Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden

Buchseite und Rezensionen zu 'Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden' von Genki Kawamura
3.65
3.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden"

Sinnsuche auf Japanisch - was im Leben wirklich zählt

Ein junger Briefträger erfährt überraschend, dass er einen unheilbaren Hirntumor hat. Als er nach Hause kommt, wartet auf ihn der Teufel in Gestalt seines Doppelgängers. Er bietet ihm einen Pakt an: Für jeden Tag, den er länger leben möchte, muss eine Sache von der Welt verschwinden. Welche, entscheidet der Teufel. Der Briefträger lässt sich auf dieses Geschäft ein. Am Tag darauf verschwinden alle Telefone. Am zweiten Tag die Filme, am dritten alle Uhren. Als am vierten Tag alle Katzen verschwinden sollen, gebietet der Briefträger dem Teufel Einhalt. Und macht etwas völlig Überraschendes ...

Genki Kawamura stellt in seinem Roman, von dem in Japan über eine Millionen Exemplare verkauft worden sind, die einfache Frage: Was macht ein gutes und erfülltes Leben aus?


Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:192
EAN:9783570103357

Rezensionen zu "Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden"

  1. 3
    16. Dez 2019 

    Für Zwischendurch ganz nett...

    Das Buch hat m. E. ein etwas mädchenhaft-romantisches, fast kitschiges Cover, das in die Irre leitet und dem Inhalt nicht gerecht wird.

    Die Geschichte, am ehesten vllt. eine Mischung aus Parabel und Kurzgeschichte, spielt im gegenwärtigen Japan. Ein 30jähriger Briefträger bekommt eine tödliche Diagnose: Hirntumor. Er gerät in Panik und lässt sich auf einen Pakt mit dem Teufel ein: jeder weitere Tag zu leben kostet einen Gegenstand. Dieser Gegenstand, der vom Teufel bestimmt wird, verschwindet dann von der Welt. Anfangs und solange es nur „Zeitfresser“ betrifft, kann der Postbote dem Verschwinden mehr oder weniger leicht zustimmen, aber dann...

    Was diesen „Strang“ der Geschichte anbelangt, ich nenne ihn „die Rahmenhandlung“, gibt es viele skurrile und humorvolle Momente, in denen man sich wundert, die Stirn runzelt oder schmunzelt. So witzig und spritzig ich den Aufhänger mit dem Teufelspakt finde, so wenig mochte ich die umgangssprachlichen, lässigen Dialoge mit ihrem schlichten Wortschatz.
    In diesem „Strang“ hatte ich oft den Eindruck, einen erhobenen moralischen Zeigefinger zu erblicken. Die Botschaft war mir oft zu deutlich, zu klar, zu erzieherisch, oder anders herum: zu wenig literarisch „verpackt“. Die didaktische Absicht war mir zu offensichtlich.
    Deshalb war ich, was diesen „Strang“ anbelangt, eher unbeeindruckt bis abgeneigt.

    Ganz anders ging es mir mit dem anderen „Strang“, den der Autor aus der Rahmenhandlung heraus entwickelte. Es handelt sich hierbei um Rückblenden.
    Genki Kawamura erzählt hier sehr berührend, so dass ich in die Erinnerungen des Postboten eintauchen konnte und manchmal richtig traurig wurde. Im Verlauf wird es immer tiefgründiger; es geht u. a. um Trauerverarbeitung und Versöhnung.

    Das Buch ist schon insofern für mich sehr interessant, als dass es mich sehr ambivalent zurücklässt. Es gab diese Rahmenhandlung mit ihrer witzigen Idee, aber der m. E. zu banalen Umsetzung und es gab diesen anderen zunehmend tiefgründigen und berührenden Teil, in dem man den Postboten näher kennenlernte.

    Es ist letztlich bemerkenswert, welche Tiefe und welchen Ernst die Geschichte trotz ihrer Kürze und trotz dieser eher leichtfüßig daherkommenden Rahmenhandlung hat.
    Vielleicht hat der Autor genau diese Wirkung beabsichtigt? Wer weiß es?

    Was ich auf jeden Fall betonen möchte, ist, dass die Geschichte Denkanstöße liefert. Themen wie Verzicht, Schnelllebigkeit und Achtsamkeit spielen genauso wie die Frage, was im Leben wirklich Bedeutung hat, eine Rolle. Das Buch regt zu Gedankenexperimenten und zum Innehalten an.
    Und das ist doch schon was!

    Für Zwischendurch und zur Abwechslung ist der Roman auf jeden Fall eine unterhaltsame und nette Lektüre, die zum Nachdenken anregt.
    Kein must-read.

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  1. 3
    16. Dez 2019 

    Für Zwischendurch ganz nett...

    Das Buch hat m. E. ein etwas mädchenhaft-romantisches, fast kitschiges Cover, das in die Irre leitet und dem Inhalt nicht gerecht wird.

    Die Geschichte, am ehesten vllt. eine Mischung aus Parabel und Kurzgeschichte, spielt im gegenwärtigen Japan. Ein 30jähriger Briefträger bekommt eine tödliche Diagnose: Hirntumor. Er gerät in Panik und lässt sich auf einen Pakt mit dem Teufel ein: jeder weitere Tag zu leben kostet einen Gegenstand. Dieser Gegenstand, der vom Teufel bestimmt wird, verschwindet dann von der Welt. Anfangs und solange es nur „Zeitfresser“ betrifft, kann der Postbote dem Verschwinden mehr oder weniger leicht zustimmen, aber dann...

    Was diesen „Strang“ der Geschichte anbelangt, ich nenne ihn „die Rahmenhandlung“, gibt es viele skurrile und humorvolle Momente, in denen man sich wundert, die Stirn runzelt oder schmunzelt. So witzig und spritzig ich den Aufhänger mit dem Teufelspakt finde, so wenig mochte ich die umgangssprachlichen, lässigen Dialoge mit ihrem schlichten Wortschatz.
    In diesem „Strang“ hatte ich oft den Eindruck, einen erhobenen moralischen Zeigefinger zu erblicken. Die Botschaft war mir oft zu deutlich, zu klar, zu erzieherisch, oder anders herum: zu wenig literarisch „verpackt“. Die didaktische Absicht war mir zu offensichtlich.
    Deshalb war ich, was diesen „Strang“ anbelangt, eher unbeeindruckt bis abgeneigt.

    Ganz anders ging es mir mit dem anderen „Strang“, den der Autor aus der Rahmenhandlung heraus entwickelte. Es handelt sich hierbei um Rückblenden.
    Genki Kawamura erzählt hier sehr berührend, so dass ich in die Erinnerungen des Postboten eintauchen konnte und manchmal richtig traurig wurde. Im Verlauf wird es immer tiefgründiger; es geht u. a. um Trauerverarbeitung und Versöhnung.

    Das Buch ist schon insofern für mich sehr interessant, als dass es mich sehr ambivalent zurücklässt. Es gab diese Rahmenhandlung mit ihrer witzigen Idee, aber der m. E. zu banalen Umsetzung und es gab diesen anderen zunehmend tiefgründigen und berührenden Teil, in dem man den Postboten näher kennenlernte.

    Es ist letztlich bemerkenswert, welche Tiefe und welchen Ernst die Geschichte trotz ihrer Kürze und trotz dieser eher leichtfüßig daherkommenden Rahmenhandlung hat.
    Vielleicht hat der Autor genau diese Wirkung beabsichtigt? Wer weiß es?

    Was ich auf jeden Fall betonen möchte, ist, dass die Geschichte Denkanstöße liefert. Themen wie Verzicht, Schnelllebigkeit und Achtsamkeit spielen genauso wie die Frage, was im Leben wirklich Bedeutung hat, eine Rolle. Das Buch regt zu Gedankenexperimenten und zum Innehalten an.
    Und das ist doch schon was!

    Für Zwischendurch und zur Abwechslung ist der Roman auf jeden Fall eine unterhaltsame und nette Lektüre, die zum Nachdenken anregt.
    Kein must-read.

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  1. 4
    03. Feb 2019 

    Weißkohl

    Ein junger Postbote erfährt, dass er unheilbar krank ist und nur noch kurze Zeit zu leben hat. Nach dem ersten Schock, beginnt er sich die Frage zu stellen, was er mit der verbleibenden Zeit anfangen soll. Plötzlich erscheint ihm eine Person, die genauso aussieht wie er. Der Fremde behauptet, er sei der Teufel und er könne dem Postboten für jedes Ding, dass von der Welt verschwindet, einen Tag mehr Leben verschaffen. Wer würde sich nicht darauf einlassen, schließlich gibt es genug Dinge, auf die die Welt locker verzichten kann, Quallen zum Beispiel. Doch der Teufel entscheidet, was verschwindet.

    Mit seinem überraschenden kleinen Debütroman, einfühlsam gelesen von Jan Katzenberger, greift der Autor nachdenklich stimmende Themen auf. Zum einen halt, wie man reagiert, wenn man nur noch kurze Zeit zu leben hat. Wie nutzt man seine Zeit? Zum anderen, wie es wäre, wenn Dinge von der Welt verschwinden. Und natürlich auch, wie lange macht man es mit, um das eigene Leben zu verlängern, die Welt ärmer zu machen. Leider kann der Erkrankte die nutzlosen Dinge nicht selbst auswählen. Vielleicht wäre das auch zu einfach. Schließlich gibt es vermutlich reichlich Sandkörner, von denen keines ist wie das andere. So verschwinden zunächst die Telefone, was möglicherweise nicht so schlecht ist. Wenn man sich das Straßenbild so anschaut, so verstecken sich doch viele hinter ihren kleinen Computern und haben den Blick für die Welt verloren. Was aber wenn es um Dinge geht, die man wirklich vermissen würde? Mit jedem Ding, das verschwinden soll, taucht der Briefträger tiefer in sein bisheriges Leben ein, beginnt zu reflektieren, wie es bisher gelaufen ist, was er hätte besser machen können oder auch was er gut gemacht hat. Die Beziehung zu seinen Eltern, zu seiner ehemaligen Freundin. Mit viel Ruhm hat er sich nicht bekleckert, doch hat er auch kein Übel in die Welt gebracht. Allerdings wie wichtig ist ein kleines Menschenleben im Lauf der Zeit? Ist es wert, dass dafür die Katzen von der Welt verschwinden?

    Ein schmales Bändchen, das berührt und anregt, in sich zu kehren und zu überdenken, was man selbst mit dem Rest seines Lebens anfangen möchte, auch wenn man zum Glück nicht weiß, wie viel Zeit noch bleibt.

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  1. Sinnsuche auf japanisch

    Nur mehr wenige Tage zu leben, inoperabel, dem Tod geweiht. Diese niederschmetternde Diagnose erhält ein junger Postbote eines Tages. Doch bevor er sich überhaupt Gedanken über seine drastische Situation machen kann, geschieht etwas höchst Seltsames. Der Teufel, tritt in sein Leben. Äußerlich des Ebenbild des Totkranken, wenn dieser sich nicht durch schrillen Kleidungsstil und sehr ungehobelten Verhalten unterscheiden würde. Das Angebot lautet: Für jeden Tag mehr Lebenszeit muss eine Sache von der Welt verschwinden.
    Das Buch lässt sich sehr philosophisch an. Was sind wir bereit für unser eigenes Leben zu opfern. Zeitfresser wie Telefone, später Uhren, Filme, doch bei Katzen war Schluss für den Postboten. Der junge Mann erinnert sich an seine Familie, an seine Mutter, die vor einigen Jahren verstarb, an seinen Vater, mit dem er seither keinen Kontakt hat. Das Bindeglied all seiner Erinnerungen ist sein Kater Weißkohl. Er begreift, was die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind, Familie, Beziehungen, Begegnungen.
    Der Japaner Genki Kawamura schreibt mit einem Augenzwinkern, die Dialoge zwischen dem Postboten und dem Teufel aber auch mit dem Kater sind skurril und bisweilen auch witzig. Manchmal erschien mir der moralische Zeigefinger zu sehr erhoben, lässt uns aber darüber nachdenken, wie weit wir uns wirklich zu Sklaven der Smartphones, des Zeitdrucks machen, wie weit uns Digitalisierung isoliert. Aber alles hat doch zwei Seiten, ohne Telefon oder Internet könnten wir auch beispielsweise nicht so einfach Kontakt halten zu Menschen, die uns wichtig, aber weit weg sind. Wären wir glücklicher, ohne den von uns Menschen definierten Zeitrahmen? Was wäre, wenn es tatsächliche keine Filme mehr gäbe, was folgt als nächstes, Musik, Literatur? Ich konnte keine Sinnhaftigkeit darin entdecken, den Menschen, als „Erziehungsmaßnahme“ das Schöne zu nehmen. Viele Fragen, die diese Parabel aufwirft. Die Antworten darauf müssen wir uns wohl selber geben.

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