben, denn das Potenzial ist durchaus groß und die Hauptfiguren sind wirkliche Sympathieträger:innen. Schon wegen Fred, Margot und Willi und weil man in jedem Moment spürt, wie wichtig der Autorin diese biografische Geschichte ist, wünsche ich "Wenn wir heimkehren" trotz aller Kritik viele Leser:innen.

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  1. 4,5 Sterne

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    Klappentext:

    „Köln 1952: Der Krieg ist noch nicht lange vorüber, als Wilhelm im Zimmer einer Wohnung steht, in das er eine Wand einziehen soll. Ein Auftrag, auf den der Handwerker sich keinen Reim machen kann, wo die Wand doch Licht wegnehmen wird. Die Bewohner aber, Margot und ihr Sohn Fred, gehen ihm danach nicht mehr aus dem Kopf. Margot ist Luxemburgerin und stammt aus großbürgerlichem Milieu, doch als sie mit siebzehn ein uneheliches Kind erwartet, steht sie vor den Trümmern ihrer Existenz. Sie muss ihre Heimat verlassen und ist mitten im Krieg auf sich allein gestellt. Als sie Jahre später nach Köln kommt, hat Margot Schuld auf sich geladen, und auch Wilhelm hat der Krieg traumatisiert. Wilhelm, Margot und Fred sind Verlorene – auf der Suche nach einem Zuhause, wie kein Ort es einem bieten kann. Also suchen sie das Zuhause beieinander, ohne zu wissen, ob dieses fragile Gebilde namens Familie halten wird.“

    Dieser Roman von Andrea Heuser ist keine leichte Kost und anders als andere Kriegs-Geschichten die man so kennt. Obwohl der Krieg eigentlich längst vorbei ist, ist er es doch nicht und der Wieder-Aufbau, die Suche nach Heimat, die Suche nach sich selbst und neue Konflikte die in der Luft liegen, sind eben da und lassen sich nicht einfach wegzaubern. Man kann nichts verdrängen einfach so, nichts auslöschen aus den Gedanken und genau das merken wir Leser hier sehr schnell bei allen drei Protagonisten. Fest steht aber: es muss weiter gehen und es soll weiter gehen. Mit ganz feinem psychologischen Gespür nimmt uns hier Andrea Heuser mit und wir dürfen dieser emotionalen und berührenden Geschichte folgen. Ihre Sprachwahl ist dabei ruhig, für einige Leser ab und an vielleicht etwas zu langweilig, aber dennoch punktgenau. Mit einem gewissen poetischen Sinn erzählt sie diese Geschichten und der Einblick, den wir erhalten, verdichtet sich bis zu einem gewissen Punkt. Als Leser kommt man selbst ins grübeln und nachdenken und versucht ein wenig zu ordnen, zu verstehen und zu träumen.

    Leider wird es hier und da ein wenig von Heuser übertrieben und die Wechsel sowie neuen Situationen schießen ein wenig zu rasch aus dem Boden und überfordern manches Mal den Leser - muss eigentlich nicht sein, denn die Geschichte ist im Grunde gut so wie sie ist. Eines steht aber fest: mitsingen wird man bei dieser Geschichte auf jeden Fall…4,5 von 5 Sterne.

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