Was zusammengehört

Buchseite und Rezensionen zu 'Was zusammengehört' von Markus Feldenkirchen
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Was zusammengehört"

Format:Taschenbuch
Seiten:320
EAN:9783499257636

Rezensionen zu "Was zusammengehört"

  1. 4
    10. Apr 2017 

    Europäische Liebe in Zeiten der Wiedervereinigung

    Markus Feldenkirchen (geboren 1975) hat 2010 seinen viel gelobten Debütroman »Was zusammengehört« veröffentlicht, der eine deutsch-irische Liebesgeschichte von der Klassenreise zu Zeiten der deutschen Wiedervereinigung bis hin zur irischen Bankenkrise 2008 verfolgt. Es steckt voller Irland-Nostalgie, befeuert in Deutschland durch Bölls Irisches Tagebuch, das es geschafft hat, Irland zum Sehnsuchtsort der deutschen Suchenden nach einem wahren und unverfälschten Leben zu machen.
    Was sagt der Klappentext?:
    Was geschieht, wenn man nach zwanzig Jahren feststellt, dass die liebe von damals bis heute unerreicht geblieben ist? Und dass man seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat? Ein Brief legt in Sekunden frei, was Benjamin verdrängt hatte. Er sieht sich ins Jahr 1989 zurückversetzt – als die Mauer fiel und er in Irland sein Herz an die geheimnisvolle Victoria verlor. Inzwischen ist Benjamin Banker und lebt ein völlig anderes Leben – eines, das ihm plötzlich leer vorkommt. Den ungeöffneten Brief in der Tasche, bricht er nach Irland auf …
    Lehrer Boell (der Name ist kein Zufall) bringt eine Gruppe von Jugendlichen dazu, statt in Paris oder Rom, ihre Klassenreise in der irischen Provinz zu verbringen. Der Lehrer selbst ist voller Emotionen zu diesem rückständigen, durch Katholizismus tief geprägten Land am Rande Westeuropas. Die Schüler wissen selbst nicht so recht, was sie eigentlich dazu verleitet haben könnte, doch offensichtlich konnte Boell sie irgendwie mit seiner tiefen Sehnsucht nach diesem Land anstecken. Und so finden sie sich wieder im kleinbürgerlichen Milieu einer Kleinstadt im tiefen Westen Irlands. In einem Land, das mit Deutschland zumindest das Geteiltsein gemeinsam hat. Richtige Entscheidung? Richtige Entscheidung auf jeden Fall für Benjamin, der auf dieser Reise seine erste große, aufwühlende Liebe erlebt. Behindert durch die strengen Regeln des Vaters seiner Victoria, tauchen die beiden ein in ein Gefühlshoch, das auch noch anhält, nachdem Benjamin verfrüht wieder abreisen muss, da der urplötzliche Mauerfall nach neuen Schulkontakten ruft – Zeulenroda statt Killarny ist nun das Gebot der Stunde, das die Abreise aus Irland für Lehrer Boell und seine Schüler erforderlich macht. Geschichtliche Ereignisse greifen in diesem Roman auf sehr besondere Art in das private Leben ein.
    „Zum ersten Mal wurde mir die Relativität von Geschichte bewusst. Es mochte stimmen, was Boell und Kohl und alle anderen sagten, dass dieses historische Ereignis Tausende, vielleicht Millionen Menschen glücklich machte. Mir aber war all das ziemlich egal. Ich erlebte gerade meinen eigenen Mauerfall. “
    Das zarte aber starke Pflänzchen der Liebe blüht noch einmal auf, als Victoria dem engen Zuhause entflieht und Benjamin für ein paar Tage in Deutschland besucht.
    Seine Fortsetzung findet die Geschichte dann knapp 20 Jahre später, als Benjamin ohne wichtige persönliche Bindungen und Beziehungen als Banker durch die Welt zieht und dabei vornehmlich die großen Finanzschauplätze der Welt wie London, New York usw. besucht. Doch einmal verschlägt ihn eine solche Dienstreise auch nach Irland - in ein Land, das sich inzwischen enorm entwickelt hat.
    „Die Einladung in die ‚Sonderwirtschaftszone Docklands‘ waren seit den Neunzigern vor allem Finanzmenschen gefolgt, Irland zog uns an, wie es einst die Hippies und Träumer angezogen hatte. Viele Banken hatten Zweckgesellschaften in Irland gegründet, um ihre risikoreichsten Geschäfte aus ihren Bilanzen auszulagern, die Staatsaufsicht drückte gern die Augen zu. “
    Diese Dienstreise findet genau an dem Tag statt, als Benjamin nach vielen Jahren der Stille einen Brief aus Irland erhalten hat, der ihn noch einmal in die alte Liebesgeschichte hereinzieht. Und so ist bei seinem Irlandaufenthalt 2008 nicht ganz klar, ist es nun eigentlich der Banker von 2008 oder der Träumer von 1989, der hier das Land bereist.
    Der Inhalt des Briefes dann gibt der Geschichte nochmal eine neue und unerwartete Wende, über die hier aber natürlich nicht geschrieben werden soll.
    Fazit:
    Feldenkirchen schafft es in dem Roman, die Geschichte zweier Länder und ihr Verhältnis zueinander zum fesselnden Hintergrund eines emotionalen Geschehens zu machen. Feinfühlig, humorvoll, herzergreifend. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus.

    Teilen